Zwar ist die Grunderwerbsteuerfestsetzung aufzuheben, wenn der Grundstückskaufvertrag rückgängig gemacht wird. Hat der Verkäufer aber eine Auflassungsvormerkung bewilligt, gehört zur Rückgängigmachung,...
Zwar ist die Grunderwerbsteuerfestsetzung aufzuheben, wenn der Grundstückskaufvertrag rückgängig gemacht wird. Hat der Verkäufer aber eine Auflassungsvormerkung bewilligt, gehört zur Rückgängigmachung, dass auch die Auflassungsvormerkung gelöscht wird. Hierzu muss der Käufer entweder eine Löschungsbewilligung erteilen, oder der Notar muss – wenn er hierzu bereits für den Fall des Rücktritts vom Käufer bevollmächtigt worden ist – die Löschung der Auflassungsvormerkung beim Grundbuchamt beantragen.
Hintergrund: Nach dem Gesetz wird die Grunderwerbsteuer aufgehoben, wenn der Grundstückskaufvertrag rückgängig gemacht wird. Erfolgt die Rückgängigmachung aufgrund einer nachträglich geschlossenen Vereinbarung oder aufgrund eines von vornherein vereinbarten Rücktrittsrechts, muss die Rückgängigmachung innerhalb von zwei Jahren erfolgen.
Streitfall: Die Klägerin verkaufte mit notariellem Vertrag vom 7.8.2014 ein Grundstück und vereinbarte mit der Käuferin A ein Rücktrittsrecht. Für den Fall des Rücktritts wurde der Notar von A unwiderruflich bevollmächtigt, die aufgrund des Kaufvertrags eingetragene Auflassungsvormerkung wieder löschen zu lassen. Das Finanzamt setzte gegenüber der A Grunderwerbsteuer in Höhe von ca. 1,5 Mio. € fest. Die A zahlte zwar die Grunderwerbsteuer, aber nicht den Kaufpreis an die Klägerin. Am 2.4.2015 trat die Klägerin vom Kaufvertrag zurück. Am 23.4.2015 teilte die A dem Finanzamt mit, dass sie ihren Grunderwerbsteuer-Erstattungsanspruch an die B abgetreten habe. Am 24.4.2015 erstellte der Notar die Löschungsbewilligung und versandte sie noch am selben Tag an das Grundbuchamt. Die Klägerin erwirkte wegen des gescheiterten Kaufvertrags einen Pfändungs- und Einziehungsbeschluss gegen die A über 107.000 € und stellte diesen dem Finanzamt am 20.5.2015 zu. Am 22.5.2015 hob das Finanzamt die Grunderwerbsteuerfestsetzung auf und zahlte den gesamten Erstattungsbetrag an die B als Abtretungsempfängerin aus. Die Klägerin verlangte vom Finanzamt die Auszahlung des gepfändeten Betrags von 107.000 €.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hat der Klage stattgegeben:
Der Klägerin stand aufgrund ihres Pfändungsbeschlusses, den sie gegenüber der A erwirkt und den sie dem Finanzamt am 20.5.2015 zugestellt hatte, ein Auszahlungsanspruch gegenüber dem Finanzamt als Drittschuldner in Höhe von 107.000 € zu.
Zwar hatte sich die B am 23.4.2015 den Erstattungsanspruch zur Grunderwerbsteuer abtreten lassen. Diese Abtretung war aber unwirksam, da sie verfrüht erfolgt war, nämlich vor der Entstehung des Erstattungsanspruchs. Denn der Erstattungsanspruch ist erst dadurch entstanden, dass der Kaufvertrag rückgängig gemacht wurde. Aufgrund der eingetragenen Auflassungsvormerkung gehörte zur Rückgängigmachung aber auch die Löschung der Auflassungsvormerkung; die Löschung erfolgte erst am 24.4.2015, da der Notar an diesem Tag die Löschung beantragt hat. Allein die bereits im Kaufvertrag dem Notar erteilte Vollmacht für die Löschung genügte nicht für die Rückgängigmachung.
Hinweise: Die Klägerin erhält nun vom Finanzamt die von ihr gegenüber der A zivilrechtlich geltend gemachten 107.000 €. Das Finanzamt wird anschließend versuchen, diesen Betrag von der B zurückzuerhalten, und geltend machen, dass die Zahlung insoweit ohne rechtlichen Grund erfolgt sei.
Anders wäre der Fall zu lösen gewesen, wenn die für den Fall des Rücktritts erforderliche Löschungsbewilligung für die Auflassungsvormerkung bereits im Zeitpunkt der notariellen Beurkundung des Kaufvertrags mitbeurkundet worden wäre. Dann hätte nämlich die Klägerin mit dem Rücktritt bereits alles in der Hand gehabt, um den Vertrag vollständig rückabzuwickeln. In diesem Fall wäre die Abtretung wirksam gewesen und vor der Pfändungsanzeige der Klägerin beim Finanzamt eingegangen.
Gestritten wurde in dem Fall übrigens über einen sog. Abrechnungsbescheid. Da die Klägerin geltend machte, dass ihr noch eine Auszahlung über 107.000 € zustehe, hat sie einen Abrechnungsbescheid beantragt. In diesem Bescheid hat das Finanzamt einen Auszahlungsanspruch der Klägerin verneint. Der BFH hat den Auszahlungsanspruch bejaht, so dass das Finanzamt die Auszahlung nun vornehmen wird.
BFH, Beschluss v. 21.12.2021 - VII R 5/19; NWB
Wird ein Grundstück, das zuvor aus dem Betriebsvermögen entnommen worden war, innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist verkauft, ist vom Spekulationserlös der angesetzte Entnahmewert abzuziehen;...
Wird ein Grundstück, das zuvor aus dem Betriebsvermögen entnommen worden war, innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist verkauft, ist vom Spekulationserlös der angesetzte Entnahmewert abzuziehen; dies ist grundsätzlich der Teilwert, der in etwa dem Verkehrswert entspricht. Ist der Ansatz des Teilwertes bei der Entnahme aber unterblieben, sondern die Entnahme gewinnneutral erfolgt, darf nur der niedrigere Buchwert vom Spekulationserlös abgezogen werden.
Hintergrund: Der Verkauf eines Grundstücks des Privatvermögens innerhalb von zehn Jahren nach Anschaffung mit Gewinn führt zu einem steuerpflichtigen Spekulationsgewinn. Die Höhe des Spekulationsgewinns ergibt sich grundsätzlich aus dem Verkaufserlös abzüglich der Anschaffungs- und Veräußerungskosten. Als Anschaffung gilt nach dem Gesetz aber auch eine Entnahme des Grundstücks aus dem Betriebsvermögen; in diesem Fall ist der angesetzte Entnahmewert abzuziehen, d.h. grundsätzlich der Teilwert.
Sachverhalt: Die Klägerin war eine aus zwei Schwestern bestehende Grundstücksgemeinschaft. Ihr Vater hatte ihnen im Dezember 2007 ein Grundstück geschenkt. Dieses Grundstück hatte er ursprünglich für ca. 11.000 € erworben und im Jahr 2007 aus seinem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen entnommen; diese Entnahme hatte er jedoch gewinnneutral mit dem Buchwert von 11.000 € vorgenommen und nicht den Teilwert von ca. 556.000 € gewinnerhöhend angesetzt. Im Mai 2016 verkaufte die Klägerin (Grundstücksgemeinschaft) das Grundstück für ca. 570.000 € und erhielt den Kaufpreis im Streitjahr 2017. Die Klägerin ging von einem Spekulationsgewinn in Höhe von ca. 14.000 € aus, indem sie vom Verkaufserlös den Teilwert von 556.000 € abzog. Das Finanzamt zog hingegen nur den Buchwert von 11.000 € ab und gelangte so zu einem Spekulationsgewinn von 559.000 € (Erlös 570.000 € minus Anschaffungskosten 11.000 €).
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) bestätigte den vom Finanzamt ermittelten Spekulationsgewinn von 559.000 €:
Der Verkauf des Grundstücks ist innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist erfolgt. Denn als Anschaffung gilt nach dem Gesetz auch die Entnahme aus dem Betriebsvermögen. Die Entnahme ist im Dezember 2007 erfolgt, und der Verkauf ist im Mai 2016 getätigt worden. Zwar hat nicht die Klägerin das Grundstück entnommen, sondern der Vater der beiden Schwestern. Bei einem unentgeltlichen Erwerb wie im Dezember 2007 ist dem Beschenkten aber die Anschaffung bzw. die Entnahme durch den Schenker zuzurechnen. Damit wird die Klägerin so gestellt, als hätte sie selbst das Grundstück entnommen und damit angeschafft.
Wird – wie im Streitfall – eine Entnahme als Anschaffung behandelt, wird der angesetzte Entnahmewert als Anschaffungskosten vom Veräußerungserlös abgezogen. Jedoch hat der Vater der beiden Schwestern keinen Teilwert als Entnahme angesetzt, sondern das Wirtschaftsgut erfolgsneutral entnommen, also die Entnahme mit dem Buchwert angesetzt. Daher wird nur der Buchwert vom Verkaufserlös abgezogen.
Hinweise: Erklärt ein Steuerpflichtiger bei der Entnahme eines Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen keinen Entnahmegewinn, wird er im Rahmen der Ermittlung eines Spekulationsgewinns nicht besser gestellt als ein Steuerpflichtiger, der einen Entnahmegewinn zu niedrig erklärt. Unklar bleibt, weshalb der Vater keinen Entnahmegewinn erklärt hat; dies dürfte fehlerhaft gewesen sein. Dieser Fehler des Jahres 2007 wird nun durch die Ermittlung eines höheren Spekulationsgewinns im Jahr 2017 faktisch korrigiert.
Hätte der Vater im Jahr 2007 den Teilwert von 556.000 € angesetzt, hätte er einen Entnahmegewinn von 545.000 € erzielt (Teilwert abzüglich Anschaffungskosten von 11.000 €). Dafür wäre jetzt der Spekulationsgewinn der Klägerin, an der seine beiden Töchter beteiligt sind, entsprechend niedriger ausgefallen.
BFH, Urteil v.6.12.2021 - IX R 3/21; NWB
Die Energiesteuer für die wesentlichen im Straßenverkehr verwendeten Kraftstoffe wird temporär gesenkt. Einen entsprechenden Gesetzesbeschluss des Bundestages vom Vorabend hat der Bundesrat am...
Die Energiesteuer für die wesentlichen im Straßenverkehr verwendeten Kraftstoffe wird temporär gesenkt. Einen entsprechenden Gesetzesbeschluss des Bundestages vom Vorabend hat der Bundesrat am 20.5.2022 in verkürzter Frist gebilligt.
Abmilderung der Folgen hoher Kraftstoffpreise
Ziel der Maßnahme ist es, kurzfristig die wirtschaftlichen und sozialen Folgen steigender Energiepreise abzufedern und die breite Mitte der Gesellschaft zu entlasten.
Absenkung auf das europarechtlich vorgeschriebene Mindestmaß
Als Reaktion auf steigende Spritpreise senkt das Gesetz die Energiesteuer für die Dauer von drei Monaten auf das europäische Mindestmaß. Für Benzin reduziert sich der Steuersatz nach Angaben der Bundesregierung um 29,55 ct/Liter, für Dieselkraftstoff um 14,04 ct/Liter, für Erdgas (CNG/LNG) um 4,54 EUR/MWh, was etwa 6,16 ct/kg entspricht, und für Flüssiggas (LPG) um 238,94 EUR/1.000 kg, was etwa 12,66 ct/Liter entspricht.
Mindereinnahmen für den Bundesetat
Die temporäre Senkung der Energiesteuersätze wird nach Berechnungen der Bundesregierung Steuermindereinnahmen für den Bundeshaushalt in Höhe von 3,15 Milliarden Euro zur Folge haben.
Hinweis: Das Gesetz kann nach Abschluss des parlamentarischen Verfahrens nun durch den Bundespräsidenten ausgefertigt und im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden, so dass es wie geplant zum 1.6.2022 in Kraft treten kann.
BundesratKOMPAKT, Meldung v. 20.5.2022; NWB
Der Bundesrat hat am 20.5.2022 dem vom Bundestag am 12.5.2022 verabschiedeten Steuerentlastungsgesetz zugestimmt.Folgende Maßnahmen können damit - teilweise mit Wirkung zum 1.1.2022 - in Kraft...
Der Bundesrat hat am 20.5.2022 dem vom Bundestag am 12.5.2022 verabschiedeten Steuerentlastungsgesetz zugestimmt.
Folgende Maßnahmen können damit - teilweise mit Wirkung zum - in Kraft treten:
Energiepreispauschale: Das Gesetz sieht für 2022 einmalig eine steuerpflichtige Energiepreispauschale von 300 € vor. Anspruch darauf haben aktiv tätige Erwerbspersonen. Die Pauschale soll einen Ausgleich für die kurzfristig und drastisch gestiegenen Fahrtkosten darstellen.
Kinderbonus: Der Abfederung besonderer Härten für Familien aufgrund gestiegener Energiepreise dient der so genannte Kinderbonus. Dazu erhöht sich das Kindergeld um einen Einmalbetrag in Höhe von 100 €. Einen Anspruch darauf hat jedes Kind, für das im Juli 2022 Kindergeld bezogen wird.
Höherer Arbeitnehmer-Pauschbetrag: Das Gesetz erhöht den Arbeitnehmer-Pauschbetrag bei der Einkommensteuer um 200 € auf 1.200 €, rückwirkend zum 1.1.2022.
Anhebung des Grundfreibetrages: Steigen wird auch der Grundfreibetrag für 2022 von derzeit 9.984 € um 363 € auf 10.347 € - ebenfalls rückwirkend zum 1.1.2022.
Frühere Erhöhung der Pendlerpauschale: Schließlich wird zur Entlastung von gestiegenen Mobilitätskosten die bis 2026 befristete Anhebung der Entfernungspauschale für Fernpendler ab dem 21. Kilometer rückwirkend zum 1.1.2022 auf 38 Cent ebenso vorgezogen wie die Anhebung der Mobilitätsprämie für Geringverdiener.
Hinweis: Das Gesetz wird nun über die Bundesregierung dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung vorgelegt und anschließend im Bundesgesetzblatt verkündet.
BundesratKOMPAKT, Meldung v. 20.5.2022; NWB
Der Bundesrat hat am 20.5.2022 dem "Gesetz zur Absenkung der Kostenbelastungen durch die EEG-Umlage und zur Weitergabe dieser Absenkung an die Letztverbraucher" zugestimmt. Damit sinkt die EEG-Umlage...
Der Bundesrat hat am 20.5.2022 dem "Gesetz zur Absenkung der Kostenbelastungen durch die EEG-Umlage und zur Weitergabe dieser Absenkung an die Letztverbraucher" zugestimmt. Damit sinkt die EEG-Umlage zum 1.7.2022 von bislang 3,72 ct/kWh auf null ct/kWh. Ab Januar 2023 soll die EEG-Umlage dann auf Dauer entfallen.
Hintergrund: Die EEG- bzw. Ökostrom-Umlage wurde im Jahr 2000 eingeführt. Sie diente dazu, die Förderung des Ausbaus von Solar-, Wind-, Biomasse- und Wasserkraftwerken zu finanzieren und wurde bisher bei den Endkunden über die Stromrechnung erhoben.
Mit dem nun verabschiedeten Gesetz sinkt die EEG-Umlage von bislang 3,72 ct/kWh zum 1.7.2022 auf null ct/kWh. Eine vierköpfige Familie wird dadurch im Vergleich zu 2021 um rund 300 Euro pro Jahr entlastet, heißt es in der Gesetzesbegründung.
Stromanbieter sind verpflichtet, die Absenkung in vollem Umfang an die Endverbraucherinnen und Endverbraucher weiterzugeben. Der Bund erstattet den Unternehmen ihre Ausfälle in Höhe von rund 6,6 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen Energie- und Klimafonds.
Ab Januar 2023 soll die EEG-Umlage dann auf Dauer entfallen. Dies sieht ein Entwurf der Bundesregierung aus dem sog. „Osterpaket“ vom 6.4.2022 vor, zu dem der Bundesrat am 20.5.2022 Stellung nahm.
Hinweis: Mit der Billigung des Gesetzes durch en Bundesrat ist das parlamentarische Verfahren abgeschlossen. Das Gesetz wird nun über die Bundesregierung dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung vorgelegt und anschließend im Bundesgesetzblatt verkündet. Es soll am Tag darauf in Kraft treten - geplant ist der 1.7.2022.
BundesratKOMPAKT, Meldung v. 20.5.2022; NWB
Besteht aufgrund eines internationalen Vertrags ausnahmsweise...
Besteht aufgrund eines internationalen Vertrags ausnahmsweise eine persönliche Befreiung von der Grunderwerbsteuer, die nur für einen der beiden Vertragspartner gilt, kann das Finanzamt die Grunderwerbsteuer gegenüber dem anderen Vertragspartner festsetzen, für den die persönliche Befreiung nicht gilt.
Hintergrund: Grunderwerbsteuer entsteht mit Abschluss eines Kaufvertrags über ein Grundstück. Beide Vertragspartner sind Gesamtschuldner der Grunderwerbsteuer.
Sachverhalt: Die Klägerin erwarb im Jahr 2019 Grundstücke von einer internationalen Organisation, an der auch die Bundesrepublik Deutschland beteiligt war. Die internationale Organisation hatte die Grundstücke im Jahr 2015 erworben; dieser Erwerb war aufgrund eines sog. Immunitätsvertrags grunderwerbsteuerfrei gewesen. Im Kaufvertrag der Klägerin aus dem Jahr 2019 war geregelt, dass die Klägerin die Grunderwerbsteuer tragen sollte, falls Grunderwerbsteuer festgesetzt werden würde. Tatsächlich setzte das Finanzamt Grunderwerbsteuer gegenüber der Klägerin fest. Nachdem das Finanzgericht die Klage der Klägerin abgewiesen hatte, erhob die Klägerin beim Bundesfinanzhof (BFH) Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Beschwerde als unbegründet ab, weil es keinen Revisionszulassungsgrund gab:
Die internationale Organisation war aufgrund des Immunitätsvertrags von der Grunderwerbsteuer befreit. Dabei handelte es sich um eine persönliche Befreiung, die außerhalb des Grunderwerbsteuergesetzes erfolgt ist. Das Grunderwerbsteuerrecht kennt keine derartigen persönlichen Befreiungen, sondern knüpft bei seinen Steuerbefreiungsvorschriften lediglich an die persönlichen Verhältnisse an, z.B. an den Ehestatus oder an das Verwandtschaftsverhältnis.
Die persönliche Befreiung für die internationale Organisation führte dazu, dass nur die Klägerin als Steuerschuldnerin in Betracht kam und damit die Gesamtschuldnerschaft der beiden Vertragspartner gestört wurde. Die Klägerin hatte sich im Kaufvertrag zudem verpflichtet, die Grunderwerbsteuer zu zahlen.
Hinweise: Die grundsätzliche Bedeutung, die die Zulassung der Revision hätte rechtfertigen können, fehlte deshalb, weil die internationale Organisation nicht regelmäßig am Grundstücksmarkt auftrat.
Im Kern ging es der Klägerin wohl um die Frage, ob ihre alleinige Steuerschuld zu einer wirtschaftlichen Belastung geführt haben könnte. Bei einer Gesamtschuld, d.h. einer ebenfalls bestehenden Steuerschuld der internationalen Organisation, hätte die Klägerin nämlich die Hälfte der Grunderwerbsteuer von der Organisation fordern können. Allerdings hätte sie dann nicht im Kaufvertrag zusichern sollen, dass sie die Grunderwerbsteuer trägt.
BFH, Beschluss v. 23.2.2022 - II B 26/21; NWB
Hat sich ein Klageverfahren beim Finanzgericht infolge der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 verzögert, kann der Kläger hierfür keine Entschädigung auf der Grundlage einer sog. Verzögerungsrüge...
Hat sich ein Klageverfahren beim Finanzgericht infolge der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 verzögert, kann der Kläger hierfür keine Entschädigung auf der Grundlage einer sog. Verzögerungsrüge verlangen. Denn eine coronabedingte Verzögerung ist nicht dem staatlichen Verantwortungsbereich anzulasten.
Hintergrund: Im Fall einer unangemessen langen Verfahrensdauer eines Finanzgerichtsverfahrens kann der Kläger einen Entschädigungsanspruch von 100 € pro Verzögerungsmonat geltend machen. Hierfür muss er zunächst beim Finanzgericht (FG) eine sog. Verzögerungsrüge erheben. Nach Ablauf von sechs Monaten kann er dann eine Entschädigungsklage beim Bundesfinanzhof (BFH) erheben, der über die Entschädigung entscheidet.
Sachverhalt: Der Kläger war Unternehmer und erbrachte gegenüber einer in der Schweiz ansässigen GmbH Beratungsleistungen, die er als nicht umsatzsteuerbar ansah. Das Finanzamt folgte dem nicht und erließ Umsatzsteuerbescheide, gegen die sich der Kläger wehrte und am 19.1.2018 Klage erhob. Am 15.1.2020 erhob der Kläger eine Verzögerungsrüge, weil aus seiner Sicht die Besorgnis bestand, dass das Verfahren nicht in angemessener Zeit abgeschlossen werde. Eine Woche später forderte der zuständige Richter die Steuerakten an, und am 8.7.2020 lud der Vorsitzende Richter zur mündlichen Verhandlung auf den 21.8.2020. Die Klage wurde abgewiesen. Am 20.10.2020 erhob der Kläger beim BFH Klage auf Entschädigung wegen unangemessen langer Verfahrensdauer und machte einen Schadensersatz für eine Verzögerung von sechs Monaten geltend, d.h. in Höhe von 600 € zuzüglich Zinsen.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:
Die Entschädigung setzt eine unangemessen lange Verfahrensdauer voraus. Bei einem durchschnittlich schweren Verfahren ist es grundsätzlich geboten, dass das Gericht nach gut zwei Jahren mit der abschließenden Bearbeitung beginnt und insbesondere zum Termin zur mündlichen Verhandlung lädt.
Das Klageverfahren des Klägers war durchschnittlich schwer. Denn es musste der Sachverhalt aufgeklärt und geprüft werden, ob eine Zeugenvernehmung erforderlich ist. Auch der Schwerpunkt des Urteils liegt in der Sachverhaltsermittlung und nicht bei der rechtlichen Bewertung.
Da die Klage im Januar 2018 erhoben worden ist, hätte daher an sich mit Ablauf des Januars 2020 mit der abschließenden Bearbeitung begonnen werden müssen. Dies ist zunächst geschehen, da der zuständige Richter die Steuerakten angefordert hat.
