Steuerpflichtige können für Aufwendungen für ambulante Pflege-...
Steuerpflichtige können für Aufwendungen für ambulante Pflege- und Betreuungsleistungen zugunsten eines Dritten, der nicht im Haushalt des Steuerpflichtigen wohnt, eine Steuerermäßigung von 20 %, maximal 4.000 €/Jahr, geltend machen. Für die Steuerermäßigung ist eine Überweisung nicht erforderlich, sondern es genügt, wenn der Betrag in bar gezahlt worden ist. Allerdings muss der Steuerpflichtige die Zahlung hierbei nachweisen.
Hintergrund: Der Gesetzgeber gewährt eine Steuerermäßigung für die Inanspruchnahme von Pflege- und Betreuungsleistungen. Die Ermäßigung beträgt 20 % der Aufwendungen und wird direkt von der Steuer abgezogen; maximal beläuft sich die Ermäßigung aber auf 4.000 €.
Streitfall: Die Klägerin hatte eine pflegebedürftige Mutter, die in ihrem eigenen Haushalt ca. 100 km vom Haushalt der Klägerin entfernt lebte. Mit einer Sozialstation wurde ein Pflegevertrag abgeschlossen, wonach die Mutter betreut und gepflegt werden sollte; im Pflegevertrag wurde sowohl die Klägerin als auch ihre Mutter als Leistungsnehmer bezeichnet. In den Rechnungen der Sozialstation wurde die Mutter als Rechnungsempfängerin ausgewiesen; bezahlt wurden die Rechnungen aber durch die Klägerin, die hierfür eine Steuerermäßigung geltend machte. Das Finanzamt gewährte die Steuerermäßigung nicht, weil die Rechnung an die Mutter der Klägerin adressiert war.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hielt eine Steuerermäßigung für denkbar, verwies die Sache aber zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht (FG) zurück:
Die Leistungen der Sozialstation waren steuerlich begünstigte Pflegeleistungen. Hierzu gehören sowohl die sog. Grundpflegemaßnahmen wie Körperpflege, Ernährung und Mobilität als auch Leistungen zur hauswirtschaftlichen Versorgung, z.B. Einkaufen, Kochen und Putzen.
Die Steuerermäßigung setzt einen bestimmten Grad der Pflegebedürftigkeit nicht voraus.
Für die Steuerermäßigung ist es nicht erforderlich, dass die gepflegte Person (Mutter der Klägerin) im Haushalt des Steuerpflichtigen, d.h. der Klägerin, wohnt. Die Klägerin kann daher ihre Mutter in deren Haushalt pflegen lassen und hierfür eine Steuerermäßigung beantragen.
Ferner setzt die Steuerermäßigung nicht voraus, dass die Leistungen durch Banküberweisungen bezahlt werden. Ebenso wenig muss der Steuerpflichtige über eine an ihn adressierte Rechnung verfügen.
Allerdings steht nicht fest, ob die Klägerin eigene Aufwendungen getragen hat, weil sie den Vertrag mit der Sozialstation abgeschlossen hat, oder ob die Klägerin Aufwendungen ihrer Mutter getragen hat, weil der Vertrag mit der Mutter geschlossen worden ist; bei Vertragsabschluss durch die Mutter würde es sich dann um sog. Drittaufwand handeln, der steuerlich nicht begünstigt wäre.
Hinweise: Das FG muss nun aufklären, wer den Vertrag mit der Sozialstation abgeschlossen hat: die Klägerin (die Klage hätte dann Erfolg) oder aber die Mutter (die Klage wäre dann unbegründet). Sollte die Klägerin ihre Mutter beim Vertragsabschluss vertreten haben, hätte die Klage ebenfalls keinen Erfolg, weil dann ebenfalls die Mutter Vertragspartnerin wäre.
Der Fall zeigt, dass bei Abschluss von Pflegeverträgen vorab geprüft werden sollte, wer den Vertrag abschließt und die Leistungen bezahlt. Nur der Vertragspartner der Sozial- bzw. Pflegestation kann für die Aufwendungen eine Steuerermäßigung geltend machen.
Eine Steuerermäßigung wird auch für Aufwendungen gewährt, die einem Steuerpflichtigen wegen der Unterbringung in einem Heim oder zur dauernden Pflege erwachsen, soweit darin Kosten für Dienstleistungen enthalten sind, die mit denen einer Hilfe im Haushalt vergleichbar sind. Diese Steuerermäßigung kann aber nur die Person in Anspruch nehmen, die stationär untergebracht ist bzw. gepflegt wird. Dies hat der BFH im Jahr 2019 entschieden.
Quelle: BFH, Urteil v. 12.4.2022 - VI R 2/20; NWB
Ein Verlust aus der Aufgabe einer wesentlichen Beteiligung von mindestens 1 % an einer GmbH ist grundsätzlich erst mit dem Abschluss der Liquidation steuerlich zu berücksichtigen. Ein früherer Zeitpunkt...
Ein Verlust aus der Aufgabe einer wesentlichen Beteiligung von mindestens 1 % an einer GmbH ist grundsätzlich erst mit dem Abschluss der Liquidation steuerlich zu berücksichtigen. Ein früherer Zeitpunkt kommt nur dann in Betracht, wenn mit einer wesentlichen Änderung des bereits feststehenden Verlustes nicht mehr zu rechnen ist. Solange die GmbH aber trotz Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch über freies Vermögen verfügt und die Verwertung der zur Sicherheit übereigneten Wirtschaftsgüter noch nicht vollständig abgeschlossen ist, bleibt es beim Abschluss der Liquidation.
Hintergrund: Der Gewinn und Verlust aus dem Verkauf einer im Privatvermögen gehaltenen GmbH-Beteiligung von mindestens 1 % unterliegt der Steuer und muss versteuert werden (Gewinn) bzw. kann steuerlich abgesetzt werden (Verlust). Der Verlust unterliegt ebenso wie ein Gewinn dem sog. Teileinkünfteverfahren und wird daher nur zu 60 % berücksichtigt.
Streitfall: Die Klägerin erwarb im März 2014 eine Beteiligung an der überschuldeten Z-GmbH zum Preis von 1 €. In dem Kaufvertrag verpflichtete sie sich, der Z-GmbH ein Darlehen in Höhe von 320.000 € zu Verfügung zu stellen; als Sicherheit übereignete die Z-GmbH der Klägerin neun Kfz im Wert von insgesamt 56.000 € sowie ein Ersatzteillager im Wert von 40.000 €. Im Juli 2014 stellte die Z-GmbH einen Insolvenzantrag; das Insolvenzverfahren wurde im September 2014 eröffnet. Der Insolvenzverwalter zeigte sogleich die Masseunzulänglichkeit an. Nach dem Bericht des Insolvenzverwalters hatte die Klägerin im Mai 2014 eine möglicherweise anfechtbare Darlehensrückzahlung in Höhe von 16.000 € erhalten. Die zur Sicherheit übereigneten Kfz waren zum Teil veräußert worden, und es war noch ein Betrag in Höhe von 44.000 € für die Insolvenzmasse frei. Die Klägerin machte einen Verlust aus der Aufgabe ihrer Beteiligung im Streitjahr 2014 in Höhe von 320.001 € geltend. Das Finanzamt erkannte den Verlust nicht an.
Entscheidung: Das Finanzgericht Düsseldorf (FG) wies die Klage ab:
Ein Verlust aus der Aufgabe einer wesentlichen GmbH-Beteiligung kann grundsätzlich erst mit dem Abschluss der Liquidation geltend gemacht werden. Denn erst dann steht fest, ob und in welcher Höhe der Gesellschafter mit einer Zuteilung und Rückzahlung von Vermögen der GmbH rechnen kann. Die Liquidation war im Streitjahr 2014 aber noch nicht abgeschlossen.
Ausnahmsweise kann der Verlust schon zu einem früheren Zeitpunkt steuerlich berücksichtigt werden, wenn mit einer wesentlichen Änderung des bereits feststehenden Verlustes nicht mehr zu rechnen ist. Dies ist z.B. der Fall, wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wurde oder wenn die GmbH bereits im Zeitpunkt des Auflösungsbeschlusses vermögenslos war.
Die bloße Eröffnung des Insolvenzverfahrens genügt hingegen noch nicht, um den Verlust bereits im Jahr der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu berücksichtigen. Denn es steht aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht fest, ob der Gesellschafter noch Geld erhält.
Die Z-GmbH war nicht vermögenslos, sondern hatte noch Vermögen in Höhe von ca. 44.000 €. Unbeachtlich ist, dass die Schulden der GmbH deutlich höher waren. Ferner war es nach dem Bericht des Insolvenzverwalters denkbar, dass eine Tilgung an die Bank in Höhe von 320.000 € noch angefochten würde. Ferner steht noch nicht fest, ob die Klägerin tatsächlich eine Darlehensrückzahlung in Höhe von 16.000 € erhalten hat und ob diese Rückzahlung ggf. noch vom Insolvenzverwalter angefochten wird; ferner stand die Verwertung aller sicherungsübereigneten Kfz noch nicht fest.
Hinweise: Zwar hat die Klägerin die Klage verloren. Dies bedeutet aber nicht, dass sie den Verlust nicht absetzen kann. Denn aus dem Urteil folgt lediglich, dass der Verlust zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich nach Abschluss der Liquidation, steuerlich berücksichtigt werden kann.
In der Praxis stellt sich oft das Problem, dass noch nicht sicher abgesehen werden kann, in welchem Veranlagungszeitraum der Verlust aus der Aufgabe einer GmbH-Beteiligung zu berücksichtigen ist. Hier ist es verfahrensrechtlich sinnvoll, alle in Betracht kommenden Jahre durch einen Einspruch gegen den jeweiligen Steuerbescheid offenzuhalten.
Quelle: FG Düsseldorf, Urteil v. 12.4.2022 - 10 K 1175/19 E; NWB
Ein Vermieter kann sein Gebäude auf der Grundlage einer tatsächlich kürzeren Nutzungsdauer als der gesetzlich vermuteten 50-jährigen Nutzungsdauer abschreiben und damit eine höhere Abschreibung...
Ein Vermieter kann sein Gebäude auf der Grundlage einer tatsächlich kürzeren Nutzungsdauer als der gesetzlich vermuteten 50-jährigen Nutzungsdauer abschreiben und damit eine höhere Abschreibung geltend machen. Hierfür genügt ein Sachverständigengutachten, in dem der Gutachter eine gutachterlich anerkannte Methodik angewendet und eine kürzere Nutzungsdauer ermittelt hat.
Hintergrund: Für vermietete Gebäude des Privatvermögens kann nach dem Gesetz eine jährliche Abschreibung in Höhe von 2 % auf der Grundlage einer vom Gesetzgeber vermuteten Nutzungsdauer von 50 Jahren in Anspruch genommen werden. Allerdings kann der Vermieter nach dem Gesetz auch eine höhere Abschreibung geltend machen, wenn die tatsächliche Nutzungsdauer des Gebäudes kürzer ist als 50 Jahre.
Streitfall: Der Kläger vermietete Wohnungen. Ihm gehörte u.a. ein im Jahr 2012 erworbenes bebautes Grundstück, dessen Gebäude zu diesem Zeitpunkt bereits 55 Jahre alt war. Für dieses Grundstück machte er in den Streitjahren 2014 und 2015 eine Abschreibung auf der Grundlage einer Nutzungsdauer von 31 Jahren geltend, also jährlich 3,23 %. Dabei berief sich der Kläger auf ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, der eine „wirtschaftliche Restnutzungsdauer“ von 31 Jahren ermittelt hatte; der Gutachter hatte dabei u.a. ein Berechnungsschema der Arbeitsgemeinschaft der Vorsitzenden der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte in Nordrhein-Westfalen zugrunde gelegt und insbesondere die ausstehenden Modernisierungen berücksichtigt. Das Finanzamt erkannte lediglich eine Abschreibung in Höhe von 2 % an.
Entscheidung: Das Finanzgericht Köln (FG) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:
Der Kläger hat eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer als die gesetzlich vermutete Nutzungsdauer von 50 Jahren durch das Sachverständigengutachten nachgewiesen.
Die Nutzungsdauer wird durch den technischen Verschleiß, die wirtschaftliche Entwertung sowie durch rechtliche Beschränkungen bestimmt. Auszugehen ist von der technischen Nutzungsdauer, die aber durch eine kürzere wirtschaftliche Nutzungsdauer abgekürzt werden kann.
Nach dem vom Kläger vorgelegten Sachverständigengutachten betrug die Nutzungsdauer des Gebäudes nur 31 Jahre und nicht 50 Jahre. Der Sachverständige hat eine gutachterlich anerkannte Methodik verwendet. Dabei hat er den Schätzungsrahmen nicht verlassen und jede erforderliche Modernisierungsmaßnahme nachvollziehbar aufgeführt und bewertet.
Unschädlich ist, dass der Gutachter die „wirtschaftliche Restnutzungsdauer“ ermittelt und damit nicht den gesetzlichen Begriff der „tatsächlichen“ Nutzungsdauer verwendet hat. Bei beiden Begriffen geht es darum, die Dauer der wirtschaftlichen Verwendung zu ermitteln.
Hinweise: Über die Gesamtdauer der Nutzung des Gebäudes gleichen sich beide Abschreibungssätze aus. Allerdings könnte selbst ein Abschreibungszeitraum von 31 Jahren länger als die Lebenserwartung des Vermieters sein. Mit jedem Verkauf des Gebäudes beginnt ein neuer gesetzlicher Abschreibungszeitraum von 50 Jahren, der vom jeweiligen Käufer dann durch eine tatsächliche kürzere Nutzungsdauer ersetzt werden kann. Die Beweislast liegt aber beim jeweiligen Käufer, nicht beim Finanzamt.
Für den Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer ist ein Bausubstanzgutachten nach dem sog. ERAB-Verfahren nicht erforderlich. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) bereits vor kurzem entschieden. Bei ERAB-Verfahren wird der Abnutzungsvorrat von Baustoffen ermittelt, d.h. ein baustoffspezifischer Wert; das ERAB-Verfahren vermag aber nicht den technischen Verschleiß oder die wirtschaftliche Entwertung oder gar rechtliche Nutzungsbeschränkungen zu berücksichtigen.
Quelle: FG Köln, Urteil v. 23.3.2022 - 6 K 923/20; NWB
Allein die Beteiligung einer Ober-Personengesellschaft an einer grundbesitzenden Unter-Personengesellschaft genügt nicht für die Zurechnung der Grundstücke der Unter-Personengesellschaft auf die...
Allein die Beteiligung einer Ober-Personengesellschaft an einer grundbesitzenden Unter-Personengesellschaft genügt nicht für die Zurechnung der Grundstücke der Unter-Personengesellschaft auf die Ober-Personengesellschaft. Erforderlich ist vielmehr, dass die Ober-Personengesellschaft das Grundstück im Wege einer grunderwerbsteuerbaren Anteilsübertragung erworben hat.
Hintergrund: Werden an einer grundbesitzenden Personengesellschaft innerhalb von zehn Jahren mindestens 90 % der Anteile mittelbar oder unmittelbar auf neue Gesellschafter übertragen, entsteht Grunderwerbsteuer. Bis zum 30.6.2021 entstand Grunderwerbsteuer nur dann, wenn innerhalb von fünf Jahren mindestens 95 % der Anteile auf neue Gesellschafter übertragen wurden.
Streitfall: Die Klägerin war eine GmbH & Co. KG, an der die A-KG als Kommanditistin zu 100 % beteiligt war und hinter der der A stand. Die Klägerin war Alleingesellschafterin der X-AG, die seit 1994 Grundstücke hielt. Im Jahr 2011 verkaufte A seine Beteiligung von 100 % an der Klägerin an die A-Lux, eine luxemburgische Personengesellschaft. Alleiniger Gesellschafter der A-Lux war wiederum der A. Im Jahr 2013 verkaufte die Klägerin 5,1 % der Anteile an der X-AG an die B-Lux, eine luxemburgische Kapitalgesellschaft, deren Alleingesellschafterin die A-Lux war. Das Finanzamt behandelte die Anteilsübertragung im Jahr 2011 als grunderwerbsteuerbar.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:
Die Anteilsübertragung im Jahr 2011 war nicht grunderwerbsteuerbar. Nach der im Jahr 2011 geltenden Rechtslage hätten innerhalb von fünf Jahren mindestens 95 % der Anteile an einer grundbesitzenden Personengesellschaft unmittelbar oder mittelbar auf neue Gesellschafter übertragen werden müssen.
Die Klägerin selbst, deren Anteile zu 100 % auf die A-Lux übertragen wurden, hielt keine Grundstücke. Sie war aber an der X-AG beteiligt, die Grundstücke besaß. Diese Grundstücke konnten der Klägerin allerdings nicht ohne Weiteres zugerechnet werden. Erforderlich hierfür wäre gewesen, dass die Klägerin als Obergesellschaft die Grundstücke aufgrund eines Erwerbsvorgangs in Gestalt einer Anteilsübertragung erworben hat. Allein die Beteiligung der Klägerin als Obergesellschaft an der X-AG als Untergesellschaft führt nicht zu einer Zurechnung der Grundstücke der X-AG zum grunderwerbsteuerlichen Vermögen der Klägerin. Die Klägerin hat hinsichtlich der 1994 von der X-AG erworbenen Grundstücke keinen grunderwerbsteuerlichen Erwerbsvorgang verwirklicht.
Hinweise: Grunderwerbsteuerbar ist auch die Erlangung der wirtschaftlichen Verwertungsbefugnis an einem Grundstück, z.B. durch den Treugeber, wenn der Treuhänder für ihn ein Grundstück erwirbt. Die Klägerin hatte aber keine Einwirkungsmöglichkeiten auf die Grundstücke der X-AG.
Für Unternehmen mit doppel- oder mehrstöckigen Personengesellschaftsstrukturen ist das Urteil erfreulich. Denn der BFH lässt allein das Bestehen einer Beteiligung nicht ausreichen, damit ein Grundstück der Unter-Personengesellschaft der Ober-Personengesellschaft zugerechnet werden kann. Erforderlich ist vielmehr ein grunderwerbsteuerbarer Vorgang aufseiten der Obergesellschaft, der dazu geführt hat, dass ihr das Grundstück grunderwerbsteuerlich zugerechnet werden kann. Dieser Vorgang wird – bei doppel- bzw. mehrstöckigen Beteiligungen – eine grunderwerbsteuerbare Anteilsübertragung sein.
Quelle: BFH, Urteil v. 1.12.2021 - II R 44/18; NWB
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat Juli 2022 bekannt gegeben. Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2022 können Sie auf der Homepage des...
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat Juli 2022 bekannt gegeben.
Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2022 können Sie auf der Homepage des BMF abrufen.
Quelle: BMF, Schreiben v. 1.8.2022 - III C 3 - S 7329/19/10001 :004 (2022/0774502); NWB
Die Grunderwerbsteuerbefreiung für Grundstücksübertragungen zwischen Schwester-Personengesellschaften setzt voraus, dass an beiden Gesellschaften die identischen Gesellschafter beteiligt sind....
Die Grunderwerbsteuerbefreiung für Grundstücksübertragungen zwischen Schwester-Personengesellschaften setzt voraus, dass an beiden Gesellschaften die identischen Gesellschafter beteiligt sind. Ist einer der Gesellschafter der einen Gesellschaft an der anderen Gesellschaft nur als Treugeber über einen Treuhänder beteiligt, genügt dies insoweit nicht für eine Steuerbefreiung; denn Gesellschafter ist dann nur der Treuhänder, nicht aber der Treugeber.
Hintergrund: Die Übertragung eines Grundstücks von einer Personengesellschaft auf eine andere Personengesellschaft ist grunderwerbsteuerfrei, soweit an beiden Gesellschaften dieselben Gesellschafter beteiligt sind und noch bestimmte Fristen eingehalten werden.
Streitfall: Die Klägerin war eine GmbH & Co. KG, die von der C-KG mehrere Grundstücke im Jahr 2015 erwarb. An der Klägerin war die CT-KG als alleinige Kommanditistin beteiligt. Deren Komplementärin war die C-KG, also die Verkäuferin, die aber nicht am Vermögen der CT-KG beteiligt war; die alleinige Kommanditistin der CT-KG, die auch am Vermögen beteiligt war, war die X-GmbH, die wiederum Treuhänderin für die C-KG (Verkäuferin) als Treugeberin war. Das Finanzamt erhob auf den Verkauf der Grundstücke Grunderwerbsteuer.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Der Verkauf der Grundstücke an die Klägerin durch die C-KG war grunderwerbsteuerbar.
Der Verkauf war nicht grunderwerbsteuerfrei. Denn am Vermögen der Klägerin hielt die C-KG weder unmittelbar noch mittelbar einen Anteil. Die C-KG war zwar Komplementärin der CT-KG, der alleinigen Kommanditistin der Klägerin, jedoch war die C-KG nicht am Vermögen der CT-KG beteiligt.
Bei einer doppelstöckigen Personengesellschaft (Klägerin als Untergesellschaft und CT-KG als Obergesellschaft) kann zwar bei der Prüfung der Frage, ob ein Anteil am Vermögen der Untergesellschaft besteht, auch auf die am Vermögen der Obergesellschaft beteiligten Gesellschafter zurückgegriffen werden. Am Vermögen der CT-KG als Obergesellschaft war aber nur die X-GmbH beteiligt, nicht hingegen die C-KG.
Es genügt nicht, dass die X-GmbH Treuhänderin für die C-KG als Treugeberin war. Zivilrechtlich ist nämlich nur der Treuhänder – und nicht der Treugeber – am Vermögen der Personengesellschaft beteiligt.
Hinweise: Eine erweiternde Auslegung der Steuerbefreiung hat der BFH abgelehnt.
Eine Treuhandabrede ist grunderwerbsteuerlich häufig problematisch, weil bei einem Erwerb durch einen Treuhänder zweimal Grunderwerbsteuer entsteht, nämlich einmal für den Erwerb des Treuhänders aufgrund des Kaufvertrags und zugleich ein weiteres Mal für die wirtschaftliche Verwertungsbefugnis des Treugebers.
Quelle: BFH, Urteil v. 12.1.2022 - II R 16/20; NWB
Der Zuschuss der KfW für Ladestationen für Elektrofahrzeuge - Unternehmen (Zuschuss 441) kann voraussichtlich bis Dezember 2022 beantragt werden. Dann werden die Fördermittel wahrscheinlich ausgeschöpft...
Der Zuschuss der KfW für Ladestationen für Elektrofahrzeuge - Unternehmen (Zuschuss 441) kann voraussichtlich bis Dezember 2022 beantragt werden. Dann werden die Fördermittel wahrscheinlich ausgeschöpft sein. Die KfW empfiehlt, entsprechende Anträge frühzeitig zu stellen.
Nachfolgend die wichtigsten Infos zum Zuschuss für Ladestationen in Unternehmen:
Zuschuss bis zu 900 € pro Ladepunkt,
für den Kauf und die Installation von Ladestationen, die nicht öffentlich zugänglich sind,
zum Aufladen von Firmenfahrzeugen und Privatfahrzeugen von Beschäftigten,
für Unternehmen und kommunale Unternehmen, freiberuflich Tätige und gemeinnützige Organisationen.
