Aus einer Nullfestsetzung ergibt sich für den Steuerpflichtigen grundsätzlich keine Beschwer. Dies gilt auch für eine Nullfestsetzung, die sich gegen einen gemeinnützigen Verein richtet, wenn der...
Aus einer Nullfestsetzung ergibt sich für den Steuerpflichtigen grundsätzlich keine Beschwer. Dies gilt auch für eine Nullfestsetzung, die sich gegen einen gemeinnützigen Verein richtet, wenn der Verein mehrere wirtschaftliche Geschäftsbetriebe unterhält und nur bei einem der wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe streitig ist, ob er ein sog. Zweckbetrieb ist. Der Nullbescheid stellt dann nicht die Steuerpflicht fest, da wegen der anderen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe ohnehin ein Steuerbescheid ergehen würde.
Hintergrund: Gemeinnützige Vereine sind von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit, so dass ihnen gegenüber keine Steuerfestsetzung ergeht. Anders ist dies aber, wenn ein gemeinnütziger Verein einen sog. wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält. Der Gewinn aus diesem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb muss besteuert werden. Unter bestimmten Voraussetzungen gelten wirtschaftliche Geschäftsbetriebe aber als Zweckbetrieb und sind dann steuerlich unschädlich.
Streitfall: Der Kläger war ein gemeinnütziger Verein im Bereich der Wohlfahrtspflege, der neben seinem gemeinnützigen Bereich mehrere wirtschaftliche Geschäftsbetriebe sowie Zweckbetriebe unterhielt. Im Streitjahr 2012 richtete der Kläger zudem eine Abrechnungsstelle für die Abrechnung von Krankentransporten ein, die einen Gewinn von 0 € erwirtschaftete; nach Auffassung des Klägers handelte es sich bei der Abrechnungsstelle um einen Zweckbetrieb. Das Finanzamt sah nach einer Außenprüfung in der Abrechnungsstelle hingegen einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Es änderte daraufhin die Körperschaft- und Gewerbesteuermessbetragsfestsetzung, wobei die Körperschaftsteuer wie auch der Gewerbesteuermessbetrag jedoch weiterhin 0 € betrugen. Hiergegen klagte der Kläger.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hielt die Klage für unzulässig und wies sie ab:
Der Kläger ist durch die Festsetzung einer Körperschaftsteuer und eines Gewerbesteuermessbetrags von jeweils 0 € nicht beschwert. Eine Steuer bzw. ein Messbetrag von 0 € beschwert den Steuerpflichtigen nicht, da er keine Steuer entrichten muss. Ohne Beschwer ist die Klage unzulässig.
Zwar kann bei gemeinnützigen Vereinen eine Steuer- bzw. Messbetragsfestsetzung von 0 € eine Beschwer begründen, weil mit der Festsetzung von 0 € die Steuerpflicht dem Grunde nach festgestellt und damit die Steuerfreiheit verneint wird. Im Streitfall ergibt sich aus der Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbetragsfestsetzung aber keine derartige Bedeutung.
Streitig ist nur der sachliche Umfang der Steuerbefreiung, da der Kläger mehrere wirtschaftliche Geschäftsbetriebe unterhielt. Wegen der anderen Geschäftsbetriebe wäre ohnehin eine Steuerfestsetzung ergangen. Der Streit, ob die Abrechnungsstelle als Zweckbetrieb oder aber als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb einzustufen ist, wirkt sich im Streitjahr nicht aus, da der Gewinn aus der Abrechnungsstelle 0 € betrug.
Hinweise: Hätte der Kläger keinen weiteren wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten, hätte sich aus der Nullfestsetzung ergeben, dass das Finanzamt den Kläger nicht für vollständig steuerbefreit hält. Die Klage wäre dann wohl zulässig gewesen.
Der Grundsatz, dass sich aus einer Nullfestsetzung keine Beschwer ergibt, gilt nicht bei der Umsatzsteuer, da hier auch eine negative Steuerfestsetzung möglich ist, wenn die Vorsteuer höher ist als die Umsatzsteuer.
BFH, Urteil vom 16.12.2021 – V R 19/21; NWB
Wird ein Investitionsabzugsbetrag für einen Pkw gebildet, muss...
Wird ein Investitionsabzugsbetrag für einen Pkw gebildet, muss der Nachweis der nahezu ausschließlich betrieblichen Nutzung des Pkw nicht zwingend durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch erbracht werden. Ein Nachweis ist auch durch andere Beweismittel wie z.B. Zeugen möglich.
Hintergrund: Ein Unternehmer kann für künftige Investitionen einen Investitionsabzugsbetrag steuermindernd bilden. Voraussetzung für die Sonderabschreibung ist u.a. aber, dass das Wirtschaftsgut nach seiner Anschaffung bis zum Ende des folgenden Wirtschaftsjahres ausschließlich betrieblich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird.
Streitfall: Der Kläger war Rechtsanwalt. Er bildete in den Streitjahren 2009 und 2013 jeweils einen Investitionsabzugsbetrag für einen Pkw. Er schaffte beide Pkw an, führte dann aber keine ordnungsgemäßen Fahrtenbücher. Das Finanzamt ging deshalb von einer nicht nahezu ausschließlich betrieblichen Nutzung der Pkw aus und machte die beiden Investitionsabzugsbeträge rückgängig. Der Kläger hat im Verfahren vor dem Finanzgericht (FG) Zeugen benannt, die bestätigen sollten, dass er die betrieblichen Fahrten mit den beiden Pkw durchgeführt habe. Das FG hat diese Zeugen nicht vernommen.
Entscheidung: Der BFH hat die Sache an das FG zurückverwiesen, das nun ermitteln muss, ob die beiden Pkw nahezu ausschließlich betrieblich genutzt worden sind:
Die Bildung des Investitionsabzugsbetrags setzt voraus, dass das Wirtschaftsgut nahezu ausschließlich betrieblich genutzt wird, d.h. zu mindestens 90 %.
Dieser Nachweis kann durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt werden. Im Streitfall war das jeweilige Fahrtenbuch aber nicht ordnungsgemäß, da es nicht zeitnah geführt worden war und Kilometerstände sowie Privatfahrten fehlten.
Trotz fehlender ordnungsgemäßer Fahrtenbücher kann der nahezu ausschließlich betriebliche Nutzungsanteil aber auch auf andere Weise nachgewiesen werden, z.B. durch Zeugen oder andere Aufzeichnungen. Das FG muss daher den Zeugenanträgen nachkommen und anhand der Zeugenaussagen prüfen, ob sich aufgrund dieser Zeugenaussagen eine mindestens 90%ige betriebliche Nutzung der Pkw ergibt.
Hinweise: Der BFH bestätigt seine aktuelle Rechtsprechung, nach der ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch für den Nachweis der nahezu ausschließlich betrieblichen Nutzung eines Pkw im Rahmen eines Investitionsabzugsbetrags nicht zwingend erforderlich ist. Denkbar sind auch andere Beweismittel wie z.B. Zeugen oder andere Aufzeichnungen; so könnten etwa Werkstattrechnungen vorgelegt werden, aus denen sich der Kilometerstand ergibt. In der Praxis wird es allerdings schwierig sein, mit Hilfe anderer Beweismittel den Umfang der betrieblichen Nutzung nachzuweisen.
Anders ist die Rechtslage bei der Bewertung der Pkw-Privatnutzung eines betrieblichen Pkw. Die Bewertung erfolgt zwingend nach der sog. 1-%-Methode in Höhe eines Prozents des Bruttolistenpreises des Pkw pro Monat, wenn ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nicht geführt wird.
BFH, Urteil vom 16.3.2022 – VIII R 24/19; NWB
Die Umsatzsteuer auf eine Vermittlungsprovision, die in fünf Jahresraten gezahlt wird, entsteht grundsätzlich bereits mit der Vermittlung. Die Umsatzsteuer darf nicht zugunsten des Unternehmers berichtigt...
Die Umsatzsteuer auf eine Vermittlungsprovision, die in fünf Jahresraten gezahlt wird, entsteht grundsätzlich bereits mit der Vermittlung. Die Umsatzsteuer darf nicht zugunsten des Unternehmers berichtigt werden, da die Vereinbarung einer Ratenzahlung keine Uneinbringlichkeit darstellt, die eine Berichtigung ermöglichen würde.
Hintergrund: Grundsätzlich entsteht die Umsatzsteuer bereits mit der Erbringung der Leistung (sog. Soll-Besteuerung). Auf die Erstellung der Rechnung, die Fälligkeit oder die Bezahlung kommt es also im Regelfall nicht an.
Streitfall: Die Klägerin, die ihre Umsätze nach der sog. Soll-Besteuerung versteuerte, vermittelte im Jahr 2012 ein Grundstück. Die Vereinbarung sah hierfür eine Provision von 1 Mio. € netto zzgl. 190.000 € vor, die in fünf Jahresraten à 200.000 € zzgl. 38.000 € Umsatzsteuer in den Jahren 2013 bis 2017 zu zahlen war. Das Finanzamt stellte auf die Vermittlungsleistung im Jahr 2012 ab und verlangte von der Klägerin 190.000 € Umsatzsteuer für 2012. Die Klägerin war der Ansicht, dass die Umsatzsteuer erst ab 2013 jährlich in Höhe von 38.000 € (19 % auf 200.000 €) entstehe, also erst mit der jeweiligen Ratenzahlung.
Entscheidung: Der BFH hat dem Finanzamt grundsätzlich Recht gegeben, die Sache aber zurückverwiesen, weil die Klägerin Teilleistungen erbracht haben könnte:
Die Umsatzsteuer entsteht nach den Grundsätzen der Soll-Besteuerung mit der Ausführung der Vermittlungsleistung im Jahr 2012. Auf die Bezahlung der Leistung und auf die Fälligkeit des Zahlungsbetrags kommt es nicht an.
Eine Berichtigung der Umsatzsteuer zugunsten der Klägerin ist nicht möglich. Denn eine Berichtigung setzt voraus, dass entweder die Bemessungsgrundlage gemindert wird oder die Forderung uneinbringlich ist. Allein die Vereinbarung einer Ratenzahlung führt aber nicht zur Uneinbringlichkeit. Auch ist die Bemessungsgrundlage nicht gemindert worden.
Die Klägerin hatte allerdings in der Vorinstanz vor dem Finanzgericht (FG) geltend gemacht, dass die Provision auch für die „Begleitung“ des gesamten Projekts gezahlt wurde. Sollte dies stimmen, könnte die Klägerin nicht nur eine einmalige Vermittlungsleistung erbracht haben, sondern Teilleistungen, so dass die Umsatzsteuer mit der Ausführung der einzelnen Teilleistung in Höhe des dafür vereinbarten Teilentgelts entstehen würde. Der BFH hat die Sache an das FG zur entsprechenden Sachverhaltsaufklärung zurückverwiesen.
Hinweise: Der BFH hatte den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen, der eine Entstehung der Umsatzsteuer im Zeitpunkt der Ausführung der Leistung bejaht und eine Berichtigung der Umsatzsteuer zugunsten der Klägerin verneint hat. Der BFH folgt mit seiner Entscheidung nun dem EuGH.
Diese Rechtsprechung führt dazu, dass der Unternehmer die Umsatzsteuer vorfinanzieren muss. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Unternehmer Teilleistungen erbringt oder wenn er die sog. Ist-Besteuerung anwenden kann (Zahlung der Umsatzsteuer erst nach Erhalt des Geldes). Die Ist-Besteuerung ist im Wesentlichen aber auf Freiberufler sowie auf Unternehmer mit einem Jahresumsatz von maximal 600.000 € beschränkt.
Bislang bejaht der BFH eine Berichtigung der Umsatzsteuer, soweit der Unternehmer aufgrund eines vereinbarten Sicherungseinbehalts wegen Gewährleistungsansprüchen sein Entgelt zunächst nicht vollständig erhält. In seinem aktuellen Urteil lässt der BFH aber ausdrücklich offen, ob er hieran noch festhält oder ob er künftig eine Berichtigung ablehnt. Im letztgenannten Fall müsste der Unternehmer dann die auf den Sicherungseinbehalt entfallende Umsatzsteuer ebenfalls vorfinanzieren.
BFH, Urteil vom 1.2.2022 – V R 37/21 (V R 16/19); NWB
Eine für das Vorjahr geleistete Umsatzsteuervorauszahlung...