In den anschließenden Monaten März 2020 bis einschließlich Juni 2020 ist es zwar zu einer Verzögerung gekommen; diese Verzögerung war aber coronabedingt und ist der Justiz nicht zuzurechnen. So wurde die Covid-19-Erkrankung am 11.3.2020 von der Weltgesundheitsorganisation zur Pandemie erklärt.
In der Justiz kam es – wie auch in anderen Bereichen des öffentlichen Lebens und der Wirtschaft – zu erheblichen Einschränkungen. So wurde etwa ein Notbetrieb eingeführt und der Sitzungsbetrieb vorübergehend eingestellt; erst im Juni 2020 waren Sitzungen wieder möglich, nachdem ein Hygienekonzept erstellt worden war. Es genügte daher, dass im Juli 2020 für den August 2020 geladen wurde, nachdem das FG zunächst die übrigen Sitzungen, die ab März 2020 ausgefallen waren, nachgeholt hatte.
Hinweise: Der BFH macht deutlich, dass die Einschränkungen aufgrund der Corona-Maßnahmen nicht justizspezifisch waren. Nach dem Leitsatz des Urteils sind die Verzögerungen beim Sitzungsbetrieb allerdings „nicht dem staatlichen Verantwortungsbereich“ zuzuordnen. Dies erscheint nicht ganz zutreffend, da die Einschränkungen im Justizbetrieb ausschließlich durch den Staat angeordnet worden sind. So haben etwa die Justizministerien in den Bundesländern in den Gerichten einen Notbetrieb und Abstandsregeln angeordnet, die sich in den Sitzungssälen angesichts des Öffentlichkeitsgrundsatzes, der einen Ausschluss der Öffentlichkeit verbietet, und aufgrund der Sitzmöglichkeiten für einen fünfköpfigen Senat zunächst nicht umsetzen ließen.
Ist das Klageverfahren für den Kläger besonders wichtig, kann er auf die Eilbedürftigkeit hinweisen und die Gründe hierfür anführen. Das Gericht ist dann gehalten, das Klageverfahren schon vor Ablauf von zwei Jahren abschließend zu bearbeiten.
BFH, Urteil v. 27.10.2021 - X K 5/20; NWB
Die Kosten für ein Mausoleum, das als Grabstätte für den Erblasser errichtet wird, können bei der Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeiten abgezogen werden, soweit das Mausoleum aufgrund der...
Die Kosten für ein Mausoleum, das als Grabstätte für den Erblasser errichtet wird, können bei der Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeiten abgezogen werden, soweit das Mausoleum aufgrund der gesellschaftlichen Stellung des Erblassers als angemessenes Grabdenkmal anzusehen ist. Es ist dann steuerlich unschädlich, wenn der Erblasser bis zur Fertigstellung des Mausoleums zunächst in einer vorübergehenden Grabstätte beerdigt wurde.
Hintergrund: Bei der Erbschaftsteuer mindert sich der Wert des Nachlasses um Nachlassverbindlichkeiten. Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören u.a. die Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal.
Sachverhalt: Der Kläger war Erbe seines im Jahr 2017 verstorbenen Bruders, der Muslim war. Der Bruder wurde zunächst in einer provisorischen Grabstätte beerdigt. Anschließend wurde er in einem Mausoleum bestattet, dessen Kosten 420.000 € betrugen. Der Kläger machte diesen Betrag als Nachlassverbindlichkeit geltend. Das Finanzamt erkannte die Kosten nicht an, weil es sich bei dem Mausoleum um die Zweitgrabstätte gehandelt hat.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) verwies die Sache an das Finanzgericht (FG) zur weiteren Aufklärung zurück:
Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören auch Kosten für eine Zweitgrabstätte, wenn die erste Ruhestätte nur vorübergehend genutzt werden sollte. Zwar ist eine Beerdigung an sich mit der ersten Grabstätte abgeschlossen. Aus den äußeren Umständen oder aus dem Willen des Erblassers kann sich aber etwas anderes ergeben.
Voraussetzung für den Abzug der Kosten für die zweite Grabstätte ist aber, dass bereits bei Errichtung des ersten Grabdenkmals offensichtlich war, dass dieses nur eine provisorische Übergangsregelung sein sollte.
Auch das zweite Grabdenkmal muss angemessen sein. Hinsichtlich der Angemessenheit kommt es auf die Lebensstellung des Erblassers an und darauf, was nach den herrschenden Auffassungen und Gebräuchen in den Kreisen des Erblassers zu einer würdigen Bestattung gehört.
Hinweise: Der Erbe trägt die Feststellungslast hinsichtlich der Behauptung, dass die erste Grabstätte offensichtlich nur als provisorische Übergangslösung angelegt war.
Sind die Kosten für die Grabstätte unangemessen, kann nur der angemessene Teil abgesetzt werden. Die Angemessenheit kann aber nicht allein aus der Höhe des Nachlasses abgeleitet werden.
Statt der konkreten Kosten für die Bestattung, für das angemessene Grabdenkmal und für die übliche Grabpflege kann der Erbe auch einen Pauschbetrag von 10.300 € abziehen.
BFH, Urteil v. 1.9.2021 - II R 8/20; NWB
Der Bundestag hat am 12.5.2022 das sog. Steuerentlastungsgesetz 2022 in einer vom Finanzausschuss geänderten Fassung beschlossen. Folgende Maßnahmen sind geplant: Anhebung des Grundfreibetrags...
Der Bundestag hat am 12.5.2022 das sog. Steuerentlastungsgesetz 2022 in einer vom Finanzausschuss geänderten Fassung beschlossen.
Folgende Maßnahmen sind geplant:
Anhebung des Grundfreibetrags bei der Einkommensteuer von derzeit 9.984 € um 363 € auf 10.347 €, rückwirkend zum 1.1.2022.
Anhebung des Arbeitnehmerpauschbetrags für Werbungskosten von 1.000 € auf 1.200 €, rückwirkend zum 1.1.2022.
Ausdehnung der bereits für die Jahre 2024 bis 2026 beschlossenen Erhöhung der Entfernungspauschale ab dem 21. Entfernungskilometer um drei Cent auf 0,38 € je vollen Entfernungskilometer auf die Jahre 2022 und 2023.
Im Vergleich zum ursprünglichen Gesetzesentwurf sind folgende Maßnahmen neu hinzugekommen:
Einmalige Auszahlung einer Energiepreispauschale in Höhe von 300 € ab dem 1.9.2022 an Steuerpflichtige. Arbeitnehmer erhalten die Pauschale über den Arbeitslohn. Bei Einkünften aus Landwirtschaft, Gewerbebetrieb und freiberuflicher Tätigkeit wird die Pauschale über eine Kürzung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen gewährt. Empfänger von Versorgungsbezügen (Beamtenpensionäre) sowie Rentner (falls keine Einkünfte aus Landwirtschaft, Gewerbebetrieb, freiberuflicher Tätigkeit oder als Arbeitnehmer vorliegen) erhalten die Pauschale nicht. Auch für Steuerpflichtige ohne Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt in Deutschland gibt es ebenso keine Pauschale wie für beschränkt steuerpflichtige Grenzpendler. Die Energiepreispauschale ist steuerpflichtig, aber sozialabgabenfrei.
Erhöhung des Kindergeldes um einen einmaligen Kinderbonus in Höhe von 100 €. Der Kinderbonus soll im Juli 2022 gezahlt und unabhängig von existenzsichernden Sozialleistungen gewährt werden.
Hinweis: Das Gesetz bedarf nun noch der Zustimmung des Bundesrates. Wesentliche Änderungen sind nicht zu erwarten. Über den weiteren Gang des Gesetzgebungsverfahrens werden wir an dieser Stelle berichten.
Bundestag online, Meldung v. 12.5.2022; NWB
Sagt ein GmbH-Gesellschafter, der seiner mittlerweile überschuldeten...
Sagt ein GmbH-Gesellschafter, der seiner mittlerweile überschuldeten GmbH ein Darlehen gewährt hat, eine Einlage zu, die als Gutschrift in die Kapitalrücklage gebucht und sogleich als Darlehenstilgung gebucht wird, handelt es sich um einen sog. Gestaltungsmissbrauch, der einen Forderungsverzicht verdeckt. Daher ist die gegenüber dem GmbH-Gesellschafter bestehende Verbindlichkeit gewinnerhöhend auszubuchen und in Höhe des werthaltigen Teils der Verbindlichkeit um eine verdeckte Einlage zu kompensieren.
Hintergrund: Wird einem Unternehmer eine Verbindlichkeit erlassen, führt dies zum Wegfall der Verbindlichkeit und erhöht den Gewinn. Soweit die Verbindlichkeit der GmbH, d.h. die Forderung des Gesellschafters, werthaltig war, wird die Gewinnerhöhung durch eine sog. verdeckte Einlage außerbilanziell ausgeglichen. Bei einer Forderung, die zu 10 % noch werthaltig ist, kommt es also in Höhe von 90 % des Nennbetrags zu einer Einkommenserhöhung.
Sachverhalt: Die Klägerin war eine panamaische Kapitalgesellschaft, deren Geschäftsleitung sich in Deutschland befand. Die Alleingesellschafterin der Klägerin war die B-AG. Die Klägerin war überschuldet und hatte im Jahr 2011 Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt 17,3 Mio. €; hierunter waren auch Verbindlichkeiten gegenüber der B-AG in Höhe von 12,6 Mio. €, die noch einen Wert von ca. 2 Mio. € hatten. Die B-AG erklärte sich im Jahr 2011 zur Leistung einer Einlage in Höhe von 17,3 Mio. € bereit. Die Einlage wurde aber von der B-AG nicht tatsächlich gezahlt, sondern als Gutschrift in die Kapitalrücklage der Klägerin gebucht. Anschließend wurde die Einlage gegen die Verbindlichkeiten gebucht, so dass die Verbindlichkeiten in der Bilanz nicht mehr vorhanden waren. Das Finanzamt sah hierin einen Gestaltungsmissbrauch und nahm einen gewinnerhöhenden Forderungsverzicht von 17,3 Mio. € an, den es durch eine verdeckte Einlage in Höhe von 2 Mio. € teilweise kompensierte.
Entscheidung: Das Finanzgericht Düsseldorf (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Ein Gestaltungsmissbrauch liegt vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt und für die es keine beachtlichen außersteuerlichen Gründe gibt.
Der Gestaltungsmissbrauch war im Streitfall darin zu sehen, dass es keine tatsächlichen Zahlungen der Einlage und der Darlehenstilgung gab, sondern dass die Einlage und die Darlehenstilgung nur buchhalterisch vollzogen wurden. Tatsächlich brachte die B-AG also kein Geld in die Klägerin ein, und die Klägerin zahlte tatsächlich auch nicht das Darlehen zurück.
Mit dieser Gestaltung wurde ein Forderungsverzicht verdeckt, so dass richtigerweise ein gewinnerhöhender Forderungsverzicht in Höhe von 17,3 Mio. € anzusetzen ist, der durch eine verdeckte Einlage in Höhe des werthaltigen Teils der Verbindlichkeiten von ca. 2 Mio. € kompensiert wird. Im Ergebnis wird also das Einkommen der Klägerin um 15,3 Mio. € erhöht.
Hinweise: Wäre der Forderungsverzicht im Rahmen einer betrieblich veranlassten Sanierung erfolgt, wäre der Sanierungsertrag nach dem Gesetz steuerfrei; allerdings gilt dieses Gesetz erstmals für den Veranlagungszeitraum 2017 und noch nicht für das Streitjahr 2011.
Hätte die B-AG tatsächlich in die Klägerin eingezahlt und hätte die Klägerin anschließend tatsächlich die Darlehen durch entsprechende Zahlungen getilgt, wäre ein Gestaltungsmissbrauch möglicherweise verneint worden. Es hätte sich dann nämlich nicht nur um einen buchhalterischen Vorgang gehandelt. So hätte die durch tatsächliche Zahlung erfolgte Darlehenstilgung von einem späteren Insolvenzverwalter angefochten werden können. Außerdem hätte die B-AG zunächst einen Betrag von 17,3 Mio. € aufbringen und in die Klägerin einzahlen müssen.
FG Düsseldorf, Urteil v. 22.12.2021 - 7 K 101/18 K, G, F; NWB
Räumt ein Kfz-Hersteller den Mitarbeitern eines Zulieferbetriebs den...
Räumt ein Kfz-Hersteller den Mitarbeitern eines Zulieferbetriebs den gleichen Rabatt bei einem Neuwagen- oder Gebrauchtwagenkauf der Marke des Kfz-Herstellers ein wie seinen eigenen Arbeitnehmern, handelt es sich bei dem Rabatt um steuerpflichtigen Drittlohn, soweit der Rabatt den üblichen Händlerabschlag übersteigt.
Hintergrund: Zum Arbeitslohn gehören Bezüge und geldwerte Vorteile, die durch das Arbeitsverhältnis veranlasst sind, d.h. die für die Dienstleistung des Arbeitnehmers gewährt werden. Nach der Rechtsprechung kann Arbeitslohn auch von einem Dritten gewährt werden, wenn er für die Leistung des Arbeitnehmers gewährt wird.
Sachverhalt: Der Kläger war Arbeitnehmer bei Y, einem Zulieferbetrieb in der Kfz-Branche. Y stellte Teile für den Kfz-Hersteller X her. X räumte den Arbeitnehmern des Y Sonderkonditionen beim Kauf von Neu- und Gebrauchtwagen der Marke X ein und gewährte ihnen dieselben Konditionen wie seinen eigenen Arbeitnehmern. Im Jahr 2015 kaufte der Kläger einen Neuwagen der Marke X. Der Bruttolistenpreis betrug 26.905 €, und der Kläger erhielt einen Rabatt von insgesamt 6.688 €; der übliche Händlerabschlag hätte nur 5.031 € betragen. Die Differenz von 1.657 € setzte das Finanzamt als steuerpflichtigen Arbeitslohn an. Außerdem brauchte der Kläger die Überführungskosten in Höhe von 699 € nicht zu zahlen; auch diesen Betrag setzte das Finanzamt als steuerpflichtigen Arbeitslohn an.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Der von X über den üblichen Händlerabschlag hinaus gewährte Rabatt sowie der Erlass der Überführungskosten sind steuerpflichtiger Arbeitslohn. Arbeitslohn kann nämlich auch von einem Dritten gezahlt werden.
Voraussetzung für die Steuerpflicht ist die Veranlassung durch das Arbeitsverhältnis. Die Veranlassung durch das Arbeitsverhältnis bestand, weil der Rabatt allen eigenen und fremden Arbeitnehmern gewährt wurde, die in den Herstellungsprozess der Kfz der Marke X eingebunden waren. Andere Käufer erhielten den Rabatt hingegen nicht, so dass es sich nicht um einen sog. Jedermann-Rabatt handelte.
Zwar gewährt der Gesetzgeber einen sog. Rabattfreibetrag in Höhe von 1.080 €/Jahr, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seines Dienstverhältnisses Preisvorteile beim Kauf von Waren erhält, die sein Arbeitgeber herstellt. Die Waren dürfen jedoch nicht überwiegend für den Bedarf der Arbeitnehmer herstellt werden. Dieser Rabattfreibetrag war dem Kläger nicht zu gewähren. Denn nach dem Gesetz müsste der Y als Arbeitgeber des Klägers das Kfz hergestellt haben; tatsächlich ist das Kfz aber von X hergestellt worden. Der Rabattfreibetrag wird also nicht bei Zuwendungen eines Dritten, der Hersteller ist, gewährt.
Hinweise: Für steuerpflichtigen Drittlohn sprach auch der Umstand, dass mehr als die Hälfte der Mitarbeiter der Y von X entliehen worden waren und damit bereits als Mitarbeiter des X am Werksangehörigenprogramm, in dem die Rabatte geregelt waren, teilnahmen. Durch die Erstreckung der Rabattgewährung auf die eigenen Arbeitnehmer des Y erhielten im Ergebnis alle Arbeitnehmer, die im Zulieferbetrieb des Y tätig waren, den Rabattvorteil.
Der BFH hielt es nicht für beachtlich, dass die Rabattgewährung möglicherweise im betrieblichen Interesse des X lag; X versprach sich nämlich einen Multiplikator-Effekt, weil die Mitarbeiter nach dem Kauf eines Kfz der Marke X in ihrem Verwandten- und Bekanntenkreis die Marke X bekannter machen würden. Aus Sicht des BFH war entscheidend, dass der Rabattvorteil im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stand.
BFH, Urteil v. 16.2.2022 - VI R 53/18; NWB
Für ein Kind, das sich in der Ausbildung befindet, aber voraussichtlich langfristig erkrankt ist, d.h. für mehr als sechs Monate, wird Kindergeld nur dann gezahlt, wenn das Kind aufgrund der Erkrankung...
Für ein Kind, das sich in der Ausbildung befindet, aber voraussichtlich langfristig erkrankt ist, d.h. für mehr als sechs Monate, wird Kindergeld nur dann gezahlt, wenn das Kind aufgrund der Erkrankung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, und damit als behindert gilt.
Hintergrund: Für volljährige Kinder wird Kindergeld gewährt, wenn sie sich in einer Berufsausbildung befinden und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Gleiches gilt, wenn sie wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten.
Sachverhalt: Die Klägerin beantragte für den Zeitraum 2018 und 2019 Kindergeld für ihren im Februar 1999 geborenen Sohn S, der sich seit dem 1.8.2015 in einer Berufsausbildung zum Mechatroniker befand, die am 31.1.2019 enden sollte. Im September 2018 wurde S bei einem Arbeitsunfall schwer verletzt: Bis zum November 2018 lag S im Krankenhaus; danach nahm er an Rehabilitationsmaßnahmen teil, die immer wieder verlängert wurden und die die Eingliederung des S in das Berufsleben zum Ziel hatten. Im Februar 2020 wurde eine weitere berufsvorbereitende Maßnahme durchgeführt. Das Ausbildungsverhältnis wurde verlängert. Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung für den Zeitraum ab Oktober 2018 auf. Hiergegen wehrte sich die Klägerin.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) verwies die Sache zur weiteren Prüfung an das Finanzgericht (FG) zurück:
Zwar befand sich S seit dem 1.8.2015 in einer Berufsausbildung. Die Berufsausbildung könnte aber durch eine nicht nur vorübergehende Erkrankung bzw. Verletzung des S unterbrochen worden sein. Eine nicht nur vorübergehende Erkrankung ist bei einer voraussichtlichen Dauer von mehr als sechs Monaten anzunehmen.
Ist eine Erkrankungsdauer von mehr als sechs Monaten zu erwarten, entfällt zwar der Kindergeldanspruch unter dem Gesichtspunkt der Berufsausbildung. Jedoch kommt dafür ein Kindergeldanspruch unter dem Aspekt einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung in Betracht, sofern das Kind behinderungsbedingt außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.
Das FG muss nun feststellen, ob und wann eine Erkrankungsdauer von mehr als sechs Monaten zu erwarten war. War dies etwa erst nach der Entlassung aus dem Krankenhaus im November 2018 der Fall, wäre bis zu diesem Zeitpunkt Kindergeld zu gewähren. Soweit eine Erkrankungsdauer von mehr als sechs Monaten zu erwarten war, ist zu prüfen, ob S ab diesem Zeitpunkt oder zu einem späteren Zeitpunkt behinderungsbedingt außerstande war, sich selbst zu unterhalten; falls ja, wäre ab diesem Zeitpunkt Kindergeld unter dem Gesichtspunkt einer Behinderung zu gewähren.
Hinweise: Das Urteil des BFH klingt hart, weil das Kindergeld für ein ausbildungswilliges Kind aufgrund eines tragischen Unfalls versagt wird. Allerdings kommt als Ersatz ein behinderungsbedingtes Kindergeld in Betracht. Die Gewährung des Kindergelds hängt dann allerdings davon ab, dass sich das Kind aufgrund der Behinderung nicht selbst unterhalten kann.
Auch eine nur vorübergehende Untersuchungshaft des Kindes oder ein Ausreiseverbot für ein sich gerade im Ausland befindliches Kind führen nicht zur Versagung des Kindergeldanspruchs, wenn eine Dauer der Untersuchungshaft bzw. des Ausreiseverbots nach Deutschland von mehr als sechs Monaten nicht zu erwarten ist.
BFH, Urteil v. 15.12.2021 - III R 43/20; NWB
Ein GmbH-Geschäftsführer haftet für die Lohnsteuer, die von der GmbH nicht abgeführt wurde. Das für die Haftung erforderliche Verschulden bei der Pflichtverletzung ist grundsätzlich zu bejahen....
Ein GmbH-Geschäftsführer haftet für die Lohnsteuer, die von der GmbH nicht abgeführt wurde. Das für die Haftung erforderliche Verschulden bei der Pflichtverletzung ist grundsätzlich zu bejahen. Dies gilt auch bei pauschaler Lohnsteuer, die durch einen Nachforderungsbescheid festgesetzt wird, sowie bei Lohnsteuer, die nach Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters fällig geworden ist.
Hintergrund: GmbH-Geschäftsführer haften für die Steuerschulden der GmbH. Voraussetzung ist u.a. ein Verschulden des Geschäftsführers in Gestalt einer zumindest grob fahrlässigen Pflichtverletzung.
Sachverhalt: Die Klägerin war Geschäftsführerin einer GmbH, die im Zeitraum 2014 bis 2017 einen betrieblichen Kfz privat genutzt hatte. Hierfür hatte die GmbH Lohnsteuer weder angemeldet noch einbehalten oder abgeführt. Das Finanzamt stellte dies in einer Außenprüfung fest; die GmbH war mit der Anwendung eines pauschalen Lohnsteuersatzes einverstanden. Außerdem zahlte die GmbH die von ihr für Dezember 2017 und Januar 2018 angemeldete Lohnsteuer nicht an das Finanzamt. Am 1.2.2018 wurde die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen der GmbH angeordnet. Am 9.3.2018 erging ein Nachforderungsbescheid über die pauschale Lohnsteuer für die private Kfz-Nutzung. Die GmbH bezahlte die pauschale Lohnsteuer ebenfalls nicht. Daraufhin erließ das Finanzamt gegenüber der Klägerin am 10.10.2018 drei Haftungsbescheide über die pauschale Lohnsteuer für die private Kfz-Nutzung, über die Lohnsteuer für Dezember 2017 sowie über die Lohnsteuer für Januar 2018.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage der Klägerin gegen den Haftungsbescheid ab:
Die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme der Klägerin lagen vor. Sie hat nämlich in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführerin der GmbH weder die Lohnsteuern für Dezember 2017 und Januar 2018 noch die pauschale Lohnsteuer für die private Kfz-Nutzung bezahlt und zudem auch die Lohnsteuer für die private Kfz-Nutzung nicht angemeldet.