Hinweise: Die Förderung steht unter dem Vorbehalt verfügbarer Haushaltsmittel. Ein Rechtsanspruch hierauf besteht grundsätzlich nicht.
Neu ist, dass die Frist, die Ladestationen in Betrieb zu nehmen von zwölf auf 18 Monate verlängert wurde. Die neue Frist gilt auch für bereits zugesagte Zuschüsse.
Den Zuschuss können Sie auf der Homepage der KfW beantragen. Dort sind zudem weitere Informationen über das Förderprogramm hinterlegt.
Die Förderung der Errichtung neuer Ladestationen für Wohngebäude (Zuschuss 440) ist dagegen ausgelaufen.
Quelle: KfW, Newsletter v. 27.7.2022; NWB
Der Umweltbonus für E-Autos wird fortgesetzt und ab dem 1.1.2023...
Der Umweltbonus für E-Autos wird fortgesetzt und ab dem 1.1.2023 auf batterie- und brennstoffzellenbetriebene Fahrzeuge konzentriert. Dies teilt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) aktuell mit.
Hierzu führt das BMWK u.a. weiter aus:
Konkret wird der Kauf von reinen Elektroautos (batterie- oder brennstoffzellenbetrieben) ab Januar 2023 je nach Kaufpreis, mit 3.000 bis 4.500 € bezuschusst. Ab dem 1.9.2023 wird der Kreis der Antragsberechtigten zudem auf Privatpersonen begrenzt. Für E-Autos über 45.000 € Nettolistenpreis entfällt der Umweltbonus ab dem 1.1.2024 vollständig. Die Förderung für Plugin-Hybride läuft Ende 2022 aus.
Die Eckpunkte im Detail:
1. Förderung ab dem
Die Förderung von Plug-In-Hybridfahrzeugen wird bis zum 31.12.2022 in der aktuellen Form weitergeführt. Ab 1.1.2023 erhalten Plug-In-Hybridfahrzeuge keine Förderung mehr durch den Umweltbonus.
Ab dem 1.1.2023 beträgt der Bundesanteil der Förderung für batterieelektrische Fahrzeuge und Brennstoffzellenfahrzeuge
mit Nettolistenpreis bis zu 40.000 €: 4.500 €;
mit Nettolistenpreis zwischen 40.000 € und bis zu 65.000 €: 3.000 €.
Der Kreis der Antragsberechtigten ändert sich nicht.
2. Förderung ab dem
Die Förderung wird auf Privatpersonen beschränkt; eine Ausweitung auch auf Kleingewerbetreibende und gemeinnützige Organisationen wird vom BMWK derzeit noch geprüft.
Ansonsten bleiben die Förderkonditionen aus Punkt 1 unverändert.
3. Förderung ab dem
Ab dem 1.1.2024 beträgt der Bundesanteil der Förderung für batterieelektrische Fahrzeuge und Brennstoffzellenfahrzeuge mit Nettolistenpreis bis zu 45.000 Euro: 3.000 Euro.
Fahrzeuge mit höherem Nettolistenpreis erhalten keine Förderung mehr.
Der Kreis der Antragsberechtigten bleibt auf Privatpersonen beschränkt.
Maßgeblich für die Förderung soll auch zukünftig das Datum des Förderantrags bleiben, der die Fahrzeugzulassung voraussetzt. Bei den oben genannten Fördersätzen handelt es sich jeweils um den Bundesanteil der Umweltbonus-Förderung inklusive der Innovationsprämie. Der Anteil der Hersteller soll, wie seit Einführung der Innovationsprämie, auch zukünftig 50 Prozent der Gesamt-Bundesförderung betragen und bei der Bestimmung der Gesamtförderung noch hinzukommen. Hierzu ist das BMWK mit den Herstellern im Austausch.
Die Mittel für den Umweltbonus werden im Klima- und Transformationsfonds (KTF) bereitgestellt. Wenn die Mittel ausgeschöpft sind, endet die Förderung mit dem Umweltbonus. Die nun beschlossenen Eckpunkte werden zeitnah in einer Neufassung der Förderrichtlinie zum Umweltbonus umgesetzt, nachdem sie von der Europäischen Kommission auf ihre Beihilferelevanz hin geprüft wurden.
Quelle: BMWK, Pressemitteilung v. 26.7.2022; NWB
Die Erbschaftsteuerbefreiung für ein vererbtes Familienheim ist rückwirkend zu versagen, wenn das Familienheim vom Erben nicht für zehn Jahre zu eigenen Wohnzwecken selbst genutzt wird. Unschädlich...
Die Erbschaftsteuerbefreiung für ein vererbtes Familienheim ist rückwirkend zu versagen, wenn das Familienheim vom Erben nicht für zehn Jahre zu eigenen Wohnzwecken selbst genutzt wird. Unschädlich ist es aber, wenn dem Erben die Selbstnutzung objektiv unmöglich oder aber objektiv unzumutbar geworden ist, weil er z.B. so pflegebedürftig ist, dass eine selbständige Haushaltsführung des Erben selbst unter Zuhilfenahme von Pflegeleistungen nicht mehr angenommen werden kann.
Hintergrund: Die Vererbung eines Familienheims, das vom Erblasser zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden war, an ein Kind ist erbschaftsteuerfrei, soweit die Wohnfläche 200 qm nicht übersteigt und wenn das Kind das Familienheim anschließend für mindestens zehn Jahre selbst zu Wohnzwecken nutzt. Beendet das Kind die Selbstnutzung innerhalb von zehn Jahren, ohne dass hierfür zwingende Gründe vorliegen, wird die Steuerbefreiung rückgängig gemacht.
Streitfall: Die Klägerin erbte im März 2009 von ihrem Vater ein Einfamilienhaus, das bis zum Tod ihres Vaters von diesem und von ihr bewohnt worden war. Die Klägerin wohnte auch nach dem Tod ihres Vaters in dem Haus, zog jedoch am 4.8.2016 aus. Einen Tag später wurde das Haus abgerissen. Das Finanzamt machte daraufhin die ursprünglich gewährte Erbschaftsteuerbefreiung rückgängig.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) verwies die Sache an das Finanzgericht (FG) zur weiteren Aufklärung zurück, damit dieses feststellt, ob zwingende Gründe für die Beendigung der Selbstnutzung vor Ablauf des Zehnjahreszeitraums vorlagen:
Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung lagen zunächst vor. Der Vater hatte das Einfamilienhaus zu eigenen Wohnzwecken genutzt, und auch die Klägerin nutzte das Einfamilienhaus nach dem Tod ihres Vaters zu eigenen Wohnzwecken.
Allerdings hat die Klägerin die Selbstnutzung vor Ablauf von zehn Jahren beendet. Dies ist steuerlich nur unschädlich, wenn sie an einer Selbstnutzung gehindert war. Dies setzt jedoch zwingende Gründe voraus. Die Selbstnutzung des geerbten Familienheims muss dem Erben also entweder objektiv unmöglich oder aber objektiv unzumutbar gewesen sein. Es genügt nicht, dass der Erbe die Selbstnutzung in persönlicher oder wirtschaftlicher Hinsicht nicht mehr für zweckmäßig hielt.
Ein zwingender Grund kann in der Pflegebedürftigkeit des Erben liegen. Die Pflegebedürftigkeit muss dann aber so groß sein, dass externe Hilfe- und Pflegeleistungen ein solches Ausmaß annehmen, dass von einer selbständigen Haushaltsführung des Erben nicht mehr gesprochen werden kann.
Der bauliche Zustand des Familienheimes begründet hingegen keinen zwingenden Grund, sondern gehört lediglich zu den Wirtschaftlichkeits- und damit Zweckmäßigkeitserwägungen; denn bauliche Mängel können behoben bzw. – wenn bauliche Anpassungen infolge des Gesundheitszustands des Erben erforderlich sein sollten – den veränderten Lebensumständen angepasst werden.
Hinweise: Das FG muss nun ermitteln, ob zwingende Gründe vorlagen. Sollte die Klägerin pflegebedürftig gewesen sein, hängt der Erhalt der Steuerbefreiung davon ab, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen so groß waren, dass die weitere Selbstnutzung für die Klägerin unzumutbar gewesen wäre.
Sollte danach eine Steuerbefreiung zu bejahen sein, wäre es unschädlich, dass das Haus nach der Beendigung der Selbstnutzung abgerissen worden ist. Auch ein Verkauf nach Beendigung der Selbstnutzung wäre erbschaftsteuerlich unschädlich gewesen.
Quelle: BFH, Urteil v. 1.12.2021 - II R 18/20; NWB
Der Nießbrauch an GmbH-Anteilen, durch den zwar ein Anspruch...
Der Nießbrauch an GmbH-Anteilen, durch den zwar ein Anspruch auf den Gewinnanteil begründet wird, die Stimmberechtigung und sonstige Verwaltungsrechte aber beim Anteilseigner verbleiben, wird steuerlich nicht anerkannt. Die Ausschüttung ist daher dem Anteilseigner – und nicht dem Nießbrauchsberechtigten – zuzurechnen. Eine an den Nießbrauchsberechtigten geleistete Ausschüttung kann daher eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen.
Hintergrund: Dividendeneinnahmen muss grundsätzlich der Anteilseigner versteuern. Durch einen Nießbrauch kann aber ein Dritter an den Anteilen berechtigt werden, so dass der Dritte die Dividenden versteuern muss.
Streitfall: Die Klägerin war zusammen mit dem X ursprünglich zu jeweils 50 % an der A-GmbH, B-GmbH und C-GmbH beteiligt. Am 16.12.2004 bestellten die Klägerin und X einen Nießbrauch zu 80 % an ihren Anteilen an der C-GmbH zugunsten der A-GmbH. Jedoch verblieben die Stimmrechte bei der Klägerin und bei X. Ebenfalls am 16.12.2004 beschlossen die Klägerin und X eine Erhöhung des Stammkapitals der B-GmbH und brachten ihre nießbrauchsbelasteten Anteile an der C-GmbH in die B-GmbH ein. Am 28.12.2004 sowie im Juni und Dezember 2006 beschloss die Gesellschafterversammlung der C-GmbH Gewinnausschüttungen, die im Umfang des Nießbrauchs an die A-GmbH ausgezahlt wurden. Das Finanzamt erfasste die an die A-GmbH erfolgten Ausschüttungen in den Streitjahren 2004 und 2006 jeweils zur Hälfte als verdeckte Gewinnausschüttung bei der Klägerin sowie bei X.
Entscheidung: Auf die hiergegen gerichtete Klage wies der Bundesfinanzhof (BFH) die Sache an das Finanzgericht (FG) zur weiteren Aufklärung zurück, weil eine verdeckte Gewinnausschüttung nicht feststand:
Die Ausschüttungen waren nicht der A-GmbH zuzurechnen, da diese nur hinsichtlich der Gewinnanteile anspruchsberechtigt war, aber die Verwaltungsrechte, insbesondere das Stimmrecht, nicht durchsetzen konnte. Steuerlich gesehen hätte daher die B-GmbH die Dividenden erhalten und versteuern müssen.
Da die Dividenden aber tatsächlich an die A-GmbH als Nießbrauchsberechtigte gezahlt worden sind, führt die Auszahlung grundsätzlich zu einer verdeckten Gewinnausschüttung bei der B-GmbH sowie bei den Gesellschaftern der B-GmbH, da bei der B-GmbH eine verhinderte Vermögensmehrung eingetreten ist, weil sie die Dividenden tatsächlich nicht vollständig erhalten hat und weil die A-GmbH eine nahestehende Person der beiden Gesellschafter der B-GmbH war; denn die Gesellschafter der B-GmbH waren die Klägerin und X, die auch Gesellschafter der A-GmbH waren.
Allerdings kann es auch sein, dass es betriebliche Gründe für die Gestaltung gab. So ist es denkbar, dass die Einbringung der nießbrauchsbelasteten Anteile an der C-GmbH in die B-GmbH nach kaufmännischen Gesichtspunkten abgewogen war; denn die Klägerin und X erhielten im Gegenzug für ihre Einbringung der nießbrauchsbelasteten neue Anteile an der B-GmbH.
Für eine Abwägung nach kaufmännischen Gesichtspunkten würde sprechen, wenn sowohl die eingebrachten Anteile an der C-GmbH unter Berücksichtigung der Nießbrauchsbelastung als auch die neu ausgegebenen Anteile an der B-GmbH von der Klägerin und X bewertet worden wären und diese Bewertung der Einbringung zugrunde gelegt worden wäre. Eine verdeckte Gewinnausschüttung wäre dann nicht anzunehmen. Sollte eine entsprechende Bewertung und vertragliche Bezugnahme auf die Bewertung jedoch unterblieben sein, läge die streitige verdeckte Gewinnausschüttung wohl vor.
Hinweise: Das FG muss nun aufklären, ob die Einbringung nach kaufmännischen Gesichtspunkten abgewogen war. Für die Praxis bedeutet das BFH-Urteil, dass auch bei einer Umstrukturierung in einer kleinen, vertrauten „Konzerngruppe“ – wie sie hier mit der Klägerin und X bestand – eine Anteilsbewertung durchgeführt werden sollte, um Vermögensverschiebungen unter den einzelnen Gesellschaften zu vermeiden, die letztendlich verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen auslösen können.
Ferner ist bei Bestellung eines Nießbrauchs an GmbH-Anteilen oder Aktien darauf zu achten, dass der Nießbrauchsberechtigte auch die wesentlichen Verwaltungsrechte wie das Stimmrecht durchsetzen kann. Anderenfalls werden die Dividenden weiterhin dem Anteilseigner zugerechnet und müssen grundsätzlich von ihm auch versteuert werden.
Quelle: BFH, Urteil v, 14.2.2022 - VIII R 29/18; NWB
Für die umsatzsteuerliche Zuordnung einer sowohl privat als auch unternehmerisch genutzten Photovoltaikanlage zum Unternehmen muss keine Frist eingehalten werden, bis zu deren Ablauf der Unternehmer...
Für die umsatzsteuerliche Zuordnung einer sowohl privat als auch unternehmerisch genutzten Photovoltaikanlage zum Unternehmen muss keine Frist eingehalten werden, bis zu deren Ablauf der Unternehmer die Zuordnung dem Finanzamt mitzuteilen hat. Allerdings stellt die Abgabefrist für die Umsatzsteuererklärung, die für steuerlich nicht beratene Unternehmer gilt, eine Dokumentationsfrist dar, bis zu deren Ablauf diejenigen Anhaltspunkte, aus denen sich eine Zuordnung zum Unternehmen ergibt, dokumentiert sein müssen. Ein derartiger Anhaltspunkt kann darin zu sehen sein, dass der Steuerpflichtige bis zum Ablauf der Dokumentationsfrist einen Einspeisevertrag mit einem Netzbetreiber abgeschlossen hat, der die Einspeisung des gesamten Stroms ermöglicht.
Hintergrund: Verwendet der Unternehmer einen Gegenstand sowohl für sein Unternehmen als auch privat, hat er umsatzsteuerlich ein sog. Zuordnungswahlrecht. Er kann den Gegenstand entweder vollständig oder nur anteilig oder aber gar nicht seinem Unternehmen zuordnen und dementsprechend die Vorsteuer vollständig, anteilig oder gar nicht abziehen. Allerdings muss er bei einer vollständigen Zuordnung die Privatnutzung des Gegenstands der Umsatzsteuer unterwerfen. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) musste das Zuordnungswahlrecht bis zum Termin für die Abgabe der Umsatzsteuererklärung ausgeübt werden; dabei kam es für alle Unternehmer auf die Abgabefrist an, die für steuerlich nicht beratene Unternehmer gilt: Bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2017 war dies der 31.5. des Folgejahres; seit dem Veranlagungszeitraum 2018 gilt – vorbehaltlich coronabedingter Fristverlängerungen – grundsätzlich der 31.7. des Folgejahres.
Streitfall: Der Kläger erwarb im Jahr 2014 eine Photovoltaikanlage. Am 25.9.2014 schloss er mit einem Netzbetreiber einen Einspeisevertrag und war berechtigt, seinen gesamten produzierten Strom in das Netz einzuspeisen. Tatsächlich verwendete er einen Teil des Stroms privat. Der Kläger gab seine Umsatzsteuererklärung für 2014 am 29.2.2016 ab und machte die Vorsteuer für die gesamte Anlage geltend. Das Finanzamt hielt dies für verspätet, weil der Kläger seine Zuordnungsentscheidung nicht bis zum 31.5.2015 getroffen hatte.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt, nachdem er den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen hatte:
Es gibt keine Mitteilungsfrist, innerhalb derer der Unternehmer das Finanzamt über die erfolgte vollständige oder teilweise Zuordnung des gemischt genutzten Gegenstands zum Unternehmen informieren muss.
Es gibt lediglich eine Dokumentationsfrist, innerhalb derer diejenigen Anhaltspunkte, die nach außen hin erkennbar sind und die für eine Zuordnung zum Unternehmen sprechen, zu dokumentieren sind. Wird diese Dokumentationsfrist, die im Streitjahr 2014 mit der gesetzlichen Abgabefrist für die Umsatzsteuererklärung bis zum 31.5.2015 identisch ist, eingehalten, können die Anhaltspunkte dem Finanzamt auch nach Ablauf der Frist mitgeteilt werden.
Im Streitfall gab es einen nach außen hin erkennbaren Anhaltspunkt, der bis zum 31.5.2015 dokumentiert war. Aus dem bereits am 25.9.2014 geschlossenen Einspeisevertrag ergab sich, dass der Kläger die gesamte Photovoltaikanlage seinem Unternehmen, der Stromproduktion, zugeordnet hatte; denn der Einspeisevertrag ermöglichte ihm die Einspeisung des gesamten produzierten Stroms. Unbeachtlich war, dass der Kläger dann einen Teil des Stroms selbst nutzte; insoweit unterlag der Privatverbrauch der Umsatzsteuer.
Unschädlich war ferner, dass der Kläger keine Umsatzsteuervoranmeldungen für 2014 abgegeben und daher auch keinen Vorsteuerabzug bis zum 31.5.2015 geltend gemacht hatte.
Hinweise: Auch in diesem Verfahren – ebenso wie in dem Verfahren zur umsatzsteuerlichen Zuordnung eines Büroraums, der sich in einem Einfamilienhaus befindet – hatte der BFH den EuGH angerufen, damit der EuGH die Vereinbarkeit der bislang geltenden Zuordnungsfrist mit dem Europarecht klärt. Zwar hat der EuGH die Vereinbarkeit der Zuordnungsfrist mit dem Europarecht grundsätzlich bejaht. Dennoch geht der BFH jetzt nicht mehr von einer Zuordnungsfrist aus, sondern nimmt lediglich eine Dokumentationsfrist an. Für Unternehmer ist dies eine Verbesserung, sofern es bis zum Abgabetermin für die Umsatzsteuererklärung nach außen hin erkennbare Anhaltspunkte für eine Zuordnungsentscheidung gibt.
Der BFH nennt noch weitere objektiv erkennbare Anhaltspunkte für eine Zuordnung zum Unternehmen, wie z.B. die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs in einer Umsatzsteuervoranmeldung oder das Auftreten beim Erwerb unter dem Namen des eigenen Unternehmens.
Ausdrücklich offen lässt der BFH die Frage, ob sich durch die gesetzliche Verlängerung der Abgabefrist für Steuerpflichtige ab dem Veranlagungszeitraum 2018 (neuer Abgabetermin ist der 31.7. des Folgejahres) auch die Dokumentationsfrist verschiebt. Falls ja, wäre zu beachten, dass es aktuell zu weiteren gesetzlichen Verlängerungen der Abgabefrist kommt, die durch die Corona-Krise veranlasst sind und die sich auch auf die Dokumentationsfrist auswirken könnten.
Quelle: BFH, Urteil v. 4.5.2022 - XI R 29/21 (XI R 7/19); NWB
Das Finanzministerium Baden-Württemberg hat am 20.7.2022 Informationen zur Auszahlung der Energiepreispauschale veröffentlicht.Hintergrund: Im September erhalten alle einkommensteuerpflichtigen...
Das Finanzministerium Baden-Württemberg hat am 20.7.2022 Informationen zur Auszahlung der Energiepreispauschale veröffentlicht.
Hintergrund: Im September erhalten alle einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen in Deutschland eine Einmalzahlung in Höhe von 300 Euro, die sog. Energiepreispauschale. So sieht es das Steuerentlastungsgesetz 2022 vor. Arbeitnehmern wird die Energiepreispauschale mit ihrem Arbeitslohn für den Monat September ausbezahlt.
Wer Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit bezieht, erhält die Energiepreispauschale über eine Verringerung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen. Dafür werden 300 Euro bei den Vorauszahlungen zum 10.9.2022 abgezogen. Wenn die Vorauszahlungen weniger als 300 Euro betragen, dann sind sie auf 0 Euro herabzusetzen.
Die Energiepreispauschale ist steuerpflichtig und sozialversicherungsfrei. Wenn sie mit dem Arbeitslohn ausbezahlt wird, dann wird sie mit dem Lohnsteuerabzug versteuert. Wenn sie durch Minderung der Vorauszahlung gezahlt wird, erfolgt die Versteuerung mit dem Einkommensteuerbescheid.
Baden-Württemberg hat sich dafür entschieden, dass die begünstigten Bürger jeweils einen Bescheid über die geminderten Vorauszahlungen erhalten.
Deshalb werden im August gesonderte Vorauszahlungsbescheide verschickt. Aus diesen Bescheiden geht hervor, welcher Betrag zum 10.9.2022 an das Finanzamt zu zahlen ist. Sofern dem Finanzamt eine Einzugsermächtigung für die Vorauszahlungen vorliegt, muss von den Bürgerinnen und Bürgern nichts veranlasst werden. Das Finanzamt wird dann den geminderten Betrag vom Bankkonto einziehen.
Allen Anspruchsberechtigten, denen die Energiepreispauschale nicht durch den Arbeitgeber ausgezahlt wird und die auch keinen Vorauszahlungsbescheid erhalten, wird die Pauschale mit dem Einkommensteuerbescheid für 2022 gewährt. Hierzu muss eine Einkommensteuererklärung für 2022 eingereicht werden. Dies betrifft z.B. Fälle, in denen zwar im Laufe des Jahres 2022 ein Arbeitsverhältnis bestand, nicht jedoch zum Stichtag am 1.9.2022. Oder wenn zum Stichtag am 1.9.2022 zwar ein Arbeitsverhältnis vorliegt, es sich hierbei aber um eine geringfügige Beschäftigung handelt und der Arbeitgeber ein Privathaushalt ist und nicht zur monatlichen Lohnsteueranmeldung verpflichtet ist. Im Falle einer geringfügigen Beschäftigung fällt für die Energiepreispauschale keine Steuer an. Auch die Geringfügigkeitsgrenze wird dadurch nicht überschritten.
Hinweis: Weitere Infos zum Thema finden Sie in der FAQ des BMF.
Quelle: FinMin Baden-Württemberg, Pressemitteilung v. 20.7.2022; NWB
Das BMF hat seine FAQ zur Energiepreispauschale (EPP) aktualisiert.Es werden Fragen beantwortet u.a. zur Anspruchsberechtigung, zur Festsetzung mit der Einkommensteuerveranlagung, zur Auszahlung...