Eine für das Vorjahr geleistete Umsatzsteuervorauszahlung kann im Rahmen der Einnahmen-Überschussrechnung nur dann im Vorjahr als Betriebsausgabe abgezogen werden, wenn die Zahlung bis zum 10.1. des Folgejahres geleistet wird und wenn die Umsatzsteuervorauszahlung auch im Zeitraum vom 1.1. bis zum 10.1. des Folgejahres fällig ist. War die Vorauszahlung hingegen schon im Vorjahr fällig oder wird sie erst nach dem 10.1. des Folgejahres fällig, ist der Betriebsausgabenabzug erst im Jahr der Zahlung möglich.
Hintergrund: Bei der Einnahmen-Überschussrechnung gilt grundsätzlich das Zufluss- und Abflussprinzip. Einnahmen sind also im Zeitpunkt des Zuflusses zu versteuern und Ausgaben im Zeitpunkt des Abflusses als Betriebsausgaben geltend zu machen. Das Gesetz enthält aber eine Ausnahme für sog. wiederkehrende Zahlungen, die innerhalb von 10 Tagen vor oder nach dem Jahreswechsel geleistet werden, aber das vorherige bzw. das folgende Jahr betreffen: Sie werden in dem Veranlagungszeitraum berücksichtigt, zu dem sie wirtschaftlich gehören. Eine Umsatzsteuerzahlung für Dezember 2021, die am 5.1.2022 an das Finanzamt gezahlt wird, ist aufgrund dieser Regelung grundsätzlich im Jahr 2021 als Betriebsausgabe abziehbar; denn Umsatzsteuerzahlungen und -erstattungen aufgrund von Voranmeldungen gelten als wiederkehrende Zahlungen.
Sachverhalt: Der Kläger war Unternehmer und ermittelte seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung, d.h. nach Zufluss- und Abflussgesichtspunkten. Die Vorauszahlungen zur Umsatzsteuer für Mai 2017 bis Juli 2017 zahlte er nicht im Jahr 2017, sondern erst am 9.1.2018. Er machte die Zahlung als Betriebsausgabe des Jahres 2017 geltend. Dies lehnte das Finanzamt ab, weil die Zahlungen bereits im Jahr 2017 fällig gewesen waren.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Die Umsatzsteuervorauszahlungen für die Monate Mai 2017 bis Juli 2017 sind erst im Jahr 2018 abgeflossen und daher erst im Jahr 2018 als Betriebsausgabe abziehbar.
Die Ausnahmeregelung für regelmäßig wiederkehrende Zahlungen gilt nicht. Zwar sind Umsatzsteuervorauszahlungen regelmäßig wiederkehrende Zahlungen, und sie wurden auch bis zum 10.1. des Folgejahres, d.h. bis zum 10.1.2018, geleistet.
Die Umsatzsteuervorauszahlungen müssen zusätzlich aber auch in den ersten zehn Tagen des Folgejahres 2018 fällig sein, damit sie im Vorjahr 2017 als Betriebsausgabe abgezogen werden können. Die Fälligkeit im Zehntageszeitraum ist erforderlich, um Zufallsergebnisse zu verhindern. Anderenfalls könnten Umsatzsteuervorauszahlungen, die schon seit längerer Zeit fällig sind, abweichend vom Abflusszeitpunkt im Vorjahr der Zahlung als Betriebsausgabe abgezogen werden.
Im Streitfall waren die drei Zahlungen bereits im Jahr 2017 fällig und nicht erst im Zeitraum vom 1.1.2018 bis 10.1.2018. Die Ausnahmeregelung für regelmäßig wiederkehrende Zahlungen gilt daher nicht, so dass es beim Betriebsausgabenabzug im Jahr der Zahlung, d.h. hier im Jahr 2018, bleibt.
Hinweise: Bislang war streitig, ob für den vom Zahlungsjahr abweichenden Abzug als regelmäßig wiederkehrende Betriebsausgabe nicht nur die Zahlung in den ersten zehn Tagen des Folgejahres erforderlich ist, sondern auch die Fälligkeit in den ersten zehn Tagen des Folgejahres. Diese Streitfrage hat der BFH nun bejaht. Bei Umsatzsteuervorauszahlungen kommt daher ein Betriebsausgabenabzug im Vorjahr für eine in den ersten zehn Tagen des Folgejahres geleistete Zahlung nur dann in Betracht, wenn es sich um die Vorauszahlung für den Dezember des Vorjahres oder für das IV. Quartal des Vorjahres handelt und keine Dauerfristverlängerung, durch die die Fälligkeit um einen Monat verschoben wird, gewährt wurde. Wurde eine Dauerfristverlängerung gewährt, ist der Abzug im Vorjahr der Zahlung nur bei der Umsatzsteuervorauszahlung für den November des Vorjahres möglich, wenn die Zahlung bis zum 10.1. des Folgejahres erfolgt.
Das Urteil dürfte entsprechend auch für regelmäßig wiederkehrende Einnahmen wie z.B. Mieteinnahmen gelten. Diese müssten also in den letzten zehn Tagen des Jahres erzielt worden und auch in diesem Zeitraum fällig sein, damit die Einnahme dem Folgejahr zugerechnet werden kann und im Folgejahr versteuert werden muss.
Für Bilanzierer hat das Urteil keine Bedeutung, da es dort nicht auf den Zahlungszeitpunkt, sondern stets auf den Zeitpunkt der wirtschaftlichen Verursachung ankommt.
BFH, Urteil vom 16.2.2022 – X R 2/21; NWB
Die Abgabe der Einkommensteuererklärung bei einem unzuständigen Finanzamt...
Die Abgabe der Einkommensteuererklärung bei einem unzuständigen Finanzamt kann die sog. Anlaufhemmung beenden und damit den Beginn der Festsetzungsfrist auslösen, wenn das unzuständige Finanzamt seine Unzuständigkeit erkennt, aber weder die Erklärung an das zuständige Finanzamt weiterleitet noch den Steuerpflichtigen darauf hinweist, dass er die Einkommensteuererklärung dem zuständigen Finanzamt zusenden muss.
Hintergrund: Die Festsetzungsfrist beträgt grundsätzlich vier Jahre. Ist eine Steuererklärung einzureichen, beginnt die Verjährungsfrist erst mit dem Ablauf des Jahres, in dem die Steuererklärung eingereicht wird, spätestens aber mit Ablauf des dritten Jahres (sog. Anlaufhemmung). Wird also im Jahr 2022 die Einkommensteuererklärung für 2021 eingereicht, beginnt die vierjährige Verjährungsfrist für 2021 mit Ablauf des 31.12.2022 und endet mit Ablauf des 31.12.2026.
Streitfall: Der Kläger war Nachlassverwalter des verstorbenen M und musste die Steuererklärungen für M erstellen. M wurde bis zu seinem Tod im Zuständigkeitsbereich des Finanzamts A einkommensteuerlich geführt. Für die gesonderte Feststellung seiner freiberuflichen Einkünfte war jedoch das Finanzamt H zuständig, da M in dessen Zuständigkeitsbereich als Architekt tätig gewesen war. Das Finanzamt A erließ am 7.4.2011 einen Einkommensteuerbescheid für 2010 und schätzte mangels Abgabe der Einkommensteuererklärung die Besteuerungsgrundlagen auf 0 €. Im Oktober 2011 reichte der Steuerberater des M die Einkommensteuererklärung für 2010 beim unzuständigen Finanzamt H ein. Das Finanzamt H leitete die Einkommensteuererklärung für 2010 nicht an das zuständige Finanzamt A weiter, sondern erließ am 2.3.2012 einen Bescheid über die gesonderte Feststellung und stellte die Einkünfte entsprechend den Angaben in der Einkommensteuererklärung in Höhe von ca. 975.000 € fest. Zugleich schickte es eine entsprechende Mitteilung an das zuständige Finanzamt A über die Höhe der festgestellten Einkünfte. Auf dieser Grundlage erließ das Finanzamt H am 6.10.2016 einen Einkommensteuerbescheid und legte freiberufliche Einkünfte in Höhe von 975.000 € zugrunde.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hob den Einkommensteuerbescheid vom 6.10.2016 auf und gab der Klage statt:
Der Einkommensteuerbescheid vom 6.10.2016 ist nach Eintritt der Festsetzungsverjährung ergangen und war daher aufzuheben.
Die vierjährige Festsetzungsfrist für 2010 begann mit Ablauf des 31.12.2011, da die Einkommensteuererklärung für 2010 im Jahr 2011 abgegeben worden ist. Die Festsetzungsfrist lief daher nach vier Jahren mit Ablauf des 31.12.2015 ab, so dass am 6.10.2016 bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war.
Die Festsetzungsfrist beginnt grundsätzlich erst nach Abgabe der Einkommensteuererklärung beim zuständigen Finanzamt. Anderenfalls würde die Festsetzungsfrist beginnen, bevor das für die Steuerfestsetzung zuständige Finanzamt etwas vom Entstehen und der Höhe des Steueranspruchs erfahren hat.
Das zuständige Finanzamt wäre das Finanzamt A gewesen; die Steuererklärung wurde aber beim Finanzamt H abgegeben, das nur für die gesonderte Feststellung der Einkünfte zuständig war, nicht jedoch für die Einkommensteuer.
Ausnahmsweise genügt für die Beendigung der Anlaufhemmung und damit für den Beginn der Festsetzungsfrist aber auch die Abgabe der Steuererklärung bei einem unzuständigen Finanzamt, wenn dieses trotz Kenntnis seiner Unzuständigkeit die Steuererklärung zu den Akten nimmt, anstatt die Erklärung an das zuständige Finanzamt weiterzuleiten oder den Steuerpflichtigen darüber zu informieren, dass es die Steuererklärung nicht an das zuständige Finanzamt weiterleitet.
Der Kläger ist damit so zu stellen, als ob der Verstoß nicht erfolgt wäre. Bei einer ordnungsgemäßen Handhabung wäre die Einkommensteuererklärung noch im Oktober 2011 an das Finanzamt A weitergeleitet worden, so dass mit Ablauf des 31.12.2011 die vierjährige Festsetzungsfrist begonnen hätte.
Hinweise: Das Finanzamt A war nicht so langsam mit der Steuerfestsetzung, wie es scheint. Es hatte durchaus schon vor dem Jahr 2016 versucht, die Einkommensteuer für 2010 gegenüber dem Kläger festzusetzen; jedoch war die Bekanntgabe nicht wirksam erfolgt, möglicherweise auch wegen der verfahrensrechtlichen Komplikationen aufgrund des Todes des M.
Dem Finanzamt A half es auch nicht, dass es beim Erlass eines Feststellungsbescheids eine sog. Ablaufhemmung gibt. Denn diese Ablaufhemmung beträgt nur zwei Jahre, und der Feststellungsbescheid war vom Finanzamt H am 2.3.2012 bekanntgegeben worden. Eine Ablaufhemmung bis zum 6.10.2016 trat also nicht ein.
Die aktuelle Entscheidung betrifft einen Ausnahmefall, weil das Finanzamt H seine Fürsorgepflicht verletzt hat. Der BFH hält im Übrigen an seinem Grundsatz fest, dass eine Steuererklärung beim zuständigen Finanzamt abgegeben werden muss, damit die Anlaufhemmung beendet werden kann und die Festsetzungsfrist beginnt.
BFH, Urteil vom 14.12.2021 – VIII R 31/19; NWB
Die Einziehung von GmbH-Anteilen eines ausscheidenden Gesellschafters gegen Abfindung unterliegt der Schenkungsteuer, wenn die gezahlte Abfindung unter dem tatsächlichen Wert der Beteiligung des ausscheidenden...
Die Einziehung von GmbH-Anteilen eines ausscheidenden Gesellschafters gegen Abfindung unterliegt der Schenkungsteuer, wenn die gezahlte Abfindung unter dem tatsächlichen Wert der Beteiligung des ausscheidenden Gesellschafters liegt. Dies gilt nicht nur im Fall der Zwangseinziehung, sondern auch dann, wenn die Einziehung mit Zustimmung des ausscheidenden Gesellschafters erfolgt.
Hintergrund: Nach dem Gesetz löst die Einziehung von GmbH-Anteilen Schenkungsteuer aus, wenn der Anteil aufgrund einer Regelung im Gesellschaftsvertrag der GmbH bei Ausscheiden des Gesellschafters eingezogen wird und der Abfindungsanspruch niedriger ist als der tatsächliche Wert des Anteils. Besteuert wird dann die Werterhöhung, die sich für die Anteile der verbleibenden Gesellschafter ergibt. Gesellschaftsrechtlich darf eine Einziehung nur erfolgen, wenn sie entweder im Gesellschaftsvertrag zugelassen ist oder – ohne Zustimmung des ausscheidenden Gesellschafters – wenn die Voraussetzungen der Einziehung vor dem Zeitpunkt, in welchem der ausscheidende Gesellschafter den Geschäftsanteil erworben hat, im Gesellschaftsvertrag festgesetzt waren.