Diese Pflichtverletzung war zumindest grob fahrlässig. Die Klägerin kann nicht mit Erfolg geltend machen, dass die GmbH nicht über die nötigen Zahlungsmittel verfügt habe; denn in diesem Fall hätte die GmbH die Löhne nur gekürzt auszahlen dürfen.
Hinsichtlich der pauschalen Lohnsteuer kommt es für die Pflichtverletzung nicht auf den Fälligkeitszeitpunkt an, der sich aus dem Nachforderungsbescheid vom 9.3.2018 ergab, sondern auf den gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkt für die monatliche Lohnsteuer im Zeitraum 2014 bis 2017, in dem das Kfz der Klägerin zur privaten Nutzung überlassen worden ist. Denn die pauschale Lohnsteuer ist eine von der Steuer des Arbeitnehmers abgeleitete Steuer, so dass für die pauschale Lohnsteuer keine gesonderten Grundsätze gelten.
Bezüglich der pauschalen Lohnsteuer kann die Klägerin nicht einwenden, dass die GmbH steuerlich beraten worden sei. Denn sie hätte dann wenigstens vortragen müssen, dass sie den Steuerberater der GmbH über die private Kfz-Nutzung informiert hat.
Die Klägerin hätte auch noch die Lohnsteuer für Dezember 2017 an das Finanzamt zahlen können, da sie aufgrund des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens an einer Zahlung rechtlich nicht gehindert war.
Hinweise: Etwas schwieriger war für die Klägerin die Erfüllung der rechtlichen Pflichten ab dem 1.2.2018, weil ab dem 1.2.2018 ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden war. Allerdings hätte die Klägerin den vorläufigen Insolvenzverwalter zur Zustimmung zur Zahlung der Lohnsteuer für Januar 2018 auffordern können. Dies hat sie nicht getan. Es kann nicht zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass der vorläufige Insolvenzverwalter seine Zustimmung verweigert hätte.
Bei der Haftung für andere Steuern der GmbH wie z.B. der Umsatzsteuer gilt der Grundsatz der anteiligen Tilgung. Das heißt, der Geschäftsführer der GmbH muss nur dafür sorgen, dass das Finanzamt nicht schlechter gestellt wird als die anderen Gläubiger. Dieser Grundsatz gilt aber nicht für die Lohnsteuer, weil es sich hierbei um eine Steuer der Arbeitnehmer handelt.
BFH, Urteil v. 14.12.2021 - VII R 32/20; NWB
Bildet ein Einzelunternehmer für den Gewinn aus der Veräußerung eines...
Bildet ein Einzelunternehmer für den Gewinn aus der Veräußerung eines Grundstücks eine Rücklage und will er diese auf eine KG übertragen, an der er beteiligt ist, wird über die für die Zulässigkeit der Übertragung maßgebliche Frage, in welchem Jahr er das Grundstück veräußert hat, in seinem Einkommensteuerbescheid entschieden und nicht in dem Gewinnfeststellungsbescheid für die KG. Der Gewinnfeststellungsbescheid der KG für das Jahr, in dem die Rücklage übertragen werden soll, ist nämlich nicht bindend für den Einkommensteuerbescheid.
Hintergrund: Unternehmer können für Gewinne aus der Veräußerung bestimmter Wirtschaftsgüter wie z.B. Immobilien eine Rücklage bilden und hierdurch den Gewinn neutralisieren. Erwirbt der Unternehmer innerhalb des vierjährigen Investitionszeitraums ein bestimmtes Wirtschaftsgut wie z.B. ein Grundstück, kann er die Rücklage auf das neue Wirtschaftsgut übertragen. Hierdurch mindert sich bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern zwar die Bemessungsgrundlage für die Abschreibung; jedoch muss der Veräußerungsgewinn nicht versteuert werden. Die Rücklage kann für Gewinne, die ab dem 1.1.2002 erzielt werden, auch auf eine unternehmerisch tätige Personengesellschaft (sog. Mitunternehmerschaft) übertragen werden, soweit der Unternehmer an der Personengesellschaft beteiligt ist.
Sachverhalt: Die Kläger war Landwirt und hatte ein abweichendes Wirtschaftsjahr zum 30.6. eines Jahres. Er verkaufte ein Grundstück mit Gewinn durch Kaufvertrag aus dem Oktober 2001, wobei sich die Übertragung des Grundstücks bis zum Jahr 2003 hinzog. Daher war steuerlich nicht klar, in welchem Jahr der Veräußerungsgewinn entstanden war.
Der Kläger bildete für den Gewinn zum 30.6.2002 in seinem Betrieb eine Rücklage in Höhe von ca. 480.000 €. Im Mai 2006 erwarb er eine Beteiligung an der S-KG. Bei der S-KG wurde die Rücklage im Jahr 2006 in Höhe von 400.000 € auf anteilige Anschaffungskosten des Klägers übertragen und führte dort zu einer gewinnerhöhenden Minderung der Abschreibung des Klägers in Höhe von ca. 5.000 €. Das für die S-KG zuständige Finanzamt hielt die Übertragung der Rücklage nicht für zulässig, weil der Veräußerungsgewinn im Jahr 2001 erzielt worden sei und die hierfür gebildete Rücklage nicht auf eine Mitunternehmerschaft übertragen werden konnte. Es minderte daher den Gewinnanteil des Klägers für 2006. Gegen diesen Gewinnfeststellungsbescheid wehrte sich der Kläger und begehrte eine Gewinnerhöhung von 5.000 €.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:
Die Rücklage konnte nur dann auf die S-KG übertragen werden, wenn das Grundstück nach dem 31.12.2001 verkauft worden ist. Denn für einen bis zum 31.12.2001 erzielten Gewinn konnte eine Rücklage zwar gebildet, aber nicht auf eine KG übertragen werden.
Die Frage, wann das Grundstück im Einzelunternehmen des Klägers verkauft worden ist, ist im Einkommensteuerbescheid des Klägers zu beantworten, nicht aber im Gewinnfeststellungsbescheid der S-KG für das Jahr 2006, in dem die Reinvestition durch die S-KG erfolgt ist.
Der Gewinnfeststellungsbescheid der S-KG hat nämlich keine Bindungswirkung für den Einkommensteuerbescheid. Eine solche Bindungswirkung kann nur dann bestehen, wenn sie der Gesetzgeber angeordnet hat. Eine derartige Regelung des Gesetzgebers gibt es bei der Übertragung der Rücklage für einen Veräußerungsgewinn aber nicht.
Hinweise: Zwar fiel der Gewinnfeststellungsbescheid für den Kläger vorteilhaft aus, weil das Finanzamt den Gewinnanteil des Klägers um ca. 5.000 € gemindert hat. Die Klage verfolgte aber den Zweck, die Frage zu klären, ob die Rücklage überhaupt auf die S-KG übertragen werden konnte. Der Kläger erhoffte sich insoweit eine positive Entscheidung durch das Finanzamt bzw. durch den BFH. Diese positive Entscheidung blieb aber aus, weil das Finanzamt, das für die Einkommensteuer des Klägers zuständig ist, die Frage klären muss, wann der Kläger das Grundstück im steuerlichen Sinn verkauft hat. Hierfür kommt es nämlich nicht auf das Datum des Kaufvertrags, sondern auf den sog. Nutzen- und Lastenwechsel an, der im Kaufvertrag vereinbart wird.
Sollte der Einkommensteuerbescheid des Klägers für das Jahr 2006, in dem das Finanzamt die Rücklage mangels Übertragbarkeit und mangels fristgerechter Reinvestition im Landwirtschaftsbetrieb gewinnerhöhend aufgelöst hat, noch nicht bestandskräftig sein, kann die vom Kläger begehrte Entscheidung eines nach dem 31.12.2001 erzielten Veräußerungsgewinns verfahrensrechtlich noch getroffen werden.
BFH, Urteil vom 16.12.2021 - IV R 7/19; NWB
Unterhaltsleistungen für ausländische, nicht unterhaltsberechtigte Angehörige, die in Deutschland aufgenommen werden, aber lediglich geduldet sind, sind steuerlich nicht absetzbar. Es besteht nämlich...
Unterhaltsleistungen für ausländische, nicht unterhaltsberechtigte Angehörige, die in Deutschland aufgenommen werden, aber lediglich geduldet sind, sind steuerlich nicht absetzbar. Es besteht nämlich keine gesetzliche Unterhaltspflicht besteht. Die Abziehbarkeit ist auch dann zu versagen, wenn sich der Steuerpflichtige gegenüber der Ausländerbehörde verpflichtet hat, die Kosten für den Lebensunterhalt seiner hier aufgenommenen Angehörigen zu tragen.
Hintergrund: Unterhaltsleistungen, die an eine unterhaltsberechtigte Person gezahlt werden, können unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich bis zur Höhe von 9.744 € abgezogen werden. Die unterhaltsberechtigte Person darf aber allenfalls nur geringes Vermögen und geringe Einkünfte haben. Einer unterhaltsberechtigten Person gleichgestellt ist eine Person, der bestimmte öffentliche Mittel wegen der Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen gekürzt werden.
Sachverhalt: Die Kläger waren Eheleute. Die Ehefrau hatte eine Schwester, die zusammen mit ihrer Familie in der Ukraine lebte. Im Jahr 2014 zog die Schwester mit ihrer Familie nach Deutschland, nachdem die Kläger eine sog. Verpflichtungserklärung gegenüber der Ausländerbehörde abgegeben hatte, d. h. sich verpflichtet hatte, die Kosten für den Lebensunterhalt der ukrainischen Familie zu tragen. Die Kläger nahmen die ukrainische Familie auf und zahlte ihnen Lebensmittel, Versicherungen, Sprachkurse und einen Rechtsanwalt für die Aufenthaltsberechtigung in Deutschland. Die ukrainische Familie erhielt in der Folgezeit eine sog. Duldung, d.h. die Abschiebung wurde ausgesetzt. Den Klägern entstanden im Jahr 2014 Aufwendungen in Höhe von ca. 16.000 €, die sie als außergewöhnliche Belastungen geltend machten. Das Finanzamt erkannte die außergewöhnlichen Belastungen nicht an.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Der Abzug von Unterhaltsaufwendungen setzt Zahlungen an eine unterhaltsberechtigte Person voraus. Die Unterhaltsberechtigung richtet sich nach dem Zivilrecht. Danach sind aber nur Verwandte in gerader Linie unterhaltsberechtigt, also z.B. Kinder gegenüber ihren Eltern, nicht aber Verwandte in Seitenlinie wie etwa Geschwister. Die gegenüber der Ausländerbehörde abgegebene Verpflichtungserklärung führte ebenfalls nicht zu einem gesetzlichen Unterhaltsanspruch der ukrainischen Familie.
Der ukrainischen Familie sind auch keine öffentlichen Mittel aufgrund der Unterhaltsleistungen der Kläger gekürzt worden.
Zwar lässt das Bundesfinanzministerium (BMF) den Abzug von Unterhaltsleistungen zu, wenn der Unterhaltszahler eine Verpflichtungserklärung gegenüber der Ausländerbehörde abgegeben hat und wenn der Ausländer eine Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis hat und nicht nur geduldet wird. Zum einen ist diese Verwaltungsaussage für die Gerichte jedoch nicht bindend; zum anderen wird die ukrainische Familie hiervon nicht erfasst, weil sie nur über eine Duldung verfügte.
Ein Abzug der Unterhaltsaufwendungen als reguläre bzw. sonstige außergewöhnliche Belastungen scheidet aus, weil die gesetzliche Regelung für allgemeine außergewöhnliche Belastungen nachrangig gegenüber der Regelung für den Abzug von Unterhaltsaufwendungen ist.
Hinweise: Der BFH lässt offen, ob die Auffassung der Finanzverwaltung eine gesetzeswidrige Billigkeitsmaßnahme darstellt.
Angesichts des aktuellen Kriegs in der Ukraine hat die Finanzverwaltung verschiedene Billigkeitsmaßnahmen veröffentlicht, die allerdings nicht den Abzug von Unterhaltsaufwendungen beinhalten. Jedoch sollen ukrainische Kriegsflüchtlinge eine Aufenthaltsgewährung zum vorübergehenden Schutz erhalten, also über eine Duldung hinaus. Damit bestünden auch Ansprüche auf Sozialleistungen. Werden diese Sozialleistungen nun aufgrund von Unterhaltsleistungen von Angehörigen (der Kläger) gekürzt, wäre für diese Unterhaltsleistungen der steuerliche Abzug möglich. Denn einer unterhaltsberechtigten Person ist eine Person gleichgestellt, der bestimmte öffentliche Mittel wegen der Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen gekürzt werden.
BFH, Urteil vom 2.12.2021 – VI R 40/19; NWB
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat April 2022 bekannt gegeben.Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2022 können Sie auf der Homepage des...
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat April 2022 bekannt gegeben.
Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2022 können Sie auf der Homepage des BMF abrufen.
BMF, Schreiben vom 2.5.2022 - III C 3 - S 7329/19/10001 :004 (2022/0451815); NWB
Die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen ist nicht für die Kosten für die Müllabfuhr und für die Schmutzwasserentsorgung zu gewähren. Denn es handelt sich dabei nicht um Aufgaben,...
Die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen ist nicht für die Kosten für die Müllabfuhr und für die Schmutzwasserentsorgung zu gewähren. Denn es handelt sich dabei nicht um Aufgaben, die üblicherweise von den Haushaltsangehörigen erledigt werden; außerdem werden diese Aufgaben nicht im Haushalt des Steuerpflichtigen, sondern außerhalb des Haushalts ausgeführt.
Hintergrund: Der Gesetzgeber gewährt für Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen eine Steuerermäßigung von 20 %. Der Abzug der Aufwendungen ist auf 4.000 € begrenzt. Die haushaltsnahe Dienstleistung muss „im Haushalt“ des Steuerpflichtigen ausgeführt werden. Die Steuerermäßigung führt dazu, dass der Ermäßigungsbetrag direkt von der Steuer abgezogen wird.
Sachverhalt: Dienstleistungen für die Müllabfuhr, d.h. für die Entsorgung von Kompost und Restmüll, sowie für die Entsorgung von Regenwasser geltend. Diese Kosten betrafen die Wohnung, in der die Klägerin wohnte. Das Finanzamt gewährte die Steuerermäßigung nicht.
Entscheidung: Das Finanzgericht Münster (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Bei haushaltsnahen Dienstleistungen handelt es sich um hauswirtschaftliche Arbeiten, die typischerweise von den Haushaltsangehörigen erledigt werden. Diese Voraussetzung ist bei der Entsorgung von Müll und Regenwasser nicht erfüllt.
Die Entsorgung des Mülls wird üblicherweise von der Müllabfuhr vorgenommen, und zwar unter Einsatz der hierfür erforderlichen Infrastruktur wie z.B. den Müllfahrzeugen und der Müllentsorgungsanlage. Die Gebühren werden nicht für das Bereitstellen des Mülls in der Mülltonne auf dem Gehweg gezahlt, sondern für den Transport des Mülls zur Entsorgungsanlage und der dortigen Entsorgung.
Gleiches gilt für die Entsorgung des Regenwassers bzw. Schmutzwassers. Auch hier geht es um die Verbringung des Wassers vom Grundstück weg über die öffentliche Kanalisation hin zum Klärwerk. Diese „Tätigkeiten“ werden typischerweise nicht durch Haushaltsangehörige erledigt.
Im Übrigen werden die Entsorgungstätigkeiten beim Müll sowie beim Wasser nicht auf dem Grundstück des Steuerpflichtigen ausgeführt, sondern außerhalb des Grundstücks, nämlich in den Müllfahrzeugen und in der Abfallentsorgungsanlage bzw. beim Wasser in der Kanalisation und im Klärwerk.
Hinweise: Das FG folgt der Auffassung der Finanzverwaltung. Es hat aber die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen, so dass dieser die abschließende Entscheidung über die Steuerermäßigung treffen muss.
Typische haushaltsnahe Dienstleistungen sind die Wohnungsreinigung, die Gartenpflege, die Kinderbetreuung oder die Betreuung älterer bzw. pflegebedürftiger Menschen.
FG Münster, Urteil vom 24.2.2022 - 6 K 1946/21 E; Revision beim BFH anhängig (Az. VI R 8/22); NWB
Muss ein gewerbesteuerpflichtiger Mieter nach dem Mietvertrag...
Muss ein gewerbesteuerpflichtiger Mieter nach dem Mietvertrag die vom Vermieter geschuldete Grundsteuer zahlen, ist die von ihm getragene Grundsteuer seinem gewerbesteuerlichen Gewinn dem Grunde nach hinzuzurechnen. Denn die von ihm getragene Grundsteuer gehört zu den hinzuzurechnenden Mietaufwendungen.
Hintergrund: Gewerbesteuerlich werden bestimmte Aufwendungen dem Gewinn wieder hinzugerechnet. So wird z.B. ein Viertel der Hälfte (d.h. 12,5 %) der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung von Grundstücken hinzugerechnet.
Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH, die ihr Betriebsgrundstück im Rahmen einer Betriebsaufspaltung von einer Besitz-Personengesellschaft angemietet hatte. Nach dem Mietvertrag wurde die Grundsteuer auf die Klägerin umgelegt. Die Klägerin machte die Grundsteuer als Betriebsausgabe geltend. Das Finanzamt war der Ansicht, dass die Grundsteuer bei der Gewerbesteuer dem Gewinn der Klägerin hinzuzurechnen war.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:
Zu den hinzuzurechnenden Miet- und Pachtaufwendungen gehört auch die Grundsteuer, wenn sie vom Mieter zu tragen ist.
Zwar muss an sich der Eigentümer des Grundstücks und damit der Vermieter die Grundsteuer tragen; diese Pflicht kann aber durch den Mietvertrag auf den Mieter übertragen werden. Die vom Mieter zu tragende Grundsteuer wird dann gewerbesteuerlich wie die eigentliche Miete behandelt und ist hinzuzurechnen.
Zwar unterbleibt eine solche Hinzurechnung beim Eigentümer eines betrieblich genutzten Grundstücks. Dies stellt aber keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung dar. Denn typischerweise wirkt sich die Übertragung der Pflicht auf den Mieter, die Grundsteuer zu tragen, mindernd auf die Miete aus.
Hinweise: Der BFH folgt der Auffassung der Finanzverwaltung. Nach der Finanzverwaltung gehören auch die Aufwendungen des Mieters für die Instandsetzung, Instandhaltung und Versicherung des gemieteten Wirtschaftsguts, die er über seine gesetzliche Verpflichtung hinaus auf Grund vertraglicher Verpflichtungen übernommen hat, zu den hinzuzurechnenden Aufwendungen. Nicht hinzuzurechnen sind jedoch reine Betriebskosten wie Wasser, Strom oder Heizung.
Zu beachten ist, dass zugunsten des Gewerbebetriebs eine Freigrenze von 200.000 € gilt. Nur soweit diese Freigrenze überschritten wird, wirkt sich die Hinzurechnung gewerbesteuererhöhend aus. Allerdings gilt die Freigrenze für die Summe der unterschiedlichen Hinzurechnungstatbestände, also z.B. auch für die Hinzurechnung der Zinsen oder Mieten für bewegliche Wirtschaftsgüter.
BFH, Urteil vom 2.2.2022 – III R 65/19; NWB
Die Zahlungsverjährung kann dadurch unterbrochen werden, dass das Finanzamt beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) eine Online-Abfrage zur Adresse des Steuerschuldners vornimmt.Hintergrund: Neben...
Die Zahlungsverjährung kann dadurch unterbrochen werden, dass das Finanzamt beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) eine Online-Abfrage zur Adresse des Steuerschuldners vornimmt.
Hintergrund: Neben der Festsetzungsverjährung, die bei der Festsetzung der Steuer zu beachten ist, gibt es eine fünfjährige Zahlungsverjährung, die mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Steueranspruch fällig geworden ist, beginnt. Mit dem Eintritt der Zahlungsverjährung erlischt die Steuerschuld. Der Gesetzgeber sieht aber in zahlreichen Fällen eine Unterbrechung der Zahlungsverjährung vor, z. B. wenn das Finanzamt Ermittlungen zum Wohnsitz oder Aufenthaltsort des Steuerschuldners vornimmt.
Sachverhalt: Der Kläger schuldete dem Finanzamt Steuern, für die an sich zum 31.12.2015 Zahlungsverjährung eingetreten wäre. Seit dem Jahr 2010 kamen Schreiben des Finanzamts an den Kläger mit dem Vermerk „unbekannt“ zurück. Am 1.12.2015 tätigte die Vollstreckungsstelle des Finanzamts beim BZSt eine Online-Abfrage zur Adresse des Klägers, die eine Adresse im Ausland ergab. Im Februar pfändete das Finanzamt die Konten des Klägers bei einer Bank. Der Kläger wandte sich gegen diese Pfändung mit der Begründung, es sei zum 31.12.2015 Zahlungsverjährung eingetreten.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:
Die Zahlungsverjährung ist durch die Online-Abfrage am 1.12.2015 unterbrochen worden. Dabei handelte es sich nämlich um eine Ermittlungsmaßnahme, um den Wohnsitz oder Aufenthaltsort des Klägers zu erfahren.
Die Verjährungsunterbrechung setzt eine nach außen wirkende Ermittlungsmaßnahme voraus. Erforderlich ist nicht, dass der Steuerschuldner davon erfährt.
Die Außenwirkung war im Streitfall gegeben, da es sich bei dem BZSt um eine andere Behörde handelt, die zur Bundesfinanzverwaltung gehört und nicht – wie das Finanzamt – zur Landesfinanzverwaltung. Es ist unbeachtlich, dass auch das BZSt eine Finanzbehörde ist. Das Finanzamt hätte auch beim Einwohnermeldeamt eine Online-Abfrage tätigen können; es gibt keinen Grund, die Online-Abfrage beim BZSt anders zu behandeln als eine Online-Abfrage bei einer Meldebehörde.
Die weiteren Voraussetzungen für eine Unterbrechung der Zahlungsverjährung lagen vor: Der Wohnsitz des Klägers war unbekannt, da die an den Kläger gerichteten Schreiben immer wieder mit dem Vermerk „unbekannt“ zurückgekommen waren. Das Finanzamt bemühte sich auch um die Durchsetzung eines konkreten Zahlungsanspruchs.