Das BMF hat seine FAQ zur Energiepreispauschale (EPP) aktualisiert.
Es werden Fragen beantwortet u.a. zur Anspruchsberechtigung, zur Festsetzung mit der Einkommensteuerveranlagung, zur Auszahlung an Arbeitnehmer durch Arbeitgeber, zum Einkommensteuer-Vorauszahlungsverfahren und zur Steuerpflicht.
Hinweis: Die aktualisierten FAQ (Stand: 20.7.2022) sind auf der Homepage des BMF veröffentlicht.
Quelle: BMF online, Meldung v. 21.7.2022; NWB
Für die umsatzsteuerliche Zuordnung eines sowohl privat als auch unternehmerisch genutzten Gegenstands zum Unternehmen muss keine Frist eingehalten werden, bis zu deren Ablauf der Unternehmer die...
Für die umsatzsteuerliche Zuordnung eines sowohl privat als auch unternehmerisch genutzten Gegenstands zum Unternehmen muss keine Frist eingehalten werden, bis zu deren Ablauf der Unternehmer die Zuordnung dem Finanzamt mitzuteilen hat. Allerdings stellt die Abgabefrist für die Umsatzsteuererklärung, die für steuerlich nicht beratene Unternehmer gilt, eine Dokumentationsfrist dar, bis zu deren Ablauf diejenigen Anhaltspunkte, aus denen sich eine Zuordnung zum Unternehmen ergibt, dokumentiert sein müssen; diese Dokumentation bzw. die entsprechenden Anhaltspunkte können dem Finanzamt noch nach Ablauf der Frist mitgeteilt werden.
Hintergrund: Verwendet der Unternehmer einen Gegenstand sowohl für sein Unternehmen als auch privat, hat er umsatzsteuerlich ein sog. Zuordnungswahlrecht. Er kann den Gegenstand entweder vollständig oder nur anteilig oder aber gar nicht seinem Unternehmen zuordnen und dementsprechend die Vorsteuer vollständig, anteilig oder gar nicht abziehen. Allerdings muss er bei einer vollständigen Zuordnung die Privatnutzung des Gegenstands der Umsatzsteuer unterwerfen. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) musste das Zuordnungswahlrecht bis zum Termin für die Abgabe der Umsatzsteuererklärung ausgeübt werden; dabei kam es für alle Unternehmer auf die Abgabefrist an, die für steuerlich nicht beratene Unternehmer gilt: Bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2017 war dies der 31.5. des Folgejahres; seit dem Veranlagungszeitraum 2018 gilt – vorbehaltlich coronabedingter Fristverlängerungen – grundsätzlich der 31.7. des Folgejahres.
Streitfall: Der Kläger war Einzelunternehmer und hatte seine Büroräume bislang immer im eigenen Haus unterhalten. Im Jahr 2014 plante er den Bau eines Einfamilienhauses. In den Bauplänen war ein ca. 17 qm großer Raum im Erdgeschoss als „Arbeiten“ bezeichnet. In seinen monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen machte der Kläger keine Vorsteuer aus den Herstellungskosten des Einfamilienhauses geltend. Erst in seiner im September 2016 abgegebenen Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 2014 zog er die auf den 17 qm großen Raum entfallende Vorsteuer ab. Das Finanzamt erkannte den Vorsteuerabzug nicht an, weil der Kläger die Zuordnung zum Unternehmen nicht bis zum 31.5.2015 vorgenommen habe.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hat die Sache an das Finanzgericht (FG) zur weiteren Aufklärung zurückverwiesen, nachdem der BFH den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen hatte:
Es gibt keine Mitteilungsfrist, innerhalb derer der Unternehmer das Finanzamt über die erfolgte vollständige oder teilweise Zuordnung des gemischt genutzten Gegenstands zum Unternehmen informieren muss.
Es gibt lediglich eine Dokumentationsfrist, innerhalb derer diejenigen Anhaltspunkte, die nach außen hin erkennbar sind und die für eine Zuordnung zum Unternehmen sprechen, zu dokumentieren sind. Wird diese Dokumentationsfrist, die im Streitjahr 2014 mit der gesetzlichen Abgabefrist für die Umsatzsteuererklärung bis zum 31.5.2015 identisch ist, eingehalten, können die Anhaltspunkte dem Finanzamt auch nach Ablauf der Frist mitgeteilt werden.
Im Streitfall könnte ein solcher Anhaltspunkt die Bezeichnung des Raums als „Arbeiten“ in den Bauplänen sein. Immerhin benötigte der Kläger ein Büro, und er hatte bereits vor 2014 kein externes Büro genutzt, sondern sein Büro in den Privaträumen untergebracht. Für eine Zuordnung zum Unternehmen könnte ferner sprechen, dass der Kläger den neuen Raum sogar schon bis zum Ablauf der Dokumentationsfrist (31.5.2015) für sein Unternehmen genutzt hat.
Für die Zuordnung ist es nicht entscheidend, dass der Kläger den Vorsteuerabzug nicht in seinen Umsatzsteuervoranmeldungen geltend gemacht hat.
Hinweise: Der BFH hat die Sache nun an das FG zurückverwiesen, damit dieses prüft, ob die genannten Anhaltspunkte oder andere Anhaltspunkte für eine umsatzsteuerliche Zuordnung zum Unternehmen bis zum 31.5.2015 vorgelegen haben und dokumentiert worden sind.
Der BFH hatte den EuGH zur Klärung der Frage angerufen, ob die bisher angenommene Zuordnungsfrist bis zum 31.5. des Folgejahres (für Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2017) mit dem Europarecht vereinbar ist. Der EuGH hat dies im Grundsatz bejaht. Dennoch weicht der BFH die Zuordnungsfrist nun auf und macht aus ihr eine bloße Dokumentationsfrist. Für Unternehmer dürfte dies eine Entlastung darstellen, da sie nicht mehr gezwungen sind, dem Finanzamt bis zum Abgabetermin für die Umsatzsteuererklärung (für steuerlich nicht beratene Steuerpflichtige) die erfolgte Zuordnung mitzuteilen.
Quelle: BFH, Urteil v. 4.5.2022 - XI R 28/21 (XI R 3/19); NWB
Tritt ein Steuerberater für einen Steuerpflichtigen gegenüber dem Finanzamt auf, ohne dass er eine ausdrückliche Vollmacht vorlegt, wird eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung des Steuerberaters...
Tritt ein Steuerberater für einen Steuerpflichtigen gegenüber dem Finanzamt auf, ohne dass er eine ausdrückliche Vollmacht vorlegt, wird eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung des Steuerberaters vermutet. Dies hat zur Folge, dass der Steuerbescheid gegenüber dem Steuerberater für seinen Mandanten wirksam bekannt gegeben werden kann.
Hintergrund: Ein Steuerbescheid ist grundsätzlich gegenüber dem Betroffenen bekannt zu geben, kann aber auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Mit der Bekanntgabe wird der Bescheid wirksam.
Streitfall: Die Kläger waren Eheleute und hatten ausländische Kapitalerträge nicht ordnungsgemäß erklärt. Sie beauftragten den Steuerberater S im Jahr 2014, die Kapitaleinkünfte für die Jahre 2008 bis 2011 zu erklären und die Einkommensteuererklärung für 2012 zu erstellen. S reichte beim Finanzamt entsprechende Vollmachten der Kläger für die „Erklärung von Einkünften 2008 bis 2011“ sowie „Einkommensteuer 2012“ ein. Die Steuerfahndung forderte den S im weiteren Verlauf des Verfahrens auf, die Anlagen für Kapitaleinkünfte der Jahre 2008 bis 2011 einzureichen sowie die Kapitaleinkünfte für die Jahre 2004 bis 2007 zu erklären. S reichte im September 2015 die Anlagen für die Kapitaleinkünfte der Kläger für die Jahre 2004 bis 2011 „wunschgemäß“ beim Finanzamt ein. Das Finanzamt stellte daraufhin dem S einen geänderten Einkommensteuerbescheid für die Kläger für 2004 mit Postzustellungsurkunde am 21.12.2015 zu. Die Kläger hielten den Bescheid für unwirksam.
Entscheidung: Der BFH wies die Klage ab, da der Bescheid wirksam bekannt gegeben worden war:
Die Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheids für 2004 an S war gegenüber den Klägern wirksam. Denn S war Bevollmächtigter der Kläger.
Zwar hatte S eine Vollmacht nur für die Besteuerungszeiträume 2008 bis 2012 vorgelegt. Eine Bevollmächtigung kann aber auch ohne ausdrückliche Vollmacht vorliegen, wenn nämlich der Steuerberater für den Steuerpflichtigen auftritt. Die Bevollmächtigung ist dann zu vermuten.
Im Streitfall trat S auch hinsichtlich der Jahre 2004 bis 2007 für die Kläger auf und übersandte in ihrem Namen Unterlagen über ausländische Kapitalerträge an das Finanzamt. Zudem war S auch bereits für die Jahre 2008 bis 2012 unter Vorlage einer schriftlichen Vollmacht für die Kläger aufgetreten. Das Finanzamt durfte daher davon ausgehen, dass die Vollmacht der Kläger für die Jahre 2008 bis 2012 nachträglich auf die Jahre 2004 bis 2007 erweitert worden war.
Hinweise: Der Gesetzgeber regelt seit 2017 ausdrücklich, dass bei Steuerberatern, die für einen Steuerpflichtigen handeln, eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung vermutet wird. Schon vor der Gesetzesregelung wurde aber – wie im Streitfall – eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung vermutet. Der BFH macht deutlich, dass die Gesetzesregelung die Rechtsprechungsgrundsätze lediglich verankern sollte.
Die Wirksamkeit der Bekanntgabe des Bescheids am 21.12.2015 war deshalb für das Finanzamt so wichtig, weil am 31.12.2015 Festsetzungsverjährung für das Streitjahr 2004 eintrat. Die Kläger hatten ihre Steuererklärung für 2004 im Jahr 2005 abgegeben und die Kapitaleinkünfte hinterzogen, so dass die Verjährungsfrist zehn Jahre betrug und am 1.1.2006 begann und am 31.12.2015 endete. Wäre die Zustellung des Bescheids unwirksam gewesen, hätte die Bekanntgabe des Bescheids im Jahr 2016 nicht mehr nachgeholt werden können.
Quelle: BFH, Urteil v. 16.3.2022 - VIII R 19/19; NWB
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat einen Fragen-Antworten-Katalog...
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat einen Fragen-Antworten-Katalog zu den steuerlichen Maßnahmen zur Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten veröffentlicht.
Hintergrund: Die vielen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine erfahren in Deutschland die persönliche und finanzielle Unterstützung der Bevölkerung und der Unternehmen. Mit mehreren Schreiben hat das BMF steuerliche Erleichterungen für Helfende erlassen. Die nun vom BMF veröffentlichten FAQ sollen einen kurzen Überblick über die näheren Einzelheiten geben.
Im Einzelnen geht das BMF auf die folgenden Fragen näher ein:
Gesellschaftliches Engagement
Wie werden Spenden steuerlich berücksichtigt? Ändert sich wegen des Krieges in der Ukraine etwas an Abläufen, Verfahren und Nachweisen?
Engagierte Bürgerinnen und Bürger oder Unternehmen spenden an ihre inländische Heimatgemeinde zur Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten. Was muss die Gemeinde beachten?
Wie werden Sachspenden (zum Beispiel Medikamente oder Kleidung) an Krankenhäuser oder andere Hilfseinrichtungen steuerlich behandelt, wenn sie von einem Betrieb stammen, der mit dieser Spendenaktion öffentlich wirbt?
Hat es umsatzsteuerliche Konsequenzen, wenn Unternehmen Personal oder Gegenstände (zum Beispiel Medikamente oder Kleidung) unentgeltlich bereitstellen?
Sind bestimmte Umsatzsteuerbefreiungsnormen auf die entgeltlichen Überlassungen von Sachmitteln und Räumen sowie von Personal zwischen steuerbegünstigten Einrichtungen anwendbar?
Sind bestimmte Umsatzsteuerbefreiungsnormen auch auf entgeltliche Betreuungs- und Versorgungsleistungen für Kriegsflüchtlinge anwendbar?
Darf jede steuerbegünstigte Körperschaft (zum Beispiel ein gemeinnütziger Verein oder eine gemeinnützige Stiftung) unabhängig von ihrem eigentlichen Satzungszweck Spenden im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine einwerben?
Dürfen steuerbegünstigte Körperschaften (zum Beispiel gemeinnützige Vereine oder gemeinnützige Stiftungen) außerhalb ihrer Satzungszwecke zur Bewältigung der humanitären Folgen des Krieges in der Ukraine tätig werden (zum Beispiel durch Unterstützung der Kriegsflüchtlinge)?
Wie sind entgeltliche Tätigkeiten steuerbegünstigter Körperschaften (zum Beispiel gemeinnütziger Vereine oder gemeinnütziger Stiftungen) zu behandeln, die im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine ausgeübt werden?
Können Geldzuwendungen oder Sachspenden, die direkt an die Kriegsflüchtlinge gegeben werden, steuerlich geltend gemacht werden?
Können Spenden, die direkt auf ein Spendenkonto einer ukrainischen Organisation eingezahlt werden, in Deutschland steuerlich geltend gemacht werden?
Dürfen Kriegsflüchtlinge - mit oder ohne Begründung einer Mitgliedschaft - beitragsfrei in Sportvereinen mittrainieren, ohne dass dies die Gemeinnützigkeit des jeweiligen Sportvereins gefährdet?
Unterbringung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine
Dürfen steuerbegünstigte Körperschaften (zum Beispiel gemeinnützige Vereine oder gemeinnützige Stiftungen) Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in ihren Räumlichkeiten unterbringen, ohne dass der Status der Gemeinnützigkeit gefährdet ist?
Führt die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine als Nichtmitglieder bei steuerbefreiten Vermietungsgenossenschaften und Vermietungsvereinen zum Wegfall der Steuerbefreiung?
Führt die Aufnahme von volljährigen Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine durch Alleinerziehende in ihren Haushalt zum Wegfall der Steuerklasse II?
Können Aufwendungen für den Unterhalt von Personen, die aus der Ukraine geflohen sind, als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden (zum Beispiel Aufwendungen, die durch die private Unterbringung entstanden sind)?
Ich möchte Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine unentgeltlich Wohnraum zur Verfügung stellen. Muss ich dann Einkünfte in Höhe der Mieteinnahmen, auf die ich verzichte, versteuern?
Ich habe eine Wohnung, die ich eigentlich zu vermieten beabsichtige. Hätte es Auswirkungen auf meinen Werbungskostenabzug, wenn ich die Wohnung vorübergehend und unentgeltlich oder sehr günstig Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine zur Verfügung stelle?
Ich habe eine Ferienwohnung, die ich eigentlich zeitweise oder ganzjährig an wechselnde Feriengäste vermiete. Hat es steuerliche Konsequenzen, wenn ich sie vorübergehend und unentgeltlich Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine zur Verfügung stelle?
Ich habe Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in meine selbstgenutzte Wohnung aufgenommen und erhalte hierfür von den Behörden eine pauschale Kostenerstattung. Führt dies zu steuerpflichtigen Einkünften?
Ich habe Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in mein selbstgenutztes Familienheim vorübergehend unentgeltlich bzw. gegen Erstattung von Nebenkosten aufgenommen. Wird bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer die Steuerbefreiung nach § 13 Absatz 1 Nummer 4a bis 4c Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz gewährt oder fällt eine in der Vergangenheit gewährte Steuerbefreiung innerhalb des Zehn-Jahres-Zeitraums rückwirkend weg?
Führen Nutzungsänderungen von unternehmerisch genutzten Räumlichkeiten der öffentlichen Hand zu umsatzsteuerlichen Konsequenzen?
Ich habe eine Wohnung, die dem Betriebsvermögen zugeordnet ist. Hätte es Auswirkungen auf meinen Betriebsausgabenabzug oder auf die Betriebsvermögenseigenschaft, wenn ich sie vorübergehend und unentgeltlich Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine zur Verfügung stelle?
Ich habe Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in meine selbstgenutzte Immobilie vorübergehend unentgeltlich aufgenommen. Gilt diese Überlassung im Rahmen der Prüfung eines sog. privaten Veräußerungsgeschäfts als Nutzung zu eigenen Wohnzwecken?
Unterstützungen an Arbeitnehmer
Können Teile des Arbeitslohns oder eines angesammelten Wertguthabens steuerfrei gespendet werden?
Kann der Arbeitgeber Spenden der Arbeitnehmer steuerfrei erstatten?
Können Arbeitnehmer Aufwendungen für den Unterhalt von Personen geltend machen, obwohl diesen Aufwendungen Unterstützungsleistungen des Arbeitgebers gegenüberstehen?
Sind steuerfreie Beihilfen und Unterstützungen des Arbeitgebers möglich?
Sind Arbeitslohnspenden beitragsfrei in der Sozialversicherung?
Hinweis: Die Ausführungen gelten als allgemeine Hinweise. Die Entscheidung im steuerlichen Einzelfall trifft das zuständige Finanzamt. Anpassungen aufgrund aktueller Entwicklungen werden dem BMF zufolge stetig in das Dokument aufgenommen.
Die FAQ (Stand: 5.7.2022) sind auf der Homepage des BMF veröffentlicht.
Quelle: BMF online, NWB
Ein Trauerredner kann seine Kosten für schwarze Anzüge, die er ausschließlich beruflich trägt, nicht als Betriebsausgaben absetzen. Es handelt sich um Aufwendungen für bürgerliche Kleidung,...
Ein Trauerredner kann seine Kosten für schwarze Anzüge, die er ausschließlich beruflich trägt, nicht als Betriebsausgaben absetzen. Es handelt sich um Aufwendungen für bürgerliche Kleidung, die auch privat getragen werden kann, so dass die Aufwendungen mit den Vorschriften zur Berücksichtigung des steuerlichen Existenzminimums pauschal abgegolten sind.
Hintergrund: Der Gesetzgeber erkennt Aufwendungen für die private Lebensführung steuerlich nicht an, auch wenn sie den Beruf fördern.
Streitfall: Der Kläger war selbständiger Trauerredner und machte die Kosten für seine schwarzen Anzüge, die er als Trauerredner nutzte, als Betriebsausgaben geltend. Er beschäftigte seine Ehefrau als Trauerrednerin und bezahlte ihr die schwarze Kleidung, die sie als Trauerrednerin nutzte. Auch diese Kosten machte er als Betriebsausgaben geltend. Das Finanzamt erkannte weder die Kosten für die schwarze Kleidung für den Kläger noch die Kosten des Klägers für die schwarze Kleidung seiner Ehefrau an.
Entscheidung: Der BFH gab dem Finanzamt grundsätzlich Recht, verwies die Sache jedoch wegen der für die Ehefrau bezahlten schwarzen Kleidung an das Finanzgericht (FG) zurück:
Die Kosten für bürgerliche Kleidung sind grundsätzlich nicht absetzbar, da sie privat getragen werden kann. Damit greift das steuerliche Abzugsverbot für Kosten der privaten Lebensführung.
Ein Abzug als Werbungskosten oder Betriebsausgaben wird nur dann anerkannt, wenn es sich um typische Berufskleidung handelt. Um typische Berufskleidung handelt es sich, wenn die Kleidung objektiv nahezu ausschließlich für die berufliche Nutzung bestimmt und geeignet ist und wegen der Eigenart des Berufs nötig ist oder wenn die Kleidung von privater Kleidung unterschieden werden kann, weil sie z.B. einen Firmenemblem enthält, Schutzfunktionen aufweist oder weil es sich um eine Uniform handelt.
Die schwarzen Anzüge des Klägers sind keine typische Berufskleidung. Für den steuerlichen Abzug genügt es nicht, dass der Kläger einen höheren Verschleiß an Anzügen hat oder die Anzüge ausschließlich beruflich nutzt.
Auch ein anteiliger Abzug der Kosten ist nicht möglich. Denn hierzu müsste der berufliche Nutzungsanteil leicht und einwandfrei ermittelt werden können.
Hinweise: Die Zurückverweisung an das FG erfolgte wegen der vom Kläger übernommenen Kosten für die Bekleidung seiner angestellten Ehefrau. Der Kläger hat als Arbeitgeber Kosten seiner Arbeitnehmerin übernommen, die grundsätzlich Betriebsausgaben für den Klägerin darstellen. Da es sich bei der Arbeitnehmerin aber um seine Ehefrau handelte, hängt die steuerliche Anerkennung der Kosten davon ab, dass der Arbeitsvertrag zwischen den beiden einem Fremdvergleich standhält. Dies setzt voraus, dass im Arbeitsvertrag die Übernahme der Kosten für die Kleidung eindeutig geregelt war. Ob dies der Fall war, muss das FG nun prüfen.
Quelle: BFH, Urteil v. 16.3.2022 - VIII R 33/18; NWB
Haben die Großeltern denselben Vorerben und nach dessen Tod denselben Nacherben eingesetzt, erhält der Nacherbe nur einen Freibetrag, nicht aber zwei Freibeträge für die Nacherbschaft nach dem...
Haben die Großeltern denselben Vorerben und nach dessen Tod denselben Nacherben eingesetzt, erhält der Nacherbe nur einen Freibetrag, nicht aber zwei Freibeträge für die Nacherbschaft nach dem Großvater sowie für die Nacherbschaft nach der Großmutter.
Hintergrund: Mit einer Vorerb- und Nacherbschaft kann der Erblasser festlegen, dass zwei verschiedene Personen nacheinander von ihm erben. Vorerbe und Nacherbe erben also nicht gleichzeitig. Zivilrechtlich erben Vor- und Nacherbe vom ursprünglichen Erblasser, während steuerlich zunächst der Vorerbe erbt, ohne dass die Nacherbschaft nachlassmindernd berücksichtigt wird, und anschließend erbt der Nacherbe vom Vorerben. Allerdings kann der Nacherbe beantragen, dass für die Besteuerung sein Verhältnis zum Erblasser zugrunde gelegt wird.
Streitfall: Die Kläger waren Geschwister. Die Großeltern der Kläger hatten die Tante der Kläger als Vorerbin und die Kläger als Nacherben im Fall des Todes der Tante eingesetzt. 1966 starb der Großvater, 1992 starb die Großmutter, und 2015 starb die Tante, nachdem sie Vorerbin geworden war. Die Kläger hatten zu diesem Zeitpunkt keine Eltern mehr. Sie waren auch Miterben des eigenen Nachlasses ihrer Tante. Nach dem Tod ihrer Tante gaben die Kläger eine Erbschaftsteuererklärung ab und beantragten, dass hinsichtlich des Nacherbes ihr Verwandtschaftsverhältnis zu ihren Großeltern zugrunde gelegt wird. Dabei wollte jeder von ihnen zwei Freibeträge à 400.000 € erhalten, weil sie von jeweils zwei Nacherbschaften für jeden der Kläger ausgingen. Das Finanzamt gewährte jedoch nur jeweils einen Freibetrag.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Steuerlich erbte zunächst die Tante der Klägerin als Vorerbin, und nach ihrem Tod erbten die Kläger als Nacherben von ihrer Tante. Da die Kläger zudem auch Erben ihrer Tante waren, erbten sie auch eigenes Vermögen der Tante. Steuerlich wird alles als ein einheitlicher Erwerb vom Vorerben behandelt.