Streitfall: Der Kläger war zusammen mit A, B und C an der X-GmbH beteiligt. Jeder Gesellschafter hielt einen Geschäftsanteil von 81.000 €. Nach dem Gesellschaftsvertrag war die Einziehung von Geschäftsanteilen mit Zustimmung des betroffenen Gesellschafters jederzeit zulässig. Im Mai 2007 beschlossen die vier Gesellschafter die Einziehung des Geschäftsanteils des A zum 31.12.2007 gegen eine Abfindung von 75.000 €, die in 75 Monatsraten zu zahlen war. Tatsächlich war die Beteiligung des A ca. 205.000 € wert. Das Finanzamt setzte die Differenz zu einem Drittel als schenkungsteuerpflichtigen Erwerb des Klägers an. Der Kläger war der Ansicht, dass nur die zwangsweise Einziehung Schenkungsteuer auslöse.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Zwar ist dem Kläger nicht der Geschäftsanteil des A anteilig geschenkt worden; denn der Geschäftsanteil des A ging aufgrund der Einziehung unter. Jedoch stellt das Gesetz die sich aufgrund einer Einziehung des Anteils gegen Abfindung unter Wert ergebende Werterhöhung einer Schenkung gleich.
Das Gesetz erfasst nicht nur die Zwangseinziehung, sondern auch die Einziehung mit Zustimmung des ausscheidenden Gesellschafters. Anderenfalls ergäbe sich eine Besteuerungslücke, wenn die Einziehung gegen Minderabfindung von allen Gesellschaftern beschlossen wird.
Im Streitfall lag der Abfindungswert unter dem tatsächlichen Wert, so dass es beim Kläger wie auch bei B und C zu einer Werterhöhung kam.
Hinweise: Über die Einziehung eines Anteils bei einer Kapitalgesellschaft hinaus führt auch das Ausscheiden eines Gesellschafters gegen eine zu niedrige Abfindung zur Schenkungsteuer, und zwar sowohl bei Kapital- als auch bei Personengesellschaften. Wird ein Anteil einer Personen- oder Kapitalgesellschaft zu einem zu niedrigen Wert bewusst, d.h. freigebig, auf eine andere Person übertragen bzw. verkauft, liegt ebenfalls eine Schenkung in Höhe der Wertdifferenz vor, die allerdings aufgrund der Begünstigungen für das Betriebsvermögen weitgehend steuerfrei sein kann.
Der tatsächliche Wert des Anteils des A (205.000 €) war nicht streitig; zudem hätte ein etwaiger Streit über den Wert des Anteils in einem anderen Verfahren geführt werden müssen, nämlich im Verfahren gegen die sog. gesonderte Wertfeststellung. Da die Abfindung in 75 Monatsraten gezahlt werden sollte, war die Abfindung von 75.000 € auf 63.720 € abzuzinsen. Damit ergab sich eine Wertdifferenz von 141.210 € (204.930 € Wert des Anteils abzüglich 63.720 € abgezinste Abfindung), die zu einem Drittel (= 47.070 €) auf den Kläger entfiel. Nach Abzug des Freibetrags ergab sich eine Schenkungsteuer in Höhe von 7.106 € für den Kläger.
Auch bei B und C kam es zu entsprechenden Werterhöhungen, die schenkungsteuerbar waren. Allerdings betrifft das aktuelle BFH-Urteil nur die Klage des Klägers.
BFH, Urteil vom 17.11.2021 – II R 21/20; NWB
Minijobberinnen und Minijobber können künftig 520 Euro statt 450 Euro durchschnittlich monatlich verdienen. Ab dem 1. Oktober 2022 wird sich die Minijob-Grenze an einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden...
Minijobberinnen und Minijobber können künftig 520 Euro statt 450 Euro durchschnittlich monatlich verdienen. Ab dem 1. Oktober 2022 wird sich die Minijob-Grenze an einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden zu Mindestlohnbedingungen orientieren. Die wichtigsten Informationen zu den Änderungen für Minijobber und Arbeitgeber, finden Sie in diesem Beitrag.
Mindestlohn erhöht sich auf 12 Euro pro Stunde
Der Gesetzgeber erhöht zum 1. Oktober 2022 den gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro je Zeitstunde. Die Erhöhung geht auf eine Vereinbarung im Koalitionsvertrag zurück.
Minijob-Grenze wird auf 520 Euro monatlich angehoben
Die Verdienstgrenze im Minijob liegt seit dem Jahr 2013 unverändert bei 450 Euro im Monat. Zukünftig wird die Minijob-Grenze dynamisch und am Mindestlohn ausgerichtet angepasst. Das bedeutet, dass sich die Verdienstgrenze künftig an einer wöchentlichen Arbeitszeit von 10 Stunden und am Mindestlohn orientiert. Erhöht sich der Mindestlohn, steigt also auch die Minijob-Grenze.
Mit der Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde wird die Minijob-Grenze zum 1. Oktober 2022 entsprechend auf 520 Euro monatlich erhöht.
Neuregelungen auch beim Überschreiten der Minijob-Verdienstgrenze
Überschreitet der durchschnittliche Monatsverdienst die Minijob-Grenze, liegt kein Minijob mehr vor. Ausgenommen hiervon sind gelegentliche nicht vorhersehbare Überschreitungen. Die Höhe der Verdienste in den Monaten des unvorhersehbaren Überschreitens ist unerheblich. Als gelegentlich wird heute ein Zeitraum von bis zu drei Kalendermonaten innerhalb eines Zeitjahres angesehen. Diese Regelung ergibt sich bisher ausschließlich aus den Geringfügigkeits-Richtlinien.
Zukünftig wird das unvorhersehbare Überschreiten gesetzlich geregelt. Gelegentlich ist dann ein unvorhersehbares Überschreiten bis zu zwei Kalendermonaten innerhalb eines Zeitjahres. Darüber hinaus darf die Überschreitung maximal 520 Euro monatlich betragen, so dass auf Jahressicht ein maximaler Verdienst bis zur Höhe des 14-fachen der Minijob-Grenze möglich sein wird. Eine Minijobberin oder ein Minijobber darf also grundsätzlich 6.240 Euro über 12 Monate und in begründetem Ausnahmefall höchstens 7.280 Euro im Jahr verdienen.
Wichtiger Hinweis für Rentner: Für einige Rentenbezieher gilt in der Rentenversicherung eine kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze. Mit Erhöhung der Verdienstgrenze im Minijob ab dem 1. Oktober 2022 sollten Rentner diese bei der Ausübung eines Minijobs im Blick haben. Nach aktuellem Stand wird die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze in Höhe von 6.300 Euro für Bezieher einer Rente wegen voller Erwerbsminderung oder der Knappschaftsausgleichsleistung nicht angepasst. Ein gelegentliches unvorhersehbares Überschreiten der Verdienstgrenze im Minijob könnte dazu führen, dass Rentner die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze in Höhe von 6.300 Euro überschreiten. Dies würde sich rentenschädlich auswirken. Bei der Knappschaftsausgleichsleistung würde sogar der Anspruch auf diese Rente entfallen. Für Bezieher einer Altersrente vor Erreichen der Regelaltersgrenze gilt derzeit eine höhere Hinzuverdienstgrenze. Ab dem 1. Januar 2023 beträgt diese nach aktueller Rechtslage auch wieder 6.300 Euro.
Midijob-Grenze wird von 1.300 auf 1.600 Euro angehoben
Mit dem neuen Gesetz wird auch die Verdienstgrenze für eine Beschäftigung im Übergangsbereich erhöht. Bisher liegt ein sogenannter Midijob vor, wenn das durchschnittliche monatliche Arbeitsentgelt der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers im Übergangsbereich 450,01 Euro bis 1.300 Euro beträgt. Künftig liegt ein Midijob vor, wenn Arbeitnehmer regelmäßig im Monat mehr als 520,00 Euro und maximal 1.600 Euro verdienen.
Im neuen Übergangsbereich werden Arbeitgeber stärker belastet als heute. Der Beitragsanteil des Arbeitgebers bzw. der Arbeitgeberin beläuft sich im unteren Bereich des Übergangsbereichs (ab 520,01 Euro) wie bei Minijobs auf ca. 28 Prozent und wird gleitend bis 1.600 Euro auf den regulären Sozialversicherungsbeitrag abgeschmolzen. Midijobber und Midijobberinnen profitieren dadurch, dass der Belastungssprung beim Übergang vom Minijob zum Midijob geglättet wird. Dadurch soll der Anreiz für Minijobber erhöht werden, ihre Arbeitszeit über die Minijob-Grenze hinaus auszuweiten.
Midijobs sind sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen, für die die Krankenkassen zuständig sind und nicht die Minijob-Zentrale.
Minijob-Zentrale online, Meldung vom 13.6.2022; NWB
Das Bundesfinanzministerium (BMF) gewährt bei der Unterstützung ukrainischer...
Das Bundesfinanzministerium (BMF) gewährt bei der Unterstützung ukrainischer Arbeitnehmer, die durch den Krieg in der Ukraine geschädigt worden sind, steuerliche Erleichterungen in Gestalt einer Steuerfreiheit der Unterstützungsleistungen. Außerdem lässt es Arbeitslohnspenden, die zugunsten ukrainischer Kriegsgeschädigter geleistet werden, steuerfrei.
Hintergrund: Nach dem Gesetz sind Bezüge aus öffentlichen Mitteln, die wegen Hilfsbedürftigkeit geleistet werden, steuerfrei. Die Finanzverwaltung lässt unter bestimmten Voraussetzungen auch bestimmte Unterstützungsleistungen an Arbeitnehmer bis zu einem Betrag von 600 € steuerfrei.
Wesentlicher Inhalt des BMF-Schreibens: Das BMF erweitert die gesetzliche Regelung und die bisherige Verwaltungspraxis auf Unterstützungsleistungen zugunsten von Arbeitnehmern, die durch den Krieg in der Ukraine geschädigt worden sind:
Unterstützungsleistungen des Arbeitgebers an Arbeitnehmer, die durch den Krieg in der Ukraine geschädigt sind, sind bis zur Höhe von 600 € je Kalenderjahr und Arbeitnehmer steuerfrei.
Ist die Unterstützungsleistung höher als 600 €, kann auch der übersteigende Betrag steuerfrei sein, wenn es sich um einen besonderen Notfall handelt. Dies ist grundsätzlich dann zu bejahen, wenn der Arbeitnehmer die Ukraine als Kriegsflüchtling verlassen hat oder in vergleichbarer Weise unmittelbar vom Krieg betroffen ist.
Steuerfrei sind auch Zinsvorteile oder Zinszuschüsse, die dem vom Ukraine-Krieg geschädigten Arbeitnehmer gewährt werden. Das Darlehen darf aber nicht höher als der ihm durch den Krieg entstandenen Schaden sein.
Auch weitere Vorteile, die der Arbeitgeber gewährt, sind steuerfrei, z.B. eine Pkw-Überlassung, wenn der Pkw des Arbeitnehmers aufgrund des Kriegs nicht mehr verfügbar ist, eine Wohnungsüberlassung, die Ausstattung einer Wohnung oder Verpflegung, wenn der Arbeitnehmer insoweit Unterstützung benötigt.
Hinweis: Der Arbeitgeber muss die steuerfreien Leistungen im Lohnkonto aufzeichnen. Zudem muss er dokumentieren, dass die o.g. Voraussetzungen für die Steuerfreiheit erfüllt sind. Hierzu gehört die Dokumentation, dass der Arbeitnehmer durch den Krieg in der Ukraine geschädigt worden ist, die Höhe des Schadens sowie die Unterstützungsleistung.
Arbeitslohnspenden von Arbeitnehmern sind steuerfrei, wenn sie an Arbeitnehmer, die durch den Ukraine-Krieg geschädigt sind, geleistet werden oder wenn sie auf ein Spendenkonto zugunsten der Ukraine eingezahlt werden.
Es kann sich dabei auch um Arbeitslohnspenden zugunsten von kriegsgeschädigten Arbeitnehmern von Geschäftspartnern des Arbeitgebers handeln.
Hinweis: Die steuerfreie Arbeitslohnspende ist nicht in der Lohnsteuerbescheinigung anzugeben. Allerdings darf die steuerfreie Arbeitslohnspende nicht zusätzlich als Spende steuerlich abgezogen werden.