Hinweise: Die Unterbrechung der Zahlungsverjährung hat zur Folge, dass mit Ablauf des 31.12.2015 eine neue fünfjährige Zahlungsverjährungsfrist beginnt.
Für die Unterbrechung der Zahlungsverjährung war unbeachtlich, ob ein Sachbearbeiter in einer anderen Abteilung des Finanzamts die zutreffende Adresse des Klägers kannte. Das Wissen eines anderen Sachbearbeiters aus einer anderen Abteilung kann dem für die Vollstreckung zuständigen Sachbearbeiter nicht zugerechnet werden.
Irrelevant ist auch, ob das im Streitfall tätig gewordene Finanzamt überhaupt örtlich zuständig war. Denn gerade bei einem unbekannten Wohnsitz oder Aufenthalt ist es nicht möglich, das zuständige Finanzamt vorab zu ermitteln.
BFH, Beschluss v. 21.12.2021 - VII R 21/19; NWB
War der Erblasser ein in Italien wohnhafter Italiener und hat der Erbe seinen Wohnsitz in Deutschland, entsteht nach deutschem Recht Erbschaftsteuer. Dies gilt auch dann, wenn der Erbe nach dem Tod...
War der Erblasser ein in Italien wohnhafter Italiener und hat der Erbe seinen Wohnsitz in Deutschland, entsteht nach deutschem Recht Erbschaftsteuer. Dies gilt auch dann, wenn der Erbe nach dem Tod des Erblassers nach Italien umzieht und erst dort die Erbschaft nach italienischem Recht annimmt. Denn die Annahme ist keine Bedingung, die dazu führt, dass es erst mit der Annahme zu der Erbschaft kommt.
Hintergrund: Die Erbschaftsteuerpflicht setzt grundsätzlich voraus, dass entweder der Erblasser oder der Erbe im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer seinen Wohnsitz in Deutschland hat. Die Erbschaftsteuer entsteht grundsätzlich im Zeitpunkt des Todes, es sei denn, die Erbschaft stand unter einer aufschiebenden Bedingung.
Sachverhalt: Der Vater der Klägerin war Italiener und lebte in Italien; er starb im August 2015. Hinterbliebene waren die Klägerin, ihr Bruder und ihre Mutter. Die Klägerin lebte in Deutschland. Nach italienischem Erbrecht war die Annahme des Erbes erforderlich, um Erbe zu werden. Die Klägerin zog im Juli 2016 nach Italien um und nahm anschließend in Italien die Erbschaft an. Sie war der Ansicht, dass die Erbschaft nicht steuerbar ist, weil es auf den Zeitpunkt der Annahmeerklärung ankomme und sie zu diesem Zeitpunkt keinen Wohnsitz mehr in Deutschland hatte.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) bejahte eine Erbschaftsteuerpflicht nach deutschem Recht und wies die Klage ab:
Die Erbschaftsteuer entstand mit dem Tod des Vaters. Zu diesem Zeitpunkt hatte zwar nicht der Erblasser (Vater) seinen Wohnsitz in Deutschland, wohl aber die Klägerin, so dass die Erbschaft steuerbar war.
Zwar entsteht die Erbschaftsteuer im Fall einer aufschiebenden Bedingung erst mit dem Eintritt der Bedingung. Die Annahme der Erbschaft war allerdings keine derartige Bedingung. Denn das Wesen einer aufschiebenden Bedingung ist, dass die Rechtswirkung erst ab dem Bedingungseintritt erzeugt wird und nicht rückwirkend.
Die Annahme einer Erbschaft nach italienischem Recht führt jedoch zu einem rückwirkenden Erwerb des Erbes. Damit ist die Annahme keine aufschiebende Bedingung, sondern ein rückwirkendes Ereignis. Die Erbschaft fällt daher mit dem Zeitpunkt des Todes an, also rückwirkend.
Hinweise: Hätte es sich bei der Annahme der Erbschaft um eine aufschiebende Bedingung gehandelt, wäre die Erbschaftsteuer erst im Zeitpunkt der Annahme entstanden; in diesem Zeitpunkt hätte aber die Klägerin ihren Wohnsitz nicht mehr in Deutschland gehabt, so dass der Erwerb nicht steuerbar gewesen wäre.
Haben weder Erbe noch Erblasser ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, besteht grundsätzlich keine unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht. Allerdings gibt es auch eine beschränkte Steuerpflicht, die trotz des Wohnsitzes des Erblassers und des Erbens im Ausland dazu führen kann, dass Erbschaftsteuer entsteht; dies ist der Fall, wenn bestimmtes Vermögen wie z. B. Grundbesitz oder Betriebsvermögen, das sich in Deutschland befindet, vererbt wird.
BFH, Urteil v. 17.11.2021 - II R 39/19; NWB
Der Abzug von Bewirtungsaufwendungen eines Steuerpflichtigen...
Der Abzug von Bewirtungsaufwendungen eines Steuerpflichtigen setzt nicht voraus, dass der Bewirtungsbeleg in maschinengedruckter Form vorliegt, sondern es genügt auch ein handschriftlicher Bewirtungsbeleg.
Schafft ein Arbeitnehmer mehrere gleichartige Computer in einem kurzen Zeitraum an, besteht dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) zufolge ein (General-)Verdacht, dass die weiteren Geräte für Freunde oder Angehörige angeschafft wurden; die Aufwendungen für die weiteren Geräte sind daher steuerlich nicht abziehbar.
Hintergrund: Der Abzug von Bewirtungsaufwendungen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten ist an bestimmte Anforderungen wie z.B. einen ordnungsgemäßen Bewirtungsbeleg geknüpft. Außerdem kann der Bewirtungsaufwand nur zu 70 % abgezogen werden.
Sachverhalt: Der Kläger war Arbeitnehmer in einem Konzern und für die Koordinierung mit anderen Konzernbereichen zuständig. Hierfür musste er viele auswärtige Termine wahrnehmen und Gespräche mit anderen Konzernmitarbeitern führen. Er machte die Bewirtungsaufwendungen steuerlich als Werbungskosten für 2014 geltend. Unter anderem machte er Aufwendungen für ein sog. Katerfrühstück geltend, bei dem er sich mit einem anderen Mitarbeiter im Anschluss an ein vorabendliches Geschäftsessen mit übermäßigem Alkoholgenuss getroffen hatte. Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen hierfür nicht an, weil es den geschäftlichen Charakter verneinte. Weiterhin machte der Kläger den steuerlichen Abzug auf der Grundlage einer vom Gastwirt handschriftlich erstellten Bewirtungsrechnung geltend.
Der Kläger hatte ferner im Jahr 2012 ein MacBook, im Jahr 2013 ein ISDN-Telefon sowie ein iPad Cellular und im Jahr 2014 ein iPad Mini und ein MacBook Air gekauft, für die er im Streitjahr 2014 jeweils Werbungskosten geltend machte. Das Finanzamt erkannte die Werbungskosten nicht an.
Entscheidung: Das FG gab der Klage hinsichtlich der Bewirtungsaufwendungen statt und wies sie bezüglich der Werbungskosten zurück:
Der Abzug von Bewirtungsaufwendungen setzt u.a. eine beruflichen bzw. betrieblichen Anlass sowie eine ordnungsgemäße Bewirtungsrechnung voraus. Diese Voraussetzungen waren sowohl hinsichtlich des sog. Katerfrühstücks als auch bezüglich der handschriftlichen Bewirtungsrechnung erfüllt.
Ein sog. Katerfrühstück schließt die berufliche Veranlassung nicht aus. Es kommt nicht auf die Qualität der Bewirtung an. Im Streitfall bestand kein Zweifel daran, dass der Kläger aus beruflicher Veranlassung zum sog. Katerfrühstück eingeladen hatte, nachdem am Vorabend ebenfalls die berufliche Veranlassung für das mit viel Alkohol durchgeführte Geschäftsessen zu bejahen war.
Unschädlich ist es auch, dass die Bewirtungsrechnung für das andere Geschäftsessen handschriftlich gefertigt war. Der Gesetzgeber verlangt eine inhaltlich ordnungsgemäße Rechnung über die Bewirtung, aus der sich u. a. der Anlass der Bewirtung und die Bewirtungsteilnehmer ergeben. Eine maschinengeschriebene Rechnung wird nicht verlangt.
Hinsichtlich der geltend gemachten Werbungskosten für die elektronischen Geräte hat die Klage keinen Erfolg. Denn bei der Anschaffung mehrerer gleichartiger Computer in einem kurzen Zeitraum durch einen Arbeitnehmer besteht der (General-)Verdacht, dass die weiteren Geräte für Freunde oder Angehörige angeschafft wurden. Zwar hat der Kläger geltend gemacht, dass ihm ein Gerät im Zug gestohlen worden sei; er konnte hierfür aber keine Belege vorlegen, etwa eine Anzeige bei der Bundespolizei oder eine Ladung als Zeuge in einem Strafverfahren.
Hinweise: Den Abzug der Bewirtungsaufwendungen für das sog. Katerfrühstück erläutert das FG mit dem Satz, dass der Wurm dem Fisch schmecken müsse und nicht dem Angler.
Auch Arbeitnehmer können Bewirtungsaufwendungen im Umfang von 70 % steuerlich geltend machen, wenn eine berufliche Veranlassung besteht und der Bewirtungsbeleg ordnungsgemäß ist. Eine erfolgsabhängige Vergütung ist nicht Voraussetzung für den steuerlichen Abzug.
Problematisch ist der vom FG genannte Generalverdacht bei Anschaffung mehrerer gleichwertiger Geräte in kurzer Zeit. Ist die Neuanschaffung eines gleichwertigen Geräts innerhalb kurzer Zeit, d.h. vor Ablauf der steuerlichen Nutzungsdauer, aufgrund eines Diebstahls oder Defekts erfolgt, empfiehlt sich eine Dokumentation, etwa durch Vorlage einer Diebstahlsanzeige oder eines Kostenvoranschlags für eine Reparatur.
FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 8.11.2021 – 16 K 11381/18; NWB
Leben Eltern in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammen und haben sie gemeinsame minderjährige Kinder, kann der Kinderfreibetrag von einem Elternteil auf den anderen Elternteil übertragen...
Leben Eltern in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammen und haben sie gemeinsame minderjährige Kinder, kann der Kinderfreibetrag von einem Elternteil auf den anderen Elternteil übertragen werden, wenn jener Elternteil seiner Unterhaltspflicht im Wesentlichen nicht nachkommt oder mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist. Es genügt aber nicht, dass er weniger verdient und deshalb weniger Barunterhalt leistet, solange er seinen Betreuungsunterhalt erfüllt.
Hintergrund: Für Kinder wird jedem Elternteil nach aktueller Rechtslage ein Kinderfreibetrag von 2.730 € sowie ein Freibetrag von 1.464 € für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes gewährt. Auf Antrag eines Elternteils wird der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag und Betreuungsfreibetrag auf ihn übertragen, wenn die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung nicht vorliegen und der andere Elternteil seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nicht nachkommt oder mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist.
Sachverhalt: Die Klägerin war Mutter des im März 1998 geborenen Sohns M und der im April 2001 geborenen Tochter L. Mit dem Vater der beiden Kinder lebte sie in den Streitjahren 2015 bis 2017 in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Das Einkommen des Vaters fiel in den Streitjahren niedrig aus. Die Klägerin beantragte die Übertragung des auf den Vater entfallenden Kinder- und Betreuungsfreibetrags. Das Finanzamt übertrug aber lediglich den sich für M ab März 2016, dem Monat der Volljährigkeit, ergebenden Kinder- und Betreuungsfreibetrag auf die Klägerin.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Das Finanzamt hat zu Recht eine Übertragung des Kinder- und Betreuungsfreibetrags, der dem Vater für die Tochter L in den Streitjahren 2015 bis 2017 und für M noch bis Februar 2016 zustand, abgelehnt. Zwar waren beide Kinder in den genannten Zeiträumen minderjährig und galten damit als Kinder im steuerlichen Sinne. Auch lagen die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung nicht vor, da die Klägerin und der Vater der Kinder nicht miteinander verheiratet waren.
Jedoch ist der Vater seiner Unterhaltspflicht nachgekommen. Die Unterhaltspflicht umfasste zum einen den Bar- oder Naturalunterhalt und zum anderen den Betreuungsunterhalt.
Der Bar- oder Naturalunterhalt richtet sich nach den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Zwar verdiente der Vater der Kinder in den Streitjahren wenig, jedoch er war gleichwohl auch aus seinem niedrigen Einkommen zum Barunterhalt verpflichtet.
Auch den Betreuungsunterhalt hat der Vater der Kinder erfüllt, da er seiner Pflicht zur Pflege und Erziehung seiner Kinder in vollem Umfang nachgekommen ist.
Selbst wenn der Vater seinen Barunterhalt nicht geleistet haben sollte, weil er ein zu niedriges Einkommen gehabt haben sollte, hätte der Vater gleichwohl seinen Betreuungsunterhalt erfüllt. Dies genügt für die Erfüllung der Unterhaltspflicht.
Hinweise: Dem BFH zufolge ist bei einer funktionsfähigen nichtehelichen Lebensgemeinschaft davon auszugehen, dass die Verteilung der Unterhaltsaufgaben dem gemeinsamen Willen der Elternteile und der Bestimmung der beiden Sorgeberechtigten bzw. des alleinigen Sorgeberechtigten entspricht. Eine Nichterfüllung der Unterhaltspflicht ist daher erst dann anzunehmen, wenn z.B. eine Unterhaltsvereinbarung nicht eingehalten wird. Solange aber der andere Elternteil seinen Betreuungsunterhalt erfüllt, ist bei einer funktionierenden nichtehelichen Lebensgemeinschaft von einer Erfüllung der Unterhaltspflicht auszugehen.
Offengelassen hat der BFH die Frage, ob das Finanzamt zu Recht den Kinder- und Betreuungsfreibetrag für M ab März 2016 auf die Klägerin übertragen hat. An dem aktuellen Verfahren war der Vater des Kindes prozessual nicht als Beigeladener beteiligt; der BFH hat die Frage einer Beiladung nicht erörtert, obwohl sich ein Klageerfolg auf den Kindesvater nachteilig ausgewirkt hätte.
BFH, Urteil v. 15.12.2021 - III R 24/20; NWB
Die Bundesregierung hat beschlossen, den gesetzlichen Zinssatz...
Die Bundesregierung hat beschlossen, den gesetzlichen Zinssatz von 6 % für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen rückwirkend für Verzinsungszeiträume ab 1.1.2019 auf 1,8 % jährlich herabzusetzen, und einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt. Über diesen Gesetzentwurf muss nun der Bundestag beraten und entscheiden.
Hintergrund: Steuernachzahlungen und -erstattungen werden grundsätzlich mit Beginn von 15 Monaten nach Ablauf des Veranlagungszeitraums verzinst; in der Corona-Krise ist dieser Beginn vorübergehend verschoben worden. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat entschieden, dass der Zinssatz von 6 % für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2019 verfassungswidrig ist und durch einen neuen Zinssatz ersetzt werden muss, den der Gesetzgeber bis zum 31.7.2022 regeln muss.
Geplantes Gesetz der Bundesregierung: Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht als Reaktion auf die Entscheidung des BVerfG folgende Regelungen vor:
Rückwirkend für Verzinsungszeiträume ab 1.1.2019 soll ein Zinssatz von 1,8 % jährlich (= 0,15 % monatlich) gelten und nicht mehr der bisherige Zinssatz von 6 % jährlich (= 0,5 % monatlich).
Hinweis: Für die Umstellung der Berechnungsprogramme erhalten die Finanzämter aber ausreichend Zeit. Bis die neuen Zinsberechnungsprogramme einsetzbar sind, können die Zinsfestsetzungen für Verzinsungszeiträume ab 1.1.2019 vorläufig ausgesetzt werden; die Festsetzung wird dann nachgeholt, sobald die Berechnungsprogramme eingesetzt werden können.
Beginnt der Verzinsungszeitraum vor dem 1.1.2019, werden zwei unterschiedliche Zinssätze angewendet: für den Verzinsungszeitraum bis zum 31.12.2018 der Zinssatz von 6 % jährlich und für den Verzinsungszeitraum ab 1.1.2019 der neue Zinssatz von 1,8 %. Der Zinslauf wird dann in zwei Teilverzinsungszeiträume aufgeteilt. Für die Teilverzinsungszeiträume werden die Zinsen jeweils tageweise berechnet.
Spätestens zum 1.1.2026 soll der neue jährliche Zinssatz von 1,8 % überprüft und ggf. angepasst werden.
Die Evaluierung soll mindestens alle drei Jahre stattfinden, so dass es künftig regelmäßig zu Anpassungen des Zinssatzes kommen kann.
Nachzahlungszinsen können künftig kraft Gesetzes erlassen werden, wenn der Steuerpflichtige freiwillig Steuerzahlungen geleistet hat, bevor es zu einer Festsetzung gekommen ist. Es muss aber tatsächlich eine Festsetzung erfolgen, so dass das Finanzamt nicht als „Sparkasse“ benutzt werden kann.
Hinweis: Bisher war ein solcher Erlass zwar auch möglich, aber er erfolgte aufgrund einer allgemeinen Verwaltungsauffassung. Künftig gibt es für den Erlass nun eine spezielle gesetzliche Regelung, die auch gerichtlich durchsetzbar ist und die auch bei der Gewerbesteuer gilt, die von den Gemeinden erhoben wird.
Die sich aufgrund der Neuregelung ergebenden Nachzahlungszinsen dürfen wegen des Grundsatzes des Vertrauensschutzes die bisher festgesetzten Zinsen nicht übersteigen.
Hinweise: Für Verzinsungszeiträume bis zum 31.12.2018 bleibt es beim Zinssatz von 6 % jährlich.
Eine Änderung des Zinssatzes von 6 % für andere Verzinsungstatbestände ist nach dem Regierungsbeschluss nicht vorgesehen. Damit würde es bei der Stundung, der Aussetzung der Vollziehung oder bei der Steuerhinterziehung beim bisherigen Zinssatz von 6 % jährlich bleiben; allerdings ergibt sich insoweit eine Auswirkung, als auf diese Zinsen Nachzahlungszinsen angerechnet werden und diese Anrechnung nun geringer ausfällt.
Ebenso wenig ist eine Änderung der Höhe des Säumniszuschlags von 12 % jährlich vorgesehen, obwohl in dem Säumniszuschlag ein Zinsanteil enthalten ist. Zudem gibt es noch im Bereich der Bilanzierung oder Bewertung Zinssätze von 6 % oder 5,5 %, die durch das aktuellen Gesetzesvorhaben nicht geändert werden sollen.
Sind für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2019 bereits Erstattungszinsen in Höhe von 6 % festgesetzt worden, bevor das BVerfG entschieden hatte, kann das Finanzamt diese für den Steuerpflichtigen günstige Festsetzung nicht mehr zu seinen Lasten ändern, weil dies dem Grundsatz des Vertrauensschutzes widersprechen würde. Dies ergibt sich nicht nur aus dem allgemeinen Verfahrensrecht, sondern auch aus der Gesetzesbegründung.
Regierungsbeschluss zum „Zweiten Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung“ vom 30.3.2022; NWB
Erwerben Ehegatten beim Kauf einer Immobilie jeweils das hälftige Miteigentum und verzichtet der Verkäufer auf die gesetzliche Steuerfreiheit für Grundstücksübertragungen, schuldet jeder der Miteigentümer-Ehegatten...
Erwerben Ehegatten beim Kauf einer Immobilie jeweils das hälftige Miteigentum und verzichtet der Verkäufer auf die gesetzliche Steuerfreiheit für Grundstücksübertragungen, schuldet jeder der Miteigentümer-Ehegatten die aufgrund des Verzichts für seinen Miteigentumsanteil entstehende Umsatzsteuer. Ein Umsatzsteuerbescheid, der sich an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die sich aus den Ehegatten zusammensetzt, richtet, wäre hingegen rechtswidrig, weil die GbR nicht Schuldnerin der Umsatzsteuer ist.
Hintergrund: Grundstücksübertragungen, die der Grunderwerbsteuer unterliegen, sind zwar umsatzsteuerfrei. Der Verkäufer kann aber im Grundstückskaufvertrag auf die Steuerfreiheit verzichten, so dass Umsatzsteuer entsteht; diese Umsatzsteuer schuldet dann der Leistungsempfänger nach dem sog. Reverse-Charge-Verfahren. Danach entsteht bei bestimmten Umsätzen die Umsatzsteuer aufseiten des Leistungsempfängers.
Sachverhalt: Die Klägerin war eine GbR, die aus den Eheleuten G bestand. Mit notariellen Kaufverträgen vom 20.8.2012 erwarben die Eheleute jeweils zu hälftigem Miteigentum zwei noch zu errichtende Wohnungen, die sie vermieten wollten. Nach den Kaufverträgen verzichtete der Verkäufer auf die gesetzliche Umsatzsteuerfreiheit. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Umsatzsteuerschuld auf die GbR übergegangen sei und erließ im Jahr 2015 einen Umsatzsteuerbescheid gegenüber der GbR (Klägerin). Hiergegen wehrte sich die Klägerin.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:
Die GbR war nicht Schuldnerin der Umsatzsteuer. Verzichtet der Verkäufer im notariellen Kaufvertrag über ein Grundstück auf die gesetzliche Umsatzsteuerfreiheit, wird der Leistungsempfänger Schuldner der Umsatzsteuer.
Wer Steuerschuldner ist, richtet sich nach dem Kaufvertrag. Denn zum einen beruht die gesetzliche Umsatzsteuerfreiheit auf einem grunderwerbsteuerbaren Vorgang, der im Streitfall der Kaufvertrag war. Zum anderen ergibt sich auch der Verzicht auf die gesetzliche Steuerfreiheit aus dem Kaufvertrag.
Nach dem Kaufvertrag erwarb jeder der beiden Ehegatten einen einzelnen Miteigentumsanteil. Daher war jeder Ehegatte Schuldner der auf ihn entfallenden Umsatzsteuer, nicht aber die GbR. Das Finanzamt hat den Umsatzsteuerbescheid daher zu Unrecht gegenüber der GbR erlassen.
Hinweise: Anders wäre der Fall zu entscheiden gewesen, wenn die GbR das vollständige Eigentum an den beiden Wohnungen erworben hätte. In diesem Fall hätte der Umsatzsteuerbescheid an die GbR gerichtet werden müssen.