Es kommt nicht darauf an, ob es sich um eine oder mehrere Nacherbschaften handelte, solange die Nacherbschaften von demselben Vorerben stammen. Unbeachtlich für den steuerlichen Übergang des Nacherbes von der Tante auf die Kläger ist auch, ob die Kläger den Antrag gestellt haben, dass insoweit das Verwandtschaftsverhältnis zu ihren Großeltern zugrunde gelegt wird.
Zwar erhält der Nacherbe grundsätzlich zwei Freibeträge, nämlich einen Freibetrag für das Vermögen im Rahmen der Nacherbfolge sowie einen Freibetrag für das eigene Vermögen des Vorerben (Tante). Jedoch wird der Freibetrag für das eigene Vermögen des Vorerben nur gewährt, soweit der Freibetrag für das Nacherbe nicht verbraucht ist.
Im Ergebnis erhält also jeder Kläger nur einen Freibetrag von 400.000 €, da dies der Freibetrag für Enkel ist, wenn ihre Eltern nicht mehr leben. Den erforderlichen Antrag, dass ihr Verwandtschaftsverhältnis zu den Großeltern zugrunde gelegt wird, haben die Kläger gestellt.
Hinweise: Für den BFH ist ausschlaggebend, dass der Nacherbe nur vom Vorerben erbt. Deshalb steht ihm im Ergebnis auch nur ein Freibetrag zu, der höher ausfallen kann, wenn der Antrag gestellt wird, dass das Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser zugrunde gelegt wird, und der Erblasser in einem näheren Verwandtschaftsverhältnis zum Nacherben steht als der Vorerbe zum Nacherben; trotz des Antrags bleibt es aber bei einem einzigen Freibetrag. Dieser Freibetrag – im Streitfall waren dies 400.000 € pro Kläger – wird zunächst auf das Vermögen im Rahmen der Nacherbschaft angewendet; soweit danach noch ein Freibetrag verbleibt, wird er auf das eigene Vermögen des Vorerben angewendet.
Den Antrag, dass das Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser zugrunde gelegt wird, kann jeder Nacherbe individuell stellen. Der Antrag ist spätestens bis zur Bestandskraft des Erbschaftsteuerbescheids beim Finanzamt zu stellen.
Quelle: BFH, Urteil vom 1.12.2021 - II R 1/20; NWB
Die Ausgliederung eines Einzelunternehmens, zu dem Grundbesitz gehört,...
Die Ausgliederung eines Einzelunternehmens, zu dem Grundbesitz gehört, auf eine GmbH, die der Einzelunternehmer neu gegründet hat, ist nach der sog. Konzernklausel grunderwerbsteuerfrei. Daher löst der Übergang des Grundbesitzes vom Einzelunternehmer auf die GmbH keine Grunderwerbsteuer aus.
Hintergrund: Nach der sog. Konzernklausel sind bestimmte Umwandlungsvorgänge, die ein grundbesitzendes Unternehmen betreffen, innerhalb eines Konzerns grunderwerbsteuerfrei. Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist u.a., dass die Umwandlung konzernintern erfolgt und fünf Jahre vor der Umwandlung und fünf Jahre nach der Umwandlung Beteiligungsverhältnisse von mindestens 95 % zwischen der Konzernmutter und ihren Konzerntöchtern bestehen; diese Fünfjahresfristen nennt man Vorbehaltens- und Nachbehaltensfrist.
Streitfall: N war ein im Handelsregister eingetragener Einzelkaufmann. Zu seinem Unternehmen gehörten auch Grundstücke. Er gründete eine GmbH, die die Antragstellerin im aktuellen Verfahren ist und die am 28.4.2021 im Handelsregister eingetragen wurde, und gliederte mit Vertrag vom 17.3.2021 sein Einzelunternehmen einschließlich der Grundstücke auf die Antragstellerin aus. Das Finanzamt setzte Grunderwerbsteuer gegen die Antragstellerin hinsichtlich des auf sie übergegangenen Grundbesitzes fest. Die Antragstellerin legte gegen den Grunderwerbsteuerbescheid Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung, die das Finanzamt ablehnte.
Entscheidung: Das Finanzgericht Münster (FG) gewährte die Aussetzung der Vollziehung:
Die sog. Konzernklausel ist anwendbar. Sie greift grundsätzlich bei Ausgliederungen. N und die Antragstellerin bildeten einen Konzern im Sinne der Konzernklausel, da N zu mindestens 95 % an der Antragstellerin beteiligt war, nämlich sogar zu 100 %. Es ist unschädlich, dass N ein Einzelunternehmer und keine Gesellschaft war; denn die Konzernklausel verlangt lediglich ein „herrschendes Unternehmen“, ohne dass es auf eine bestimmte Rechtsform ankommt.
Auch die fünfjährige Vor- und Nachbehaltensfrist wurde nicht verletzt. Zwar ist die Vorbehaltensfrist von fünf Jahren im Streitfall nicht eingehalten worden, da die Antragstellerin erst im Jahr 2021 gegründet worden ist, so dass N nicht in den fünf Jahren vor der Umwandlung im Jahr 2021 an ihr beteiligt war. Die fünfjährige Vorbehaltensfrist ist aber nicht zu beachten, wenn sie aus umwandlungsbedingten Gründen nicht eingehalten werden kann. Dies ist der Fall, wenn – wie bei einer Ausgliederung zur Neugründung – die Umwandlung auf einen Rechtsträger erfolgt, der erst im Zuge der Umwandlung gegründet wird.
Hinweise: Das FG schließt sich in seinem Beschluss über die Aussetzung der Vollziehung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) an. Der BFH hatte den Wortlaut der Konzernklausel hinsichtlich der fünfjährigen Vorbehaltens- und Nachbehaltensfrist als zu eng angesehen, wenn bei der Umwandlung ein beteiligter Rechtsträger erlischt oder erst entsteht.
FG Münster, Beschluss vom 3.5.2022 – 8 V 246/22 GrE; NWB
Der Bundesrat hat am 8.7.2022 dem "Zweiten Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung" (sog. Zinsanpassungsgesetz) zugestimmt, das der Bundestag...
Der Bundesrat hat am 8.7.2022 dem "Zweiten Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung" (sog. Zinsanpassungsgesetz) zugestimmt, das der Bundestag am 23.6.2022 verabschiedet hatte.
Hintergrund: Das Bundesverfassungsgericht hatte im Jahr 2021 den gesetzlichen Zinssatz für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen in Höhe von 6 % für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2019 als verfassungswidrig beurteilt und den Gesetzgeber zu einer Neuregelung bis zum 31.7.2022 aufgefordert. Das Gesetz wurde nun final verabschiedet.
1,8 statt 6 Prozent
Rückwirkend für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2019 gilt damit ein Zinssatz von 0,15 Prozent pro Monat (also 1,8 Prozent pro Jahr). Die Angemessenheit des neuen Zinssatzes wird künftig evaluiert, erstmals zum 1.1.2024. Außerdem verankert das Gesetz eine bisher nur im Verwaltungsweg getroffene Regelung über den Erlass von Nachzahlungszinsen bei vor Fälligkeit freiwillig geleisteten Zahlungen. Sie erstreckt sich damit künftig auch auf die von Kommunen verwaltete Gewerbesteuer.
Die Bundesregierung erwartet durch die Änderung in diesem Jahr Mindereinnahmen von 2,46 Milliarden Euro und im kommenden Jahr von 530 Millionen Euro.
Hinweis: Das Gesetz kann nach Unterzeichnung durch den Bundesspräsidenten verkündet werden - es soll noch im Juli in Kraft treten.
Quelle: BundesratKOMPAKT, Meldung vom 8.7.2022; NWB
Anmerkung: In der ursprünglichen Version diese Beitrages hieß es, die Angemessenheit des neuen Zinssatzes werde erstmals zum 1.1.2026 evaluiert. Dies ist nicht korrekt, die erstmalige Evaluation erfolgt zum 1.1.2024. Wir haben den Beitrag entsprechend korrigiert.
Wie bereits berichtet, hat das Finanzministerium Baden-Württemberg ein Merkblatt für die Besteuerung der sog. Influencer herausgegeben, die im Internet Produkte und Dienstleistungen präsentieren....
Wie bereits berichtet, hat das Finanzministerium Baden-Württemberg ein Merkblatt für die Besteuerung der sog. Influencer herausgegeben, die im Internet Produkte und Dienstleistungen präsentieren. Das Merkblatt enthält eine Darstellung der steuerlichen Folgen für sog. Influencer im Bereich der Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuer (s. hierzu unsere Nachricht vom 14.6.2022). Nachfolgend werden wir das Schreiben für Sie ein wenig erläutern.
Hintergrund: Bei sog. Influencern handelt es sich um Menschen, die im Internet, etwa auf YouTube oder Instagram, Produkte oder Dienstleistungen unmittelbar oder mittelbar präsentieren bzw. bewerben. Wenn sie erfolgreich sind, erhalten sie je nach Vertragsgestaltung Geld von YouTube, von den Herstellern (z.B. sog. Affiliate-Marketing-Provisionen, wenn die Produkte über einen im Video präsentierten Link bestellt werden), und sie bekommen die Produkte oder Dienstleistungen (z.B. Hotelübernachtungen, Eintrittskarten) ggf. umsonst.
Wesentlicher Inhalt des Merkblatts: In dem Merkblatt wird auf die potenziellen steuerlichen Folgen hingewiesen:
Einkommensteuer: Influencer erzielen gewerbliche Einkünfte. Der Gewinn aus der Influencer-Tätigkeit kann Einkommensteuer auslösen, wenn der Gewinn ggf. zusammen mit weiteren Einkünften wie z.B. Arbeitslohn über dem Grundfreibetrag von 9.408 € (ab 2020), 9.744 € (ab 2021) bzw. 10.347 € (ab 2022) liegt.
Hinweis: Wer nur einmalig als sog. Influencer tätig wird, muss einen Gewinn bis zu 256 € nicht versteuern. Ein einmaliger Gewinn, der höher als 256 € ist, muss in voller Höhe als sonstige Einkünfte versteuert werden, nicht aber als gewerbliche Einkünfte. Einmalige Einkünfte sind also nicht gewerbesteuerpflichtig.
Der Gewinn wird durch Werbegeschenke wie kostenlos zur Verfügung gestellte Waren oder Dienstleistungen erhöht. Nach Auffassung des Finanzministeriums ist hierfür der Marktwert anzusetzen.
Hinweise: Der Umgang mit Gratisprodukten ist noch nicht geklärt. Insbesondere erscheint eine Steuerpflicht fraglich, wenn die Gratisprodukte ungefragt zugesandt werden. Das Bayerische Landesamt für Steuern hat vor zwei Jahren ebenfalls ein Merkblatt herausgegeben und in diesem eine Steuerpflicht verneint, wenn der Influencer die Waren zurücksendet oder wenn die Waren von geringem Wert sind oder wenn der Hersteller die Besteuerung übernimmt. Das Finanzministerium Baden-Württemberg geht hierauf zwar nicht ein, aber die Auffassung des Bayerischen Landesamts für Steuern erscheint zutreffend. Sofern die Waren zurückgesendet werden, sollte dies genau dokumentiert werden, um eine ungewollte Besteuerung zu vermeiden. Eine Rücksendung von Waren empfiehlt sich auch bei dem überschüssigen Teil der Waren, der für das Influencer-Video nicht benötigt wird. Sollte der überschüssige Teil der Waren privat verwendet bzw. im Freundeskreis verschenkt werden, droht insoweit eine Steuerpflicht.
Gewerbesteuer: Erzielt der Influencer gewerbliche Einkünfte – und nicht sonstige Einkünfte (s. oben) –, ist er gewerbesteuerpflichtig und muss Gewerbesteuer zahlen, wenn sein Gewinn über dem Freibetrag von 24.500 € liegt.
Hinweise: Das Finanzministerium weist darauf hin, dass eine Gewerbeanmeldung erforderlich ist und dass die Einnahmen und Ausgaben aufzuzeichnen sind.
Umsatzsteuer: Ein Influencer, der wiederholt tätig wird und nicht nur einmalig, ist Unternehmer und daher grundsätzlich zur Abführung von Umsatzsteuer auf seine Einnahmen verpflichtet. Dafür kann er auch Vorsteuer in Anspruch nehmen. Auf die Gewinnerzielungsabsicht kommt es umsatzsteuerlich nicht an.
Hinweis: Allerdings brauchen Kleinunternehmer keine Umsatzsteuer abzuführen. Kleinunternehmer ist, wer im vorangegangenen Jahr nicht mehr als 22.000 € Umsatz und im laufenden Jahr voraussichtlich nicht mehr als 50.000 € Umsatz (jeweils zzgl. Umsatzsteuer) erzielt. Der sog. Influencer darf als Kleinunternehmer keine Umsatzsteuer ausweisen und auch Umsatzsteuer in Gutschriften nicht akzeptieren, sondern muss einer solchen Gutschrift widersprechen.
Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg, „Steuerguide für Influencerinnen und Influencer“ (Stand Juni 2022); NWB
Ein Gästeführer in einem Museum, das nur im Rahmen von Gruppenführungen besucht werden kann, erzielt umsatzsteuerfreie Umsätze. Der Gästeführer kann dieselbe Umsatzsteuerbefreiung in Anspruch...
Ein Gästeführer in einem Museum, das nur im Rahmen von Gruppenführungen besucht werden kann, erzielt umsatzsteuerfreie Umsätze. Der Gästeführer kann dieselbe Umsatzsteuerbefreiung in Anspruch nehmen, wie sie für das Museum beim Kartenverkauf gilt.
Hintergrund: Nach deutschem Umsatzsteuerrecht sind die Umsätze von Museen und gleichartigen Einrichtungen umsatzsteuerfrei. Für gleichartige Einrichtungen gilt dies nur, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass die Einrichtung die gleichen kulturellen Aufgaben wie ein Museum erfüllt.
Streitfall: Der Kläger war selbständiger Museumsführer im Museum A, das von einer gemeinnützigen Stiftung betrieben wurde und nur im Rahmen von Gruppenführungen besucht werden konnte. Die Umsätze des Museums aus dem Kartenverkauf waren umsatzsteuerfrei. Der Kläger verfügte über eine Bescheinigung der für ihn zuständigen Bezirksregierung, nach der er als Museumsführer die gleichen kulturellen Aufgaben erfüllt wie vergleichbare Einrichtungen in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft. Der Kläger behandelte seine Umsätze als umsatzsteuerfrei. Das Finanzamt nahm jedoch eine Umsatzsteuerpflicht an.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) bestätigte die Umsatzsteuerfreiheit der Umsätze und gab der Klage statt:
Der Kläger ist umsatzsteuerlich eine „Einrichtung“, die einem Museum vergleichbar ist. Daher gilt die Umsatzsteuerbefreiung für Museen auch für ihn.
Der Begriff der „Einrichtung“ erfasst auch natürliche Personen. Aus der Bescheinigung der zuständigen Behörde ergibt sich, dass der Kläger die gleichen kulturellen Aufgaben erfüllt wie ein Museum.
Die Umsatzsteuerbefreiung für Museen gilt nicht nur für die Eintrittskarten, sondern auch für andere typische Museumsleistungen. Hierzu gehören etwa Führungen, wenn das Museum nur in Begleitung eines Gästeführers besucht werden kann. Der Kläger als Museumsführer ist dann ein unmittelbarer und unverzichtbarer Bestandteil der kulturellen Leistung des Museums.
Hinweise: Der BFH stellt entscheidend darauf ab, dass das Museum nur im Rahmen einer Führung besichtigt werden durfte. Die Umsatzsteuerfreiheit dürfte daher nicht für selbständige Museumsführer gelten, die Führungen in Museen durchführen, die auch ohne Führung besichtigt werden können.
Eine Umsatzsteuerbefreiung nach europäischem Recht, die für den Schul- und Hochschulunterricht gilt, lehnte der BFH ab, weil die Erklärungen eines Museumsführers allenfalls einen spezialisierten Unterricht darstellen, aber nicht das für die Umsatzsteuerbefreiung erforderliche breite und vielfältige Spektrum der Wissensvermittlung umfassen.
Der BFH weist in seiner Entscheidung ferner darauf hin, dass die Umsatzsteuerbefreiung nicht für Hausmeister oder Sicherheitsmitarbeiter gilt; bei ihnen fehlt es an einer kulturellen Leistung.
BFH, Beschluss vom 15.12.2021 – XI R 19/18; NWB
Für einen Pferderennstall, den ein Manager zwecks Repräsentation unterhält,...
Für einen Pferderennstall, den ein Manager zwecks Repräsentation unterhält, kann keine Vorsteuer geltend gemacht werden. Denn für Repräsentationsaufwendungen ist sowohl der einkommensteuerliche Betriebsausgabenabzug als auch der umsatzsteuerliche Vorsteuerabzug gesetzlich ausgeschlossen.
Außerdem hat der Bundesfinanzhof (BFH) die Umsatzsteuerschuld eines Gutschriftempfängers bejaht, der einem Abrechnungsmodus durch Gutschrift zugestimmt hat, eine Gutschrift für eine nicht umsatzsteuerbare Leistung erhält und der Gutschrift nicht widerspricht.
Hintergrund: Aufwendungen für die Jagd, Fischerei oder Yachten sowie für ähnliche Zwecke sind nach dem Gesetz einkommensteuerlich nicht als Betriebsausgaben abziehbar. Umsatzsteuerlich ist für derartige Aufwendungen der Vorsteuerabzug ausgeschlossen.
Streitfall: Der Kläger war Manager einer von ihm beherrschten KG. Daneben unterhielt er in den Streitjahren 2007 bis 2013 einen Pferderennstall, zu dem mehrere erfolgreiche Rennpferde gehörten, die auch Preisgelder erzielten. Für die Preisgelder erhielt der Kläger Gutschriften, in denen Umsatzsteuer ausgewiesen wurde. Der Kläger verkaufte auch Rennpferde. Bis auf das Jahr 2012 erzielte der Kläger mit dem Rennstall Verluste, so dass er einkommensteuerlich als sog. Liebhabereibetrieb eingestuft wurde; die Verluste und der Gewinn wurden also einkommensteuerlich nicht berücksichtigt. Der Kläger machte Vorsteuer aus den Aufwendungen für den Rennstall geltend, die das Finanzamt nicht anerkannte, weil es von Repräsentationsaufwendungen ausging.
Entscheidung: Der BFH ließ den Vorsteuerabzug nicht zu, bejahte eine Umsatzsteuerschuld des Klägers aus den Gutschriften und wies die Klage ab:
Zwar war der Kläger Unternehmer und daher grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt. Seine unternehmerische Tätigkeit ergab sich aus dem Verkauf von Rennpferden. Die Erzielung der Preisgelder begründete hingegen keine unternehmerische Tätigkeit, da Preisgelder nicht umsatzsteuerbar sind.
Der Vorsteuerabzug war aber gesetzlich ausgeschlossen, da der Pferderennstall des Klägers Repräsentationszwecken diente. Im Gegensatz zu einem Zuchtstall tritt ein Rennstall deutlich stärker ins Bild der Öffentlichkeit und ist daher geeigneter, einem Repräsentationsbedürfnis des Unternehmers zu dienen. Der Pferderennstall und der Kläger sind immer wieder in den Medien erwähnt worden, wobei das Engagement des Klägers im Reitsport und das Bild eines beruflich wie auch privat erfolgreichen Unternehmers betont worden sind. Zudem ist die von ihm beherrschte KG auch Namensgeber mehrerer Pferderennen gewesen.
Der Kläger muss die in den Gutschriften ausgewiesene Umsatzsteuer auf die Preisgelder an das Finanzamt abführen. Er schuldet die Umsatzsteuer, obwohl Preisgelder nicht der Umsatzsteuer unterliegen. Denn nach dem Gesetz muss ein Unternehmer, der zu Unrecht Umsatzsteuer ausweist, die Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen. Dies gilt auch für einen Gutschriftempfänger, wenn in der Gutschrift zu Unrecht Umsatzsteuer ausgewiesen wird, der Gutschriftempfänger der Abrechnung im Wege der Gutschrift zugestimmt und er der fehlerhaften Gutschrift nicht widersprochen hat.
Hinweise: Das Abzugsverbot für Repräsentationsaufwendungen gilt nicht, wenn der Repräsentationszweck Gegenstand eines mit Gewinnerzielungsabsicht unterhaltenen Betriebs ist, z.B. bei einem Unternehmen, das mit Gewinnerzielungsabsicht Yachten vermietet. Diese Ausnahme galt für den Kläger aber nicht, weil ihm die Gewinnerzielungsabsicht fehlte.
Das Urteil des BFH bedeutet nicht, dass Aufwendungen und Vorsteuern für den Unterhalt eines Pferdestalls steuerlich nie anerkannt werden. Es kommt darauf an, ob mit dem Pferdestall eine Repräsentation bezweckt wird. Bei einem Zuchtbetrieb in größerem Umfang mit erheblichen Umsätzen wird man eine Repräsentation eher verneinen können, bei einem Rennstall mit einer beachtlichen Medienpräsenz des Rennstallbetreibers wird man – wie im Streitfall – den Repräsentationszweck hingegen eher bejahen, erst recht, wenn der Rennstall Verluste erwirtschaftet.
BFH, Beschluss vom 15.12.2021 – XI R 19/18; NWB
Die Miete für einen Messestand ist bei der Gewerbesteuer nicht dem Gewerbeertrag hinzuzurechnen, wenn die Teilnahme an der Messe für die unternehmerische Tätigkeit nicht zwingend erforderlich ist,...
Die Miete für einen Messestand ist bei der Gewerbesteuer nicht dem Gewerbeertrag hinzuzurechnen, wenn die Teilnahme an der Messe für die unternehmerische Tätigkeit nicht zwingend erforderlich ist, weil der Unternehmer keinen Direktvertrieb unterhält, sondern seine Produkte durch ein stehendes Händlernetz verkauft.
Hintergrund: Gewerbesteuerlich werden bestimmte Aufwendungen dem Gewinn wieder hinzugerechnet. So wird z.B. ein Viertel der Hälfte (d. h. 12,5 %) der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung von Grundstücken hinzugerechnet. Allerdings wird seit 2020 ein Freibetrag von 200.000 € gewährt (bis einschließlich 2019: 100.000 €). Die Regelungen zur Hinzurechnung bezwecken, dass individuelle unternehmerische Entscheidungen, Anlagevermögen nicht zu erwerben, sondern zu mieten, die Höhe der Gewerbesteuerschuld nicht beeinflussen sollen.
Streitfall: Die Klägerin produzierte Waren. Sie verkaufte ihre Produkte nicht im Direktbetrieb, sondern durch ein stehendes Händlernetz. In den Jahren 2009 bis 2011 mietete sie auf mehreren Messen Messestände an, um ihre Produkte zu präsentieren. Ihre jährlichen Aufwendungen hierfür betrugen zwischen 78.000 € und 105.000 €. Das Finanzamt rechnete die Aufwendungen im Anteil von 12,5 % dem Gewerbeertrag hinzu; der damals gültige Freibetrag von 100.000 € war bereits durch andere Hinzurechnungen aufgebraucht worden.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:
Die Hinzurechnung bei der Gewerbesteuer setzt u.a. voraus, dass das angemietete Grundstück zum Anlagevermögen gehören würde, wenn es im Eigentum des Unternehmers stünde, sog. fiktionales Anlagevermögen.