BMF-Schreiben vom 7.6.2022 - IV C 4 - S 2223/19/10003 :017; NWB
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat anlässlich der vorübergehenden Einführung des sog. 9-Euro-Tickets zu steuerfreien Zuschüssen des Arbeitgebers zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten...
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat anlässlich der vorübergehenden Einführung des sog. 9-Euro-Tickets zu steuerfreien Zuschüssen des Arbeitgebers zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeit Stellung genommen. Das BMF beanstandet es nicht, wenn der Zuschuss des Arbeitgebers während des Geltungszeitraums des sog. 9-Euro-Tickets im Zeitraum Juni bis August 2022 höher ist als die nunmehr geminderten monatlichen Aufwendungen des Arbeitnehmers. Allerdings darf der Zuschuss über das Jahr betrachtet nicht höher sein als die jährlichen Aufwendungen des Arbeitnehmers für den öffentlichen Nahverkehr.
Hintergrund: Zuschüsse des Arbeitgebers zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für den öffentlichen Linienverkehr, d.h. für die Fahrten von der Wohnung zur Arbeit, sind nach dem Gesetz steuerfrei, wenn der Zuschuss zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gezahlt wird. Allerdings mindert der Zuschuss die Höhe der Werbungskosten des Arbeitnehmers.
Inhalt des aktuellen Schreibens des BMF:
Wegen des sog. 9-Euro-Tickets mindern sich die Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Fahrten von der Wohnung zur Arbeit. Das BMF beanstandet es nicht, wenn der Zuschuss des Arbeitgebers während des Geltungszeitraums im Zeitraum Juni bis August 2022 nicht gemindert wird, sondern höher ist als die nunmehr geminderten monatlichen Aufwendungen des Arbeitnehmers. Dies steht der Steuerfreiheit des Zuschusses im Zeitraum Juni bis August 2022 zunächst nicht entgegen.
Allerdings darf der Zuschuss des Arbeitgebers über das Jahr 2022 betrachtet nicht höher sein als die jährlichen Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Fahrten von der Wohnung zur Arbeit. Es gilt also eine Jahresbetrachtung.
Übersteigt der im Jahr 2022 gezahlte Zuschuss des Arbeitgebers die Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeit, ist der übersteigende Betrag steuerpflichtig und nicht mehr steuerfrei.
Hinweise: Die steuerfreien Arbeitgeberzuschüsse sind zu bescheinigen; denn sie mindern die Entfernungspauschale.
Das sog. 9-Euro-Ticket entlastet den Arbeitnehmer nicht, wenn der Arbeitgeber ohnehin die Kosten für die Monatskarte bzw. Jahreskarte übernommen hat und der Zuschuss steuerfrei ist.
Das aktuelle BMF-Schreiben führt zu einer zeitlichen Entlastung, weil der Arbeitgeber nicht sofort seinen Zuschuss an die gesunkenen Kosten für den Nahverkehr anpassen muss. Allerdings kann auf diese Anpassung nicht generell verzichtet werden, weil nach der Jahresbetrachtung der jährlich geleistete Zuschuss die jährlichen Aufwendungen des Arbeitnehmers nicht übersteigen darf; anderenfalls ist der übersteigende Betrag steuerpflichtig.
BMF-Schreiben vom 30.5.2022 – IV C 5 – S 2351/19/10002 :007; NWB
Das Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg hat einen Steuerguide für Influencer veröffentlicht.Darin gibt das Ministerium einen Überblick darüber, welche Steuerarten für Influencerinnen...
Das Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg hat einen Steuerguide für Influencer veröffentlicht.
Darin gibt das Ministerium einen Überblick darüber, welche Steuerarten für Influencerinnen und Influencer infrage kommen können und ob Betroffene ihre Tätigkeit beim Finanzamt anzeigen müssen. Das Ministerium weist zugleich darauf hin, dass der Steuerguide keine Fachberatung ersetzt.
Hinweis: Zu finden ist der Steuerguide auf der Homepage des Ministeriums.
Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg, Pressemitteilung v. 9.6.2022, NWB
Der Bundesfinanzhof (BFH) hält es für möglich, dass das gesetzliche Aufteilungsgebot bei Beherbergungsumsätzen gegen EU-Recht verstößt, und hat daher in einem aktuellen Fall Aussetzung der Vollziehung...
Der Bundesfinanzhof (BFH) hält es für möglich, dass das gesetzliche Aufteilungsgebot bei Beherbergungsumsätzen gegen EU-Recht verstößt, und hat daher in einem aktuellen Fall Aussetzung der Vollziehung gewährt. Das Aufteilungsgebot führt dazu, dass z.B. das Entgelt für das Frühstück oder für den Wellnessbereich in einem Hotel nicht mit 7 % ermäßigt besteuert werden kann, sondern dem regulären Umsatzsteuersatz von 19 % unterliegt.
Hintergrund: Der Gesetzgeber gewährt für Übernachtungsleistungen von Hotels und Pensionen den ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %. Nach dem Gesetz gilt der ermäßigte Umsatzsteuersatz aber nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, wie z.B. Frühstück, Schwimmbad oder Parkplatz, auch wenn diese Leistungen im Übernachtungspreis enthalten sind.
Streitfall: Die Antragstellerin betreibt ein Hotel und Restaurant. Im Übernachtungspreis war auch ein Frühstück sowie der Zugang zu einem Schwimmbad enthalten. Die Antragstellerin unterwarf ihre Umsätze des Jahres 2017 dem ermäßigten Steuersatz von 7 % und begründete dies damit, dass sie eine einheitliche Leistung erbracht habe. Das Finanzamt teilte den Übernachtungspreis jedoch auf und besteuerte den auf das Frühstück und auf das Schwimmbad entfallenden Teil des Übernachtungspreises mit 19 %. Hiergegen legte die Antragstellerin Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung, die vom Finanzamt sowie vom Finanzgericht abgelehnt wurde.
Entscheidung: Der BFH gab dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung im Beschwerdeverfahren statt:
Nach deutschem Recht ist zwar eine Aufteilung des Übernachtungspreises in den Preis für die eigentliche Übernachtung und in den Preis für die sonstigen Leistungen wie z.B. die Nutzung des Schwimmbades oder das Frühstück geboten. Nach diesem Aufteilungsgebot darf nur der auf die Übernachtung entfallende Teil des Gesamtpreises mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 % besteuert werden.
Das deutsche Aufteilungsgebot könnte allerdings mit dem Recht der EU unvereinbar sein. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nämlich entschieden, dass auch eine sog. einheitliche Leistung vorliegen kann, so dass derjenige Umsatzsteuersatz anwendbar ist, der für den Hauptbestandteil der Leistung gilt. Überträgt man diese Entscheidung auf Beherbergungsumsätze, könnte dies dazu führen, dass eine einheitliche Leistung vorliegt, die sich aus der Übernachtung einerseits und aus den unselbständigen Nebenleistungen (Frühstück, Nutzung Schwimmbad) andererseits zusammensetzt; es würde dann der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 % für das Gesamtentgelt greifen, weil die Hauptleistung die Übernachtungsleistung ist, für die der ermäßigte Steuersatz von 7 % gilt.
Zu der Frage, ob ein Aufteilungsgebot gilt oder ob der Grundsatz der einheitlichen Leistung gilt, ist derzeit ein Verfahren beim EuGH anhängig. Dieses anhängige Verfahren rechtfertigt es, Aussetzung der Vollziehung zu gewähren.
Hinweise: Der aktuelle Fall betrifft neben der Übernachtungsbranche auch Umsätze aus langfristiger Vermietung. Die Vermietung ist zwar grundsätzlich umsatzsteuerfrei; dies gilt nach dem deutschen Gesetz aber ausdrücklich nicht für die Vermietung von Betriebsvorrichtungen. Wird ein Grundstück zusammen mit den auf dem Grundstück befindlichen Betriebsvorrichtungen vermietet, stellt sich die Frage, ob die Miete nach dem Aufteilungsgebot aufzuteilen ist, so dass der auf die Vermietung der Betriebsvorrichtungen entfallende Mietteil umsatzsteuerpflichtig ist, oder ob nach dem Grundsatz der einheitlichen Leistung die Gesamtmiete umsatzsteuerfrei bleibt.
BFH, Beschluss v. 7.3.2022 - XI B 2/21 (AdV), NWB
Der Deutsche Bundestag hat am 3.6.2022 dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns zugestimmt. Damit wird der allgemeine gesetzliche Mindestlohn zum 1.10.2022...
Der Deutsche Bundestag hat am 3.6.2022 dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns zugestimmt. Damit wird der allgemeine gesetzliche Mindestlohn zum 1.10.2022 auf 12 Euro brutto je Zeitstunde angehoben.
Seit dem 1.1.2022 beträgt der gesetzliche Mindestlohn 9,82 Euro. Zum 1.7.2022 steigt er turnusmäßig auf 10,45 Euro. Einmalig zum Oktober 2022 wird der Mindestlohn nun per Gesetz auf 12 Euro pro Stunde angehoben.
Im Zuge der Anpassung des Mindestlohns auf 12 Euro wird die Entgeltgrenze für Minijobs von derzeit 450 Euro auf 520 Euro angehoben und dynamisiert. Die Midijob-Grenze wird von derzeit 1.300 auf 1.600 Euro monatlich angehoben.
Über etwaige weitere Erhöhungsschritte wird die unabhängige Mindestlohnkommission befinden - erstmalig bis zum 30.6.2023 mit Wirkung zum 1.1.2024.
Hinweis: Der Bundesrat befasst sich am 10.6.2022 abschließend mit dem Gesetz. Es ist nicht zu erwarten, dass die Länderkammer das Vorhaben blockieren wird. Danach muss das Gesetz noch im Bundesgesetzblatt verkündet werden.
u.a. Bundesarbeitsministerium online, Meldung v. 3.6.2022; NWB
Nachricht aktualisiert am : Der Bundesrat hat das Gesetz in seiner heutigen Sitzung abschließend gebilligt. Die Regelungen können damit - nach Unterzeichnung des Gesetzes durch den Bundespräsidenten und der Verkündung im Bundesgesetzblatt - wie geplant in Kraft treten.
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat Mai 2022 bekannt gegeben.Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2022 können Sie auf der Homepage des...
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat Mai 2022 bekannt gegeben.
Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2022 können Sie auf der Homepage des BMF abrufen.
BMF, Schreiben vom 1.6.2022 - III C 3 - S 7329/19/10001 :004 (2022/0573639); NWB
Ein Steuerpflichtiger hat keinen Auskunftsanspruch gegenüber...
Ein Steuerpflichtiger hat keinen Auskunftsanspruch gegenüber der beim Bundeszentralamt für Steuern ansässigen Informationszentrale für steuerliche Auslandsbeziehungen über die gespeicherten Daten. Denn eine Auskunft würde die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der Finanzverwaltung gefährden, weil der Steuerpflichtige dann wüsste, was die Finanzverwaltung bereits über ihn in Erfahrung gebracht hat, und er darauf reagieren könnte.
Hintergrund: Beim Bundeszentralamt für Steuern gibt es eine Informationszentrale für steuerliche Auslandsbeziehungen (IZA), die steuerliche Informationen mit Auslandsbezug sammelt und speichert. So werden bei der IZA z.B. Daten zu Briefkastenfirmen im Ausland erfasst.
Streitfall: Die Klägerin war eine im Ausland registrierte Gesellschaft, bei der nicht sicher war, ob sich die geschäftliche Oberleitung ebenfalls in Deutschland oder aber im Ausland befand. Die Klägerin hatte davon erfahren, dass bei der IZA Daten über sie gespeichert waren, die sie teilweise für falsch hielt. Sie beantragte eine Auskunft über die gespeicherten Daten und eine Berichtigung des über sie gespeicherten Firmenprofils.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die dahingehend gerichtete Klage ab:
Zwar besteht nach der Datenschutz-Grundverordnung grundsätzlich ein Auskunftsanspruch. Dieser Auskunftsanspruch wird im Steuerrecht aber eingeschränkt.
Der Auskunftsanspruch besteht nach dem Gesetz nicht, wenn die Auskunft die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der Finanzverwaltung gefährdet, wenn der Steuerpflichtige aufgrund der erteilten Information steuerlich bedeutsame Sachverhalte verschleiern könnte, wenn er steuerlich bedeutsame Spuren verwischen könnte oder wenn er seine steuerlichen Mitwirkungspflichten auf den Kenntnisstand der Finanzbehörden einstellen könnte.