Ob tatsächlich eine GbR bestand, brauchte der BFH nicht zu entscheiden. Denn in jedem Fall war nur der jeweilige Ehegatte Schuldner der Umsatzsteuer. Gleichwohl konnte die GbR klagen, und zwar auch dann, wenn es sie gar nicht gegeben haben sollte; denn wenn sich ein Steuerbescheid gegen eine Personengesellschaft richtet, darf die angebliche Personengesellschaft gegen diesen Bescheid klagen, um den Rechtsschein, den der Bescheid erzeugt, zu beseitigen.
Grunderwerbsteuerlich ist jeder Ehegatte einzeln zur Grunderwerbsteuer heranzuziehen, wenn die Ehegatten gemeinsam ein Grundstück zu gemeinschaftlichem Eigentum erwerben. Jeder Ehegatte ist dann Schuldner der auf ihn entfallenden Grunderwerbsteuer; eine Gesamtschuldnerschaft besteht nicht. Diese Grundsätze werden umsatzsteuerlich übernommen, weil das Umsatzsteuerrecht beim Erwerb von Immobilien an das Grunderwerbsteuerrecht anknüpft.
Der Verzicht auf die gesetzliche Umsatzsteuerfreiheit löst zwar Umsatzsteuer aus. Will der Erwerber die Immobilie aber umsatzsteuerpflichtig vermieten, kann er die aufgrund des Erwerbs entstehende Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen.
BFH, Urteil v. 25.11.2021 - V R 44/20; NWB
Die Vermietung von virtuellem Land an einen Mitspieler in einem Online-Spiel ist nicht umsatzsteuerbar, da die virtuelle Vermietung keine Leistung darstellt. Es fehlt für den Mieter an einem Vorteil...
Die Vermietung von virtuellem Land an einen Mitspieler in einem Online-Spiel ist nicht umsatzsteuerbar, da die virtuelle Vermietung keine Leistung darstellt. Es fehlt für den Mieter an einem Vorteil im realen Wirtschaftsleben. Jedoch kann der Umtausch der Spielwährung in echte Währung eine umsatzsteuerbare Leistung darstellen.
Hintergrund: Der Umsatzsteuer unterliegt ein Entgelt für eine Leistung. Voraussetzung ist also ein Leistungsaustausch.
Sachverhalt: Der Kläger war regelmäßiger Teilnehmer eines Online-Spiels, bei dem die Teilnehmer eine virtuelle Welt erschaffen und dabei selbst geschaffene, virtuelle Gegenstände an andere Spieler verkaufen oder vermieten konnten. Bezahlt wurde in einer virtuellen Währung, die jeder Spieler über die in den USA ansässige Spielbetreiberin B an andere Spieler gegen – echte – US-Dollar verkaufen konnte. Der Kläger erzielte in den Streitjahren 2013 bis 2016 durch Vermietung virtueller Flächen virtuelle Mieterlöse und verkaufte die virtuelle Währung über eine von der B betriebene Börse gegen US-Dollar an andere Spieler. Das Finanzamt hielt die Beteiligung des Klägers am Online-Spiel für umsatzsteuerbar und ging davon aus, dass 70 % der Umsätze in Deutschland erzielt worden seien.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage bezüglich der Streitjahre 2014 bis 2016 statt; bezüglich des Streitjahres 2013 hatte der Kläger den Einspruch verspätet eingelegt:
Die Vermietung virtuellen Landes in einem Online-Spiel ist nicht umsatzsteuerbar, da der Kläger als virtueller Vermieter dem jeweiligen Online-Mieter keinen Vorteil verschafft, der zu einem Verbrauch im Sinne des Umsatzsteuerrechts geführt hätte, sondern er hat den virtuellen Mietern lediglich Spielvorteile eingeräumt. Es fehlte insoweit an einer Beteiligung am realen Wirtschaftsleben. Der Kläger hat lediglich am Spielgeschehen des Online-Spiels teilgenommen und die virtuellen Vermietungen zum Erreichen des Spielzwecks vorgenommen.
Die Veräußerung der virtuellen Währung über die Börse der B stellte hingegen eine umsatzsteuerbare sonstige Leistung dar, da der Kläger die virtuelle Währung gegen Entgelt abgetreten hat. Es handelte sich dabei auch um eine Übertragung an einem realen Markt. Denn der Erwerber konnte die virtuelle Währung im Spiel einsetzen und erhielt damit einen verbrauchsfähigen Vorteil.
Als fiktive Empfängerin dieser Leistung galt die B als Spielbetreiberin, da sie als Kommissionärin in die Übertragung der virtuellen Währung auf den anderen Spieler eingeschaltet war. Der Kläger hat die gegenüber der B fiktiv erbrachte sonstige Leistung aber nicht im Inland ausgeführt, sondern an dem Ort, an die B ihr Unternehmen betrieb. Dies waren die USA.
Hinweise: Das Urteil zeigt, dass das Spielen am PC Umsatzsteuer auslösen kann, und zwar dann, wenn aus der virtuellen Welt (Vermietung virtueller Flächen) eine reale Welt wird (Verkauf virtueller Währung gegen US-Dollar). Im Streitfall half dem Kläger, dass er die virtuelle Währung am Ort des Unternehmens des Spielbetreibers verkaufte und dieser Ort sich im Ausland befand.
BFH, Urteil v. 18.11.2021 - V R 38/19; NWB
Empfänger von Wohngeld, BAföG und weiteren Bildungsförderungen erhalten einen einmaligen Zuschuss, um den starken Anstieg der Heizkosten aufgrund der hohen Energiepreise abzufedern. Am 8.4.2022...
Empfänger von Wohngeld, BAföG und weiteren Bildungsförderungen erhalten einen einmaligen Zuschuss, um den starken Anstieg der Heizkosten aufgrund der hohen Energiepreise abzufedern. Am 8.4.2022 billigte der Bundesrat einen entsprechenden Gesetzesbeschluss des Bundestages. Er wird nun dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zugeleitet und kann anschließend im Bundesgesetzblatt verkündet werden.
Gestaffelt nach Haushaltsgröße
Jeder Ein-Personen-Haushalt im Wohngeldbezug erhält einmalig einen Zuschuss von 270 Euro, ein Zwei-Personenhaushalt 350 Euro und jedes weitere Familienmitglied 70 Euro.
Studierende und Auszubildende, die staatliche Hilfen erhalten, haben Anspruch auf einmalig 230 Euro.
Pfändungssicher
Der Zuschuss ist unpfändbar und wird von Amts wegen gezahlt - einer gesonderten Antragstellung bedarf es nicht. Die Auszahlung ist für den Sommer vorgesehen, wenn in der Regel die Heizkosten- und Nebenkostenabrechnungen eintreffen.
Inkrafttreten zum geplant
Der Bund stellt für den Zuschuss rund 370 Millionen Euro zur Verfügung, die an mehr als zwei Millionen Personen mit niedrigem Einkommen gehen. Das Gesetz soll am 1.6.2022 in Kraft treten und bis Ende Mai 2032 gelten.
Bundesrat KOMPAKT, Meldung v. 8.4.2022; NWB
Zuschüsse einer Gemeinde an einen Verein für die Bewirtschaftung der ihm dauerhaft überlassenen Sportanlage unterliegen nicht der Umsatzsteuer, wenn der Verein nicht zu Gegenleistungen verpflichtet...
Zuschüsse einer Gemeinde an einen Verein für die Bewirtschaftung der ihm dauerhaft überlassenen Sportanlage unterliegen nicht der Umsatzsteuer, wenn der Verein nicht zu Gegenleistungen verpflichtet ist und der Verein auch keine Aufgaben der Gemeinde übernimmt.
Hintergrund: Der Umsatzsteuer unterliegt ein Entgelt für eine Leistung. Hingegen sind sog. echte Zuschüsse kein Entgelt.
Sachverhalt: Der Kläger war ein Sportverein, der aufgrund eines langfristigen Nutzungsvertrags mit der Gemeinde die gemeindliche Sportanlage unentgeltlich nutzen durfte. Nach diesem Nutzungsvertrag musste der Kläger die Anlage instandhalten und pflegen. Hierfür erhielt er von der Gemeinde jährliche Zuschüsse in den Jahren 2011 bis 2014 von jährlich ca. 13.000 €. Außerdem erhielt der Kläger im Jahr 2014 noch einen gesonderten Zuschuss von ca. 35.000 € für bestimmte Modernisierungsmaßnahmen. Der Kläger behandelte die Zuschüsse als nicht umsatzsteuerbar, zog aber die Vorsteuer aus den Instandhaltungs- und Baumaßnahmen zu ca. 70 % ab. Das Finanzamt unterwarf die Zuschüsse der Umsatzsteuer.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) verwies die Sache zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht der ersten Instanz zurück:
Die Zuschüsse waren nicht umsatzsteuerbar, da es sich um sog. echte Zuschüsse handelte, die ohne Gegenleistung, d.h. ohne Leistungsaustausch gezahlt wurden. Eine Umsatzsteuerbarkeit ist nur dann zu bejahen, wenn es einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen einer Leistung und einem Entgelt gibt.
Ob es sich um ein Entgelt oder um einen echten Zuschuss handelt, hängt von dem Zahlungsempfänger und dem Förderungsziel ab. Im Streitfall ging es der Gemeinde nicht darum, konkrete Betreiberleistungen vom Verein (Kläger) für sich zu beziehen. Denn die Nutzungsüberlassung der Sportanlage war langfristig und unentgeltlich erfolgt, und der Kläger war nicht verpflichtet, bestimmte Sportangebote vorzuhalten. Vielmehr sollten es die Zuschüsse dem Kläger ermöglichen, die Sportanlage zu nutzen. Zudem gehörten auch weder das Bereithalten der Sportanlage noch ein gewisses Sportangebot zu den Pflichtaufgaben der Gemeinde, so dass der Kläger auch keine Aufgaben der Gemeinde übernahm.
Die Sache ist an das Finanzgericht zur weiteren Aufklärung zurückverwiesen worden, damit dieses die Berechtigung zum Vorsteuerabzug überprüfen kann.
Hinweise: Der Kläger leitete seine Berechtigung zum Vorsteuerabzug daraus ab, dass er Sportveranstaltungen mit zahlenden Zuschauern durchführte und das Sportheim auch für seinen Gaststättenbetrieb nutzte und insoweit jeweils umsatzsteuerbare und -pflichtige Umsätze ausführte. Dies muss das FG nun überprüfen.
Die Abgrenzung zwischen umsatzsteuerbarem Entgelt und nicht umsatzsteuerbaren Zuschüssen wird etwa bei Forschungszuschüssen relevant. Für die Umsatzsteuerbarkeit spricht es, wenn der Zuschussempfänger dem Zuschussgeber die Forschungsleistung zuwenden soll. Hier prüft man u.a., welchen Zweck der Zuschussgeber verfolgt.
BFH, Urteil v. 18.11.2021 - V R 17/20; NWB
Die Zahlung einer Aufwandsentschädigung für die Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine in der privaten Wohnung führt nicht zu einkommensteuerlich relevanten Einkünften. Hierauf haben sich...
Die Zahlung einer Aufwandsentschädigung für die Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine in der privaten Wohnung führt nicht zu einkommensteuerlich relevanten Einkünften. Hierauf haben sich nach Angabe des Thüringer Finanzministeriums die Einkommensteuerreferatsleiter von Bund und Ländern geeinigt. Voraussetzung ist, dass die Pauschale nach einer von der zuständigen Behörde vorgenommenen Kalkulation die durchschnittlichen Unterbringungskosten nicht übersteigt.
Hierzu führt das Thüringer Finanzministerium u.a. weiter aus:
"Wer privaten Wohnraum zur Verfügung stellt, muss dafür auch verbrauchsabhängige Kosten, wie Strom, Wasser, Abwasser und Energiekosten zahlen. Eine Aufwandspauschale federt diese Kosten ab. Es kommt jetzt darauf an, den Geflüchteten schnell und unkompliziert zu helfen. Helfenden dürfen nicht noch zusätzliche Hürden in den Weg gestellt werden", sagt Finanzministerin Heike Taubert.
Der Beschluss gilt zunächst nur für das Jahr 2022.
In Thüringen bietet u.a. der Landkreis Saalfeld-Rudolstadt seinen Bürgern bereits eine Entschädigung für die Unterbringung ukrainischer Flüchtlinge in privaten Wohnungen an. "Ich gehe davon aus, dass eine landesweite Regelung dazu in den nächsten Wochen abgestimmt werden wird", so Taubert.
Thüringer Finanzministerium, Pressemitteilung v. 7.4.2022; NWB
Das Bundesfinanzministerium (BMF) gewährt aufgrund des russischen Angriffs auf die Ukraine steuerliche Entlastungen u.a. im Bereich des Gemeinnützigkeits- und Spendenrechts, beim Betriebsausgabenabzug...
Das Bundesfinanzministerium (BMF) gewährt aufgrund des russischen Angriffs auf die Ukraine steuerliche Entlastungen u.a. im Bereich des Gemeinnützigkeits- und Spendenrechts, beim Betriebsausgabenabzug und bei der Umsatzsteuer. Diese Entlastungen sollen Steuerpflichtigen helfen, ukrainische Kriegsflüchtlinge zu unterstützen.
Hintergrund: Aufgrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine sind viele Ukrainer nach Deutschland geflohen und werden hier unterstützt. Mit seinem aktuellen Schreiben will das BMF sicherstellen, dass hieraus keine nachteiligen steuerlichen Folgen für die Unterstützer entstehen.
Wesentlicher Inhalt des BMF-Schreibens:
1. Spenden und Gemeinnützigkeitsrecht
Für Spenden, die bis zum 31.12.2022 geleistet werden und auf entsprechende Ukraine-Sonderkonten von Verbänden der freien Wohlfahrtspflege oder von juristischen Personen des öffentlichen Rechts wie z.B. Gemeinden geleistet werden, gilt für den Sonderausgabenabzug der Spende der sog. vereinfachte Zuwendungsnachweis. Statt einer Spendenbescheinigung genügt also der Überweisungsbeleg.
Gemeinnützige Vereine, die nicht mildtätige Zwecke fördern wie z.B. Sportvereine, dürfen Spendenaktionen zugunsten der Ukrainer durchführen und die Spenden für ukrainische Kriegsflüchtlinge verwenden oder auf Sonderkonten mildtätiger Vereine oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts weiterleiten. Eine Satzungsänderung des Sportvereins ist also nicht erforderlich.
Außerdem können gemeinnützige Vereine Sachmittel und Personal für ukrainische Kriegsflüchtlinge einsetzen. Die Hilfsbedürftigkeit der Flüchtlinge muss nicht nachgewiesen werden.
2. Unterbringung ukrainischer Kriegsflüchtlinge
Ukrainische Kriegsflüchtlinge können in sog. Zweckbetrieben gemeinnütziger Vereine untergebracht werden. Die positiven steuerlichen Vorschriften, die für Zweckbetriebe gelten, gelten dann auch für die Unterbringung der Kriegsflüchtlinge.
Die Unterbringung der Kriegsflüchtlinge kann auch in einem Betrieb gewerblicher Art, der zu einer juristischen Person des öffentlichen Rechts gehört, erfolgen, ohne dass dies steuerlich schädliche Folgen auslöst.
3. Unterstützungsmaßnahmen von Unternehmen
Unterstützungsleistungen von Unternehmen können als Betriebsausgaben in voller Höhe abgezogen werden. Der Abzug ist als Sponsoringaufwand möglich, wenn das Unternehmen auf seine Unterstützung öffentlichkeitswirksam in den Medien aufmerksam macht.
4. Arbeitslohnspenden und Aufsichtsratsspenden
Arbeitslohnspenden sind steuerfrei. Der Arbeitnehmer kann also auf einen Teil seines Lohns verzichten, damit der Arbeitgeber diesen Teil zugunsten von Arbeitnehmern einsetzt, die vom Krieg geschädigt sind, oder damit der Arbeitgeber diesen Teil auf ein Ukraine-Sonderkonto einzahlt. Neben der Steuerfreiheit ist ein gleichzeitiger Spendenabzug jedoch nicht zulässig.
Ebenso kann ein Mitglied eines Aufsichtsrats auf seine Vergütung ganz oder teilweise verzichten, damit sie zugunsten ukrainischer Kriegsflüchtlinge eingesetzt wird. Dieser Teil der Vergütung ist dann steuerfrei.
5. Umsatzsteuer
Unterstützungsleistungen zugunsten der Ukraine-Flüchtlinge lösen keine nachteiligen umsatzsteuerlichen Folgen aus. Die Bereitstellung von Sachmitteln oder Personal für humanitäre Zwecke wird also nicht als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzsteuer unterworfen. Ebenso unterbleibt eine Vorsteuerberichtigung zulasten des Unternehmers, wenn er Wohnraum unentgeltlich Kriegsflüchtlingen überlässt.
Hinweise: Die hier wiedergegebenen Erleichterungen sind oft noch an weitere Voraussetzungen geknüpft.
Das BMF spricht von einer Unterstützung „der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten“. Aktuell sind damit wohl insbesondere Unterstützungsleistungen für ukrainische Flüchtlinge gemeint, aber auch die Unterstützung der nicht geflüchteten Ukrainer z.B. durch Lebensmittel dürfte von dem BMF-Schreiben erfasst sein; denn das BMF spricht in einem Vorwort auch von der humanitären Unterstützung „der im Krisengebiet Bleibenden“.
BMF-Schreiben v. 17.3.2022 - IV C 4 - S 2223/19/10003 :013; NWB
Erhält ein Arbeitnehmer anlässlich seines Ausscheidens aus dem Betrieb eine Vergütung, mit der die Überstunden der letzten Jahre in einem Betrag abgegolten werden, steht ihm für diese Vergütung...
Erhält ein Arbeitnehmer anlässlich seines Ausscheidens aus dem Betrieb eine Vergütung, mit der die Überstunden der letzten Jahre in einem Betrag abgegolten werden, steht ihm für diese Vergütung eine sog. Tarifermäßigung zu. Denn es handelt sich bei der Zahlung um eine gesetzlich begünstigte Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit.
Hintergrund: Der Gesetzgeber gewährt in bestimmten Fällen eine sog. Tarifermäßigung, bei der die Progression abgemildert wird, d.h. der steigende Steuersatz. Eine derartige Tarifermäßigung wird in der Regel gewährt, wenn es in einem Jahr zu einer besonders hohen Zahlung kommt, die wirtschaftlich einen längeren, früheren Zeitraum betrifft. So gewährt der Gesetzgeber eine Tarifermäßigung, wenn eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit gezahlt wird.
Sachverhalt: Der Kläger hatte für seinen Arbeitgeber 330 Überstunden im Zeitraum 2013 bis 2015 geleistet, die ihm zunächst nicht vergütet worden waren. Im Jahr 2016 schloss der Kläger mit seinem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag. In dem Vertrag vereinbarten beide u.a., dass dem Kläger die 300 Überstunden in einem Betrag vergütet werden. Der Kläger beantragte in seiner Einkommensteuererklärung für 2016 die Tarifermäßigung für die Überstundenvergütung, die das Finanzamt nicht anerkannte.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:
Die Tarifermäßigung setzt eine mehrjährige Tätigkeit voraus. Nach dem Gesetz ist eine Tätigkeit als mehrjährig anzusehen, wenn sie sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst. Diese Voraussetzung war im Streitfall erfüllt, da der Kläger die Überstunden im Zeitraum 2013 bis 2015 geleistet hatte.
Die Entlohnung für die mehrjährige Tätigkeit muss aus wirtschaftlich vernünftigen Gründen in zusammengeballter Form erfolgen. Die wirtschaftlich vernünftigen Gründe waren zu bejahen, weil die Vergütung anlässlich der Aufhebung des Arbeitsvertrags erfolgte.
Hinweise: Die Tarifermäßigung ist insbesondere bei Lohnnachzahlungen für vorangegangene Jahre geltend zu machen. Derartige Lohnnachzahlungen führen nämlich im Jahr der Zahlung aufgrund der Progression zu einem höheren Steuersatz. Diese Progression wird durch die Tarifermäßigung abgemildert.
Für die Tarifermäßigung genügt es nicht, wenn eine Vergütung lediglich in einem anderen Jahr gezahlt wird. Vielmehr muss die Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit gezahlt werden, die sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckte und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasste.
BFH, Urteil v. 2.12.2021 - VI R 23/19; NWB
Die steuerliche Absetzbarkeit der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer...
Die steuerliche Absetzbarkeit der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer setzt nicht voraus, dass das Arbeitszimmer für die berufliche Tätigkeit erforderlich ist. Es genügt, wenn für die berufliche oder betriebliche Tätigkeit entweder kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht oder wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Betätigung bildet.
Hintergrund: Die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer sind nach dem Gesetz nur absetzbar, wenn entweder für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht – der Abzug ist dann auf 1.250 € beschränkt – oder wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet; in dem zuletzt genannten Fall ist der Abzug unbeschränkt möglich.
Sachverhalt: Die Klägerin war eine Stewardess, die zusammen mit ihrem Ehemann im gemeinsamen Einfamilienhaus wohnte. Im Streitjahr 2013 war sie insgesamt an 134 Tagen auf Flügen im In- und Ausland tätig. Sie machte 1.250 € für die Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers in dem gemeinsamen Einfamilienhaus geltend. Finanzamt und Finanzgericht der ersten Instanz erkannten die Kosten nicht an, da das Vorhalten des Arbeitszimmers wegen des geringen Anteils der Heimarbeit nicht erforderlich sei.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hält einen steuerlichen Abzug der Kosten grundsätzlich für möglich und hat die Sache zur weiteren Prüfung an das Finanzgericht (FG) zurückverwiesen:
Voraussetzung für die Abziehbarkeit der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer ist, dass für die berufliche oder betriebliche Tätigkeit entweder kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht oder dass das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Betätigung bildet. Das Gesetz verlangt hingegen nicht, dass das Arbeitszimmer für die berufliche oder betriebliche Tätigkeit erforderlich oder notwendig ist.
Der Gesetzgeber unterstellt typisierend, dass die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer (nahezu) ausschließlich beruflich bzw. betrieblich veranlasst sind, wenn die o. g. Voraussetzungen vorliegen, also kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht oder das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten Tätigkeit darstellt. Der Gesetzgeber wollte Streitigkeiten über die Notwendigkeit eines häuslichen Arbeitszimmers gerade vermeiden.
Das FG hat daher zu Unrecht die Abziehbarkeit der geltend gemachten Kosten mit der Begründung verneint, das häusliche Arbeitszimmer sei für die berufliche Tätigkeit als Stewardess nicht notwendig.