Zum fiktionalen Anlagevermögen gehört ein angemietetes Wirtschaftsgut, wenn der Geschäftszweck das dauerhafte Vorhandensein des Wirtschaftsguts erfordert.
Für die Klägerin war es nicht erforderlich, dass sie dauerhaft einen Messestand unterhält. Denn sie unterhielt für den Verkauf ihrer Produkte keinen Direktvertrieb, sondern nutzte ein stehendes Händlernetz. Die Teilnahme an den Messen war für die Klägerin nur förderlich, führte aber nicht dazu, dass die angemieteten Messestände zum fiktionalen Anlagevermögen gehörten. Eine Hinzurechnung kam daher nicht in Betracht.
Hinweise: Die Kontrollfrage für die Prüfung der Zugehörigkeit zum fiktionalen Anlagevermögen lautet dem BFH zufolge: Lässt sich die Tätigkeit des Unternehmers – unterstellt, dass er Eigentümer des Wirtschaftsguts ist – wirtschaftlich nur dann sinnvoll ausüben, wenn er das Eigentum an dem Wirtschaftsgut langfristig erworben hat? Falls diese Frage zu bejahen ist, kommt es zu einer gewerbesteuerlichen Hinzurechnung.
Aktuell neigt der BFH verstärkt dazu, die Zugehörigkeit zum fiktionalen Anlagevermögen eher zu verneinen und damit eine Hinzurechnung abzulehnen. Es bleibt aber in vielen Fällen sehr einzelfallabhängig, ob es zu einer Hinzurechnung kommt. Hätte die Klägerin einen Direktvertrieb unterhalten, wäre die Hinzurechnung wohl bejaht worden.
BFH, Beschluss v. 23.3.2022 - III R 14/21; NWB
Aktuell sind Phishing-E-Mails im Umlauf, die vorgeben, Newsletter des des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) zu sein. Insbesondere BMF-Schreiben werden unrechtmäßig kopiert, verfälscht und versendet....
Aktuell sind Phishing-E-Mails im Umlauf, die vorgeben, Newsletter des des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) zu sein. Insbesondere BMF-Schreiben werden unrechtmäßig kopiert, verfälscht und versendet. Hierauf macht das BMF aktuell aufmerksam.
Hierzu führt das BMF weiter aus:
Das BMF verschickt Newsletter-E-Mails ausschließlich mit dieser Absenderadresse: newsletter@news.bundesfinanzministerium.de.
Sollten Sie eine E-Mail erhalten haben, die wie ein BMF-Newsletter aussieht, aber nicht von der Absenderadresse newsletter@news.bundesfinanzministerium.de verschickt wurde, gehen Sie bitte wie folgt vor:
Klicken Sie nicht auf die in der E-Mail enthaltenen Links.
Laden Sie keine Dateien aus unbekannter Quelle herunter.
Löschen Sie die verdächtige E-Mail unverzüglich.
Hinweis: Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik stellt Ihnen weitere Informationen bereit, wie Sie Phishing-E-Mails erkennen und wie Sie sich vor Phishing schützen können.
BMF online, Meldung vom 4.7.2022; NWB
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat Juni 2022 bekannt gegeben. Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2022 können Sie auf der Homepage ...
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat Juni 2022 bekannt gegeben.
Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2022 können Sie auf der Homepage des BMF abrufen.
BMF, Schreiben vom 1.7.2022 - III C 3 - S 7329/19/10001 :004 (2022/0682528); NWB
Mehr Geld für Rentner, flexiblere Zeiten in der Pflege und Verlängerung des Kurzarbeitergeldes bis Ende September: Über diese und weitere Neuregelungen informiert die Bundesregierung in einer...
Mehr Geld für Rentner, flexiblere Zeiten in der Pflege und Verlängerung des Kurzarbeitergeldes bis Ende September: Über diese und weitere Neuregelungen informiert die Bundesregierung in einer aktuellen Meldung.
Ruhestand
Renten steigen
Die Renten steigen zum 1. Juli 2022: im Westen um 5,35 Prozent und im Osten um 6,12 Prozent. Außerdem wird der sogenannte Nachholfaktor wieder eingesetzt. Auch bei Erwerbsminderungsrenten werden Verbesserungen auf den Weg gebracht.
Arbeit
Kurzarbeitergeld bis 30. September verlängert
Kurzarbeitergeld soll weiterhin gezahlt werden, wenn zehn Prozent der Beschäftigten eines Betriebs von Arbeitsausfall betroffen sind. Die Regelung wird zum 30. September 2022 verlängert. Hintergrund ist der Ukraine-Krieg. Die Verordnung tritt mit Wirkung vom 1. Juli 2022 in Kraft.
Pflege
Akuthilfen für pflegende Angehörige verlängert
Durch die Corona-Pandemie sind pflegende Angehörige besonders belastet. Auch wenn noch nicht klar ist, wie es im Herbst konkret weitergehen wird, werden die Akuthilfen bereits jetzt bis Ende Dezember 2022 verlängert. Pflegezeit und Familienpflegezeit können somit flexibler gestaltet werden. Auch können im Akutfall bis zu 20 Arbeitstage in Anspruch genommen werden.
Gesundheit
Das gilt jetzt bei Corona-Tests
Zum 30. Juni tritt die neue Coronavirus-Testverordnung in Kraft. Wichtig: Weiterhin wird es eine flächendeckende Infrastruktur für Bürgertests geben. Bürgerinnen und Bürger müssen sich in bestimmten Fällen mit drei Euro an einem Test beteiligen.
Familie
Grundsicherung: Sofortzuschlag für Kinder und Einmalzahlung für Erwachsene
Ab Juli erhalten rund 2,9 Millionen von Armut betroffene Kinder in Deutschland monatlich 20 Euro zusätzlich. Dieser Sofortzuschlag wird ohne weiteren Antrag unbürokratisch ausgezahlt. Erwachsene Bezieher von Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe oder Grundsicherung erhalten einmalig 200 Euro. Die Bundesregierung will so besondere Härten aufgrund der Pandemie und steigender Lebenshaltungskosten abfedern.
Einmaliger Kinderbonus 2022
Für jedes Kind, das Anspruch auf Kindergeld hat, gibt es einen Einmalbonus von 100 Euro. Er soll Familien in Zeiten außergewöhnlicher Belastungen helfen und die stark angestiegenen Preise abfedern. Der Kinderbonus ist Teil einer Reihe von Entlastungen, die die Bundesregierung auf den Weg gebracht hat. Er wird ab Juli ausgezahlt und muss nicht extra beantragt werden.
Energie
Keine EEG-Umlage mehr
Stromkunden müssen ab dem 1. Juli 2022 keine EEG-Umlage mehr zahlen. Die Stromanbieter müssen die Absenkung in vollem Umfang an die Endverbraucher weitergeben. Ein entsprechendes Gesetz zur Absenkung der Kostenbelastung durch die EEG-Umlage ist am 28. Mai 2022 in Kraft getreten.
Verbraucherschutz
Mietspiegel werden rechtssicherer
Anhand von Mietspiegeln können Vermieter Mieterhöhungen begründen - und Mieter können mit ihrer Hilfe überprüfen, ob diese berechtigt sind. Mietspiegel müssen deshalb den Wohnungsmarkt realistisch abbilden. Zum 1. Juli 2022 treten nun Mindestanforderungen an Mietspiegel in Kraft, um mehr Rechtssicherheit zu erreichen.
Online-Verträge kündigen mit einem Klick
Das Gesetz für faire Verbraucherverträge hat bereits wichtige Verbesserungen gebracht. Am Telefon aufgeschwatzte Verträge – etwa Energielieferverträge oder Zeitungs-Abos – sowie überlange Vertragslaufzeiten und Kündigungsfristen gehören der Vergangenheit an. Im Online-Bereich reichen oft wenige Klicks, um Verträge abzuschließen. Nun wird ein Button als unkomplizierte Kündigungsmöglichkeit eingeführt.
Rücknahmepflicht für Elektro-Altgeräte
Lebensmittelhändler mit einer Gesamtverkaufsfläche von mehr als 800 Quadratmetern sind zur Rücknahme von Elektro-Altgeräten verpflichtet. Das gilt, wenn sie selbst mehrmals im Jahr Elektrogeräte anbieten. Für kleine Elektro-Altgeräte ist dies verpflichtend – unabhängig vom Neukauf eines Gerätes, für größere Altgeräte gilt dies beim Kauf eines entsprechenden neuen Gerätes. Das Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG) wird ab dem 1. Juli 2022 entsprechend geändert.
Telefonieren im Ausland ohne Zusatzkosten
Im Ausland telefonieren, im Internet surfen oder Kurznachrichten verschicken: Das ist auch weiterhin ohne zusätzliche Kosten möglich. Das Europäische Parlament und der Europäische Rat haben einer Verlängerung der geltenden Regelungen für das Roaming zu Inlandspreisen bis 2032 zugestimmt. Die EU-Verordnung gilt in der EU sowie den EWR-Staaten.
Soziales
Grundsicherung: Sanktionen für ein Jahr ausgesetzt
Jobcenter dürfen vom 1. Juli 2022 bis zum 1. Juni 2023 bei Pflichtverletzungen keine Sanktionen gegen Arbeitssuchende erlassen. Damit geht die Bundesregierung einen Zwischenschritt auf dem Weg zu einem Bürgergeld. Wird dieses eingeführt, werden auch Sanktionen und Mitwirkungspflichten neu geregelt.
Finanzen Sondervermögen: 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr
Deutschland braucht eine gut ausgestattete Bundeswehr, um den sicherheitspolitischen Herausforderungen gewachsen zu sein. Der Bundestag und der Bundesrat haben dem Sondervermögen zugestimmt. Für umfassende Investitionen stehen nun 100 Milliarden Euro bereit.
Bundesregierung online, Meldung v. 30.6.2022; NWB
Für einen gerichtlichen Antrag auf Aufhebung der Vollziehung...
Für einen gerichtlichen Antrag auf Aufhebung der Vollziehung fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn es um einen Bagatellbetrag von weniger als 5 € geht, der Anwaltskosten von mehr als 100 € auslösen würde.
Hintergrund: Klagen und bei Gericht gestellte Anträge sind nur zulässig, wenn ein Rechtsschutzbedürfnis besteht.
Streitfall: Der Antragsteller musste 4,50 € Säumniszuschläge wegen einer verspäteten Steuerzahlung an das Finanzamt entrichten. Nachdem er die Säumniszuschläge gezahlt hatte, machte er geltend, dass die Säumniszuschläge verfassungswidrig seien, weil der in den Säumniszuschlägen enthaltene Zinsanteil unverhältnismäßig hoch sei, und er beantragte beim Finanzgericht die Aufhebung der Vollziehung des Abrechnungsbescheids, in dem die Säumniszuschläge festgestellt worden waren.
Entscheidung: Das Finanzgericht Münster (FG) lehnte den Antrag wegen eines fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses ab:
Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, weil es dem Antragsteller nur um einen sehr geringfügigen Betrag geht, nämlich um die Höhe des Zinsanteils, der in dem Säumniszuschlag von 4,50 € enthalten ist.
Zwar gibt es im Verfahrensrecht keine allgemeine Bagatellgrenze. Jedoch bestehen bei der Festsetzung von Steuern je nach Steuerart bestimmte Bagatellgrenzen, die bei ca. 8 € beginnen. Das Unterschreiten dieser Bagatellgrenzen wie im Streitfall ist ein Indiz für ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass es bei einer gerichtlichen Entscheidung zu erstattungsfähigen Kosten des Beraters in Höhe von ca. 111 € käme. Die Gebühren für den Berater wären also um ein Vielfaches höher als der eigentliche Streitbetrag.
Hinweise: Im Streitfall kam noch ein weiterer Grund für die Abweisung des Antrags hinzu: Der Berater des Antragstellers hatte in einer Vielzahl von Verfahren gerichtliche Anträge auf Aufhebung des Abrechnungsbescheids über Säumniszuschläge gestellt. Das Gericht schloss hieraus, dass es dem Berater weniger um die Aufhebung der Vollziehung eines Zinsanteils von ca. 2 € gegangen war als um die Erstattung seiner Gebühren.
Die Abweisung einer Klage oder eines gerichtlichen Antrags wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses kommt in der Praxis dann vor, wenn das Finanzamt dem Begehren des Steuerpflichtigen bereits abgeholfen hat, der Steuerpflichtige aber seine Klage bzw. seinen Antrag weiter aufrechterhält.
FG Münster, Beschluss vom 30.5.2022 – 15 V 408/22; NWB
Bundestag und Bundesrat haben das „Vierte Corona-Steuerhilfegesetz“ beschlossen. Das Gesetz ist inzwischen im Bundesgesetzblatt verkündet worden.Hintergrund: Um die Folgen der Corona-Krise für...
Bundestag und Bundesrat haben das „Vierte Corona-Steuerhilfegesetz“ beschlossen. Das Gesetz ist inzwischen im Bundesgesetzblatt verkündet worden.
Hintergrund: Um die Folgen der Corona-Krise für die Wirtschaft und die Allgemeinheit abzufedern, wurden in der Vergangenheit u.a. mit den Corona-Steuerhilfegesetzen diverse steuerliche Erleichterungen umgesetzt. Weitere Maßnahmen folgen nun mit dem Vierten Corona-Steuerhilfegesetz.
Die wesentlichen Regelungen:
1. Erleichterungen für Arbeitnehmer
Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld werden nunmehr bis zum 30.6.2022 steuerfrei gestellt; bislang wurde die Steuerfreiheit bis zum 31.12.2021 gewährt.
Auch für den Veranlagungszeitraum 2022 können Arbeitnehmer die sog. Homeoffice-Pauschale geltend machen, wenn sie zu Hause im Homeoffice tätig sind. Die Homeoffice-Pauschale beträgt 5 € für jeden vollen Tag, maximal 600 € jährlich.
Hinweis: Die Homeoffice-Pauschale wird auch dann gewährt, wenn der beruflich genutzte Raum bzw. Raumteil nicht die Voraussetzungen eines häuslichen Arbeitszimmers erfüllt. Der Arbeitnehmer kann also die Pauschale beantragen, wenn er z.B. nur eine Schreibecke im Wohn- oder Schlafzimmer nutzt. Allerdings wird sie nicht zusätzlich zum Werbungskostenpauschbetrag gewährt. Aufwendungen für Arbeitsmittel und Telefon-/Internetkosten sind durch die Homeoffice- Pauschale nicht abgegolten.
Steuerbefreiung von Corona-Sonderzahlungen an Pflegekräfte: Vom Arbeitgeber zur Anerkennung besonderer Leistungen während der Corona-Krise an seine Arbeitnehmer gewährte Sonderleistungen werden bis zu einem Betrag von 4.500 € steuerfrei gestellt. Begünstigt sind nicht nur vom Staat finanzierte Corona-Sonderzahlungen, sondern auch freiwillige Leistungen der Arbeitgeber. Voraussetzung ist, dass die Arbeitnehmer in einer der im Gesetz aufgeführten Einrichtungen beschäftigt sind. Dies sind insbesondere Krankenhäuser, Einrichtungen für ambulantes Operieren, bestimmte Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, Dialyseeinrichtungen, Arzt- und Zahnarztpraxen, ambulante Pflegedienste, die ambulante Intensivpflege in bestimmten Einrichtungen erbringen, sowie Rettungsdienste. Die Regelung betrifft Zahlungen, die in der Zeit vom 18.11.2021 bis zum 31.12.2022 zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet wurden bzw. noch geleistet werden.
Hinweise: Bislang gab es eine Steuerfreiheit für Sonderzahlungen in Höhe von bis zu 1.500 €. Diese Steuerfreiheit stand jedem Arbeitnehmer zu, selbst wenn er eine reine Bürotätigkeit ausübte.
2. Erleichterungen für Unternehmer
Die degressive Abschreibung in Höhe der zweieinhalbfachen linearen Abschreibung, maximal 25 %, auf bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens wird bis zum 31.12.2022 verlängert und kann daher auch für Wirtschaftsgüter in Anspruch genommen werden, die im Jahr 2022 angeschafft oder hergestellt werden.
Die Investitionsfrist für den Investitionsabzugsbetrag wird um ein weiteres Jahr verlängert. Dies betrifft Investitionsabzugsbeträge, die ohne Durchführung der Investition zum 31.12.2022 rückgängig gemacht werden müssten.
Auch die Reinvestitionsfrist für die Rücklage von Gewinnen aus der Veräußerung bestimmter Wirtschaftsgüter wie z.B. Grundstücke oder Gebäude wird um ein Jahr verlängert.
Hinweis: Dies betrifft Rücklagen, die an sich am Schluss des nach dem 31.12.2021 und vor dem 1.1.2023 endenden Wirtschaftsjahres – im Regelfall also am 31.12.2022 – aufzulösen wären.
Abzinsung von Verbindlichkeiten, Aufhebung des Abzinsungsgebots: Bisher müssen bilanzierende Unternehmen unverzinsliche Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von mindestens zwölf Monaten unter Berücksichtigung eines Zinssatzes von 5,5 % abzinsen. U.a. vor dem Hintergrund der anhaltenden Niedrigzinsphase wurde diese Regelung für nach dem 31.12.2022 endende Wirtschaftsjahre aufgehoben.
Hinweis: Die Abzinsungspflicht bei Rückstellungen bleibt dagegen unverändert bestehen.
3. Erleichterungen für alle Steuerzahler
Der Verlustrücktrag wird verbessert, d.h. die Möglichkeit, Verluste eines Jahres in ein Vorjahr zurücktragen und dort mit Gewinnen zu verrechnen. Zum einen wird der Höchstbetrag, der in ein Vorjahr zurückgetragen werden kann, von 1 Mio. € auf 10 Mio. € bzw. – im Fall der Zusammenveranlagung – von 2 Mio. € auf 20 Mio. € erhöht. Außerdem kann ab dem Veranlagungszeitraum 2022 auch ein Verlustrücktrag zwei Veranlagungszeiträume zurück erfolgen, falls der Verlust im Vorjahr nicht ausgeschöpft werden kann.
Verlängerte Abgabefristen für die Steuererklärung: Die Fristen für die Abgabe von Steuererklärungen der Jahre 2021 bis 2024 werden verlängert.
Für steuerlich beratene Steuerpflichtige gelten nun die folgenden Abgabefristen:
Besteuerungszeitraum 2020: 31.8.2022,
Besteuerungszeitraum 2021: 31.8.2023,
Besteuerungszeitraum 2022: 31.7.2024,
Besteuerungszeitraum 2023: 2.6.2025,
Besteuerungszeitraum 2024: 30.4.2026.
Für steuerlich nicht beratene Steuerpflichtige gelten die folgenden Abgabefristen:
Besteuerungszeitraum 2021: 31.10.2022 (soweit dieser Tag in dem Land, zu dem das Finanzamt gehört, ein gesetzlicher Feiertag ist, endet die Frist am 1.11.2022).
Besteuerungszeitraum 2022: 2.10.2023,
Besteuerungszeitraum 2023: 2.9.2024,
Besteuerungszeitraum 2024: 31.7.2025.
Viertes Corona-Steuerhilfegesetz, BGBl 2022 I S. 911; NWB
Aus einer Nullfestsetzung ergibt sich für den Steuerpflichtigen grundsätzlich keine Beschwer. Dies gilt auch für eine Nullfestsetzung, die sich gegen einen gemeinnützigen Verein richtet, wenn der...
Aus einer Nullfestsetzung ergibt sich für den Steuerpflichtigen grundsätzlich keine Beschwer. Dies gilt auch für eine Nullfestsetzung, die sich gegen einen gemeinnützigen Verein richtet, wenn der Verein mehrere wirtschaftliche Geschäftsbetriebe unterhält und nur bei einem der wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe streitig ist, ob er ein sog. Zweckbetrieb ist. Der Nullbescheid stellt dann nicht die Steuerpflicht fest, da wegen der anderen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe ohnehin ein Steuerbescheid ergehen würde.
Hintergrund: Gemeinnützige Vereine sind von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit, so dass ihnen gegenüber keine Steuerfestsetzung ergeht. Anders ist dies aber, wenn ein gemeinnütziger Verein einen sog. wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält. Der Gewinn aus diesem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb muss besteuert werden. Unter bestimmten Voraussetzungen gelten wirtschaftliche Geschäftsbetriebe aber als Zweckbetrieb und sind dann steuerlich unschädlich.
Streitfall: Der Kläger war ein gemeinnütziger Verein im Bereich der Wohlfahrtspflege, der neben seinem gemeinnützigen Bereich mehrere wirtschaftliche Geschäftsbetriebe sowie Zweckbetriebe unterhielt. Im Streitjahr 2012 richtete der Kläger zudem eine Abrechnungsstelle für die Abrechnung von Krankentransporten ein, die einen Gewinn von 0 € erwirtschaftete; nach Auffassung des Klägers handelte es sich bei der Abrechnungsstelle um einen Zweckbetrieb. Das Finanzamt sah nach einer Außenprüfung in der Abrechnungsstelle hingegen einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Es änderte daraufhin die Körperschaft- und Gewerbesteuermessbetragsfestsetzung, wobei die Körperschaftsteuer wie auch der Gewerbesteuermessbetrag jedoch weiterhin 0 € betrugen. Hiergegen klagte der Kläger.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hielt die Klage für unzulässig und wies sie ab:
Der Kläger ist durch die Festsetzung einer Körperschaftsteuer und eines Gewerbesteuermessbetrags von jeweils 0 € nicht beschwert. Eine Steuer bzw. ein Messbetrag von 0 € beschwert den Steuerpflichtigen nicht, da er keine Steuer entrichten muss. Ohne Beschwer ist die Klage unzulässig.
Zwar kann bei gemeinnützigen Vereinen eine Steuer- bzw. Messbetragsfestsetzung von 0 € eine Beschwer begründen, weil mit der Festsetzung von 0 € die Steuerpflicht dem Grunde nach festgestellt und damit die Steuerfreiheit verneint wird. Im Streitfall ergibt sich aus der Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbetragsfestsetzung aber keine derartige Bedeutung.
Streitig ist nur der sachliche Umfang der Steuerbefreiung, da der Kläger mehrere wirtschaftliche Geschäftsbetriebe unterhielt. Wegen der anderen Geschäftsbetriebe wäre ohnehin eine Steuerfestsetzung ergangen. Der Streit, ob die Abrechnungsstelle als Zweckbetrieb oder aber als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb einzustufen ist, wirkt sich im Streitjahr nicht aus, da der Gewinn aus der Abrechnungsstelle 0 € betrug.
Hinweise: Hätte der Kläger keinen weiteren wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten, hätte sich aus der Nullfestsetzung ergeben, dass das Finanzamt den Kläger nicht für vollständig steuerbefreit hält. Die Klage wäre dann wohl zulässig gewesen.
Der Grundsatz, dass sich aus einer Nullfestsetzung keine Beschwer ergibt, gilt nicht bei der Umsatzsteuer, da hier auch eine negative Steuerfestsetzung möglich ist, wenn die Vorsteuer höher ist als die Umsatzsteuer.