Im Streitfall bestand kein Auskunftsanspruch, weil die Erteilung der Auskunft die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der Finanzverwaltung gefährden würde. Die Klägerin wüsste dann nämlich, welche Informationen die Finanzverwaltung bereits über sie und ihren Geschäftsführer gesammelt hat, der im Fall von Briefkastenfirmen i. d. R. auch noch Geschäftsführer weiterer Briefkastenfirmen sein dürfte. Der Geschäftsführer wüsste dann, welche Briefkastenfirmen der Finanzverwaltung bereits bekannt sind und welche noch nicht, so dass er die Tätigkeiten in die noch nicht entdeckten Briefkastenfirmen verlagern könnte.
Da es keinen Auskunftsanspruch der Klägerin gibt, hat sie auch keinen Berichtigungsanspruch bezüglich des von ihr beanstandeten Firmenprofils.
Hinweise: Der Fall zeigt, dass die in der Öffentlichkeit oft genannte Datenschutz-Grundverordnung im Steuerrecht nur eine sehr eingeschränkte Bedeutung hat. Im Steuerrecht gibt es spezielle Regelungen, die sicherstellen sollen, dass die Arbeit der Finanzverwaltung durch Auskunftsansprüche nicht übermäßig behindert wird.
Im Streitfall ging es um einen Auskunftsanspruch gegen die IZA, d.h. bezüglich der gesammelten Informationen mit Auslandsbezug. Noch nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob aus der Datenschutz-Grundverordnung ein Anspruch auf Akteneinsicht abgeleitet werden kann.
BFH, Urteil v. 17.11.2021 - II R 43/19; NWB
Bei der Bewertung eines Nachlasses kann der niedrigere gemeine...
Bei der Bewertung eines Nachlasses kann der niedrigere gemeine Wert für einen Grundstücksanteil nicht durch den Kaufpreis nachgewiesen werden, der im Rahmen einer Teilerbauseinandersetzung an den Miterben gezahlt wird. Ein derartiger Kaufpreis wird nämlich nicht im gewöhnlichen Geschäftsverkehr gezahlt.
Hintergrund: Werden Grundstücke vererbt oder verschenkt, muss der Wert des Grundstücks ermittelt werden. Die Wertermittlung erfolgt nach einem typisierenden gesetzlichen Verfahren. Allerdings kann der Steuerpflichtige auch einen niedrigeren gemeinen Wert nachweisen.
Streitfall: Der Kläger erbte zusammen mit B ein Grundstück. Die Erbquote des Klägers betrug 40 %, die des B 60 %. Der Kläger war mit B nicht verwandt. Im November 2017 kam es zu einer Teilerbauseinandersetzung, bei der der Kläger den Grundstücksteil des B für 48.000 € kaufte. Bei der Ermittlung des Kaufpreises ging der Kläger von dem Kaufpreis für vergleichbare Objekte aus (130.000 €), minderte diesen um Sanierungskosten in Höhe von 50.000 € auf 80.000 € und setzte eine Quote von 60 % für den Anteil des B an. Das Finanzamt setzte hingegen einen Grundbesitzwert von ca. 138.000 € an, gegen den sich der Kläger wehrte.
Entscheidung: Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Zwar kann der Steuerpflichtige einen niedrigeren gemeinen Wert nachweisen. Es muss sich dann aber um einen Wert handeln, der sich im gewöhnlichen Geschäftsverkehr ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse ergibt.
Der Kläger hat einen derartigen niedrigeren Wert nicht nachgewiesen. Denn die Teilerbauseinandersetzung erfolgte nicht im gewöhnlichen Geschäftsverkehr. Die Teilerbauseinandersetzung bezog sich nicht auf das gesamte Grundstück, sondern nur auf einen Grundstücksanteil von 60 %; im gewöhnlichen Geschäftsverkehr werden jedoch nur gesamte Grundstücke veräußert, nicht Grundstücksanteile. Außerdem ist der Grundstücksanteil keiner anderen Person angeboten worden.
Hinweise: Unbeachtlich war, dass der Kläger und B nicht verwandt und damit keine nahestehenden Personen waren.
Der Kläger hätte den niedrigeren gemeinen Wert durch ein Sachverständigengutachten nachweisen können. Der mit B vereinbarte Kaufpreis war hingegen nicht geeignet.
Gegen das Urteil wurde Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt, das Aktenzeichen dort lautet II R 8/21.
FG Düsseldorf, Urteil v. 3.9.2020 - 11 K 2359/19 BG; NWB
Die Maßnahmen der sog. Entlastungspakete I und II treten - teilweise rückwirkend in Kraft. Über diese und weitere gesetzliche Neuregelungen informiert die Bundesregierung.Entlastungspaket I...
Die Maßnahmen der sog. Entlastungspakete I und II treten - teilweise rückwirkend in Kraft. Über diese und weitere gesetzliche Neuregelungen informiert die Bundesregierung.
Entlastungspaket I
Um die steigenden Energiepreise abzufedern, hat die Bundesregierung steuerliche Entlastungen auf den Weg gebracht. Rückwirkend zum Jahresbeginn steigen die Entfernungspauschale, der Grundfreibetrag und der Arbeitnehmerpauschbetrag.
Entlastungspaket II
Mit dem zweiten Entlastungspaket erhalten Bürger weitere Unterstützung: Eine einmalige Energiepreispauschale, einen einmaligen Kinderbonus, die temporäre Absenkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe und das 9-Euro-Ticket.
Höherer Heizkostenzuschuss
Zusätzlich werden 2,1 Millionen Menschen mit einem einmaligen Heizkostenzuschuss entlastet – vor allem Wohngeld-Haushalte und Studierende mit BAföG. Wegen der zuletzt noch stärker gestiegenen Energiekosten verdoppelt sich der Zuschuss gegenüber dem ursprünglichen Entwurf. Das Gesetz tritt am 1. Juni 2022 in Kraft.
Sichere Energieversorgung
Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat die angespannte Lage auf den Energiemärkten drastisch verschärft. Die Bundesregierung arbeitet fortlaufend daran, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Ein wichtiger Schritt: die Modernisierung des Energiesicherungsgesetzes. Das entsprechende Gesetz trat am 22. Mai 2022 in Kraft.
Sanktionen gegen Russland effektiv durchsetzen
Die EU-Sanktionen gegen Russland umfassen das Einfrieren von Vermögenswerten gelisteter Personen, Reisebeschränkungen, Beschränkungen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit sowie Im- und Exportrestriktionen. Das Gesetz soll eine effektive Durchsetzung der Sanktionen in Deutschland sicherstellen.
Grundsicherung für ukrainische Geflüchtete
Die Bundesregierung ermöglicht registrierten Geflüchteten aus der Ukraine einen frühzeitigen Wechsel in die Grundsicherungssysteme. Sie werden ab 1. Juni wie anerkannte Asylsuchende behandelt und haben damit Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung. Die Geflüchteten erhalten zudem erleichterten Zugang zu Integrations- und Sprachkursen sowie zum Arbeitsmarkt.
Bundesregierung online, Meldung v. 27.5.2022; NWB
Das vom Bundesministerium der Justiz (BMJ) vorgelegte und im Sommer 2021 vom Deutschen Bundestag beschlossene Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht (GSVWG)...
Das vom Bundesministerium der Justiz (BMJ) vorgelegte und im Sommer 2021 vom Deutschen Bundestag beschlossene Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht (GSVWG) tritt am 28.5.2022, in Kraft. Das Gesetz soll insbesondere die Transparenz auf Online-Marktplätzen verbessern, für Transparenz und Rechtssicherheit im Hinblick auf das Influencer-Marketing sorgen und vor unlauteren Geschäftspraktiken bei Kaffeefahrten schützen.
Im Einzelnen enthält das Gesetz die folgenden Regelungen:
Rankings und Verbraucherbewertungen auf Online-Marktplätzen: Betreiber von Online-Marktplätzen müssen darüber informieren, ob es sich bei den Anbietern, die über ihre Plattform Waren und Dienstleistungen vertreiben, um Unternehmer handelt. Ermöglichen Vergleichs- und andere Vermittlungsplattformen Verbrauchern die Suche nach Waren oder Dienstleistungen verschiedener Anbieter, müssen sie die Hauptparameter ihres Rankings und die Gewichtung dieser Parameter offenlegen. Machen Plattformen, Webshops oder andere Unternehmer Verbraucherbewertungen öffentlich zugänglich, müssen sie darüber informieren, ob und wie sie sicherstellen, dass die Bewertungen tatsächlich von Verbrauchern stammen.
Individuelle Rechtsbehelfe: Verbraucher, die durch schuldhafte unlautere geschäftliche Handlungen geschädigt worden sind, erhalten einen Anspruch auf Schadensersatz. Bestimmte grenzüberschreitende Verstöße gegen verbraucherschützende Vorschriften in der Europäischen Union stellen in Zukunft eine Ordnungswidrigkeit dar, um diese Verstöße einheitlicher sanktionieren zu können.
Verbot der Vermarktung wesentlich unterschiedlicher Waren als identisch ("Dual Quality"): Identisch gekennzeichnete und vermarktete Waren können in unterschiedlichen EU-Mitgliedstaaten eine unterschiedliche Beschaffenheit oder Rezeptur haben. Zukünftig ist vorgesehen, dass die Vermarktung einer Ware als identisch zu einer in anderen Mitgliedstaaten auf dem Markt bereitgestellten Ware unzulässig ist, wenn sich die Waren im Hinblick auf ihre Zusammensetzung und Merkmale wesentlich unterscheiden.
Kaffeefahrten: Das Gesetz erweitert die Anzeigepflicht der Veranstalter gegenüber der zuständigen Behörde auch bei ins Ausland führenden Kaffeefahrten und verschärft die Informationspflichten bei der Bewerbung solcher Veranstaltungen. Der Vertrieb von Finanzanlagen, Medizinprodukten und Nahrungsergänzungsmitteln auf Kaffeefahrten wird verboten und der Bußgeldrahmen von 1.000 Euro auf 10.000 Euro erhöht.
Kennzeichnung kommerzieller Kommunikation: Das Gesetz stellt zudem klar, in welchen Fällen Inhalte als kommerzielle Kommunikation gekennzeichnet werden müssen. Dies hat vor allem Bedeutung für die Frage, wann Influencer oder Blogger von ihnen abgegebene Empfehlungen als Werbung kennzeichnen müssen.
BMJ, Newsletter v. 27.5.2022; NWB
Dem Bürgerservice der Bundesregierung werden vermehrt unseriöse E-Mails gemeldet. In ihnen fordert die Bundesregierung vermeintlich dazu auf, ausstehende Schulden zu bezahlen. Diese E-Mails stammen...
Dem Bürgerservice der Bundesregierung werden vermehrt unseriöse E-Mails gemeldet. In ihnen fordert die Bundesregierung vermeintlich dazu auf, ausstehende Schulden zu bezahlen. Diese E-Mails stammen nicht von der Bundesregierung und enthalten betrügerische Absichten.
Hierzu führt die Bundesregierung weiter aus:
Derzeit werden vermehrt E-Mails im Namen der Bundesregierung verschickt, die NICHT VON DER BUNDESREGIERUNG STAMMEN und betrügerische Absichten beinhalten. Unserem Bürgerservice wurden mehrere solcher Phishing-Angriffe gemeldet.
Wir bitten Sie – seien Sie wachsam, öffnen Sie keine E-Mails, die Ihnen zweifelhaft erscheinen, klicken Sie auf keine Links und öffnen Sie keine Dateianhänge, die in der Mail enthalten sein könnten.
Woran Sie Phishing-Mails erkennen können
Einige Merkmale, die auf einen Betrugsversuch hindeuten:
eine unpersönliche Anrede: „Sehr geehrte/r Frau/Herr bzw. Kunde“
Der Text der Mail gibt dringenden Handlungsbedarf vor, etwa: „Wenn Sie Ihre Daten nicht umgehend aktualisieren, dann gehen sie unwiederbringlich verloren.“ Oder: „Begleichen Sie Ihre Schulden sofort.“
Drohungen kommen zum Einsatz: „Wenn Sie das nicht tun, müssen wir Ihr Konto leider sperren."
Sie werden aufgefordert, vertrauliche Daten wie die PIN für Ihren Online-Bankzugang oder eine Kreditkartennummer einzugeben.
Die E-Mail enthält Links oder Formulare.
Die Mail scheint von einer bekannten Person oder Organisation zu stammen, jedoch kommt Ihnen das Anliegen des Absenders ungewöhnlich vor.