Hinweise: Der BFH hat die Sache an das FG zurückverwiesen. Das FG muss nun prüfen, ob das Arbeitszimmer tatsächlich (nahezu) ausschließlich beruflich genutzt wurde. Ist dies der Fall, kann die Klägerin die Kosten in Höhe von 1.250 € abziehen. Der Abzug kann dann also nicht mit der Begründung versagt werden, dass sie ihre berufliche Tätigkeit zu Hause auch an einem PC am Esstisch erledigen könnte.
Ein Abzug ist hingegen nicht möglich, wenn die Klägerin das Arbeitszimmer auch privat genutzt hat und diese private Mitnutzung nicht ganz untergeordnete Bedeutung hatte. Bislang steht nicht fest, welche beruflichen Tätigkeiten die Klägerin überhaupt zu Hause verrichtet hat.
BFH, Urteil v. 3.4.2019 - VI R 46/17; NWB
Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende kann auch im Jahr der Trennung der Ehegatten zeitanteilig, nämlich ab dem Zeitpunkt der Trennung, in Anspruch genommen werden, sofern die übrigen Voraussetzungen...
Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende kann auch im Jahr der Trennung der Ehegatten zeitanteilig, nämlich ab dem Zeitpunkt der Trennung, in Anspruch genommen werden, sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind und der Steuerpflichtige z.B. nicht mit einer anderen volljährigen Person in einer Haushaltsgemeinschaft lebt.
Hintergrund: Alleinerziehende Ehegatten können für ein Kind, welches in ihrem Haushalt lebt, einen Entlastungsbetrag von 4.008 € in Anspruch nehmen. Der Betrag wird für jedes weitere Kind um 240 € erhöht. Voraussetzung hierfür ist u. a., dass das Kind zum Haushalt gehört, dass die Voraussetzungen für den sog. Splitting-Tarif nicht vorliegen oder der Steuerpflichtige verwitwet ist und dass der Steuerpflichtige keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bildet. Nach dem Gesetz ermäßigt sich der Entlastungsbetrag für jeden vollen Monat, in dem die Voraussetzungen des Entlastungsbetrags nicht vorgelegen haben, um ein Zwölftel.
Sachverhalt: Der Kläger hatte im Streitjahr 2017 zwei minderjährige Kinder. Seine Ehefrau trennte sich im April 2017 von ihm und zog aus. Die Kinder blieben beim Kläger. Der Kläger beantragte für die Zeit ab Mai 2017, d. h. für acht Monate, einen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende auf Grundlage des damals geltenden Entlastungsbetrags. Das Finanzamt berücksichtigte den Entlastungsbetrag nicht.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:
Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende kann im Jahr der Trennung der Eheleute zeitanteilig in Anspruch genommen werden.
Unschädlich ist, dass der Kläger im Streitjahr die Voraussetzungen des Splitting-Verfahrens erfüllte, weil er mit seiner Ehefrau bis zum April 2017 zusammengelebt hatte. Entscheidend ist, dass ab Mai 2017 die Voraussetzungen für das Splitting-Verfahren nicht mehr vorlagen.
Nach dem Gesetz kann der Entlastungsbetrag zeitanteilig gewährt werden. Dies ergibt sich aus der Formulierung, nach der der Entlastungsbetrag für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nicht vorgelegen haben, um ein Zwölftel ermäßigt wird.
Nach dem Sinn und Zweck der Regelung kann der Entlastungsbetrag im Jahr der Trennung daher zeitanteilig für den Zeitraum ab der Trennung gewährt werden. Denn mit dem Entlastungsbetrag werden die finanziellen Belastungen eines Alleinerziehenden berücksichtigt, der nicht mit einem Partner in einer Haushaltsgemeinschaft zusammenlebt. Diese finanzielle Belastung besteht auch für einen alleinerziehenden Ehegatten im Trennungsjahr ab dem Zeitpunkt der Trennung.
Hinweise: Die zeitanteilige Gewährung eines Entlastungsbetrags kommt damit in Betracht,
wenn sich - wie im Streitjahr – Ehegatten trennen, selbst wenn der alleinerziehende Ehegatte noch den Splitting-Tarif für das Trennungsjahr erhält;
wenn sich der steuerliche Status der Kinder ändert, weil für diese kein Kindergeldanspruch mehr besteht,
oder wenn sich der Status des Alleinerziehens ändert, weil z.B. eine Haushaltsgemeinschaft mit einem neuen Partner begründet wird.
Der BFH hält die zeitanteilige Gewährung des Entlastungsbetrags auch aus verfassungsrechtlichen Gründen für geboten. Denn die Familie steht unter einem besonderen Grundrechtsschutz. Verfassungsrechtlich ist eine Benachteiligung von Steuerpflichtigen geboten, die sich im Laufe eines Jahres von ihrem Ehepartner getrennt und anschließend die Kinder in ihrem Haushalt versorgt haben.
BFH, Urteil v. 28.10.2021 - III R 17/20; NWB
Der Verkauf eines mit einer Gartenlaube bebauten Gartengrundstücks führt nicht zu einem steuerpflichtigen Spekulationsgewinn, wenn die Laube zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden ist. Nach dem Gesetz...
Der Verkauf eines mit einer Gartenlaube bebauten Gartengrundstücks führt nicht zu einem steuerpflichtigen Spekulationsgewinn, wenn die Laube zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden ist. Nach dem Gesetz sind nämlich Spekulationsgewinne aus dem Verkauf selbst genutzter Immobilien steuerfrei. Diese Steuerfreiheit gilt selbst dann, wenn die Selbstnutzung baurechtswidrig war.
Hintergrund: Der Gewinn aus dem Verkauf von Immobilien des Privatvermögens löst einen steuerpflichtigen Spekulationsgewinn aus. Nach dem Gesetz werden jedoch selbst genutzte Immobilien von dieser Steuerpflicht grundsätzlich ausgenommen.
Sachverhalt: Der Kläger hatte im Jahr 2009 ein bebautes Grundstück in einer Gartenkolonie erworben und dieses im Jahr 2014 mit Gewinn verkauft. Das voll erschlossene Grundstück war mit einer 60 qm großen Gartenlaube bebaut, die mit einer Heizung, einer Küche und einem Bad ausgestattet war. Der dauerhafte Aufenthalt in dem Gebäude war nach baurechtlichen Bestimmungen allerdings nicht gestattet. Der Kläger bewohnte dennoch das Gartengrundstück seit dem Erwerb dauerhaft. Das Finanzamt setzte aus dem Verkauf einen steuerpflichtigen Spekulationsgewinn an.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) bejahte aufgrund der Selbstnutzung eine Ausnahme von der Spekulationsgewinnbesteuerung und gab der Klage statt:
Spekulationsgewinne aus dem Verkauf von Immobilien werden nicht erfasst, wenn die Immobilie selbst genutzt worden ist. Diese Ausnahme von der Steuerpflicht setzt voraus, dass die Immobilie dauerhaft zum Bewohnen geeignet und tatsächlich vom Steuerpflichtigen selbst genutzt worden ist.
Eine Selbstnutzung in diesem Sinn kann auch dann vorliegen, wenn die Selbstnutzung baurechtlich nicht gestattet war. Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Ausnahme, die die ungerechtfertigte Besteuerung eines Spekulationsgewinns bei Aufgabe eines Wohnsitzes, z.B. wegen beruflichen Umzugs, vermeiden will. Dieser Sinn und Zweck ist auch dann erfüllt, wenn die Selbstnutzung baurechtswidrig war.
Im Streitfall war die dauerhafte Eignung der Gartenlaube infolge ihres Anschlusses an das Wasser- und Stromnetz und ihrer Ausstattung mit Bad und Küche sowie Heizung zu bejahen. Der Kläger hatte die tatsächliche Selbstnutzung seit dem Erwerb durch Vorlage von Versicherungsnachweisen, Strom- und Wasserabrechnung sowie der Rechnung über den Einbau eines Gasheizofens nachgewiesen. Damit war kein steuerpflichtiger Spekulationsgewinn zu versteuern.
Hinweise: Eine Selbstnutzung, die zur Verneinung eines Spekulationsgewinns führt, ist auch dann anzunehmen, wenn die Immobilie zusammen mit Familienangehörigen oder einem Dritten, z.B. einer Freundin, bewohnt wird. Es genügt auch, dass die Immobilie nur zeitweilig bewohnt wird, sofern die Immobilie dem Steuerpflichtigen in der übrigen Zeit zur Verfügung steht. Daher können auch Zweitwohnungen oder Ferienwohnungen, die nicht vermietet werden, von der Spekulationsgewinnbesteuerung ausgenommen sein, sofern sie in der übrigen Zeit nicht vermietet werden, sondern zur Selbstnutzung bereitstehen.
Der Gesetzgeber sieht im Steuerrecht illegales Verhalten grundsätzlich als irrelevant an. Deshalb sind z.B. auch Gewinne aus Straftaten steuerpflichtig.
BFH, Urteil v. 26.10.2021 - IX R 5/21; NWB
Arbeitslohn, der einem „International Civilian Consultant“ mit Wohnsitz in Deutschland für seine Tätigkeit bei der ISAF in Afghanistan gezahlt wird, ist in Deutschland steuerpflichtig. Es gibt hierfür...
Arbeitslohn, der einem „International Civilian Consultant“ mit Wohnsitz in Deutschland für seine Tätigkeit bei der ISAF in Afghanistan gezahlt wird, ist in Deutschland steuerpflichtig. Es gibt hierfür keine gesetzliche oder völkerrechtliche Steuerbefreiung.
Hintergrund: Arbeitslohn kann durch Gesetz oder durch völkerrechtliche Vereinbarungen steuerfrei gestellt sein.
Sachverhalt: Der Kläger hatte zusammen mit seiner Ehefrau in den Streitjahren 2012 und 2013 seinen Wohnsitz in Deutschland. Er war in beiden Jahren als sog. International Civilian Consultant bei der ISAF in Afghanistan tätig und bezog hierfür ein Gehalt von der NATO. Er behandelte das Gehalt in seinen Einkommensteuererklärungen als steuerfrei. Das Finanzamt folgte dem nicht, sondern besteuerte den Arbeitslohn.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Da der Kläger seinen Wohnsitz in Deutschland hatte, war er unbeschränkt steuerpflichtig, so dass sein gesamtes Welteinkommen und damit auch das Gehalt steuerpflichtig war.
Eine Steuerbefreiung nach dem deutschen Gesetz wird für das von der NATO bezogene Gehalt nicht gewährt. Eine Steuerfreistellung aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens mit Afghanistan kam ebenfalls nicht in Betracht, da es mit Afghanistan kein Doppelbesteuerungsabkommen gibt.
Schließlich gab es auch keine völkerrechtliche Vereinbarung, die das Gehalt des Klägers steuerfrei gestellt hätte. Soweit es Abkommen gibt, die Gehälter im Zusammenhang mit einer Tätigkeit für die NATO als steuerfrei behandeln, setzen diese Abkommen voraus, dass sich entweder der Dienstort in Deutschland befindet oder aber das Gehalt aus deutschen Mitteln bezahlt wird. Der Dienstort des Klägers befand sich aber in Afghanistan, und er bezog sein Gehalt nicht aus deutschen Mitteln, sondern von der NATO.
Hinweis: Der Kläger hatte dem Finanzamt noch ein sog. Certificate seines Arbeitgebers vorgelegt, nach dem das Gehalt des Klägers steuerfrei sein sollte. Es handelte sich dabei jedoch nur um eine unbeachtliche Arbeitgeberbescheinigung, die das Finanzamt nicht bindet.
BFH, Urteil v. 13.10.2021 - I R 43/19; NWB
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat März 2022 bekannt gegeben.Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2022 können Sie auf der Homepage des...
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat März 2022 bekannt gegeben.
Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2022 können Sie auf der Homepage des BMF abrufen.
BMF, Schreiben vom 1.4.2022 - III C 3 - S 7329/19/10001 :004 (2022/0354511); NWB
Eine als „stille Beteiligung“ bezeichnete Beteiligung eines minderjährigen Kindes an der Zahnarztpraxis, die dem Kind im Wege der Schenkung eingeräumt worden ist, kann unter bestimmten Voraussetzungen...
Eine als „stille Beteiligung“ bezeichnete Beteiligung eines minderjährigen Kindes an der Zahnarztpraxis, die dem Kind im Wege der Schenkung eingeräumt worden ist, kann unter bestimmten Voraussetzungen als Innengesellschaft steuerlich anerkannt werden. Die steuerliche Anerkennung hat zur Folge, dass die an das Kind gezahlten Gewinnanteile Betriebsausgaben des Vaters sind. Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung ist, dass die Vereinbarungen zwischen dem Kind und seinem Vater zivilrechtlich wirksam und fremdüblich sind sowie tatsächlich vollzogen werden.
Hintergrund: An einem Handelsgewerbe kann man sich als stiller Gesellschafter mit einer Einlage beteiligen und ist dann in dem vereinbarten Umfang am Gewinn und Verlust beteiligt. Der an den stillen Gesellschafter gezahlte Gewinnanteil mindert den Gewinn des Inhabers des Handelsgeschäfts und muss im Gegenzug vom stillen Gesellschafter versteuert werden.
Sachverhalt: Der Kläger war selbständiger Zahnarzt. Er räumte seinen drei minderjährigen Kindern im Jahr 2007 jeweils eine „stille Beteiligung“ in Höhe von 50.000 € im Wege der Schenkung ein; dabei wurden seine Kinder durch einen Ergänzungspfleger vertreten. Jedes seiner Kinder sollte mit 10 % am Gewinn oder Verlust beteiligt sein, maximal aber mit 15 % der Einlage, d.h. 7.500 €. Der Kläger konnte die schenkweise Einräumung der stillen Beteiligung widerrufen, falls ein Kind ohne Zustimmung des Klägers die stille Beteiligung übertragen würde. Die stillen Gesellschaften sollten mindestens bis zum 31.12.2017 laufen. Der Kläger zahlte seinen Kindern ab 2008 die Gewinnanteile für das jeweils vorherige Jahr aus und behandelte diese Auszahlungen in den Streitjahren 2008 bis 2015 als Betriebsausgaben. Das Finanzamt erkannte die Betriebsausgaben nicht an.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hielt einen Betriebsausgabenabzug für möglich, verwies die Sache jedoch zur weiteren Aufklärung zurück:
Zwar handelte es sich bei den Beteiligungen nicht um stille Gesellschaften, da der Kläger als Zahnarzt kein Handelsgewerbe betrieb. Es waren aber Innengesellschaften bürgerlichen Rechts, für die die gleichen Grundsätze wie für eine stille Beteiligung gelten.
Der Betriebsausgabenabzug ist möglich, wenn die Begründung der Innengesellschaft betrieblich veranlasst war. Bei der Beteiligung naher Angehöriger kann eine betriebliche Veranlassung nur dann angenommen werden, wenn die Vereinbarung zivilrechtlich wirksam ist, fremdüblich ist und wie unter Dritten tatsächlich vollzogen wird. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass es sich nicht um verdeckte Unterhaltszahlungen handelt.
Nicht jede geringfügige Abweichung vom Fremdüblichen führt zur steuerlichen Nichtanerkennung. Vielmehr kommt es auf die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten an.
Steuerlich unschädlich ist es, wenn die Beteiligung oder die Mittel für die Einlage dem nahen Angehörigen geschenkt werden. Auch ist es nicht zwingend schädlich, dass der Kläger keine zusätzlichen Mittel erhalten hat; denn es genügt, wenn die Gewinnanteile zur Erfüllung der Einlageverpflichtung umgebucht werden und zur Verlustverrechnung zur Verfügung stehen.
Im Streitfall waren die Schenkungs- und die Beteiligungsverträge zivilrechtlich wirksam. Die fehlerhafte Bezeichnung als „stille Gesellschaft“ war ohne Bedeutung. Allerdings muss das Finanzgericht (FG) noch prüfen, ob die Kinder diejenigen Kontrollrechte hatten, die üblicherweise einem stillen Gesellschafter zustehen, und ob die vereinbarte Laufzeit und die Kündigungsmöglichkeit fremdüblich waren. Ferner muss das FG ermitteln, ob die Widerrufsmöglichkeit des Klägers für den Fall der Weiterveräußerung der Beteiligung durch ein Kind einem Fremdvergleich standhält.
Hinweise: Das FG muss auch noch die tatsächliche Ausführung der Verträge prüfen, z.B. die Pünktlichkeit der Zahlungen der Gewinnanteile oder die tatsächliche Ausübung der vertraglich vereinbarten Kontroll- und Informationsrechte sowie die tatsächliche Verwaltung der Konten der Kinder.
Es lässt sich noch nicht sagen, ob die Klage Erfolg haben wird. Allerdings deutet der „Prüfkatalog“ des BFH eher darauf hin, dass die steuerliche Anerkennung der Innengesellschaften scheitern könnte.
BFH, Urteil v. 23.11.2021 - VIII R 17/19; NWB
Füllt der Steuerpflichtige nach seiner Scheidung und dem zu seinen Lasten durchgeführten Versorgungsausgleich seine Rentenanwartschaft auf, ist die Zahlung als Sonderausgabe beschränkt abziehbar....
Füllt der Steuerpflichtige nach seiner Scheidung und dem zu seinen Lasten durchgeführten Versorgungsausgleich seine Rentenanwartschaft auf, ist die Zahlung als Sonderausgabe beschränkt abziehbar. Ein unbeschränkter Abzug als vorweggenommene Werbungskosten scheidet wegen des Vorrangs des Sonderausgabenabzugs aus.
Hintergrund: Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung oder zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen sind nach dem Gesetz als Sonderausgaben absetzbar; die Höhe ist aber auf den Höchstbeitrag zur knappschaftlichen Rentenversicherung begrenzt. Die spätere Rente führt zu steuerpflichtigen sonstigen Einkünften, die teilweise steuerfrei sind.
Sachverhalt: Der Kläger wurde 2014 von seiner Ehefrau geschieden. Der aufgrund der Scheidung durchgeführte Versorgungsausgleich führte zu einer Minderung seiner Rentenanwartschaft. Er zahlte daraufhin im Jahr 2014 ca. 75.000 € an das Versorgungswerk für Rechtsanwälte, um seine Rentenanwartschaft wieder aufzufüllen. Das Finanzamt berücksichtigte hiervon aber nur ca. 5.000 € als Sonderausgaben, da der Kläger den Höchstbetrag bereits durch seine laufenden Rentenbeiträge aufgebraucht hatte. Der Kläger machte hingegen 88 % seiner Zahlung als vorweggenommene Werbungskosten geltend, da die künftige Rente zu 88 % steuerpflichtig sein wird.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab dem Finanzamt Recht und wies die Klage ab:
Zwar handelt es sich bei der vom Kläger geleisteten Zahlung dem Grunde nach um vorweggenommene Werbungskosten. Denn der Kläger erhält nach Renteneintritt eine entsprechend höhere Rente, die im Umfang von 88 % zu steuerpflichtigen sonstigen Einkünften führen wird.
Der Werbungskostenabzug wird aber durch die speziellere Regelung zu den Sonderausgaben verdrängt. Der Wiederauffüllungsbetrag ist als Beitrag zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung den Sonderausgaben zuzurechnen.
Zu den Beiträgen zur Rentenversicherung bzw. zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung ist steuerlich nicht nur der laufende Beitrag, der monatlich gezahlt wird, zu zählen, sondern auch die Wiederauffüllungszahlung nach Durchführung eines Versorgungsausgleichs. Ob die Wiederauffüllungszahlung auch rentenrechtlich als Beitrag angesehen wird, ist unerheblich, da es auf die steuerliche Einstufung als Beitrag ankommt.
Hinweise: Die Zuordnung zu den Sonderausgaben war für den Kläger nachteilig, weil Sonderausgaben im Bereich der Rentenversicherung nur beschränkt abziehbar sind. Daher konnte der Kläger nur ca. 5.000 € abziehen. Der vom BFH bejahte Vorrang des Sonderausgabenabzugs lässt sich mit dem Gesetz nicht ohne Weiteres vereinbaren, da der Sonderausgabenabzug nach dem Gesetzeswortlaut erst dann möglich ist, wenn ein Werbungskostenabzug ausscheidet.
Der BFH verneinte im Streitfall eine Doppelbesteuerung von Rentenbeiträgen und Rentenbezügen. Denn wenn es eine solche Doppelbesteuerung geben sollte, könnte sie jedenfalls nicht in der Beitragsphase, d.h. während der aktiven beruflichen Tätigkeit, sondern erst ab Bezug der Rentenbezüge gerügt werden. Der BFH hat im Jahr 2021 zwar die Verfassungsmäßigkeit der Rentenbesteuerung derzeit noch bejaht, aber angedeutet, dass sich dies ab 2025 ändern könnte, weil dann der steuerfreie Teil der Rentenbezüge sinkt. Die Bundesregierung hat angekündigt, eine Reform der Rentenbesteuerung anzustoßen.
BFH, Urteil v. 19.8.2021 - X R 4/19; NWB
Die Bundesregierung informiert über gesetzliche Neuregelungen im April 2022 - u.a. über die neuen Homeoffice-Regelungen sowie die Verlängerung des erleichterten Zugangs zum Kurzarbeitergeld. CoronaWegfall...
Die Bundesregierung informiert über gesetzliche Neuregelungen im April 2022 - u.a. über die neuen Homeoffice-Regelungen sowie die Verlängerung des erleichterten Zugangs zum Kurzarbeitergeld.
Corona
Wegfall der Corona-Regeln
Die Corona-Regeln werden künftig weitgehend wegfallen. Ein Basis-Schutz wie die Maskenpflicht, etwa in Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen, bleibt aber bestehen. Auch die Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr sowie die Testpflicht an Schulen sind weiterhin möglich. Entscheidend ist die Regelung im jeweiligen Bundesland. Gleichzeitig sollen strengere lokal begrenzte Regelungen gelten, wenn es die Infektionslage dort erfordert und das Landesparlament dies beschließt. Diese Änderung des Infektionsschutzgesetzes greift seit dem 20. März.
Homeoffice
Bewährte Arbeitsschutzmaßnahmen wie Testangebote und Homeoffice bleiben bestehen. Sie werden nicht mehr vorgeschrieben, aber als mögliche Schutzmaßnahmen festgeschrieben.
Weiterhin erleichterter Zugang zu Kurzarbeitergeld
Die Zugangsvoraussetzungen zum Kurzarbeitergeld bleiben bis zum 30.6.2022 herabgesetzt. Betroffene Betriebe haben damit weiterhin Planungssicherheit.