BFH, Urteil vom 16.12.2021 – V R 19/21; NWB
Wird ein Investitionsabzugsbetrag für einen Pkw gebildet,...
Wird ein Investitionsabzugsbetrag für einen Pkw gebildet, muss der Nachweis der nahezu ausschließlich betrieblichen Nutzung des Pkw nicht zwingend durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch erbracht werden. Ein Nachweis ist auch durch andere Beweismittel wie z.B. Zeugen möglich.
Hintergrund: Ein Unternehmer kann für künftige Investitionen einen Investitionsabzugsbetrag steuermindernd bilden. Voraussetzung für die Sonderabschreibung ist u.a. aber, dass das Wirtschaftsgut nach seiner Anschaffung bis zum Ende des folgenden Wirtschaftsjahres ausschließlich betrieblich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird.
Streitfall: Der Kläger war Rechtsanwalt. Er bildete in den Streitjahren 2009 und 2013 jeweils einen Investitionsabzugsbetrag für einen Pkw. Er schaffte beide Pkw an, führte dann aber keine ordnungsgemäßen Fahrtenbücher. Das Finanzamt ging deshalb von einer nicht nahezu ausschließlich betrieblichen Nutzung der Pkw aus und machte die beiden Investitionsabzugsbeträge rückgängig. Der Kläger hat im Verfahren vor dem Finanzgericht (FG) Zeugen benannt, die bestätigen sollten, dass er die betrieblichen Fahrten mit den beiden Pkw durchgeführt habe. Das FG hat diese Zeugen nicht vernommen.
Entscheidung: Der BFH hat die Sache an das FG zurückverwiesen, das nun ermitteln muss, ob die beiden Pkw nahezu ausschließlich betrieblich genutzt worden sind:
Die Bildung des Investitionsabzugsbetrags setzt voraus, dass das Wirtschaftsgut nahezu ausschließlich betrieblich genutzt wird, d.h. zu mindestens 90 %.
Dieser Nachweis kann durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt werden. Im Streitfall war das jeweilige Fahrtenbuch aber nicht ordnungsgemäß, da es nicht zeitnah geführt worden war und Kilometerstände sowie Privatfahrten fehlten.
Trotz fehlender ordnungsgemäßer Fahrtenbücher kann der nahezu ausschließlich betriebliche Nutzungsanteil aber auch auf andere Weise nachgewiesen werden, z.B. durch Zeugen oder andere Aufzeichnungen. Das FG muss daher den Zeugenanträgen nachkommen und anhand der Zeugenaussagen prüfen, ob sich aufgrund dieser Zeugenaussagen eine mindestens 90%ige betriebliche Nutzung der Pkw ergibt.
Hinweise: Der BFH bestätigt seine aktuelle Rechtsprechung, nach der ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch für den Nachweis der nahezu ausschließlich betrieblichen Nutzung eines Pkw im Rahmen eines Investitionsabzugsbetrags nicht zwingend erforderlich ist. Denkbar sind auch andere Beweismittel wie z.B. Zeugen oder andere Aufzeichnungen; so könnten etwa Werkstattrechnungen vorgelegt werden, aus denen sich der Kilometerstand ergibt. In der Praxis wird es allerdings schwierig sein, mit Hilfe anderer Beweismittel den Umfang der betrieblichen Nutzung nachzuweisen.
Anders ist die Rechtslage bei der Bewertung der Pkw-Privatnutzung eines betrieblichen Pkw. Die Bewertung erfolgt zwingend nach der sog. 1-%-Methode in Höhe eines Prozents des Bruttolistenpreises des Pkw pro Monat, wenn ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nicht geführt wird.
BFH, Urteil vom 16.3.2022 – VIII R 24/19; NWB
Die Umsatzsteuer auf eine Vermittlungsprovision, die in fünf Jahresraten gezahlt wird, entsteht grundsätzlich bereits mit der Vermittlung. Die Umsatzsteuer darf nicht zugunsten des Unternehmers berichtigt...
Die Umsatzsteuer auf eine Vermittlungsprovision, die in fünf Jahresraten gezahlt wird, entsteht grundsätzlich bereits mit der Vermittlung. Die Umsatzsteuer darf nicht zugunsten des Unternehmers berichtigt werden, da die Vereinbarung einer Ratenzahlung keine Uneinbringlichkeit darstellt, die eine Berichtigung ermöglichen würde.
Hintergrund: Grundsätzlich entsteht die Umsatzsteuer bereits mit der Erbringung der Leistung (sog. Soll-Besteuerung). Auf die Erstellung der Rechnung, die Fälligkeit oder die Bezahlung kommt es also im Regelfall nicht an.
Streitfall: Die Klägerin, die ihre Umsätze nach der sog. Soll-Besteuerung versteuerte, vermittelte im Jahr 2012 ein Grundstück. Die Vereinbarung sah hierfür eine Provision von 1 Mio. € netto zzgl. 190.000 € vor, die in fünf Jahresraten à 200.000 € zzgl. 38.000 € Umsatzsteuer in den Jahren 2013 bis 2017 zu zahlen war. Das Finanzamt stellte auf die Vermittlungsleistung im Jahr 2012 ab und verlangte von der Klägerin 190.000 € Umsatzsteuer für 2012. Die Klägerin war der Ansicht, dass die Umsatzsteuer erst ab 2013 jährlich in Höhe von 38.000 € (19 % auf 200.000 €) entstehe, also erst mit der jeweiligen Ratenzahlung.
Entscheidung: Der BFH hat dem Finanzamt grundsätzlich Recht gegeben, die Sache aber zurückverwiesen, weil die Klägerin Teilleistungen erbracht haben könnte:
Die Umsatzsteuer entsteht nach den Grundsätzen der Soll-Besteuerung mit der Ausführung der Vermittlungsleistung im Jahr 2012. Auf die Bezahlung der Leistung und auf die Fälligkeit des Zahlungsbetrags kommt es nicht an.
Eine Berichtigung der Umsatzsteuer zugunsten der Klägerin ist nicht möglich. Denn eine Berichtigung setzt voraus, dass entweder die Bemessungsgrundlage gemindert wird oder die Forderung uneinbringlich ist. Allein die Vereinbarung einer Ratenzahlung führt aber nicht zur Uneinbringlichkeit. Auch ist die Bemessungsgrundlage nicht gemindert worden.
Die Klägerin hatte allerdings in der Vorinstanz vor dem Finanzgericht (FG) geltend gemacht, dass die Provision auch für die „Begleitung“ des gesamten Projekts gezahlt wurde. Sollte dies stimmen, könnte die Klägerin nicht nur eine einmalige Vermittlungsleistung erbracht haben, sondern Teilleistungen, so dass die Umsatzsteuer mit der Ausführung der einzelnen Teilleistung in Höhe des dafür vereinbarten Teilentgelts entstehen würde. Der BFH hat die Sache an das FG zur entsprechenden Sachverhaltsaufklärung zurückverwiesen.
Hinweise: Der BFH hatte den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen, der eine Entstehung der Umsatzsteuer im Zeitpunkt der Ausführung der Leistung bejaht und eine Berichtigung der Umsatzsteuer zugunsten der Klägerin verneint hat. Der BFH folgt mit seiner Entscheidung nun dem EuGH.
Diese Rechtsprechung führt dazu, dass der Unternehmer die Umsatzsteuer vorfinanzieren muss. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Unternehmer Teilleistungen erbringt oder wenn er die sog. Ist-Besteuerung anwenden kann (Zahlung der Umsatzsteuer erst nach Erhalt des Geldes). Die Ist-Besteuerung ist im Wesentlichen aber auf Freiberufler sowie auf Unternehmer mit einem Jahresumsatz von maximal 600.000 € beschränkt.
Bislang bejaht der BFH eine Berichtigung der Umsatzsteuer, soweit der Unternehmer aufgrund eines vereinbarten Sicherungseinbehalts wegen Gewährleistungsansprüchen sein Entgelt zunächst nicht vollständig erhält. In seinem aktuellen Urteil lässt der BFH aber ausdrücklich offen, ob er hieran noch festhält oder ob er künftig eine Berichtigung ablehnt. Im letztgenannten Fall müsste der Unternehmer dann die auf den Sicherungseinbehalt entfallende Umsatzsteuer ebenfalls vorfinanzieren.
BFH, Urteil vom 1.2.2022 – V R 37/21 (V R 16/19); NWB
Eine für das Vorjahr geleistete Umsatzsteuervorauszahlung...
Eine für das Vorjahr geleistete Umsatzsteuervorauszahlung kann im Rahmen der Einnahmen-Überschussrechnung nur dann im Vorjahr als Betriebsausgabe abgezogen werden, wenn die Zahlung bis zum 10.1. des Folgejahres geleistet wird und wenn die Umsatzsteuervorauszahlung auch im Zeitraum vom 1.1. bis zum 10.1. des Folgejahres fällig ist. War die Vorauszahlung hingegen schon im Vorjahr fällig oder wird sie erst nach dem 10.1. des Folgejahres fällig, ist der Betriebsausgabenabzug erst im Jahr der Zahlung möglich.
Hintergrund: Bei der Einnahmen-Überschussrechnung gilt grundsätzlich das Zufluss- und Abflussprinzip. Einnahmen sind also im Zeitpunkt des Zuflusses zu versteuern und Ausgaben im Zeitpunkt des Abflusses als Betriebsausgaben geltend zu machen. Das Gesetz enthält aber eine Ausnahme für sog. wiederkehrende Zahlungen, die innerhalb von 10 Tagen vor oder nach dem Jahreswechsel geleistet werden, aber das vorherige bzw. das folgende Jahr betreffen: Sie werden in dem Veranlagungszeitraum berücksichtigt, zu dem sie wirtschaftlich gehören. Eine Umsatzsteuerzahlung für Dezember 2021, die am 5.1.2022 an das Finanzamt gezahlt wird, ist aufgrund dieser Regelung grundsätzlich im Jahr 2021 als Betriebsausgabe abziehbar; denn Umsatzsteuerzahlungen und -erstattungen aufgrund von Voranmeldungen gelten als wiederkehrende Zahlungen.
Sachverhalt: Der Kläger war Unternehmer und ermittelte seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung, d.h. nach Zufluss- und Abflussgesichtspunkten. Die Vorauszahlungen zur Umsatzsteuer für Mai 2017 bis Juli 2017 zahlte er nicht im Jahr 2017, sondern erst am 9.1.2018. Er machte die Zahlung als Betriebsausgabe des Jahres 2017 geltend. Dies lehnte das Finanzamt ab, weil die Zahlungen bereits im Jahr 2017 fällig gewesen waren.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Die Umsatzsteuervorauszahlungen für die Monate Mai 2017 bis Juli 2017 sind erst im Jahr 2018 abgeflossen und daher erst im Jahr 2018 als Betriebsausgabe abziehbar.
Die Ausnahmeregelung für regelmäßig wiederkehrende Zahlungen gilt nicht. Zwar sind Umsatzsteuervorauszahlungen regelmäßig wiederkehrende Zahlungen, und sie wurden auch bis zum 10.1. des Folgejahres, d.h. bis zum 10.1.2018, geleistet.
Die Umsatzsteuervorauszahlungen müssen zusätzlich aber auch in den ersten zehn Tagen des Folgejahres 2018 fällig sein, damit sie im Vorjahr 2017 als Betriebsausgabe abgezogen werden können. Die Fälligkeit im Zehntageszeitraum ist erforderlich, um Zufallsergebnisse zu verhindern. Anderenfalls könnten Umsatzsteuervorauszahlungen, die schon seit längerer Zeit fällig sind, abweichend vom Abflusszeitpunkt im Vorjahr der Zahlung als Betriebsausgabe abgezogen werden.
Im Streitfall waren die drei Zahlungen bereits im Jahr 2017 fällig und nicht erst im Zeitraum vom 1.1.2018 bis 10.1.2018. Die Ausnahmeregelung für regelmäßig wiederkehrende Zahlungen gilt daher nicht, so dass es beim Betriebsausgabenabzug im Jahr der Zahlung, d.h. hier im Jahr 2018, bleibt.
Hinweise: Bislang war streitig, ob für den vom Zahlungsjahr abweichenden Abzug als regelmäßig wiederkehrende Betriebsausgabe nicht nur die Zahlung in den ersten zehn Tagen des Folgejahres erforderlich ist, sondern auch die Fälligkeit in den ersten zehn Tagen des Folgejahres. Diese Streitfrage hat der BFH nun bejaht. Bei Umsatzsteuervorauszahlungen kommt daher ein Betriebsausgabenabzug im Vorjahr für eine in den ersten zehn Tagen des Folgejahres geleistete Zahlung nur dann in Betracht, wenn es sich um die Vorauszahlung für den Dezember des Vorjahres oder für das IV. Quartal des Vorjahres handelt und keine Dauerfristverlängerung, durch die die Fälligkeit um einen Monat verschoben wird, gewährt wurde. Wurde eine Dauerfristverlängerung gewährt, ist der Abzug im Vorjahr der Zahlung nur bei der Umsatzsteuervorauszahlung für den November des Vorjahres möglich, wenn die Zahlung bis zum 10.1. des Folgejahres erfolgt.
Das Urteil dürfte entsprechend auch für regelmäßig wiederkehrende Einnahmen wie z.B. Mieteinnahmen gelten. Diese müssten also in den letzten zehn Tagen des Jahres erzielt worden und auch in diesem Zeitraum fällig sein, damit die Einnahme dem Folgejahr zugerechnet werden kann und im Folgejahr versteuert werden muss.
Für Bilanzierer hat das Urteil keine Bedeutung, da es dort nicht auf den Zahlungszeitpunkt, sondern stets auf den Zeitpunkt der wirtschaftlichen Verursachung ankommt.
BFH, Urteil vom 16.2.2022 – X R 2/21; NWB
Die Abgabe der Einkommensteuererklärung bei einem unzuständigen Finanzamt...
Die Abgabe der Einkommensteuererklärung bei einem unzuständigen Finanzamt kann die sog. Anlaufhemmung beenden und damit den Beginn der Festsetzungsfrist auslösen, wenn das unzuständige Finanzamt seine Unzuständigkeit erkennt, aber weder die Erklärung an das zuständige Finanzamt weiterleitet noch den Steuerpflichtigen darauf hinweist, dass er die Einkommensteuererklärung dem zuständigen Finanzamt zusenden muss.
Hintergrund: Die Festsetzungsfrist beträgt grundsätzlich vier Jahre. Ist eine Steuererklärung einzureichen, beginnt die Verjährungsfrist erst mit dem Ablauf des Jahres, in dem die Steuererklärung eingereicht wird, spätestens aber mit Ablauf des dritten Jahres (sog. Anlaufhemmung). Wird also im Jahr 2022 die Einkommensteuererklärung für 2021 eingereicht, beginnt die vierjährige Verjährungsfrist für 2021 mit Ablauf des 31.12.2022 und endet mit Ablauf des 31.12.2026.
Streitfall: Der Kläger war Nachlassverwalter des verstorbenen M und musste die Steuererklärungen für M erstellen. M wurde bis zu seinem Tod im Zuständigkeitsbereich des Finanzamts A einkommensteuerlich geführt. Für die gesonderte Feststellung seiner freiberuflichen Einkünfte war jedoch das Finanzamt H zuständig, da M in dessen Zuständigkeitsbereich als Architekt tätig gewesen war. Das Finanzamt A erließ am 7.4.2011 einen Einkommensteuerbescheid für 2010 und schätzte mangels Abgabe der Einkommensteuererklärung die Besteuerungsgrundlagen auf 0 €. Im Oktober 2011 reichte der Steuerberater des M die Einkommensteuererklärung für 2010 beim unzuständigen Finanzamt H ein. Das Finanzamt H leitete die Einkommensteuererklärung für 2010 nicht an das zuständige Finanzamt A weiter, sondern erließ am 2.3.2012 einen Bescheid über die gesonderte Feststellung und stellte die Einkünfte entsprechend den Angaben in der Einkommensteuererklärung in Höhe von ca. 975.000 € fest. Zugleich schickte es eine entsprechende Mitteilung an das zuständige Finanzamt A über die Höhe der festgestellten Einkünfte. Auf dieser Grundlage erließ das Finanzamt H am 6.10.2016 einen Einkommensteuerbescheid und legte freiberufliche Einkünfte in Höhe von 975.000 € zugrunde.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hob den Einkommensteuerbescheid vom 6.10.2016 auf und gab der Klage statt:
Der Einkommensteuerbescheid vom 6.10.2016 ist nach Eintritt der Festsetzungsverjährung ergangen und war daher aufzuheben.
Die vierjährige Festsetzungsfrist für 2010 begann mit Ablauf des 31.12.2011, da die Einkommensteuererklärung für 2010 im Jahr 2011 abgegeben worden ist. Die Festsetzungsfrist lief daher nach vier Jahren mit Ablauf des 31.12.2015 ab, so dass am 6.10.2016 bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war.
Die Festsetzungsfrist beginnt grundsätzlich erst nach Abgabe der Einkommensteuererklärung beim zuständigen Finanzamt. Anderenfalls würde die Festsetzungsfrist beginnen, bevor das für die Steuerfestsetzung zuständige Finanzamt etwas vom Entstehen und der Höhe des Steueranspruchs erfahren hat.
Das zuständige Finanzamt wäre das Finanzamt A gewesen; die Steuererklärung wurde aber beim Finanzamt H abgegeben, das nur für die gesonderte Feststellung der Einkünfte zuständig war, nicht jedoch für die Einkommensteuer.
Ausnahmsweise genügt für die Beendigung der Anlaufhemmung und damit für den Beginn der Festsetzungsfrist aber auch die Abgabe der Steuererklärung bei einem unzuständigen Finanzamt, wenn dieses trotz Kenntnis seiner Unzuständigkeit die Steuererklärung zu den Akten nimmt, anstatt die Erklärung an das zuständige Finanzamt weiterzuleiten oder den Steuerpflichtigen darüber zu informieren, dass es die Steuererklärung nicht an das zuständige Finanzamt weiterleitet.
Der Kläger ist damit so zu stellen, als ob der Verstoß nicht erfolgt wäre. Bei einer ordnungsgemäßen Handhabung wäre die Einkommensteuererklärung noch im Oktober 2011 an das Finanzamt A weitergeleitet worden, so dass mit Ablauf des 31.12.2011 die vierjährige Festsetzungsfrist begonnen hätte.
Hinweise: Das Finanzamt A war nicht so langsam mit der Steuerfestsetzung, wie es scheint. Es hatte durchaus schon vor dem Jahr 2016 versucht, die Einkommensteuer für 2010 gegenüber dem Kläger festzusetzen; jedoch war die Bekanntgabe nicht wirksam erfolgt, möglicherweise auch wegen der verfahrensrechtlichen Komplikationen aufgrund des Todes des M.
Dem Finanzamt A half es auch nicht, dass es beim Erlass eines Feststellungsbescheids eine sog. Ablaufhemmung gibt. Denn diese Ablaufhemmung beträgt nur zwei Jahre, und der Feststellungsbescheid war vom Finanzamt H am 2.3.2012 bekanntgegeben worden. Eine Ablaufhemmung bis zum 6.10.2016 trat also nicht ein.
Die aktuelle Entscheidung betrifft einen Ausnahmefall, weil das Finanzamt H seine Fürsorgepflicht verletzt hat. Der BFH hält im Übrigen an seinem Grundsatz fest, dass eine Steuererklärung beim zuständigen Finanzamt abgegeben werden muss, damit die Anlaufhemmung beendet werden kann und die Festsetzungsfrist beginnt.
BFH, Urteil vom 14.12.2021 – VIII R 31/19; NWB
Die Einziehung von GmbH-Anteilen eines ausscheidenden Gesellschafters gegen Abfindung unterliegt der Schenkungsteuer, wenn die gezahlte Abfindung unter dem tatsächlichen Wert der Beteiligung des ausscheidenden...
Die Einziehung von GmbH-Anteilen eines ausscheidenden Gesellschafters gegen Abfindung unterliegt der Schenkungsteuer, wenn die gezahlte Abfindung unter dem tatsächlichen Wert der Beteiligung des ausscheidenden Gesellschafters liegt. Dies gilt nicht nur im Fall der Zwangseinziehung, sondern auch dann, wenn die Einziehung mit Zustimmung des ausscheidenden Gesellschafters erfolgt.
Hintergrund: Nach dem Gesetz löst die Einziehung von GmbH-Anteilen Schenkungsteuer aus, wenn der Anteil aufgrund einer Regelung im Gesellschaftsvertrag der GmbH bei Ausscheiden des Gesellschafters eingezogen wird und der Abfindungsanspruch niedriger ist als der tatsächliche Wert des Anteils. Besteuert wird dann die Werterhöhung, die sich für die Anteile der verbleibenden Gesellschafter ergibt. Gesellschaftsrechtlich darf eine Einziehung nur erfolgen, wenn sie entweder im Gesellschaftsvertrag zugelassen ist oder – ohne Zustimmung des ausscheidenden Gesellschafters – wenn die Voraussetzungen der Einziehung vor dem Zeitpunkt, in welchem der ausscheidende Gesellschafter den Geschäftsanteil erworben hat, im Gesellschaftsvertrag festgesetzt waren.
Streitfall: Der Kläger war zusammen mit A, B und C an der X-GmbH beteiligt. Jeder Gesellschafter hielt einen Geschäftsanteil von 81.000 €. Nach dem Gesellschaftsvertrag war die Einziehung von Geschäftsanteilen mit Zustimmung des betroffenen Gesellschafters jederzeit zulässig. Im Mai 2007 beschlossen die vier Gesellschafter die Einziehung des Geschäftsanteils des A zum 31.12.2007 gegen eine Abfindung von 75.000 €, die in 75 Monatsraten zu zahlen war. Tatsächlich war die Beteiligung des A ca. 205.000 € wert. Das Finanzamt setzte die Differenz zu einem Drittel als schenkungsteuerpflichtigen Erwerb des Klägers an. Der Kläger war der Ansicht, dass nur die zwangsweise Einziehung Schenkungsteuer auslöse.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Zwar ist dem Kläger nicht der Geschäftsanteil des A anteilig geschenkt worden; denn der Geschäftsanteil des A ging aufgrund der Einziehung unter. Jedoch stellt das Gesetz die sich aufgrund einer Einziehung des Anteils gegen Abfindung unter Wert ergebende Werterhöhung einer Schenkung gleich.
Das Gesetz erfasst nicht nur die Zwangseinziehung, sondern auch die Einziehung mit Zustimmung des ausscheidenden Gesellschafters. Anderenfalls ergäbe sich eine Besteuerungslücke, wenn die Einziehung gegen Minderabfindung von allen Gesellschaftern beschlossen wird.
Im Streitfall lag der Abfindungswert unter dem tatsächlichen Wert, so dass es beim Kläger wie auch bei B und C zu einer Werterhöhung kam.