Mehr Informationen zum Thema finden Sie auf der Webseite des Bundesamtes für Sicherheit und Informationstechnik (BSI). In seinem Newsletter informiert das BSI außerdem regelmäßig zu Verbraucherschutz-Themen. Sie können ihn hier abonnieren.
Auch der Verbraucherschutz klärt zum Thema ausführlich auf. Mehr Informationen finden Sie auf der Webseite des Netzwerks der Verbraucherzentralen in Deutschland.
Bundesregierung online, Meldung v. 25.5.2022; NWB
Ein Golfclub, der Leistungen gegen gesondertes Entgelt erbringt, kann sich nicht auf die Umsatzsteuerfreiheit nach europäischem Recht berufen. Er kann hinsichtlich der Teilnehmergebühren für Golfturniere...
Ein Golfclub, der Leistungen gegen gesondertes Entgelt erbringt, kann sich nicht auf die Umsatzsteuerfreiheit nach europäischem Recht berufen. Er kann hinsichtlich der Teilnehmergebühren für Golfturniere auch nicht die deutsche Umsatzsteuerfreiheit beanspruchen, wenn er eine sog. Einrichtung mit Gewinnstreben ist, weil in seiner Satzung nicht geregelt ist, dass das Vereinsvermögen im Fall der Auflösung des Vereins für gemeinnützige Zwecke zu verwenden ist.
Hintergrund: Nach dem deutschen Umsatzsteuerrecht sind Entgelte für die Teilnahme an sportlichen Veranstaltungen, die von gemeinnützigen Vereinen durchgeführt werden, umsatzsteuerfrei. Nach dem europäischen Umsatzsteuerrecht sind hingegen Entgelte für bestimmte Dienstleistungen, die in einem engen Zusammenhang mit dem Sport stehen, umsatzsteuerfrei, wenn der Sport von einer Einrichtung angeboten wird, die kein Gewinnstreben hat.
Streitfall: Der Kläger ist der nicht gemeinnützige Golfverein Schloss Igling e.V., dessen Mitglieder einen Jahresbeitrag von ca. 1.000 € sowie eine Aufnahmegebühr von einmalig ca. 200 € zahlen. Die Satzung des Vereins enthielt keine Regelung, nach der das Vereinsvermögen im Fall der Auflösung des Vereins für gemeinnützige Zwecke verwendet werden muss. Der Verein erzielte im Jahr 2011 Einnahmen aus der Gebühr für die Platznutzung (sog. Greenfee), Startgelder für die Teilnahme an Turnieren, Gebühren für die Nutzung von Ballautomaten und Caddys sowie aus dem Verkauf eines Golfschlägers, insgesamt ca. 78.000 €. Diese Einnahmen behandelte das Finanzamt als umsatzsteuerpflichtig und verlangte von dem Verein Umsatzsteuer.
Entscheidung: Der BFH verneint eine Umsatzsteuerfreiheit und hat die Klage des Vereins abgewiesen:
Ein Sportverein kann sich nicht unmittelbar auf die Umsatzsteuerfreiheit nach europäischem Recht berufen. Denn danach sind nur „bestimmte“ Leistungen im Sportbereich steuerfrei. Dies bedeutet, dass die endgültige Entscheidung darüber, welche Leistungen umsatzsteuerfrei sind, vom jeweiligen nationalen Gesetzgeber, z.B. vom deutschen Gesetzgeber, getroffen werden müssen; dies verhindert, dass ein Verein sich unmittelbar auf die europäische Umsatzsteuerbefreiung berufen kann.
Auch die deutsche Umsatzsteuerfreiheit steht dem Verein nicht zu. Denn hierfür wäre bei Auslegung der deutschen Regelung unter Berücksichtigung des europäischen Umsatzsteuerrechts erforderlich, dass der Verein eine Einrichtung ohne Gewinnstreben ist. Dies setzt aber eine entsprechende gemeinnützige Satzung voraus, die u.a. regelt, dass im Fall der Auflösung des Vereins das Vereinsvermögen für gemeinnützige Zwecke verwendet wird. Diesen Anforderungen genügte die Satzung des Vereins im Jahr 2011 nicht, sondern erst im Jahr 2016.
Die Regelung für Kleinunternehmer kam für den Verein aufgrund der Höhe seiner Umsätze nicht in Betracht.
Hinweise: Der BFH ändert seine Rechtsprechung, nachdem er im Streitfall den Europäischen Gerichtshof angerufen hatte und dieser eine unmittelbare Berufung auf das europäische Umsatzsteuerrecht abgelehnt hat. Bislang ließ der BFH es zu, dass sich ein deutscher Sportverein unmittelbar auf die Steuerbefreiung nach dem europäischen Recht beruft; dies ist nun nicht mehr möglich.
Handelt es sich bei dem Verein um eine Einrichtung ohne Gewinnstreben, steht ihm nach dem deutschen Umsatzsteuerrecht die Umsatzsteuerfreiheit für Teilnehmergebühren für sportliche Veranstaltungen zu. Diese Voraussetzung dürfte beim Kläger für den Zeitraum ab 2016 erfüllt sein, soweit er Golfturniere durchführt und hierfür Teilnahmegebühren vereinnahmt. Für die weiteren streitigen Leistungen wie die Greenfee oder die Miete für die Nutzung des Ballautomaten oder der Caddys gibt es keine Umsatzsteuerfreiheit nach deutschem Recht.
Die Mitgliedsbeiträge wurden vom Finanzamt im Streitfall als nicht umsatzsteuerbar angesehen und sind daher nicht streitig. Der BFH hatte zwar im Beschluss über das Vorabentscheidungsersuchen Zweifel anklingen lassen, äußert sich dazu nun aber nicht mehr.
BFH, Urteil vom 21.4.2022 – V R 48/20 (V R 20/17); NWB
Angesichts des beständigen Abklingens der Corona-Infektionszahlen besteht kein Anlass, die SARS-CoV-2 Arbeitsschutzverordnung über den 25.5.2022 hinaus zu verlängern. Hierauf hat das Bundesministerium...
Angesichts des beständigen Abklingens der Corona-Infektionszahlen besteht kein Anlass, die SARS-CoV-2 Arbeitsschutzverordnung über den 25.5.2022 hinaus zu verlängern. Hierauf hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hingewiesen.
Regionale und betriebliche Infektionsausbrüche sind jedoch auch danach nicht ausgeschlossen. Arbeitgeber bleiben daher aufgefordert, das Infektionsgeschehen weiter zu beobachten und bei Bedarf das betriebliche Hygienekonzept an das Infektionsgeschehen anzupassen.
Das BMAS wird hierzu Empfehlungen in Form von Antworten auf häufig gestellte Fragen (FAQ) bereitstellen, die den betrieblichen Akteuren Orientierung und Hinweise zur Verhinderung und Eingrenzung betrieblicher Ausbrüche geben. Darin wird vor allem auf solche Maßnahmen des betrieblichen Infektionsschutzes eingegangen, die sich im Verlauf der Pandemie besonders bewährt haben.
Darüber hinaus beobachtet das BMAS das Infektionsgeschehen auch weiterhin und wird im Falle eines kritischen bundesweiten Wiederanstiegs rechtzeitig die notwendigen Maßnahmen ergreifen und bekannt machen.
BMAS online, Meldung v. 20.5.2022; NWB
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat ein Schreiben zur ertragsteuerlichen Behandlung von Kryptowährung veröffentlicht, in dem die Sichtweise der Finanzverwaltung dargestellt wird. Das Schreiben...
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat ein Schreiben zur ertragsteuerlichen Behandlung von Kryptowährung veröffentlicht, in dem die Sichtweise der Finanzverwaltung dargestellt wird. Das Schreiben erläutert viele technische Begriffe und geht auf die Zuordnung zu den einzelnen Einkünften ein, wobei auch vereinzelt die bilanzielle Erfassung dargestellt wird.
Hintergrund: Seit geraumer Zeit gibt es virtuelle Währungen wie z.B. Bitcoin, die in der Praxis zwar als Zahlungsmittel akzeptiert werden, aber keine offizielle Währung darstellen.
Wesentlicher Inhalt des BMF-Schreibens:
Das BMF erläutert in einem zehnseitigen Abschnitt die Fachbegriffe wie z.B. Proof of work, Forging, Masternode, Wallets, ICO, UTXO, Lending oder Hard Fork.
Hinweis: Wer diese Begriffe kennt, wird durch das BMF-Schreiben nichts Neues lernen. Wer diese Begriffe noch nicht kennt, wird vermutlich auch nach der Lektüre des BMF-Schreibens nicht schlauer sein.
Für Bilanzierer gelten nach dem BMF-Schreiben die folgenden Grundsätze:
Die einzelnen Einheiten virtueller Währungen und die sonstigen Token sind nicht abnutzbare materielle Wirtschaftsgüter, die mit ihren Anschaffungskosten zu bewerten sind.
Die Anschaffungskosten ergeben sich aus dem Marktkurs im Zeitpunkt der Anschaffung. Hierzu kann auf den Börsenpreis digitaler Börsen oder auf den Marktpreis, wie er sich von Handelsplattformen oder aus Internetlisten ergibt, zurückgegriffen werden. Falls die Ermittlung der individuellen Anschaffungskosten nicht möglich ist, darf eine Bewertung mit den durchschnittlichen Anschaffungskosten erfolgen.
Die Zuordnung zum Anlage- oder Umlaufvermögen hängt davon ab, ob die Kryptowährung dauerhaft dem Betrieb zu dienen bestimmt ist (dann Anlagevermögen) oder aber wieder verkauft werden soll (dann Umlaufvermögen). Dementsprechend ist die Kryptowährung in der Bilanz als Finanzanlage (Anlagevermögen) oder als sonstiger Vermögensgegenstand (Umlaufvermögen) auszuweisen.
Hinweis: Ausführungen zu einer möglichen Teilwertabschreibung enthält das BMF-Schreiben nicht. Die Zulässigkeit einer Teilwertabschreibung hängt nach dem Gesetz davon ab, dass der Wert voraussichtlich dauernd gemindert ist.
Durch die Veräußerung, Verwendung oder sog. Blockerstellung können steuerpflichtige Einkünfte erzielt werden.
Gehört die Kryptowährung zum Betriebsvermögen, wird jede Betriebsvermögensmehrung als Gewinneinkünfte besteuert; zu gewerblichen Einkünften kommt es auch, wenn der Steuerpflichtige ausschließlich im Bereich der Kryptowährung nachhaltig und mit Gewinnerzielungsabsicht tätig wird.
Bei einer Einnahmen-Überschussrechnung werden die Anschaffungskosten für die Kryptowährung erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses als Betriebsausgaben berücksichtigt.
Gehört die Kryptowährung zum Privatvermögen, kann die Veräußerung der Kryptowährung zu einem Spekulationsgewinn führen. Dabei gilt eine Spekulationsfrist von einem Jahr. Ein Spekulationsgewinn bleibt steuerfrei, wenn der Gesamtgewinn aus allen Spekulationsgeschäften dieses Jahres weniger als 600 € beträgt.
Hinweis: Nach jedem Tausch beginnt eine neue einjährige Spekulationsfrist.
Das aktuelle BMF-Schreiben gilt für alle offenen Fälle.
Hinweis: Das BMF-Schreiben bindet nur die Finanzverwaltung, nicht aber die Finanzgerichte. Das BMF-Schreiben betrifft im Übrigen auch nur die ertragsteuerliche Behandlung, nicht aber die umsatzsteuerliche Behandlung von Kryptowährungen.
BMF-Schreiben v. 10.5.2022 – IV C 1 – S 2256/19/10003 :001; NWB
Zwar ist die Grunderwerbsteuerfestsetzung aufzuheben, wenn der Grundstückskaufvertrag rückgängig gemacht wird. Hat der Verkäufer aber eine Auflassungsvormerkung bewilligt, gehört zur Rückgängigmachung,...
Zwar ist die Grunderwerbsteuerfestsetzung aufzuheben, wenn der Grundstückskaufvertrag rückgängig gemacht wird. Hat der Verkäufer aber eine Auflassungsvormerkung bewilligt, gehört zur Rückgängigmachung, dass auch die Auflassungsvormerkung gelöscht wird. Hierzu muss der Käufer entweder eine Löschungsbewilligung erteilen, oder der Notar muss – wenn er hierzu bereits für den Fall des Rücktritts vom Käufer bevollmächtigt worden ist – die Löschung der Auflassungsvormerkung beim Grundbuchamt beantragen.