Vereinfachter Zugang zur Grundsicherung weiterhin möglich
Wer pandemiebedingt in Not gerät, soll bis 31. Dezember 2022 Anspruch auf vereinfachten Zugang zur Grundsicherung haben. Das heißt, ab 1. April gilt weiterhin die eingeschränkte Vermögensprüfung, Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung und vereinfachte Bewilligung vorläufiger Leistungen. Die Bundesregierung will damit insbesondere Kleinunternehmer und Solo-Selbstständige unterstützen, die vorübergehend von erheblichen Einkommenseinbußen betroffen sind.
Zugang zum Kinderzuschlag bleibt erleichtert
Der Kinderzuschlag unterstützt vor allem Alleinerziehende und Familien mit kleinen Einkommen. Monatlich können sie einen Zuschlag von bis zu 209 Euro pro Kind erhalten. Wegen der Corona-Pandemie wurde die Vermögensprüfung vorübergehend erleichtert. Eltern müssen demnach keine Angaben mehr zu ihrem Vermögen machen, wenn sie kein erhebliches Vermögen haben. Diese Regelung wurde bis Ende Dezember 2022 verlängert.
Akuthilfe für pflegende Angehörige verlängert
Damit Berufstätige Pflege und Beruf besser vereinbaren können, hat die Bundesregierung die Akuthilfe für pflegende Angehörige bis 30. Juni 2022 verlängert. Bis zu 20 Arbeitstage können Angehörige bei einer akut auftretenden Pflegesituation bezahlt der Arbeit fernbleiben. Das Pflegeunterstützungsgeld kann ebenfalls bis zu 20 Arbeitstage in Anspruch genommen werden, wenn aufgrund coronabedingter Versorgungsengpässe zu Hause gepflegt wird.
Reisen wird leichter
Die Einreise nach Deutschland wird wieder einfacher: Seit 3. März ist kein Land mehr als Corona-Hochrisikogebiet ausgewiesen.
Arbeit / Soziales
Frühzeitig Klarheit über den Erwerbsstatus
Sofern Auftragnehmer oder Auftraggeber Zweifel haben, ob eine abhängige Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit vorliegt, können sie ein Statusfeststellungsverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung einleiten. Diese bestimmt den sozialversicherungsrechtlichen Status der oder des Erwerbstätigen, so dass bei den Beteiligten Rechtssicherheit geschaffen wird.
Bundesregierung online, Meldung v. 29.3.2022; NWB
Wertet das Finanzamt eine Mitteilung der Krankenversicherung...
Wertet das Finanzamt eine Mitteilung der Krankenversicherung über die gezahlten Krankenversicherungsbeiträge falsch aus, indem es die Krankenversicherungsbeiträge beim falschen Steuerpflichtigen abzieht, kann es diesen fehlerhaften Bescheid ändern und den Sonderausgabenabzug rückgängig machen. Das Gesetz lässt eine solche Änderung nach fehlerhafter Berücksichtigung übermittelter Krankenversicherungsdaten zu.
Hintergrund: Das Finanzamt erhält von Dritten wie z.B. Krankenversicherungen oder Rententrägern jährliche Mitteilungen über steuerlich relevante Daten, z.B. Versicherungsbeiträge. Bei der Übermittlung oder Auswertung kann es zu Fehlern kommen. Nach dem Gesetz ist ein Steuerbescheid zu ändern oder aufzuheben, soweit die von dem Dritten an das Finanzamt übermittelten Daten nicht oder nicht zutreffend berücksichtigt wurden.
Sachverhalt: Die Klägerin war die Mutter eines minderjährigen Sohns S. Der Vater ihres Sohns war V, mit dem sie nicht verheiratet war. Beide wurden beim selben Veranlagungsplatz im Finanzamt geführt. V zahlte die Krankenversicherungsbeiträge für S. Die Krankenversicherung übermittelte Anfang 2018 dem Finanzamt die Daten zu den von V für S gezahlten Krankenversicherungsbeiträgen für 2017. Neben den Angaben zu S und den Beiträgen enthielt die Mitteilung auch die Angaben zu V, der die Beiträge gezahlt hatte. Diese Mitteilung gelangte zu den Steuerakten der Klägerin. Im Rahmen einer anderweitig erforderlichen Änderung berücksichtigte das Finanzamt die von V gezahlten Krankenversicherungsbeiträge zu Unrecht als Sonderausgaben der Klägerin. Das Finanzamt bemerkte seinen Fehler und änderte am 3.6.2019 den Bescheid der Klägerin, indem es die Krankenversicherungsbeiträge bei ihr nicht mehr als Sonderausgaben berücksichtigte. Gegen diesen Änderungsbescheid wehrte sich die Klägerin.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:
Materiell-rechtlich durften die Krankenversicherungsbeiträge nur bei V als Sonderausgaben abgezogen werden, da nur V die Beiträge gezahlt hat und nicht die Klägerin.
Der Bescheid der Klägerin durfte durch den Bescheid vom 3.6.2019 geändert werden. Denn das Finanzamt hat die von der Krankenversicherung übermittelten Beitragsdaten nicht zutreffend ausgewertet. Zwar bezieht sich der Wortlaut des Gesetzes nur auf die unzutreffende Auswertung bestimmter Daten, nicht aber z.B. auf die Identifikationsnummer des Versicherungsnehmers oder auf die Höhe der geleisteten Beiträge; richtigerweise bezieht sich die Änderungsnorm aber auf alle steuerlichen Daten, die von einem Dritten an das Finanzamt zu übermitteln sind.
Hinweise: Es blieb unklar, weshalb der von der Krankenversicherung übermittelte Datensatz in die Steuerakten der Klägerin gelangt ist. Möglicherweise war für den Fehler mitursächlich, dass sowohl die Klägerin als auch der V im selben Veranlagungsplatz geführt wurden. Allerdings sollen bei einer elektronischen Übermittlung gerade solche Fehler vermieden werden; deshalb ist in den zu übermittelnden Datensätzen z.B. auch die Identifikationsnummer des Steuerpflichtigen anzugeben, um eine Verwechselung oder fehlerhafte Zuordnung auszuschließen.
Im Streitfall erfolgte die Änderung des Steuerbescheids zuungunsten der Klägerin. Die hier streitige Korrekturvorschrift ermöglicht aber auch eine Änderung zugunsten des Steuerpflichtigen, falls sich die unzutreffende Berücksichtigung der Daten zuungunsten des Steuerpflichtigen ausgewirkt hat.
BFH, Urteil v. 8.9.2021 - X R 5/21; NWB
Eine Schwimmschule erzielt keine umsatzsteuerfreien Umsätze. Denn es handelt sich beim Schwimmunterricht nicht um umsatzsteuerbefreiten Schul- oder Hochschulunterricht.Hintergrund: Sowohl nach dem...
Eine Schwimmschule erzielt keine umsatzsteuerfreien Umsätze. Denn es handelt sich beim Schwimmunterricht nicht um umsatzsteuerbefreiten Schul- oder Hochschulunterricht.
Hintergrund: Sowohl nach dem deutschen Umsatzsteuerrecht als auch nach dem europäischen Umsatzsteuerrecht werden Unterrichtsleistungen unter bestimmten Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreit.
Sachverhalt: Die Klägerin war eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die eine Schwimmschule betrieb. Sie behandelte ihre Leistungen in den Jahren 2007 bis 2009 als umsatzsteuerfrei, während das Finanzamt sie als umsatzsteuerpflichtig ansah. Der Fall kam zum Bundesfinanzhof (BFH), der ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) richtete. Der EuGH hat die Umsatzsteuerfreiheit für Schwimmunterricht verneint. Der BFH hat nun das Verfahren abgeschlossen.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich der Auffassung des EuGH angeschlossen und die Klage abgewiesen:
Zwar gibt es eine Umsatzsteuerbefreiung nach deutschem Recht für Schul- und Bildungsleistungen von Privatschulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn die Kultusbehörde bescheinigt, dass die Schule bzw. Einrichtung auf einen Beruf oder auf eine bestimmte Prüfung vorbereitet. Diese Umsatzsteuerbefreiung war aber nicht anwendbar, weil die Klägerin in den Streitjahren 2007 bis 2009 keine Prüfungen durchführte, die für einen Beruf vorbereiteten. Außerdem hatte die Klägerin nicht die erforderliche Bescheinigung der Kultusbehörde.
Auch eine weitere Umsatzsteuerfreiheit nach deutschem Recht schied aus, die juristischen Personen des öffentlichen Rechts, Berufsverbänden oder Volkshochschulen gewährt wird. Denn die Klägerin war eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts und gehörte nicht zu den begünstigten Einrichtungen.
Schließlich ist auch eine Umsatzsteuerfreiheit für Schul- oder Hochschulunterricht nach europäischem Recht nicht zu gewähren. Denn nach dem EuGH-Urteil ist Schwimmunterricht kein Schul- bzw. Hochschulunterricht. Schwimmunterricht dient nämlich nicht der Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten bezüglich eines breiten und vielfältigen Stoffspektrums, wie dies beim Schul- und Hochschulunterricht typisch ist.
Vielmehr handelt es sich beim Schwimmunterricht um einen spezialisierten und punktuell erteilten Unterricht, der mit einer Schul- oder Hochschulausbildung nicht vergleichbar ist. Ob Schwimmunterricht dem Gemeinwohl dient, ist unbeachtlich.
Hinweise: Der BFH war an die Entscheidung des EuGH gebunden, so dass das aktuelle BFH-Urteil keine Überraschung mehr ist. Es wird nun aber deutlich, dass der BFH an seiner bisherigen Rechtsprechung, die eher zu einer Umsatzsteuerbefreiung gelangte, nicht mehr festhalten können wird. So hatte der BFH in der Vergangenheit etwa die Umsatzsteuerfreiheit für ein Ballett- und Tanzstudio bejaht, weil jedenfalls ein kleiner Teil der Ballettschüler die spätere Aufnahmeprüfung an der staatlichen Musikhochschule bestand und eine weitere Berufsausbildung anstrebte. Der BFH lässt zwar offen, ob er hieran noch festhalten kann. Angesichts der Entscheidung des EuGH, der die Umsatzsteuerfreiheit auf typischen Schul- bzw. Hochschulunterricht beschränkt, dürfte dies allerdings kaum der Fall sein.
BFH, Urteil v. 16.12.2021 - V R 31/21 (V R 32/18); NWB
Die Gemeinnützigkeit ist nicht anzuerkennen, wenn die Satzung keine Regelung für den Fall enthält, dass der bisherige Zweck wegfällt. Die Satzung genügt dann nicht dem Grundsatz der satzungsmäßigen Vermögensbindung.Hintergrund:...
Die Gemeinnützigkeit ist nicht anzuerkennen, wenn die Satzung keine Regelung für den Fall enthält, dass der bisherige Zweck wegfällt. Die Satzung genügt dann nicht dem Grundsatz der satzungsmäßigen Vermögensbindung.
Hintergrund: Gemeinnützige Vereine und gemeinnützige GmbH genießen steuerliche Vorteile wie z.B. eine Steuerfreiheit oder die Berechtigung, Spenden entgegenzunehmen, die die Spender steuerlich absetzen können. Die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen wird vom Finanzamt durch einen Bescheid gesondert festgestellt.
Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH, deren Gegenstand die psychiatrische Versorgung eines Landkreises war. Ihr Gesellschaftsvertrag wurde im Jahr 2012 geschlossen. Im Jahr 2014 teilte das Finanzamt der Klägerin mit, dass der Gesellschaftsvertrag den Anforderungen an die Gemeinnützigkeit nicht entspreche, weil die gemeinnützigen Zwecke nicht wörtlich benannt waren. Im Jahr 2015 beschlossen die Gesellschafter der Klägerin eine neue Satzung, die aber keine Regelung enthielt, was mit dem Vermögen der GmbH geschehen soll, falls der gemeinnützige Zweck der GmbH wegfällt. Nachdem die GmbH auf eine entsprechende Beanstandung des Finanzamts nicht reagiert hatte, stellte das Finanzamt mit Bescheid aus dem Dezember 2016 fest, dass die Klägerin die satzungsmäßigen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit nicht einhält. Hiergegen klagte die Klägerin.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:
Die Satzung der Klägerin erfüllte nicht die Anforderungen an die sog. Vermögensbindung. Danach muss der Zweck, für den das Vermögen bei Auflösung oder Aufhebung der GmbH bzw. des Vereins oder bei Wegfall des bisherigen Zwecks verwendet werden soll, in der Satzung so genau bestimmt sein, dass aufgrund der Satzung geprüft werden kann, ob der Verwendungszweck steuerbegünstigt ist.
In der Satzung der Klägerin fehlte jegliche Angabe zu einer Verwendung des Vermögens im Fall eines Wegfalls des bisherigen Zwecks. Daher konnte die Satzung nicht ausgelegt werden, dass für den Wegfall des bisherigen Zwecks das Gleiche gelten soll wie bei einer Auflösung der GmbH. Es konnte auch nicht auf die frühere Satzung aus dem Jahr 2012 zurückgegriffen werden, weil sich aus der aktuellen Satzung die Verwendung des Vermögens im Fall des Wegfalls des bisherigen Zwecks ergeben muss.
Hinweise: Einen Vertrauensschutz lehnte der BFH ab, weil der streitige Bescheid der erste Bescheid über die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen war und es keinen vorherigen Bescheid gegeben hatte, in dem die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen bejaht worden wäre.
Der Gesetzgeber hat eine Mustersatzung veröffentlicht, deren Inhalt in der Satzung eines gemeinnützigen Vereins bzw. einer gemeinnützigen GmbH übernommen werden muss. In der Praxis sollte diese Mustersatzung unbedingt beachtet werden. Der Verein bzw. die GmbH kann nach dem Beschluss über die Satzung beim Finanzamt den Antrag stellen, dass das Finanzamt feststellt, dass die satzungsmäßigen Voraussetzungen eingehalten werden. Die Feststellung der Satzungsmäßigkeit ist dann z.B. für den steuerlichen Spendenabzug der Spender bindend.
BFH, Urteil v. 26.8.2021 - V R 11/20; NWB
Der Koalitionsausschuss hat sich am 23.3.2022 auf ein Maßnahmenpaket des Bundes zum Umgang mit den hohen Energiekosten geeinigt. Hintergrund: Die Regierungskoalition hat sich bereits im Koalitionsausschuss...
Der Koalitionsausschuss hat sich am 23.3.2022 auf ein Maßnahmenpaket des Bundes zum Umgang mit den hohen Energiekosten geeinigt.
Hintergrund: Die Regierungskoalition hat sich bereits im Koalitionsausschuss vom 23.2.2022 auf ein Paket zur Entlastung der Bürger sowie von Unternehmen geeinigt. (s. hierzu unsere Nachricht v. 28.2.2022). Dazu zählt u.a. die Unterstützung zur Senkung der Stromkosten durch die vorzeitige Abschaffung der EEG-Umlage ab dem 1.7.2022, die Anhebung des Arbeitnehmerpauschbetrages, des Grundfreibetrages, der Fernpendler-Pauschale, der Heizkostenzuschuss und zahlreiche weitere Maßnahmen. Darüber hinaus hat die Koalition am 17.3.2022 eine Verdoppelung des Heizkostenzuschusses für Empfänger von Wohngeld, BAföG, Bundesausbildungshilfe oder Ausbildungsgeld beschlossen (s. hierzu unsere Nachricht v. 21.3.2022).
Zur weiteren Entlastung der Bürger sollen nun die folgenden Maßnahmen zeitnah auf den Weg gebracht werden:
1. Energiepreispauschale
Allen einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen (Steuerklassen 1-5) wird einmalig eine Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro als Zuschuss zum Gehalt ausgezahlt. Der Zuschlag soll die Begünstigten schnell und unbürokratisch erreichen und unabhängig von den geltenden steuerlichen Regelungen (Pendlerpauschale, Mobilitätsprämie, steuerfreien Arbeitgebererstattungen, Job-Ticket) „on top“ gewährt werden. Er soll weitere Härten im Bereich der Energiepreise abfedern. Die Auszahlung erfolgt über die Lohnabrechnung des Arbeitgebers bzw. des Dienstherren. Die Pauschale unterliegt der Einkommensteuer.
Selbständige erhalten einen Vorschuss über eine einmalige Senkung ihrer Einkommensteuer-Vorauszahlung. Um in Zukunft einen einfachen und unbürokratischen Weg für Direktzahlungen an die Bürgerinnen und Bürger zu ermöglichen, wird die Bundesregierung möglichst noch in diesem Jahr einen Auszahlungsweg über die Steuer-ID für das Klimageld entwickeln.
2. Familienzuschuss
Zur Abfederung besonderer Härten für Familien wird schnellstmöglich für jedes Kind ergänzend zum Kindergeld ein Einmalbonus in Höhe von 100 Euro über die Familienkassen ausgezahlt. Der Bonus wird auf den Kinderfreibetrag angerechnet.
3. Einmalzahlung für Empfänger von Transferleistungen
Im Angesicht der gestiegenen Preisdynamik wird die bereits beschlossene Einmalzahlung von 100 Euro für Empfänger von Sozialleistungen um 100 Euro pro Person erhöht. Bei den jetzigen Energiepreisen ist davon auszugehen, dass zum 1.1.2023 die Regelbedarfe die hohen Preissteigerungen abbilden und damit angemessen erhöht werden.
4. Absenkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe für drei Monate
Zur Reduzierung der Belastung der Bürger sowie der Wirtschaft, insbesondere im Handwerk und in der Logistikbranche durch die hohen Kraftstoffpreise, wird die Energiesteuer auf Kraftstoffe auf das europäische Mindestmaß abgesenkt - befristet für drei Monate. Zugleich soll sichergestellt werden, dass die Absenkung an die Verbraucher weitergegeben wird.
5. Neun Euro/Monat für 90 Tage ÖPNV
Für 90 Tage wird ein Ticket für 9 Euro/Monat ("9 für 90") zur Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs eingeführt.
Hinweis: Die Ergebnis des Koalitionsausschusses vom 23.3.2022 "Maßnahmenpaket des Bundes zum Umgang mit den hohen Energiekosten" können Sie auf der Homepage des Bundesfinanzministeriums (BMF) einsehen. Dort finden Sie auch eine Zusammenfassung der zurzeit geplanten Maßnahmen.
BMF online, Meldung v. 24.3.2022; NWB
Der Gesetzgeber plant für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen einen monatlichen Zinssatz von 0,15 % bzw. jährlichen Zinssatz von 1,8 % rückwirkend für Verzinsungszeiträume ab 1.1.2019. Dies würde...
Der Gesetzgeber plant für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen einen monatlichen Zinssatz von 0,15 % bzw. jährlichen Zinssatz von 1,8 % rückwirkend für Verzinsungszeiträume ab 1.1.2019. Dies würde den bislang geltenden Zinssatz von 6 % jährlich ablösen. Damit reagiert der Gesetzgeber auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Verfassungswidrigkeit des gesetzlichen Zinssatzes von 6 % ab dem 1.1.2019.
Hintergrund: Das BVerfG hat im Jahr 2021 den gesetzlichen Zinssatz für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen in Höhe von 6 % für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2019 als verfassungswidrig beurteilt und den Gesetzgeber zu einer Neuregelung bis zum 31.7.2022 aufgefordert. Der Gesetzentwurf liegt nun vor.
Wesentlicher Inhalt des Gesetzentwurfs:
Rückwirkend für Verzinsungszeiträume ab 1.1.2019 soll ein Zinssatz von 1,8 % jährlich (= 0,15 % monatlich) gelten.
Für Verzinsungszeiträume bis zum 31.12.2018 bleibt es beim bisherigen Zinssatz von 6 % jährlich.
Hinweis: Es kann somit bei Verzinsungszeiträumen, die sich über den 1.1.2019 erstrecken, zu unterschiedlichen Zinssätzen kommen. In diesem Fall soll der Zinslauf nach der Neuregelung in Teilverzinsungszeiträume aufgeteilt werden. Für die Teilverzinsungszeiträume sind die Zinsen jeweils tageweise zu berechnen.
Erstmals zum 1.1.2026 soll der neue Zinssatz von 1,8 % jährlich evaluiert werden, so dass es zu einer Anpassung kommen kann. Eine Anpassung soll erfolgen, wenn sich eine Abweichung zwischen dem evaluierten Zinssatz und dem bisherigen Zinssatz von mehr als einem Prozentpunkt ergibt.
Hinweis: Die Evaluierung soll alle drei Jahre stattfinden, so dass es künftig regelmäßig zu Anpassungen des Zinssatzes kommen kann.
Hinweise: Die Neuregelung, die für Verzinsungszeiträume ab 1.1.2019 gelten, soll in allen anhängigen Verfahren gelten. Der Gesetzgeber weist jedoch selbst auf die Regelung zum Vertrauensschutz hin, die Steuerpflichtige, die Erstattungszinsen in Höhe von 6 % für den Verzinsungszeitraum ab 1.1.2019 bereits erhalten haben, grundsätzlich vor einer nachteiligen Änderung schützt.
Eine Änderung des 6 %igen Zinssatzes für die Stundung, Aussetzung der Vollziehung, Hinterziehung oder eine Änderung der Höhe des 12 %igen Säumniszuschlags, in dem auch ein Zinsanteil enthalten ist, ist nicht vorgesehen.
Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung; NWB
Die Vergütung für einen Insolvenzverwalter ist nicht als außergewöhnliche Belastung absetzbar. Es handelt sich nämlich nicht um eine außergewöhnliche Aufwendung, da die Überschuldung eine Vielzahl...
Die Vergütung für einen Insolvenzverwalter ist nicht als außergewöhnliche Belastung absetzbar. Es handelt sich nämlich nicht um eine außergewöhnliche Aufwendung, da die Überschuldung eine Vielzahl von Steuerpflichtigen trifft.
Hintergrund: Außergewöhnliche Belastungen sind steuerlich absetzbar. Bei außergewöhnlichen Belastungen handelt es sich um Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstehen, und zwar in einem größeren Umfang als der überwiegenden Anzahl der Steuerpflichtigen. Ein typisches Beispiel sind Krankheitskosten oder Schäden infolge einer Naturkatastrophe.