Hinweise: Über die Einziehung eines Anteils bei einer Kapitalgesellschaft hinaus führt auch das Ausscheiden eines Gesellschafters gegen eine zu niedrige Abfindung zur Schenkungsteuer, und zwar sowohl bei Kapital- als auch bei Personengesellschaften. Wird ein Anteil einer Personen- oder Kapitalgesellschaft zu einem zu niedrigen Wert bewusst, d.h. freigebig, auf eine andere Person übertragen bzw. verkauft, liegt ebenfalls eine Schenkung in Höhe der Wertdifferenz vor, die allerdings aufgrund der Begünstigungen für das Betriebsvermögen weitgehend steuerfrei sein kann.
Der tatsächliche Wert des Anteils des A (205.000 €) war nicht streitig; zudem hätte ein etwaiger Streit über den Wert des Anteils in einem anderen Verfahren geführt werden müssen, nämlich im Verfahren gegen die sog. gesonderte Wertfeststellung. Da die Abfindung in 75 Monatsraten gezahlt werden sollte, war die Abfindung von 75.000 € auf 63.720 € abzuzinsen. Damit ergab sich eine Wertdifferenz von 141.210 € (204.930 € Wert des Anteils abzüglich 63.720 € abgezinste Abfindung), die zu einem Drittel (= 47.070 €) auf den Kläger entfiel. Nach Abzug des Freibetrags ergab sich eine Schenkungsteuer in Höhe von 7.106 € für den Kläger.
Auch bei B und C kam es zu entsprechenden Werterhöhungen, die schenkungsteuerbar waren. Allerdings betrifft das aktuelle BFH-Urteil nur die Klage des Klägers.
BFH, Urteil vom 17.11.2021 – II R 21/20; NWB
Minijobberinnen und Minijobber können künftig 520 Euro statt 450 Euro durchschnittlich monatlich verdienen. Ab dem 1. Oktober 2022 wird sich die Minijob-Grenze an einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden...
Minijobberinnen und Minijobber können künftig 520 Euro statt 450 Euro durchschnittlich monatlich verdienen. Ab dem 1. Oktober 2022 wird sich die Minijob-Grenze an einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden zu Mindestlohnbedingungen orientieren. Die wichtigsten Informationen zu den Änderungen für Minijobber und Arbeitgeber, finden Sie in diesem Beitrag.
Mindestlohn erhöht sich auf 12 Euro pro Stunde
Der Gesetzgeber erhöht zum 1. Oktober 2022 den gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro je Zeitstunde. Die Erhöhung geht auf eine Vereinbarung im Koalitionsvertrag zurück.
Minijob-Grenze wird auf 520 Euro monatlich angehoben
Die Verdienstgrenze im Minijob liegt seit dem Jahr 2013 unverändert bei 450 Euro im Monat. Zukünftig wird die Minijob-Grenze dynamisch und am Mindestlohn ausgerichtet angepasst. Das bedeutet, dass sich die Verdienstgrenze künftig an einer wöchentlichen Arbeitszeit von 10 Stunden und am Mindestlohn orientiert. Erhöht sich der Mindestlohn, steigt also auch die Minijob-Grenze.
Mit der Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde wird die Minijob-Grenze zum 1. Oktober 2022 entsprechend auf 520 Euro monatlich erhöht.
Neuregelungen auch beim Überschreiten der Minijob-Verdienstgrenze
Überschreitet der durchschnittliche Monatsverdienst die Minijob-Grenze, liegt kein Minijob mehr vor. Ausgenommen hiervon sind gelegentliche nicht vorhersehbare Überschreitungen. Die Höhe der Verdienste in den Monaten des unvorhersehbaren Überschreitens ist unerheblich. Als gelegentlich wird heute ein Zeitraum von bis zu drei Kalendermonaten innerhalb eines Zeitjahres angesehen. Diese Regelung ergibt sich bisher ausschließlich aus den Geringfügigkeits-Richtlinien.
Zukünftig wird das unvorhersehbare Überschreiten gesetzlich geregelt. Gelegentlich ist dann ein unvorhersehbares Überschreiten bis zu zwei Kalendermonaten innerhalb eines Zeitjahres. Darüber hinaus darf die Überschreitung maximal 520 Euro monatlich betragen, so dass auf Jahressicht ein maximaler Verdienst bis zur Höhe des 14-fachen der Minijob-Grenze möglich sein wird. Eine Minijobberin oder ein Minijobber darf also grundsätzlich 6.240 Euro über 12 Monate und in begründetem Ausnahmefall höchstens 7.280 Euro im Jahr verdienen.
Wichtiger Hinweis für Rentner: Für einige Rentenbezieher gilt in der Rentenversicherung eine kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze. Mit Erhöhung der Verdienstgrenze im Minijob ab dem 1. Oktober 2022 sollten Rentner diese bei der Ausübung eines Minijobs im Blick haben. Nach aktuellem Stand wird die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze in Höhe von 6.300 Euro für Bezieher einer Rente wegen voller Erwerbsminderung oder der Knappschaftsausgleichsleistung nicht angepasst. Ein gelegentliches unvorhersehbares Überschreiten der Verdienstgrenze im Minijob könnte dazu führen, dass Rentner die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze in Höhe von 6.300 Euro überschreiten. Dies würde sich rentenschädlich auswirken. Bei der Knappschaftsausgleichsleistung würde sogar der Anspruch auf diese Rente entfallen. Für Bezieher einer Altersrente vor Erreichen der Regelaltersgrenze gilt derzeit eine höhere Hinzuverdienstgrenze. Ab dem 1. Januar 2023 beträgt diese nach aktueller Rechtslage auch wieder 6.300 Euro.
Midijob-Grenze wird von 1.300 auf 1.600 Euro angehoben
Mit dem neuen Gesetz wird auch die Verdienstgrenze für eine Beschäftigung im Übergangsbereich erhöht. Bisher liegt ein sogenannter Midijob vor, wenn das durchschnittliche monatliche Arbeitsentgelt der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers im Übergangsbereich 450,01 Euro bis 1.300 Euro beträgt. Künftig liegt ein Midijob vor, wenn Arbeitnehmer regelmäßig im Monat mehr als 520,00 Euro und maximal 1.600 Euro verdienen.
Im neuen Übergangsbereich werden Arbeitgeber stärker belastet als heute. Der Beitragsanteil des Arbeitgebers bzw. der Arbeitgeberin beläuft sich im unteren Bereich des Übergangsbereichs (ab 520,01 Euro) wie bei Minijobs auf ca. 28 Prozent und wird gleitend bis 1.600 Euro auf den regulären Sozialversicherungsbeitrag abgeschmolzen. Midijobber und Midijobberinnen profitieren dadurch, dass der Belastungssprung beim Übergang vom Minijob zum Midijob geglättet wird. Dadurch soll der Anreiz für Minijobber erhöht werden, ihre Arbeitszeit über die Minijob-Grenze hinaus auszuweiten.
Midijobs sind sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen, für die die Krankenkassen zuständig sind und nicht die Minijob-Zentrale.
Minijob-Zentrale online, Meldung vom 13.6.2022; NWB
Das Bundesfinanzministerium (BMF) gewährt bei der Unterstützung ukrainischer...
Das Bundesfinanzministerium (BMF) gewährt bei der Unterstützung ukrainischer Arbeitnehmer, die durch den Krieg in der Ukraine geschädigt worden sind, steuerliche Erleichterungen in Gestalt einer Steuerfreiheit der Unterstützungsleistungen. Außerdem lässt es Arbeitslohnspenden, die zugunsten ukrainischer Kriegsgeschädigter geleistet werden, steuerfrei.
Hintergrund: Nach dem Gesetz sind Bezüge aus öffentlichen Mitteln, die wegen Hilfsbedürftigkeit geleistet werden, steuerfrei. Die Finanzverwaltung lässt unter bestimmten Voraussetzungen auch bestimmte Unterstützungsleistungen an Arbeitnehmer bis zu einem Betrag von 600 € steuerfrei.
Wesentlicher Inhalt des BMF-Schreibens: Das BMF erweitert die gesetzliche Regelung und die bisherige Verwaltungspraxis auf Unterstützungsleistungen zugunsten von Arbeitnehmern, die durch den Krieg in der Ukraine geschädigt worden sind:
Unterstützungsleistungen des Arbeitgebers an Arbeitnehmer, die durch den Krieg in der Ukraine geschädigt sind, sind bis zur Höhe von 600 € je Kalenderjahr und Arbeitnehmer steuerfrei.
Ist die Unterstützungsleistung höher als 600 €, kann auch der übersteigende Betrag steuerfrei sein, wenn es sich um einen besonderen Notfall handelt. Dies ist grundsätzlich dann zu bejahen, wenn der Arbeitnehmer die Ukraine als Kriegsflüchtling verlassen hat oder in vergleichbarer Weise unmittelbar vom Krieg betroffen ist.
Steuerfrei sind auch Zinsvorteile oder Zinszuschüsse, die dem vom Ukraine-Krieg geschädigten Arbeitnehmer gewährt werden. Das Darlehen darf aber nicht höher als der ihm durch den Krieg entstandenen Schaden sein.
Auch weitere Vorteile, die der Arbeitgeber gewährt, sind steuerfrei, z.B. eine Pkw-Überlassung, wenn der Pkw des Arbeitnehmers aufgrund des Kriegs nicht mehr verfügbar ist, eine Wohnungsüberlassung, die Ausstattung einer Wohnung oder Verpflegung, wenn der Arbeitnehmer insoweit Unterstützung benötigt.
Hinweis: Der Arbeitgeber muss die steuerfreien Leistungen im Lohnkonto aufzeichnen. Zudem muss er dokumentieren, dass die o.g. Voraussetzungen für die Steuerfreiheit erfüllt sind. Hierzu gehört die Dokumentation, dass der Arbeitnehmer durch den Krieg in der Ukraine geschädigt worden ist, die Höhe des Schadens sowie die Unterstützungsleistung.
Arbeitslohnspenden von Arbeitnehmern sind steuerfrei, wenn sie an Arbeitnehmer, die durch den Ukraine-Krieg geschädigt sind, geleistet werden oder wenn sie auf ein Spendenkonto zugunsten der Ukraine eingezahlt werden.
Es kann sich dabei auch um Arbeitslohnspenden zugunsten von kriegsgeschädigten Arbeitnehmern von Geschäftspartnern des Arbeitgebers handeln.
Hinweis: Die steuerfreie Arbeitslohnspende ist nicht in der Lohnsteuerbescheinigung anzugeben. Allerdings darf die steuerfreie Arbeitslohnspende nicht zusätzlich als Spende steuerlich abgezogen werden.
BMF-Schreiben vom 7.6.2022 - IV C 4 - S 2223/19/10003 :017; NWB
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat anlässlich der vorübergehenden Einführung des sog. 9-Euro-Tickets zu steuerfreien Zuschüssen des Arbeitgebers zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten...
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat anlässlich der vorübergehenden Einführung des sog. 9-Euro-Tickets zu steuerfreien Zuschüssen des Arbeitgebers zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeit Stellung genommen. Das BMF beanstandet es nicht, wenn der Zuschuss des Arbeitgebers während des Geltungszeitraums des sog. 9-Euro-Tickets im Zeitraum Juni bis August 2022 höher ist als die nunmehr geminderten monatlichen Aufwendungen des Arbeitnehmers. Allerdings darf der Zuschuss über das Jahr betrachtet nicht höher sein als die jährlichen Aufwendungen des Arbeitnehmers für den öffentlichen Nahverkehr.
Hintergrund: Zuschüsse des Arbeitgebers zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für den öffentlichen Linienverkehr, d.h. für die Fahrten von der Wohnung zur Arbeit, sind nach dem Gesetz steuerfrei, wenn der Zuschuss zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gezahlt wird. Allerdings mindert der Zuschuss die Höhe der Werbungskosten des Arbeitnehmers.
Inhalt des aktuellen Schreibens des BMF:
Wegen des sog. 9-Euro-Tickets mindern sich die Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Fahrten von der Wohnung zur Arbeit. Das BMF beanstandet es nicht, wenn der Zuschuss des Arbeitgebers während des Geltungszeitraums im Zeitraum Juni bis August 2022 nicht gemindert wird, sondern höher ist als die nunmehr geminderten monatlichen Aufwendungen des Arbeitnehmers. Dies steht der Steuerfreiheit des Zuschusses im Zeitraum Juni bis August 2022 zunächst nicht entgegen.
Allerdings darf der Zuschuss des Arbeitgebers über das Jahr 2022 betrachtet nicht höher sein als die jährlichen Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Fahrten von der Wohnung zur Arbeit. Es gilt also eine Jahresbetrachtung.
Übersteigt der im Jahr 2022 gezahlte Zuschuss des Arbeitgebers die Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeit, ist der übersteigende Betrag steuerpflichtig und nicht mehr steuerfrei.
Hinweise: Die steuerfreien Arbeitgeberzuschüsse sind zu bescheinigen; denn sie mindern die Entfernungspauschale.
Das sog. 9-Euro-Ticket entlastet den Arbeitnehmer nicht, wenn der Arbeitgeber ohnehin die Kosten für die Monatskarte bzw. Jahreskarte übernommen hat und der Zuschuss steuerfrei ist.
Das aktuelle BMF-Schreiben führt zu einer zeitlichen Entlastung, weil der Arbeitgeber nicht sofort seinen Zuschuss an die gesunkenen Kosten für den Nahverkehr anpassen muss. Allerdings kann auf diese Anpassung nicht generell verzichtet werden, weil nach der Jahresbetrachtung der jährlich geleistete Zuschuss die jährlichen Aufwendungen des Arbeitnehmers nicht übersteigen darf; anderenfalls ist der übersteigende Betrag steuerpflichtig.
BMF-Schreiben vom 30.5.2022 – IV C 5 – S 2351/19/10002 :007; NWB
Das Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg hat einen Steuerguide für Influencer veröffentlicht.Darin gibt das Ministerium einen Überblick darüber, welche Steuerarten für Influencerinnen...
Das Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg hat einen Steuerguide für Influencer veröffentlicht.
Darin gibt das Ministerium einen Überblick darüber, welche Steuerarten für Influencerinnen und Influencer infrage kommen können und ob Betroffene ihre Tätigkeit beim Finanzamt anzeigen müssen. Das Ministerium weist zugleich darauf hin, dass der Steuerguide keine Fachberatung ersetzt.
Hinweis: Zu finden ist der Steuerguide auf der Homepage des Ministeriums.
Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg, Pressemitteilung v. 9.6.2022, NWB
Der Bundesfinanzhof (BFH) hält es für möglich, dass das gesetzliche Aufteilungsgebot bei Beherbergungsumsätzen gegen EU-Recht verstößt, und hat daher in einem aktuellen Fall Aussetzung der Vollziehung...
Der Bundesfinanzhof (BFH) hält es für möglich, dass das gesetzliche Aufteilungsgebot bei Beherbergungsumsätzen gegen EU-Recht verstößt, und hat daher in einem aktuellen Fall Aussetzung der Vollziehung gewährt. Das Aufteilungsgebot führt dazu, dass z.B. das Entgelt für das Frühstück oder für den Wellnessbereich in einem Hotel nicht mit 7 % ermäßigt besteuert werden kann, sondern dem regulären Umsatzsteuersatz von 19 % unterliegt.
Hintergrund: Der Gesetzgeber gewährt für Übernachtungsleistungen von Hotels und Pensionen den ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %. Nach dem Gesetz gilt der ermäßigte Umsatzsteuersatz aber nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, wie z.B. Frühstück, Schwimmbad oder Parkplatz, auch wenn diese Leistungen im Übernachtungspreis enthalten sind.
Streitfall: Die Antragstellerin betreibt ein Hotel und Restaurant. Im Übernachtungspreis war auch ein Frühstück sowie der Zugang zu einem Schwimmbad enthalten. Die Antragstellerin unterwarf ihre Umsätze des Jahres 2017 dem ermäßigten Steuersatz von 7 % und begründete dies damit, dass sie eine einheitliche Leistung erbracht habe. Das Finanzamt teilte den Übernachtungspreis jedoch auf und besteuerte den auf das Frühstück und auf das Schwimmbad entfallenden Teil des Übernachtungspreises mit 19 %. Hiergegen legte die Antragstellerin Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung, die vom Finanzamt sowie vom Finanzgericht abgelehnt wurde.
Entscheidung: Der BFH gab dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung im Beschwerdeverfahren statt:
Nach deutschem Recht ist zwar eine Aufteilung des Übernachtungspreises in den Preis für die eigentliche Übernachtung und in den Preis für die sonstigen Leistungen wie z.B. die Nutzung des Schwimmbades oder das Frühstück geboten. Nach diesem Aufteilungsgebot darf nur der auf die Übernachtung entfallende Teil des Gesamtpreises mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 % besteuert werden.
Das deutsche Aufteilungsgebot könnte allerdings mit dem Recht der EU unvereinbar sein. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nämlich entschieden, dass auch eine sog. einheitliche Leistung vorliegen kann, so dass derjenige Umsatzsteuersatz anwendbar ist, der für den Hauptbestandteil der Leistung gilt. Überträgt man diese Entscheidung auf Beherbergungsumsätze, könnte dies dazu führen, dass eine einheitliche Leistung vorliegt, die sich aus der Übernachtung einerseits und aus den unselbständigen Nebenleistungen (Frühstück, Nutzung Schwimmbad) andererseits zusammensetzt; es würde dann der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 % für das Gesamtentgelt greifen, weil die Hauptleistung die Übernachtungsleistung ist, für die der ermäßigte Steuersatz von 7 % gilt.
Zu der Frage, ob ein Aufteilungsgebot gilt oder ob der Grundsatz der einheitlichen Leistung gilt, ist derzeit ein Verfahren beim EuGH anhängig. Dieses anhängige Verfahren rechtfertigt es, Aussetzung der Vollziehung zu gewähren.
Hinweise: Der aktuelle Fall betrifft neben der Übernachtungsbranche auch Umsätze aus langfristiger Vermietung. Die Vermietung ist zwar grundsätzlich umsatzsteuerfrei; dies gilt nach dem deutschen Gesetz aber ausdrücklich nicht für die Vermietung von Betriebsvorrichtungen. Wird ein Grundstück zusammen mit den auf dem Grundstück befindlichen Betriebsvorrichtungen vermietet, stellt sich die Frage, ob die Miete nach dem Aufteilungsgebot aufzuteilen ist, so dass der auf die Vermietung der Betriebsvorrichtungen entfallende Mietteil umsatzsteuerpflichtig ist, oder ob nach dem Grundsatz der einheitlichen Leistung die Gesamtmiete umsatzsteuerfrei bleibt.
BFH, Beschluss v. 7.3.2022 - XI B 2/21 (AdV), NWB
Der Deutsche Bundestag hat am 3.6.2022 dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns zugestimmt. Damit wird der allgemeine gesetzliche Mindestlohn zum 1.10.2022...
Der Deutsche Bundestag hat am 3.6.2022 dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns zugestimmt. Damit wird der allgemeine gesetzliche Mindestlohn zum 1.10.2022 auf 12 Euro brutto je Zeitstunde angehoben.
Seit dem 1.1.2022 beträgt der gesetzliche Mindestlohn 9,82 Euro. Zum 1.7.2022 steigt er turnusmäßig auf 10,45 Euro. Einmalig zum Oktober 2022 wird der Mindestlohn nun per Gesetz auf 12 Euro pro Stunde angehoben.
Im Zuge der Anpassung des Mindestlohns auf 12 Euro wird die Entgeltgrenze für Minijobs von derzeit 450 Euro auf 520 Euro angehoben und dynamisiert. Die Midijob-Grenze wird von derzeit 1.300 auf 1.600 Euro monatlich angehoben.
Über etwaige weitere Erhöhungsschritte wird die unabhängige Mindestlohnkommission befinden - erstmalig bis zum 30.6.2023 mit Wirkung zum 1.1.2024.
Hinweis: Der Bundesrat befasst sich am 10.6.2022 abschließend mit dem Gesetz. Es ist nicht zu erwarten, dass die Länderkammer das Vorhaben blockieren wird. Danach muss das Gesetz noch im Bundesgesetzblatt verkündet werden.
u.a. Bundesarbeitsministerium online, Meldung v. 3.6.2022; NWB
Nachricht aktualisiert am : Der Bundesrat hat das Gesetz in seiner heutigen Sitzung abschließend gebilligt. Die Regelungen können damit - nach Unterzeichnung des Gesetzes durch den Bundespräsidenten und der Verkündung im Bundesgesetzblatt - wie geplant in Kraft treten.
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat Mai 2022 bekannt gegeben.Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2022 können Sie auf der Homepage des...
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat Mai 2022 bekannt gegeben.
Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2022 können Sie auf der Homepage des BMF abrufen.
BMF, Schreiben vom 1.6.2022 - III C 3 - S 7329/19/10001 :004 (2022/0573639); NWB
Ein Steuerpflichtiger hat keinen Auskunftsanspruch gegenüber...
Ein Steuerpflichtiger hat keinen Auskunftsanspruch gegenüber der beim Bundeszentralamt für Steuern ansässigen Informationszentrale für steuerliche Auslandsbeziehungen über die gespeicherten Daten. Denn eine Auskunft würde die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der Finanzverwaltung gefährden, weil der Steuerpflichtige dann wüsste, was die Finanzverwaltung bereits über ihn in Erfahrung gebracht hat, und er darauf reagieren könnte.
Hintergrund: Beim Bundeszentralamt für Steuern gibt es eine Informationszentrale für steuerliche Auslandsbeziehungen (IZA), die steuerliche Informationen mit Auslandsbezug sammelt und speichert. So werden bei der IZA z.B. Daten zu Briefkastenfirmen im Ausland erfasst.
Streitfall: Die Klägerin war eine im Ausland registrierte Gesellschaft, bei der nicht sicher war, ob sich die geschäftliche Oberleitung ebenfalls in Deutschland oder aber im Ausland befand. Die Klägerin hatte davon erfahren, dass bei der IZA Daten über sie gespeichert waren, die sie teilweise für falsch hielt. Sie beantragte eine Auskunft über die gespeicherten Daten und eine Berichtigung des über sie gespeicherten Firmenprofils.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die dahingehend gerichtete Klage ab:
Zwar besteht nach der Datenschutz-Grundverordnung grundsätzlich ein Auskunftsanspruch. Dieser Auskunftsanspruch wird im Steuerrecht aber eingeschränkt.
Der Auskunftsanspruch besteht nach dem Gesetz nicht, wenn die Auskunft die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der Finanzverwaltung gefährdet, wenn der Steuerpflichtige aufgrund der erteilten Information steuerlich bedeutsame Sachverhalte verschleiern könnte, wenn er steuerlich bedeutsame Spuren verwischen könnte oder wenn er seine steuerlichen Mitwirkungspflichten auf den Kenntnisstand der Finanzbehörden einstellen könnte.
Im Streitfall bestand kein Auskunftsanspruch, weil die Erteilung der Auskunft die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der Finanzverwaltung gefährden würde. Die Klägerin wüsste dann nämlich, welche Informationen die Finanzverwaltung bereits über sie und ihren Geschäftsführer gesammelt hat, der im Fall von Briefkastenfirmen i. d. R. auch noch Geschäftsführer weiterer Briefkastenfirmen sein dürfte. Der Geschäftsführer wüsste dann, welche Briefkastenfirmen der Finanzverwaltung bereits bekannt sind und welche noch nicht, so dass er die Tätigkeiten in die noch nicht entdeckten Briefkastenfirmen verlagern könnte.