Hintergrund: Nach dem Gesetz wird die Grunderwerbsteuer aufgehoben, wenn der Grundstückskaufvertrag rückgängig gemacht wird. Erfolgt die Rückgängigmachung aufgrund einer nachträglich geschlossenen Vereinbarung oder aufgrund eines von vornherein vereinbarten Rücktrittsrechts, muss die Rückgängigmachung innerhalb von zwei Jahren erfolgen.
Streitfall: Die Klägerin verkaufte mit notariellem Vertrag vom 7.8.2014 ein Grundstück und vereinbarte mit der Käuferin A ein Rücktrittsrecht. Für den Fall des Rücktritts wurde der Notar von A unwiderruflich bevollmächtigt, die aufgrund des Kaufvertrags eingetragene Auflassungsvormerkung wieder löschen zu lassen. Das Finanzamt setzte gegenüber der A Grunderwerbsteuer in Höhe von ca. 1,5 Mio. € fest. Die A zahlte zwar die Grunderwerbsteuer, aber nicht den Kaufpreis an die Klägerin. Am 2.4.2015 trat die Klägerin vom Kaufvertrag zurück. Am 23.4.2015 teilte die A dem Finanzamt mit, dass sie ihren Grunderwerbsteuer-Erstattungsanspruch an die B abgetreten habe. Am 24.4.2015 erstellte der Notar die Löschungsbewilligung und versandte sie noch am selben Tag an das Grundbuchamt. Die Klägerin erwirkte wegen des gescheiterten Kaufvertrags einen Pfändungs- und Einziehungsbeschluss gegen die A über 107.000 € und stellte diesen dem Finanzamt am 20.5.2015 zu. Am 22.5.2015 hob das Finanzamt die Grunderwerbsteuerfestsetzung auf und zahlte den gesamten Erstattungsbetrag an die B als Abtretungsempfängerin aus. Die Klägerin verlangte vom Finanzamt die Auszahlung des gepfändeten Betrags von 107.000 €.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hat der Klage stattgegeben:
Der Klägerin stand aufgrund ihres Pfändungsbeschlusses, den sie gegenüber der A erwirkt und den sie dem Finanzamt am 20.5.2015 zugestellt hatte, ein Auszahlungsanspruch gegenüber dem Finanzamt als Drittschuldner in Höhe von 107.000 € zu.
Zwar hatte sich die B am 23.4.2015 den Erstattungsanspruch zur Grunderwerbsteuer abtreten lassen. Diese Abtretung war aber unwirksam, da sie verfrüht erfolgt war, nämlich vor der Entstehung des Erstattungsanspruchs. Denn der Erstattungsanspruch ist erst dadurch entstanden, dass der Kaufvertrag rückgängig gemacht wurde. Aufgrund der eingetragenen Auflassungsvormerkung gehörte zur Rückgängigmachung aber auch die Löschung der Auflassungsvormerkung; die Löschung erfolgte erst am 24.4.2015, da der Notar an diesem Tag die Löschung beantragt hat. Allein die bereits im Kaufvertrag dem Notar erteilte Vollmacht für die Löschung genügte nicht für die Rückgängigmachung.
Hinweise: Die Klägerin erhält nun vom Finanzamt die von ihr gegenüber der A zivilrechtlich geltend gemachten 107.000 €. Das Finanzamt wird anschließend versuchen, diesen Betrag von der B zurückzuerhalten, und geltend machen, dass die Zahlung insoweit ohne rechtlichen Grund erfolgt sei.
Anders wäre der Fall zu lösen gewesen, wenn die für den Fall des Rücktritts erforderliche Löschungsbewilligung für die Auflassungsvormerkung bereits im Zeitpunkt der notariellen Beurkundung des Kaufvertrags mitbeurkundet worden wäre. Dann hätte nämlich die Klägerin mit dem Rücktritt bereits alles in der Hand gehabt, um den Vertrag vollständig rückabzuwickeln. In diesem Fall wäre die Abtretung wirksam gewesen und vor der Pfändungsanzeige der Klägerin beim Finanzamt eingegangen.
Gestritten wurde in dem Fall übrigens über einen sog. Abrechnungsbescheid. Da die Klägerin geltend machte, dass ihr noch eine Auszahlung über 107.000 € zustehe, hat sie einen Abrechnungsbescheid beantragt. In diesem Bescheid hat das Finanzamt einen Auszahlungsanspruch der Klägerin verneint. Der BFH hat den Auszahlungsanspruch bejaht, so dass das Finanzamt die Auszahlung nun vornehmen wird.
BFH, Beschluss v. 21.12.2021 - VII R 5/19; NWB
Wird ein Grundstück, das zuvor aus dem Betriebsvermögen entnommen worden war, innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist verkauft, ist vom Spekulationserlös der angesetzte Entnahmewert abzuziehen;...
Wird ein Grundstück, das zuvor aus dem Betriebsvermögen entnommen worden war, innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist verkauft, ist vom Spekulationserlös der angesetzte Entnahmewert abzuziehen; dies ist grundsätzlich der Teilwert, der in etwa dem Verkehrswert entspricht. Ist der Ansatz des Teilwertes bei der Entnahme aber unterblieben, sondern die Entnahme gewinnneutral erfolgt, darf nur der niedrigere Buchwert vom Spekulationserlös abgezogen werden.
Hintergrund: Der Verkauf eines Grundstücks des Privatvermögens innerhalb von zehn Jahren nach Anschaffung mit Gewinn führt zu einem steuerpflichtigen Spekulationsgewinn. Die Höhe des Spekulationsgewinns ergibt sich grundsätzlich aus dem Verkaufserlös abzüglich der Anschaffungs- und Veräußerungskosten. Als Anschaffung gilt nach dem Gesetz aber auch eine Entnahme des Grundstücks aus dem Betriebsvermögen; in diesem Fall ist der angesetzte Entnahmewert abzuziehen, d.h. grundsätzlich der Teilwert.
Sachverhalt: Die Klägerin war eine aus zwei Schwestern bestehende Grundstücksgemeinschaft. Ihr Vater hatte ihnen im Dezember 2007 ein Grundstück geschenkt. Dieses Grundstück hatte er ursprünglich für ca. 11.000 € erworben und im Jahr 2007 aus seinem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen entnommen; diese Entnahme hatte er jedoch gewinnneutral mit dem Buchwert von 11.000 € vorgenommen und nicht den Teilwert von ca. 556.000 € gewinnerhöhend angesetzt. Im Mai 2016 verkaufte die Klägerin (Grundstücksgemeinschaft) das Grundstück für ca. 570.000 € und erhielt den Kaufpreis im Streitjahr 2017. Die Klägerin ging von einem Spekulationsgewinn in Höhe von ca. 14.000 € aus, indem sie vom Verkaufserlös den Teilwert von 556.000 € abzog. Das Finanzamt zog hingegen nur den Buchwert von 11.000 € ab und gelangte so zu einem Spekulationsgewinn von 559.000 € (Erlös 570.000 € minus Anschaffungskosten 11.000 €).
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) bestätigte den vom Finanzamt ermittelten Spekulationsgewinn von 559.000 €:
Der Verkauf des Grundstücks ist innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist erfolgt. Denn als Anschaffung gilt nach dem Gesetz auch die Entnahme aus dem Betriebsvermögen. Die Entnahme ist im Dezember 2007 erfolgt, und der Verkauf ist im Mai 2016 getätigt worden. Zwar hat nicht die Klägerin das Grundstück entnommen, sondern der Vater der beiden Schwestern. Bei einem unentgeltlichen Erwerb wie im Dezember 2007 ist dem Beschenkten aber die Anschaffung bzw. die Entnahme durch den Schenker zuzurechnen. Damit wird die Klägerin so gestellt, als hätte sie selbst das Grundstück entnommen und damit angeschafft.
Wird – wie im Streitfall – eine Entnahme als Anschaffung behandelt, wird der angesetzte Entnahmewert als Anschaffungskosten vom Veräußerungserlös abgezogen. Jedoch hat der Vater der beiden Schwestern keinen Teilwert als Entnahme angesetzt, sondern das Wirtschaftsgut erfolgsneutral entnommen, also die Entnahme mit dem Buchwert angesetzt. Daher wird nur der Buchwert vom Verkaufserlös abgezogen.
Hinweise: Erklärt ein Steuerpflichtiger bei der Entnahme eines Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen keinen Entnahmegewinn, wird er im Rahmen der Ermittlung eines Spekulationsgewinns nicht besser gestellt als ein Steuerpflichtiger, der einen Entnahmegewinn zu niedrig erklärt. Unklar bleibt, weshalb der Vater keinen Entnahmegewinn erklärt hat; dies dürfte fehlerhaft gewesen sein. Dieser Fehler des Jahres 2007 wird nun durch die Ermittlung eines höheren Spekulationsgewinns im Jahr 2017 faktisch korrigiert.
Hätte der Vater im Jahr 2007 den Teilwert von 556.000 € angesetzt, hätte er einen Entnahmegewinn von 545.000 € erzielt (Teilwert abzüglich Anschaffungskosten von 11.000 €). Dafür wäre jetzt der Spekulationsgewinn der Klägerin, an der seine beiden Töchter beteiligt sind, entsprechend niedriger ausgefallen.
BFH, Urteil v.6.12.2021 - IX R 3/21; NWB
Die Energiesteuer für die wesentlichen im Straßenverkehr verwendeten Kraftstoffe wird temporär gesenkt. Einen entsprechenden Gesetzesbeschluss des Bundestages vom Vorabend hat der Bundesrat am...
Die Energiesteuer für die wesentlichen im Straßenverkehr verwendeten Kraftstoffe wird temporär gesenkt. Einen entsprechenden Gesetzesbeschluss des Bundestages vom Vorabend hat der Bundesrat am 20.5.2022 in verkürzter Frist gebilligt.
Abmilderung der Folgen hoher Kraftstoffpreise
Ziel der Maßnahme ist es, kurzfristig die wirtschaftlichen und sozialen Folgen steigender Energiepreise abzufedern und die breite Mitte der Gesellschaft zu entlasten.
Absenkung auf das europarechtlich vorgeschriebene Mindestmaß
Als Reaktion auf steigende Spritpreise senkt das Gesetz die Energiesteuer für die Dauer von drei Monaten auf das europäische Mindestmaß. Für Benzin reduziert sich der Steuersatz nach Angaben der Bundesregierung um 29,55 ct/Liter, für Dieselkraftstoff um 14,04 ct/Liter, für Erdgas (CNG/LNG) um 4,54 EUR/MWh, was etwa 6,16 ct/kg entspricht, und für Flüssiggas (LPG) um 238,94 EUR/1.000 kg, was etwa 12,66 ct/Liter entspricht.
Mindereinnahmen für den Bundesetat
Die temporäre Senkung der Energiesteuersätze wird nach Berechnungen der Bundesregierung Steuermindereinnahmen für den Bundeshaushalt in Höhe von 3,15 Milliarden Euro zur Folge haben.
Hinweis: Das Gesetz kann nach Abschluss des parlamentarischen Verfahrens nun durch den Bundespräsidenten ausgefertigt und im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden, so dass es wie geplant zum 1.6.2022 in Kraft treten kann.
BundesratKOMPAKT, Meldung v. 20.5.2022; NWB
Der Bundesrat hat am 20.5.2022 dem vom Bundestag am 12.5.2022 verabschiedeten Steuerentlastungsgesetz zugestimmt.Folgende Maßnahmen können damit - teilweise mit Wirkung zum 1.1.2022 - in Kraft...
Der Bundesrat hat am 20.5.2022 dem vom Bundestag am 12.5.2022 verabschiedeten Steuerentlastungsgesetz zugestimmt.
Folgende Maßnahmen können damit - teilweise mit Wirkung zum - in Kraft treten:
Energiepreispauschale: Das Gesetz sieht für 2022 einmalig eine steuerpflichtige Energiepreispauschale von 300 € vor. Anspruch darauf haben aktiv tätige Erwerbspersonen. Die Pauschale soll einen Ausgleich für die kurzfristig und drastisch gestiegenen Fahrtkosten darstellen.
Kinderbonus: Der Abfederung besonderer Härten für Familien aufgrund gestiegener Energiepreise dient der so genannte Kinderbonus. Dazu erhöht sich das Kindergeld um einen Einmalbetrag in Höhe von 100 €. Einen Anspruch darauf hat jedes Kind, für das im Juli 2022 Kindergeld bezogen wird.
Höherer Arbeitnehmer-Pauschbetrag: Das Gesetz erhöht den Arbeitnehmer-Pauschbetrag bei der Einkommensteuer um 200 € auf 1.200 €, rückwirkend zum 1.1.2022.