Sachverhalt: Über das Vermögen des X wurde im Jahr 2007 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Das Insolvenzgericht setzte die Vergütung des Klägers im September 2012 auf ca. 3.760 € fest; der Kläger entnahm die Vergütung aus dem eingerichteten Treuhandkonto. Im November 2012 wurde dem X die Restschuldbefreiung angekündigt und der Kläger zum Treuhänder bestellt. Im Januar 2013 wurde das Insolvenzverfahren aufgehoben; allerdings ordnete das Insolvenzgericht bezüglich der Einkommensteuererstattungsansprüche, für die der Sachverhalt während der Dauer des Insolvenzverfahrens verwirklicht worden war, die sog. Nachtragsverteilung an. Der Kläger reichte anschließend für den X die Einkommensteuererklärung für 2012 ein und machte die Insolvenzverwaltervergütung als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Finanzamt erkannte diese nicht an und gab den Bescheid gegenüber dem Kläger bekannt.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) erkannte eine außergewöhnliche Belastung des X nicht an und wies die Klage ab:
Zwar hat der X die Insolvenzverwaltervergütung gezahlt, da sie von seinem Treuhandkonto entnommen worden ist. Das Treuhandkonto gehörte zum Vermögen des X. Die hieraus resultierende Belastung ist nicht dadurch entfallen, dass dem X nach Abschluss des Insolvenzverfahrens Restschuldbefreiung erteilt worden ist; denn von der Restschuldbefreiung werden nicht die Kosten des Insolvenzverfahrens erfasst.
Die Insolvenzverwaltervergütung ist aber nicht außergewöhnlich und erfüllt deshalb nicht die Voraussetzungen einer außergewöhnlichen Belastung. Die Überschuldung von Privatpersonen ist nämlich kein gesellschaftliches Randphänomen, sondern das Verbraucher-Insolvenzverfahren wurde bis Ende 2019 für ca. 2,13 Mio. Privatpersonen durchgeführt.
Hinweise: Der BFH hält damit an seiner bisherigen Rechtsprechung nicht mehr fest. Nach der bisherigen Rechtsprechung konnte der Steuerpflichtige eine Insolvenztreuhändervergütung insbesondere dann als außergewöhnliche Belastungen geltend machen, wenn er die Ursache seiner Überschuldung nicht selbst gesetzt hat. In seinem aktuellen Urteil macht der BFH deutlich, dass eine Insolvenz mehrere Ursachen haben kann, z.B. eine Scheidung, der Tod des Partners, eine Krankheit, eine gescheiterte Selbständigkeit oder ein zu niedriges Einkommen. Eine Verschuldensprüfung kann daher durch die Finanzämter und Finanzgerichte nicht erfolgen.
Der Hinweis des BFH auf die fehlende Außergewöhnlichkeit ist nicht ganz überzeugend. Denn auch Krankheitskosten treten bei Millionen Menschen auf und werden dennoch als außergewöhnliche Belastungen anerkannt.
Aufgrund des Nachtragsverteilungsverfahrens war der Kläger als Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder berechtigt, die Einkommensteuererklärung für den X für 2012 zu erstellen und auch gegen den Einkommensteuerbescheid vorzugehen.
BFH, Urteil v. 16.12.2021 - VI R 41/18; NWB
Die Finanzverwaltungen der Länder und des Bundes haben die Landingpage "grundsteuerreform.de" eingerichtet. Hierauf weist der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) aktuell hin.Die Internetseite...
Die Finanzverwaltungen der Länder und des Bundes haben die Landingpage "grundsteuerreform.de" eingerichtet. Hierauf weist der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) aktuell hin.
Die Internetseite gibt Auskunft über Wissenswertes zur Reform und einen Überblick über die Regelungen der Länder. Darüber hinaus bündelt sie die Links zu den relevanten Oberflächen der Länder und ermöglicht so den direkten Zugriff auf die Informationen. Die Seite wird federführend vom Thüringer Finanzministerium betrieben.
Hinweis: Zu der Seite gelangen Sie hier: https://grundsteuerreform.de/.
DStV online, Meldung v. 9.3.2022; NWB
Angesichts stark gestiegenen Energiepreise hat der Bundestag am 17.3.2022 das sog. Heizkostenzuschussgesetz in 2./3. Lesung in geänderter Fassung (BT-Drucks. 20/1065) verabschiedet. Gegenüber...
Angesichts stark gestiegenen Energiepreise hat der Bundestag am 17.3.2022 das sog. Heizkostenzuschussgesetz in 2./3. Lesung in geänderter Fassung (BT-Drucks. 20/1065) verabschiedet. Gegenüber der ursprünglichen Version (BT-Drucks. 20/689) wurde eine Verdoppelung der Zuschüsse beschlossen.
Ziel des Gesetzes ist es, u.a. Empfängern von Wohngeld in diesem Jahr einen einmaligen Heizkostenzuschuss zukommen zu lassen. Anspruchsberechtigt sollen laut Entwurf außerdem „nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) und dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz Geförderte“ sowie Beziehende von Berufsausbildungsbeihilfe und Ausbildungsgeld sein:
Für Wohngeldberechtigte (Bezugszeitraum Oktober 2021 bis März 2022 - für mindestens einen Monat) soll der Zuschuss 270 € (ein berücksichtigtes Haushaltsmitglied) beziehungsweise 350 € (zwei berücksichtige Haushaltsmitglieder) betragen, für jedes weitere berücksichtigte Haushaltsmitglied kommen zusätzlich 70 € dazu.
Studierende und Auszubildende, die staatliche Hilfen erhalten (Bezugszeitraum s.o.), sollen einmalig 230 € erhalten.
Hinweis: Alle Berechtigten sollen den Zuschuss ohne Antragstellung erhalten. Der Bundesrat muss dem Vorhaben noch zustimmen.
Bundestag online Meldung v. 17.3.2022; NWB
Werden ein Bankkredit vom Darlehensnehmer unter Hinweis auf eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung widerrufen und die Kreditauszahlung sowie die Darlehens- und Zinszahlungen rückabgewickelt, kann die...
Werden ein Bankkredit vom Darlehensnehmer unter Hinweis auf eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung widerrufen und die Kreditauszahlung sowie die Darlehens- und Zinszahlungen rückabgewickelt, kann die von der Bank geleistete Rückzahlung zu steuerpflichtigen Kapitaleinkünften des Darlehensnehmers führen. Dies ist der Fall, wenn es sich bei der Zahlung der Bank um Nutzungswertersatz für die vom Darlehensnehmer erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen handelt.
Hintergrund: Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte vor einigen Jahren die Widerrufsbelehrungen der Banken als fehlerhaft eingestuft. Dies ermöglichte Darlehensnehmern, noch weit nach Ablauf der (fehlerhaft) vereinbarten Widerrufsfrist einen Widerruf zu erklären. Es kam dann zu einer Rückabwicklung der Darlehensbeziehung.
Sachverhalt: Die Kläger waren Eheleute, die im Jahr 2004 ein Wohnungsbaudarlehen für ihr Einfamilienhaus über 197.000 € aufgenommen hatten. Nachdem der BGH seine Entscheidung zur fehlerhaften Widerrufsbelehrung veröffentlicht hatte, erklärten die Kläger im Jahr 2014 den Widerruf, so dass es zu einer Rückabwicklung kam. Die Kläger machten dabei einen Zahlungsbetrag von ca. 77.000 € geltend, der sich aus der Summe der von ihnen von 2004 bis zum Widerruf erbrachten Tilgungs- und Zinsleistungen, den Zinsen hierauf und der nach dem Widerruf erfolgten Darlehensrückzahlung abzüglich Darlehensvaluta und der Zinsen hierauf zusammensetzte. Die Kläger einigten sich aber außergerichtlich mit der Bank auf die Zahlung eines Betrags von 15.000 € durch die Bank. Die Bank zahlte diesen Betrag im Jahr 2018 an die Kläger, behielt aber 25 % Kapitalertragsteuer ein. Die Kläger machten in ihrer Steuererklärung geltend, dass es sich nicht um Kapitalerträge gehandelt habe.
Entscheidung: Das Finanzgericht Münster (FG) wies die Klage ab:
Bei der Vergleichssumme von 15.000 € handelte es sich um Zinsen, die als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern sind.
Die Kläger hatten aufgrund der von ihnen an die Bank im Zeitraum 2004 bis 2014 gezahlten Tilgungen und Zinsen nicht nur einen Anspruch auf Rückzahlung der Tilgungen und Zinsen, sondern hatten auch einen Nutzungswertersatz hinsichtlich dieser Tilgungs- und Zinsleistungen. Bei diesem Nutzungswertersatz handelt es sich um ein Entgelt für eine Kapitalüberlassung.
Unbeachtlich ist, dass die Kläger bei Aufnahme des Darlehens überhaupt keine Absicht hatten, das Darlehen rückabzuwickeln. Ebenfalls kommt es nicht darauf an, dass die Kläger keinen Überschuss erzielt haben; denn bei einer Rückabwicklung stehen sich die einzelnen Ansprüche der Kläger als Darlehensnehmer und der Bank als Darlehensgeberin selbständig gegenüber.
Den Klägern steht ein Sparer-Pauschbetrag in Höhe von 1.602 € für den Veranlagungszeitraum 2018 zu. Allerdings können sie nicht die Werbungskosten der Jahre 2004 bis 2017 im Streitjahr 2018 geltend machen.
Hinweise: Für das FG spielte es keine Rolle, dass das Darlehen das selbstbewohnte Haus der Kläger und damit den Privatbereich betraf.
Beim Bundesfinanzhof (BFH) sind bereits mehrere Revisionen zu Widerrufsfällen bei Bankdarlehen anhängig, so dass eine höchstrichterliche Entscheidung noch aussteht. Tatsächlich sollte der Ansatz von Kapitaleinkünften in derartigen Fällen nicht akzeptiert, sondern Einspruch eingelegt werden. Denn zum einen fehlt es an einer bewussten Kapitalüberlassung der Darlehensnehmer, da sie ihre Zinsen und Tilgungen dauerhaft an die Bank zahlen wollten. Zum anderen erscheint es zweifelhaft, dass die Vergleichssumme von 15.000 € nur Nutzungswertersatz sein sollte. Schließlich ist es bedenklich, dass die Darlehensnehmer Zinsen versteuern müssen, obwohl sie per Saldo keinen Überschuss erwirtschaftet haben.
FG Münster, Urteil v. 13.1.2022 - 3 K 2991/19 E; NWB
Die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen im eigenen Haushalt wird nicht für statische Berechnungen eines Statikers gewährt, auch wenn der Statiker tätig wird, damit anschließend eine Handwerkerleistung...
Die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen im eigenen Haushalt wird nicht für statische Berechnungen eines Statikers gewährt, auch wenn der Statiker tätig wird, damit anschließend eine Handwerkerleistung ausgeführt werden kann. Bei einem Statiker handelt es sich nämlich nicht um einen Handwerker.
Hintergrund: Der Gesetzgeber gewährt für Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die im eigenen Haushalt des Steuerpflichtigen ausgeführt werden, eine Steuerermäßigung von 20 % der Aufwendungen, höchstens 1.200 €.
Sachverhalt: Die Kläger waren Eheleute, die im Jahr 2015 in einem Einfamilienhaus lebten. Die Holzpfeiler des Hauses waren schadhaft und sollten durch Stahlstützen ersetzt werden. Die Kläger ließen vorab eine statische Berechnung durchführen; für die Kosten der statischen Berechnung machten sie eine Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen geltend, die das Finanzamt nicht gewährte.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:
Ein Statiker (Tragwerksplaner) ist kein Handwerker, sondern er erbringt Leistungen im Bereich der Planung und rechnerischen Überprüfung von Bauwerken sowie der Beurteilung der baulichen Gesamtsituation.
Es genügt nicht, dass die statische Berechnung die Durchführung von Handwerkerleistungen ermöglichen sollte. Es handelt sich vielmehr um getrennte Leistungen.
Hinweise: Der Austausch der Pfeiler dürfte eine Handwerkerleistung darstellen, aber die Kosten hierfür waren nicht streitig, da sie erst im Folgejahr entstanden.
Eine Steuerermäßigung wird hingegen gewährt, wenn ein Handwerker die Funktionsfähigkeit einer Anlage überprüft oder wenn ein Handwerker vorbeugende Maßnahmen zur Schadensabwehr durchführt.
Die Steuerermäßigung wird direkt von der Steuer abgezogen, mindert also nicht die Bemessungsgrundlage.
BFH, Urteil v. 4.11.2021 - VI R 29/19; NWB
Nach einem aktuellen Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) kann der Unternehmer die Umsatzsteuer aus der an ihn gerichteten Rechnung eines Ist-Versteuerers erst dann geltend machen, wenn er...
Nach einem aktuellen Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) kann der Unternehmer die Umsatzsteuer aus der an ihn gerichteten Rechnung eines Ist-Versteuerers erst dann geltend machen, wenn er die Rechnung bezahlt. Es genügt also nicht, dass die Leistung ausgeführt worden ist und die Rechnung vorliegt. Das Urteil des EuGH widerspricht damit der umsatzsteuerlichen Rechtslage in Deutschland.
Hintergrund: Grundsätzlich gilt im Umsatzsteuerrecht die sog. Soll-Versteuerung. Das heißt, der Unternehmer muss die Umsatzsteuer abführen, sobald er die Leistung ausgeführt hat. In bestimmten Fällen, z. B. bei Unternehmern mit Umsätzen von maximal 600.000 € jährlich oder bei Freiberuflern, kann auf Antrag die sog. Ist-Versteuerung erfolgen: Der Unternehmer muss die Umsatzsteuer dann erst im Zeitpunkt der Bezahlung seiner Ausgangsrechnung abführen. In beiden Fällen (Soll- und Ist-Versteuerung) kann der Leistungsempfänger nach bisheriger Praxis die Vorsteuer aber dann geltend machen, wenn die Leistung an ihn ausgeführt worden ist und eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt; auf die Bezahlung der Rechnung kommt es für den Vorsteuerabzug nach deutschem Recht also nicht an.
Sachverhalt: Die Klägerin war eine Hamburger Grundstücksgemeinschaft, die ein Grundstück umsatzsteuerpflichtig angemietet und umsatzsteuerpflichtig weitervermietet hatte. Der Vermieter war ein Ist-Versteuerer und führte die Umsatzsteuer aus den Mietzahlungen der Klägerin erst im Zeitpunkt der Mietzahlung der Klägerin ab. Die Klägerin war aufgrund der Umsatzsteuerpflicht ihrer Vermietung grundsätzlich zum Vorsteuerabzug aus den Rechnungen des Vermieters berechtigt; eine ordnungsgemäße Rechnung lag in Gestalt des Mietvertrags vor. Die Klägerin zahlte die Mieten für 2009 bis 2012 aufgrund einer mit dem Vermieter vereinbarten Stundung aber erst in den Jahren 2013 bis 2016. Sie machte die Vorsteuer aus der Miete für 2009 bis 2012 erst in den Jahren 2013 bis 2016 geltend. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Vorsteuer in den Veranlagungszeiträumen 2009 bis 2012 hätte geltend gemacht werden müssen, die allerdings bereits verjährt waren. Das Finanzgericht Hamburg (FG) legte den Fall dem EuGH vor.
Entscheidung: Der EuGH folgte der Rechtsauffassung der Klägerin:
Nach europäischem Recht ist der Vorsteuerabzug an den Zeitpunkt der Entstehung der Umsatzsteuer geknüpft. Die Vorsteuer aus einer Leistung kann also erst dann geltend gemacht werden, wenn der leistende Unternehmer die Umsatzsteuer abführen muss.
Ist der leistende Unternehmer ein Ist-Versteuerer, muss er die Umsatzsteuer erst im Zeitpunkt der Zahlung an das Finanzamt abführen. Daher kann auch der Leistungsempfänger die Vorsteuer erst im Zeitpunkt der Zahlung abziehen.
Im Streitfall ging es um die Leistung eines Ist-Versteuerers, nämlich des Vermieters. Soweit die Klägerin die Miete für 2009 bis 2012 an den Vermieter erst im Zeitraum 2013 bis 2016 gezahlt hat, muss der Vermieter die Umsatzsteuer erst in den Jahren 2013 bis 2016 an das Finanzamt abführen, so dass die Klägerin auch erst in den Jahren 2013 bis 2016 die Vorsteuer abziehen kann. Die deutsche Rechtslage, nach der der Vorsteuerabzug bereits mit der Ausführung der Leistung und dem Erhalt der Rechnung zulässig ist, verstößt gegen das europäische Umsatzsteuerrecht.
Hinweise: Die abschließende Entscheidung muss das FG treffen. Die Entscheidung des EuGH wird den Vorsteuerabzug in Deutschland beeinflussen; denn der Gesetzgeber wird auf das Urteil des EuGH reagieren müssen. Vermutlich wird sich vorher noch die Finanzverwaltung zu dem Urteil äußern.
Das Urteil des EuGH ist für alle Unternehmer, die Vorsteuer geltend machen, von Bedeutung und betrifft daher auch vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer, die Soll-Versteuerer sind. Das EuGH-Urteil wirkt sich aus, wenn ein Unternehmer (Soll- oder Ist-Versteuerer) eine Leistung von einem Ist-Versteuerer erhält und diesen nicht sogleich bezahlt. Der Vorsteuerabzug ist dann erst im Zeitpunkt der Bezahlung und nicht schon im Zeitpunkt des Rechnungserhalts möglich. Erhält der Unternehmer hingegen eine Leistung von einem Soll-Versteuerer, ändert sich durch das EuGH-Urteil nichts; die Vorsteuer ist wie bisher dann abziehbar, wenn die Leistung ausgeführt worden ist und eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt.
Unklar ist, wie der vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer wissen soll, dass der leistende Unternehmer ein Ist-Versteuerer ist; eine entsprechende Hinweispflicht in der Rechnung gibt es nach deutschem Recht nämlich nicht.
EuGH, Urteil v. 10.2.2022 - Rs. C 9/20; NWB
Der Antrag auf Abzug von nachehelichen Unterhaltsleistungen als Sonderausgaben stellt ein sog. rückwirkendes Ereignis dar, das die Änderung des Steuerbescheids des unterhaltsberechtigten Ehegatten...
Der Antrag auf Abzug von nachehelichen Unterhaltsleistungen als Sonderausgaben stellt ein sog. rückwirkendes Ereignis dar, das die Änderung des Steuerbescheids des unterhaltsberechtigten Ehegatten und damit die nachträgliche Erfassung der Unterhaltszahlungen als sonstige Einkünfte rechtfertigt. Die vierjährige Verjährung für die Änderung des Steuerbescheids beginnt bereits mit der Stellung des Antrags auf Abzug als Sonderausgaben durch den unterhaltsleistenden Ehegatten und nicht erst mit der Bekanntgabe des Steuerbescheids, in dem die Sonderausgaben berücksichtigt werden.
Hintergrund: Unterhaltsleistungen unter geschiedenen Ehegatten können vom unterhaltsleistenden Ehegatten bis zu 13.805 € jährlich als Sonderausgaben abgezogen werden, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte zustimmt; in diesem Fall muss der unterhaltsberechtigte Ehegatte die Unterhaltszahlungen bis maximal 13.805 € als sonstige Einkünfte versteuern.
Sachverhalt: Die Klägerin wurde am 20.9.2007 von ihrem Ehemann E geschieden. Im Rahmen der Scheidung erhielt sie eine Abfindung von 10.000 €. Die Klägerin gab ihre Einkommensteuererklärung für 2007 am 17.7.2008 ab und erklärte darin keine sonstigen Einkünfte. Der entsprechende Einkommensteuerbescheid erging am 25.9.2008.
Die Klägerin stimmte anschließend dem Abzug der Abfindung als Sonderausgaben zu. E stellte daher am 12.2.2010 einen Änderungsantrag bei seinem Finanzamt auf Abzug der gezahlten Abfindung als Sonderausgaben und reichte die Zustimmung der Klägerin ein. Es kam zu einem längeren Streit, ob die Abfindung als Sonderausgaben zu berücksichtigen sei; erst am 15.9.2015 erließ das Finanzamt des E einen entsprechenden Änderungsbescheid zugunsten des E. Anschließend wurde der Bescheid der Klägerin am 26.11.2015 zu ihren Ungunsten geändert und die Abfindung als sonstige Einkünfte erfasst. Hiergegen wehrte sich die Klägerin.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:
Zwar war das Finanzamt grundsätzlich zu einer Änderung des Steuerbescheids der Klägerin zu ihren Ungunsten berechtigt. Denn die Antragstellung des Klägers, die Abfindung als Sonderausgaben zu berücksichtigen, stellte ein sog. rückwirkendes Ereignis dar. Jedoch war für die Steuerfestsetzung der Klägerin für 2007 bereits Verjährung eingetreten.
Kann der Unterhaltszahler die Unterhaltsleistung aufgrund der Zustimmung des Unterhaltsempfängers als Sonderausgaben abziehen, muss der Unterhaltsempfänger im Gegenzug die Unterhaltsleistung als sonstige Einkünfte versteuern. Der Antrag des Unterhaltszahlers auf Abzug der Unterhaltszahlungen als Sonderausgaben ist rechtsgestaltend und ermöglicht auf der einen Seite den Abzug als Sonderausgaben und aufseiten des Unterhaltsempfängers die Steuerpflicht. Damit stellt bereits der Antrag des E am 12.2.2010 ein rückwirkendes Ereignis dar.
Die vierjährige Festsetzungsverjährung, die infolge eines rückwirkenden Ereignisses neu beginnt, begann somit am 1.1.2011 und endete am 31.12.2014. Der Änderungsbescheid für die Klägerin ist aber erst am 26.11.2015 und damit nach Eintritt der Verjährung erlassen worden.
Hinweise: Das Urteil erhöht den Druck auf die Finanzämter, wenn ein geschiedener Ehegatte nachträglich Unterhaltszahlungen als Sonderausgaben geltend macht, nachdem er – oft erst nach einem familienrechtlichen Rechtsstreit – die Zustimmung des Unterhaltsempfängers erhalten hat. Hier muss nun nämlich das Finanzamt des unterhaltszahlenden Ehegatten das Finanzamt des unterhaltsempfangenden Ehegatten informieren, damit dieses innerhalb von vier Jahren den Steuerbescheid zulasten des unterhaltsempfangenden Ehegatten ändern kann. Wartet es damit, bis der Änderungsbescheid für den unterhaltszahlenden Ehegatten erlassen worden ist, kann beim anderen Ehegatten bereits Verjährung eingetreten sein.
Offengelassen hat der BFH die Frage, ob die Abfindung überhaupt eine Unterhaltszahlung darstellte. Denkbar war, dass die Abfindung für einen geltend gemachten Zugewinnausgleichsanspruch geleistet wurde; in diesem Fall hätte der E keinen Sonderausgabenabzug geltend machen dürfen, und die Klägerin wäre ohnehin nicht zur Versteuerung sonstiger Einkünfte verpflichtet gewesen.
BFH, Urteil v. 28.7.2021 - X R 15/19; NWB