Da es keinen Auskunftsanspruch der Klägerin gibt, hat sie auch keinen Berichtigungsanspruch bezüglich des von ihr beanstandeten Firmenprofils.
Hinweise: Der Fall zeigt, dass die in der Öffentlichkeit oft genannte Datenschutz-Grundverordnung im Steuerrecht nur eine sehr eingeschränkte Bedeutung hat. Im Steuerrecht gibt es spezielle Regelungen, die sicherstellen sollen, dass die Arbeit der Finanzverwaltung durch Auskunftsansprüche nicht übermäßig behindert wird.
Im Streitfall ging es um einen Auskunftsanspruch gegen die IZA, d.h. bezüglich der gesammelten Informationen mit Auslandsbezug. Noch nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob aus der Datenschutz-Grundverordnung ein Anspruch auf Akteneinsicht abgeleitet werden kann.
BFH, Urteil v. 17.11.2021 - II R 43/19; NWB
Bei der Bewertung eines Nachlasses kann der niedrigere gemeine...
Bei der Bewertung eines Nachlasses kann der niedrigere gemeine Wert für einen Grundstücksanteil nicht durch den Kaufpreis nachgewiesen werden, der im Rahmen einer Teilerbauseinandersetzung an den Miterben gezahlt wird. Ein derartiger Kaufpreis wird nämlich nicht im gewöhnlichen Geschäftsverkehr gezahlt.
Hintergrund: Werden Grundstücke vererbt oder verschenkt, muss der Wert des Grundstücks ermittelt werden. Die Wertermittlung erfolgt nach einem typisierenden gesetzlichen Verfahren. Allerdings kann der Steuerpflichtige auch einen niedrigeren gemeinen Wert nachweisen.
Streitfall: Der Kläger erbte zusammen mit B ein Grundstück. Die Erbquote des Klägers betrug 40 %, die des B 60 %. Der Kläger war mit B nicht verwandt. Im November 2017 kam es zu einer Teilerbauseinandersetzung, bei der der Kläger den Grundstücksteil des B für 48.000 € kaufte. Bei der Ermittlung des Kaufpreises ging der Kläger von dem Kaufpreis für vergleichbare Objekte aus (130.000 €), minderte diesen um Sanierungskosten in Höhe von 50.000 € auf 80.000 € und setzte eine Quote von 60 % für den Anteil des B an. Das Finanzamt setzte hingegen einen Grundbesitzwert von ca. 138.000 € an, gegen den sich der Kläger wehrte.
Entscheidung: Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Zwar kann der Steuerpflichtige einen niedrigeren gemeinen Wert nachweisen. Es muss sich dann aber um einen Wert handeln, der sich im gewöhnlichen Geschäftsverkehr ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse ergibt.
Der Kläger hat einen derartigen niedrigeren Wert nicht nachgewiesen. Denn die Teilerbauseinandersetzung erfolgte nicht im gewöhnlichen Geschäftsverkehr. Die Teilerbauseinandersetzung bezog sich nicht auf das gesamte Grundstück, sondern nur auf einen Grundstücksanteil von 60 %; im gewöhnlichen Geschäftsverkehr werden jedoch nur gesamte Grundstücke veräußert, nicht Grundstücksanteile. Außerdem ist der Grundstücksanteil keiner anderen Person angeboten worden.
Hinweise: Unbeachtlich war, dass der Kläger und B nicht verwandt und damit keine nahestehenden Personen waren.
Der Kläger hätte den niedrigeren gemeinen Wert durch ein Sachverständigengutachten nachweisen können. Der mit B vereinbarte Kaufpreis war hingegen nicht geeignet.
Gegen das Urteil wurde Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt, das Aktenzeichen dort lautet II R 8/21.
FG Düsseldorf, Urteil v. 3.9.2020 - 11 K 2359/19 BG; NWB
Die Maßnahmen der sog. Entlastungspakete I und II treten - teilweise rückwirkend in Kraft. Über diese und weitere gesetzliche Neuregelungen informiert die Bundesregierung.Entlastungspaket I...
Die Maßnahmen der sog. Entlastungspakete I und II treten - teilweise rückwirkend in Kraft. Über diese und weitere gesetzliche Neuregelungen informiert die Bundesregierung.
Entlastungspaket I
Um die steigenden Energiepreise abzufedern, hat die Bundesregierung steuerliche Entlastungen auf den Weg gebracht. Rückwirkend zum Jahresbeginn steigen die Entfernungspauschale, der Grundfreibetrag und der Arbeitnehmerpauschbetrag.
Entlastungspaket II
Mit dem zweiten Entlastungspaket erhalten Bürger weitere Unterstützung: Eine einmalige Energiepreispauschale, einen einmaligen Kinderbonus, die temporäre Absenkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe und das 9-Euro-Ticket.
Höherer Heizkostenzuschuss
Zusätzlich werden 2,1 Millionen Menschen mit einem einmaligen Heizkostenzuschuss entlastet – vor allem Wohngeld-Haushalte und Studierende mit BAföG. Wegen der zuletzt noch stärker gestiegenen Energiekosten verdoppelt sich der Zuschuss gegenüber dem ursprünglichen Entwurf. Das Gesetz tritt am 1. Juni 2022 in Kraft.
Sichere Energieversorgung
Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat die angespannte Lage auf den Energiemärkten drastisch verschärft. Die Bundesregierung arbeitet fortlaufend daran, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Ein wichtiger Schritt: die Modernisierung des Energiesicherungsgesetzes. Das entsprechende Gesetz trat am 22. Mai 2022 in Kraft.
Sanktionen gegen Russland effektiv durchsetzen
Die EU-Sanktionen gegen Russland umfassen das Einfrieren von Vermögenswerten gelisteter Personen, Reisebeschränkungen, Beschränkungen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit sowie Im- und Exportrestriktionen. Das Gesetz soll eine effektive Durchsetzung der Sanktionen in Deutschland sicherstellen.
Grundsicherung für ukrainische Geflüchtete
Die Bundesregierung ermöglicht registrierten Geflüchteten aus der Ukraine einen frühzeitigen Wechsel in die Grundsicherungssysteme. Sie werden ab 1. Juni wie anerkannte Asylsuchende behandelt und haben damit Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung. Die Geflüchteten erhalten zudem erleichterten Zugang zu Integrations- und Sprachkursen sowie zum Arbeitsmarkt.
Bundesregierung online, Meldung v. 27.5.2022; NWB
Das vom Bundesministerium der Justiz (BMJ) vorgelegte und im Sommer 2021 vom Deutschen Bundestag beschlossene Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht (GSVWG)...
Das vom Bundesministerium der Justiz (BMJ) vorgelegte und im Sommer 2021 vom Deutschen Bundestag beschlossene Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht (GSVWG) tritt am 28.5.2022, in Kraft. Das Gesetz soll insbesondere die Transparenz auf Online-Marktplätzen verbessern, für Transparenz und Rechtssicherheit im Hinblick auf das Influencer-Marketing sorgen und vor unlauteren Geschäftspraktiken bei Kaffeefahrten schützen.
Im Einzelnen enthält das Gesetz die folgenden Regelungen:
Rankings und Verbraucherbewertungen auf Online-Marktplätzen: Betreiber von Online-Marktplätzen müssen darüber informieren, ob es sich bei den Anbietern, die über ihre Plattform Waren und Dienstleistungen vertreiben, um Unternehmer handelt. Ermöglichen Vergleichs- und andere Vermittlungsplattformen Verbrauchern die Suche nach Waren oder Dienstleistungen verschiedener Anbieter, müssen sie die Hauptparameter ihres Rankings und die Gewichtung dieser Parameter offenlegen. Machen Plattformen, Webshops oder andere Unternehmer Verbraucherbewertungen öffentlich zugänglich, müssen sie darüber informieren, ob und wie sie sicherstellen, dass die Bewertungen tatsächlich von Verbrauchern stammen.
Individuelle Rechtsbehelfe: Verbraucher, die durch schuldhafte unlautere geschäftliche Handlungen geschädigt worden sind, erhalten einen Anspruch auf Schadensersatz. Bestimmte grenzüberschreitende Verstöße gegen verbraucherschützende Vorschriften in der Europäischen Union stellen in Zukunft eine Ordnungswidrigkeit dar, um diese Verstöße einheitlicher sanktionieren zu können.
Verbot der Vermarktung wesentlich unterschiedlicher Waren als identisch ("Dual Quality"): Identisch gekennzeichnete und vermarktete Waren können in unterschiedlichen EU-Mitgliedstaaten eine unterschiedliche Beschaffenheit oder Rezeptur haben. Zukünftig ist vorgesehen, dass die Vermarktung einer Ware als identisch zu einer in anderen Mitgliedstaaten auf dem Markt bereitgestellten Ware unzulässig ist, wenn sich die Waren im Hinblick auf ihre Zusammensetzung und Merkmale wesentlich unterscheiden.
Kaffeefahrten: Das Gesetz erweitert die Anzeigepflicht der Veranstalter gegenüber der zuständigen Behörde auch bei ins Ausland führenden Kaffeefahrten und verschärft die Informationspflichten bei der Bewerbung solcher Veranstaltungen. Der Vertrieb von Finanzanlagen, Medizinprodukten und Nahrungsergänzungsmitteln auf Kaffeefahrten wird verboten und der Bußgeldrahmen von 1.000 Euro auf 10.000 Euro erhöht.
Kennzeichnung kommerzieller Kommunikation: Das Gesetz stellt zudem klar, in welchen Fällen Inhalte als kommerzielle Kommunikation gekennzeichnet werden müssen. Dies hat vor allem Bedeutung für die Frage, wann Influencer oder Blogger von ihnen abgegebene Empfehlungen als Werbung kennzeichnen müssen.
BMJ, Newsletter v. 27.5.2022; NWB
Dem Bürgerservice der Bundesregierung werden vermehrt unseriöse E-Mails gemeldet. In ihnen fordert die Bundesregierung vermeintlich dazu auf, ausstehende Schulden zu bezahlen. Diese E-Mails stammen...
Dem Bürgerservice der Bundesregierung werden vermehrt unseriöse E-Mails gemeldet. In ihnen fordert die Bundesregierung vermeintlich dazu auf, ausstehende Schulden zu bezahlen. Diese E-Mails stammen nicht von der Bundesregierung und enthalten betrügerische Absichten.
Hierzu führt die Bundesregierung weiter aus:
Derzeit werden vermehrt E-Mails im Namen der Bundesregierung verschickt, die NICHT VON DER BUNDESREGIERUNG STAMMEN und betrügerische Absichten beinhalten. Unserem Bürgerservice wurden mehrere solcher Phishing-Angriffe gemeldet.
Wir bitten Sie – seien Sie wachsam, öffnen Sie keine E-Mails, die Ihnen zweifelhaft erscheinen, klicken Sie auf keine Links und öffnen Sie keine Dateianhänge, die in der Mail enthalten sein könnten.
Woran Sie Phishing-Mails erkennen können
Einige Merkmale, die auf einen Betrugsversuch hindeuten:
eine unpersönliche Anrede: „Sehr geehrte/r Frau/Herr bzw. Kunde“
Der Text der Mail gibt dringenden Handlungsbedarf vor, etwa: „Wenn Sie Ihre Daten nicht umgehend aktualisieren, dann gehen sie unwiederbringlich verloren.“ Oder: „Begleichen Sie Ihre Schulden sofort.“
Drohungen kommen zum Einsatz: „Wenn Sie das nicht tun, müssen wir Ihr Konto leider sperren."
Sie werden aufgefordert, vertrauliche Daten wie die PIN für Ihren Online-Bankzugang oder eine Kreditkartennummer einzugeben.
Die E-Mail enthält Links oder Formulare.
Die Mail scheint von einer bekannten Person oder Organisation zu stammen, jedoch kommt Ihnen das Anliegen des Absenders ungewöhnlich vor.
Mehr Informationen zum Thema finden Sie auf der Webseite des Bundesamtes für Sicherheit und Informationstechnik (BSI). In seinem Newsletter informiert das BSI außerdem regelmäßig zu Verbraucherschutz-Themen. Sie können ihn hier abonnieren.
Auch der Verbraucherschutz klärt zum Thema ausführlich auf. Mehr Informationen finden Sie auf der Webseite des Netzwerks der Verbraucherzentralen in Deutschland.
Bundesregierung online, Meldung v. 25.5.2022; NWB
Ein Golfclub, der Leistungen gegen gesondertes Entgelt erbringt, kann sich nicht auf die Umsatzsteuerfreiheit nach europäischem Recht berufen. Er kann hinsichtlich der Teilnehmergebühren für Golfturniere...
Ein Golfclub, der Leistungen gegen gesondertes Entgelt erbringt, kann sich nicht auf die Umsatzsteuerfreiheit nach europäischem Recht berufen. Er kann hinsichtlich der Teilnehmergebühren für Golfturniere auch nicht die deutsche Umsatzsteuerfreiheit beanspruchen, wenn er eine sog. Einrichtung mit Gewinnstreben ist, weil in seiner Satzung nicht geregelt ist, dass das Vereinsvermögen im Fall der Auflösung des Vereins für gemeinnützige Zwecke zu verwenden ist.
Hintergrund: Nach dem deutschen Umsatzsteuerrecht sind Entgelte für die Teilnahme an sportlichen Veranstaltungen, die von gemeinnützigen Vereinen durchgeführt werden, umsatzsteuerfrei. Nach dem europäischen Umsatzsteuerrecht sind hingegen Entgelte für bestimmte Dienstleistungen, die in einem engen Zusammenhang mit dem Sport stehen, umsatzsteuerfrei, wenn der Sport von einer Einrichtung angeboten wird, die kein Gewinnstreben hat.
Streitfall: Der Kläger ist der nicht gemeinnützige Golfverein Schloss Igling e.V., dessen Mitglieder einen Jahresbeitrag von ca. 1.000 € sowie eine Aufnahmegebühr von einmalig ca. 200 € zahlen. Die Satzung des Vereins enthielt keine Regelung, nach der das Vereinsvermögen im Fall der Auflösung des Vereins für gemeinnützige Zwecke verwendet werden muss. Der Verein erzielte im Jahr 2011 Einnahmen aus der Gebühr für die Platznutzung (sog. Greenfee), Startgelder für die Teilnahme an Turnieren, Gebühren für die Nutzung von Ballautomaten und Caddys sowie aus dem Verkauf eines Golfschlägers, insgesamt ca. 78.000 €. Diese Einnahmen behandelte das Finanzamt als umsatzsteuerpflichtig und verlangte von dem Verein Umsatzsteuer.
Entscheidung: Der BFH verneint eine Umsatzsteuerfreiheit und hat die Klage des Vereins abgewiesen:
Ein Sportverein kann sich nicht unmittelbar auf die Umsatzsteuerfreiheit nach europäischem Recht berufen. Denn danach sind nur „bestimmte“ Leistungen im Sportbereich steuerfrei. Dies bedeutet, dass die endgültige Entscheidung darüber, welche Leistungen umsatzsteuerfrei sind, vom jeweiligen nationalen Gesetzgeber, z.B. vom deutschen Gesetzgeber, getroffen werden müssen; dies verhindert, dass ein Verein sich unmittelbar auf die europäische Umsatzsteuerbefreiung berufen kann.
Auch die deutsche Umsatzsteuerfreiheit steht dem Verein nicht zu. Denn hierfür wäre bei Auslegung der deutschen Regelung unter Berücksichtigung des europäischen Umsatzsteuerrechts erforderlich, dass der Verein eine Einrichtung ohne Gewinnstreben ist. Dies setzt aber eine entsprechende gemeinnützige Satzung voraus, die u.a. regelt, dass im Fall der Auflösung des Vereins das Vereinsvermögen für gemeinnützige Zwecke verwendet wird. Diesen Anforderungen genügte die Satzung des Vereins im Jahr 2011 nicht, sondern erst im Jahr 2016.
Die Regelung für Kleinunternehmer kam für den Verein aufgrund der Höhe seiner Umsätze nicht in Betracht.
Hinweise: Der BFH ändert seine Rechtsprechung, nachdem er im Streitfall den Europäischen Gerichtshof angerufen hatte und dieser eine unmittelbare Berufung auf das europäische Umsatzsteuerrecht abgelehnt hat. Bislang ließ der BFH es zu, dass sich ein deutscher Sportverein unmittelbar auf die Steuerbefreiung nach dem europäischen Recht beruft; dies ist nun nicht mehr möglich.
Handelt es sich bei dem Verein um eine Einrichtung ohne Gewinnstreben, steht ihm nach dem deutschen Umsatzsteuerrecht die Umsatzsteuerfreiheit für Teilnehmergebühren für sportliche Veranstaltungen zu. Diese Voraussetzung dürfte beim Kläger für den Zeitraum ab 2016 erfüllt sein, soweit er Golfturniere durchführt und hierfür Teilnahmegebühren vereinnahmt. Für die weiteren streitigen Leistungen wie die Greenfee oder die Miete für die Nutzung des Ballautomaten oder der Caddys gibt es keine Umsatzsteuerfreiheit nach deutschem Recht.
Die Mitgliedsbeiträge wurden vom Finanzamt im Streitfall als nicht umsatzsteuerbar angesehen und sind daher nicht streitig. Der BFH hatte zwar im Beschluss über das Vorabentscheidungsersuchen Zweifel anklingen lassen, äußert sich dazu nun aber nicht mehr.
BFH, Urteil vom 21.4.2022 – V R 48/20 (V R 20/17); NWB
Angesichts des beständigen Abklingens der Corona-Infektionszahlen besteht kein Anlass, die SARS-CoV-2 Arbeitsschutzverordnung über den 25.5.2022 hinaus zu verlängern. Hierauf hat das Bundesministerium...
Angesichts des beständigen Abklingens der Corona-Infektionszahlen besteht kein Anlass, die SARS-CoV-2 Arbeitsschutzverordnung über den 25.5.2022 hinaus zu verlängern. Hierauf hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hingewiesen.
Regionale und betriebliche Infektionsausbrüche sind jedoch auch danach nicht ausgeschlossen. Arbeitgeber bleiben daher aufgefordert, das Infektionsgeschehen weiter zu beobachten und bei Bedarf das betriebliche Hygienekonzept an das Infektionsgeschehen anzupassen.
Das BMAS wird hierzu Empfehlungen in Form von Antworten auf häufig gestellte Fragen (FAQ) bereitstellen, die den betrieblichen Akteuren Orientierung und Hinweise zur Verhinderung und Eingrenzung betrieblicher Ausbrüche geben. Darin wird vor allem auf solche Maßnahmen des betrieblichen Infektionsschutzes eingegangen, die sich im Verlauf der Pandemie besonders bewährt haben.
Darüber hinaus beobachtet das BMAS das Infektionsgeschehen auch weiterhin und wird im Falle eines kritischen bundesweiten Wiederanstiegs rechtzeitig die notwendigen Maßnahmen ergreifen und bekannt machen.
BMAS online, Meldung v. 20.5.2022; NWB
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat ein Schreiben zur ertragsteuerlichen Behandlung von Kryptowährung veröffentlicht, in dem die Sichtweise der Finanzverwaltung dargestellt wird. Das Schreiben...
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat ein Schreiben zur ertragsteuerlichen Behandlung von Kryptowährung veröffentlicht, in dem die Sichtweise der Finanzverwaltung dargestellt wird. Das Schreiben erläutert viele technische Begriffe und geht auf die Zuordnung zu den einzelnen Einkünften ein, wobei auch vereinzelt die bilanzielle Erfassung dargestellt wird.
Hintergrund: Seit geraumer Zeit gibt es virtuelle Währungen wie z.B. Bitcoin, die in der Praxis zwar als Zahlungsmittel akzeptiert werden, aber keine offizielle Währung darstellen.
Wesentlicher Inhalt des BMF-Schreibens:
Das BMF erläutert in einem zehnseitigen Abschnitt die Fachbegriffe wie z.B. Proof of work, Forging, Masternode, Wallets, ICO, UTXO, Lending oder Hard Fork.
Hinweis: Wer diese Begriffe kennt, wird durch das BMF-Schreiben nichts Neues lernen. Wer diese Begriffe noch nicht kennt, wird vermutlich auch nach der Lektüre des BMF-Schreibens nicht schlauer sein.
Für Bilanzierer gelten nach dem BMF-Schreiben die folgenden Grundsätze:
Die einzelnen Einheiten virtueller Währungen und die sonstigen Token sind nicht abnutzbare materielle Wirtschaftsgüter, die mit ihren Anschaffungskosten zu bewerten sind.
Die Anschaffungskosten ergeben sich aus dem Marktkurs im Zeitpunkt der Anschaffung. Hierzu kann auf den Börsenpreis digitaler Börsen oder auf den Marktpreis, wie er sich von Handelsplattformen oder aus Internetlisten ergibt, zurückgegriffen werden. Falls die Ermittlung der individuellen Anschaffungskosten nicht möglich ist, darf eine Bewertung mit den durchschnittlichen Anschaffungskosten erfolgen.
Die Zuordnung zum Anlage- oder Umlaufvermögen hängt davon ab, ob die Kryptowährung dauerhaft dem Betrieb zu dienen bestimmt ist (dann Anlagevermögen) oder aber wieder verkauft werden soll (dann Umlaufvermögen). Dementsprechend ist die Kryptowährung in der Bilanz als Finanzanlage (Anlagevermögen) oder als sonstiger Vermögensgegenstand (Umlaufvermögen) auszuweisen.
Hinweis: Ausführungen zu einer möglichen Teilwertabschreibung enthält das BMF-Schreiben nicht. Die Zulässigkeit einer Teilwertabschreibung hängt nach dem Gesetz davon ab, dass der Wert voraussichtlich dauernd gemindert ist.
Durch die Veräußerung, Verwendung oder sog. Blockerstellung können steuerpflichtige Einkünfte erzielt werden.
Gehört die Kryptowährung zum Betriebsvermögen, wird jede Betriebsvermögensmehrung als Gewinneinkünfte besteuert; zu gewerblichen Einkünften kommt es auch, wenn der Steuerpflichtige ausschließlich im Bereich der Kryptowährung nachhaltig und mit Gewinnerzielungsabsicht tätig wird.
Bei einer Einnahmen-Überschussrechnung werden die Anschaffungskosten für die Kryptowährung erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses als Betriebsausgaben berücksichtigt.
Gehört die Kryptowährung zum Privatvermögen, kann die Veräußerung der Kryptowährung zu einem Spekulationsgewinn führen. Dabei gilt eine Spekulationsfrist von einem Jahr. Ein Spekulationsgewinn bleibt steuerfrei, wenn der Gesamtgewinn aus allen Spekulationsgeschäften dieses Jahres weniger als 600 € beträgt.
Hinweis: Nach jedem Tausch beginnt eine neue einjährige Spekulationsfrist.
Das aktuelle BMF-Schreiben gilt für alle offenen Fälle.
Hinweis: Das BMF-Schreiben bindet nur die Finanzverwaltung, nicht aber die Finanzgerichte. Das BMF-Schreiben betrifft im Übrigen auch nur die ertragsteuerliche Behandlung, nicht aber die umsatzsteuerliche Behandlung von Kryptowährungen.
BMF-Schreiben v. 10.5.2022 – IV C 1 – S 2256/19/10003 :001; NWB