Anhebung des Grundfreibetrages: Steigen wird auch der Grundfreibetrag für 2022 von derzeit 9.984 € um 363 € auf 10.347 € - ebenfalls rückwirkend zum 1.1.2022.
Frühere Erhöhung der Pendlerpauschale: Schließlich wird zur Entlastung von gestiegenen Mobilitätskosten die bis 2026 befristete Anhebung der Entfernungspauschale für Fernpendler ab dem 21. Kilometer rückwirkend zum 1.1.2022 auf 38 Cent ebenso vorgezogen wie die Anhebung der Mobilitätsprämie für Geringverdiener.
Hinweis: Das Gesetz wird nun über die Bundesregierung dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung vorgelegt und anschließend im Bundesgesetzblatt verkündet.
BundesratKOMPAKT, Meldung v. 20.5.2022; NWB
Der Bundesrat hat am 20.5.2022 dem "Gesetz zur Absenkung der Kostenbelastungen durch die EEG-Umlage und zur Weitergabe dieser Absenkung an die Letztverbraucher" zugestimmt. Damit sinkt die EEG-Umlage...
Der Bundesrat hat am 20.5.2022 dem "Gesetz zur Absenkung der Kostenbelastungen durch die EEG-Umlage und zur Weitergabe dieser Absenkung an die Letztverbraucher" zugestimmt. Damit sinkt die EEG-Umlage zum 1.7.2022 von bislang 3,72 ct/kWh auf null ct/kWh. Ab Januar 2023 soll die EEG-Umlage dann auf Dauer entfallen.
Hintergrund: Die EEG- bzw. Ökostrom-Umlage wurde im Jahr 2000 eingeführt. Sie diente dazu, die Förderung des Ausbaus von Solar-, Wind-, Biomasse- und Wasserkraftwerken zu finanzieren und wurde bisher bei den Endkunden über die Stromrechnung erhoben.
Mit dem nun verabschiedeten Gesetz sinkt die EEG-Umlage von bislang 3,72 ct/kWh zum 1.7.2022 auf null ct/kWh. Eine vierköpfige Familie wird dadurch im Vergleich zu 2021 um rund 300 Euro pro Jahr entlastet, heißt es in der Gesetzesbegründung.
Stromanbieter sind verpflichtet, die Absenkung in vollem Umfang an die Endverbraucherinnen und Endverbraucher weiterzugeben. Der Bund erstattet den Unternehmen ihre Ausfälle in Höhe von rund 6,6 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen Energie- und Klimafonds.
Ab Januar 2023 soll die EEG-Umlage dann auf Dauer entfallen. Dies sieht ein Entwurf der Bundesregierung aus dem sog. „Osterpaket“ vom 6.4.2022 vor, zu dem der Bundesrat am 20.5.2022 Stellung nahm.
Hinweis: Mit der Billigung des Gesetzes durch en Bundesrat ist das parlamentarische Verfahren abgeschlossen. Das Gesetz wird nun über die Bundesregierung dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung vorgelegt und anschließend im Bundesgesetzblatt verkündet. Es soll am Tag darauf in Kraft treten - geplant ist der 1.7.2022.
BundesratKOMPAKT, Meldung v. 20.5.2022; NWB
Besteht aufgrund eines internationalen Vertrags ausnahmsweise...
Besteht aufgrund eines internationalen Vertrags ausnahmsweise eine persönliche Befreiung von der Grunderwerbsteuer, die nur für einen der beiden Vertragspartner gilt, kann das Finanzamt die Grunderwerbsteuer gegenüber dem anderen Vertragspartner festsetzen, für den die persönliche Befreiung nicht gilt.
Hintergrund: Grunderwerbsteuer entsteht mit Abschluss eines Kaufvertrags über ein Grundstück. Beide Vertragspartner sind Gesamtschuldner der Grunderwerbsteuer.
Sachverhalt: Die Klägerin erwarb im Jahr 2019 Grundstücke von einer internationalen Organisation, an der auch die Bundesrepublik Deutschland beteiligt war. Die internationale Organisation hatte die Grundstücke im Jahr 2015 erworben; dieser Erwerb war aufgrund eines sog. Immunitätsvertrags grunderwerbsteuerfrei gewesen. Im Kaufvertrag der Klägerin aus dem Jahr 2019 war geregelt, dass die Klägerin die Grunderwerbsteuer tragen sollte, falls Grunderwerbsteuer festgesetzt werden würde. Tatsächlich setzte das Finanzamt Grunderwerbsteuer gegenüber der Klägerin fest. Nachdem das Finanzgericht die Klage der Klägerin abgewiesen hatte, erhob die Klägerin beim Bundesfinanzhof (BFH) Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Beschwerde als unbegründet ab, weil es keinen Revisionszulassungsgrund gab:
Die internationale Organisation war aufgrund des Immunitätsvertrags von der Grunderwerbsteuer befreit. Dabei handelte es sich um eine persönliche Befreiung, die außerhalb des Grunderwerbsteuergesetzes erfolgt ist. Das Grunderwerbsteuerrecht kennt keine derartigen persönlichen Befreiungen, sondern knüpft bei seinen Steuerbefreiungsvorschriften lediglich an die persönlichen Verhältnisse an, z.B. an den Ehestatus oder an das Verwandtschaftsverhältnis.
Die persönliche Befreiung für die internationale Organisation führte dazu, dass nur die Klägerin als Steuerschuldnerin in Betracht kam und damit die Gesamtschuldnerschaft der beiden Vertragspartner gestört wurde. Die Klägerin hatte sich im Kaufvertrag zudem verpflichtet, die Grunderwerbsteuer zu zahlen.
Hinweise: Die grundsätzliche Bedeutung, die die Zulassung der Revision hätte rechtfertigen können, fehlte deshalb, weil die internationale Organisation nicht regelmäßig am Grundstücksmarkt auftrat.
Im Kern ging es der Klägerin wohl um die Frage, ob ihre alleinige Steuerschuld zu einer wirtschaftlichen Belastung geführt haben könnte. Bei einer Gesamtschuld, d.h. einer ebenfalls bestehenden Steuerschuld der internationalen Organisation, hätte die Klägerin nämlich die Hälfte der Grunderwerbsteuer von der Organisation fordern können. Allerdings hätte sie dann nicht im Kaufvertrag zusichern sollen, dass sie die Grunderwerbsteuer trägt.
BFH, Beschluss v. 23.2.2022 - II B 26/21; NWB
Hat sich ein Klageverfahren beim Finanzgericht infolge der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 verzögert, kann der Kläger hierfür keine Entschädigung auf der Grundlage einer sog. Verzögerungsrüge...
Hat sich ein Klageverfahren beim Finanzgericht infolge der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 verzögert, kann der Kläger hierfür keine Entschädigung auf der Grundlage einer sog. Verzögerungsrüge verlangen. Denn eine coronabedingte Verzögerung ist nicht dem staatlichen Verantwortungsbereich anzulasten.
Hintergrund: Im Fall einer unangemessen langen Verfahrensdauer eines Finanzgerichtsverfahrens kann der Kläger einen Entschädigungsanspruch von 100 € pro Verzögerungsmonat geltend machen. Hierfür muss er zunächst beim Finanzgericht (FG) eine sog. Verzögerungsrüge erheben. Nach Ablauf von sechs Monaten kann er dann eine Entschädigungsklage beim Bundesfinanzhof (BFH) erheben, der über die Entschädigung entscheidet.
Sachverhalt: Der Kläger war Unternehmer und erbrachte gegenüber einer in der Schweiz ansässigen GmbH Beratungsleistungen, die er als nicht umsatzsteuerbar ansah. Das Finanzamt folgte dem nicht und erließ Umsatzsteuerbescheide, gegen die sich der Kläger wehrte und am 19.1.2018 Klage erhob. Am 15.1.2020 erhob der Kläger eine Verzögerungsrüge, weil aus seiner Sicht die Besorgnis bestand, dass das Verfahren nicht in angemessener Zeit abgeschlossen werde. Eine Woche später forderte der zuständige Richter die Steuerakten an, und am 8.7.2020 lud der Vorsitzende Richter zur mündlichen Verhandlung auf den 21.8.2020. Die Klage wurde abgewiesen. Am 20.10.2020 erhob der Kläger beim BFH Klage auf Entschädigung wegen unangemessen langer Verfahrensdauer und machte einen Schadensersatz für eine Verzögerung von sechs Monaten geltend, d.h. in Höhe von 600 € zuzüglich Zinsen.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:
Die Entschädigung setzt eine unangemessen lange Verfahrensdauer voraus. Bei einem durchschnittlich schweren Verfahren ist es grundsätzlich geboten, dass das Gericht nach gut zwei Jahren mit der abschließenden Bearbeitung beginnt und insbesondere zum Termin zur mündlichen Verhandlung lädt.
Das Klageverfahren des Klägers war durchschnittlich schwer. Denn es musste der Sachverhalt aufgeklärt und geprüft werden, ob eine Zeugenvernehmung erforderlich ist. Auch der Schwerpunkt des Urteils liegt in der Sachverhaltsermittlung und nicht bei der rechtlichen Bewertung.
Da die Klage im Januar 2018 erhoben worden ist, hätte daher an sich mit Ablauf des Januars 2020 mit der abschließenden Bearbeitung begonnen werden müssen. Dies ist zunächst geschehen, da der zuständige Richter die Steuerakten angefordert hat.
In den anschließenden Monaten März 2020 bis einschließlich Juni 2020 ist es zwar zu einer Verzögerung gekommen; diese Verzögerung war aber coronabedingt und ist der Justiz nicht zuzurechnen. So wurde die Covid-19-Erkrankung am 11.3.2020 von der Weltgesundheitsorganisation zur Pandemie erklärt.
In der Justiz kam es – wie auch in anderen Bereichen des öffentlichen Lebens und der Wirtschaft – zu erheblichen Einschränkungen. So wurde etwa ein Notbetrieb eingeführt und der Sitzungsbetrieb vorübergehend eingestellt; erst im Juni 2020 waren Sitzungen wieder möglich, nachdem ein Hygienekonzept erstellt worden war. Es genügte daher, dass im Juli 2020 für den August 2020 geladen wurde, nachdem das FG zunächst die übrigen Sitzungen, die ab März 2020 ausgefallen waren, nachgeholt hatte.
Hinweise: Der BFH macht deutlich, dass die Einschränkungen aufgrund der Corona-Maßnahmen nicht justizspezifisch waren. Nach dem Leitsatz des Urteils sind die Verzögerungen beim Sitzungsbetrieb allerdings „nicht dem staatlichen Verantwortungsbereich“ zuzuordnen. Dies erscheint nicht ganz zutreffend, da die Einschränkungen im Justizbetrieb ausschließlich durch den Staat angeordnet worden sind. So haben etwa die Justizministerien in den Bundesländern in den Gerichten einen Notbetrieb und Abstandsregeln angeordnet, die sich in den Sitzungssälen angesichts des Öffentlichkeitsgrundsatzes, der einen Ausschluss der Öffentlichkeit verbietet, und aufgrund der Sitzmöglichkeiten für einen fünfköpfigen Senat zunächst nicht umsetzen ließen.
Ist das Klageverfahren für den Kläger besonders wichtig, kann er auf die Eilbedürftigkeit hinweisen und die Gründe hierfür anführen. Das Gericht ist dann gehalten, das Klageverfahren schon vor Ablauf von zwei Jahren abschließend zu bearbeiten.
BFH, Urteil v. 27.10.2021 - X K 5/20; NWB
Die Kosten für ein Mausoleum, das als Grabstätte für den Erblasser errichtet wird, können bei der Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeiten abgezogen werden, soweit das Mausoleum aufgrund der...
Die Kosten für ein Mausoleum, das als Grabstätte für den Erblasser errichtet wird, können bei der Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeiten abgezogen werden, soweit das Mausoleum aufgrund der gesellschaftlichen Stellung des Erblassers als angemessenes Grabdenkmal anzusehen ist. Es ist dann steuerlich unschädlich, wenn der Erblasser bis zur Fertigstellung des Mausoleums zunächst in einer vorübergehenden Grabstätte beerdigt wurde.
Hintergrund: Bei der Erbschaftsteuer mindert sich der Wert des Nachlasses um Nachlassverbindlichkeiten. Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören u.a. die Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal.
Sachverhalt: Der Kläger war Erbe seines im Jahr 2017 verstorbenen Bruders, der Muslim war. Der Bruder wurde zunächst in einer provisorischen Grabstätte beerdigt. Anschließend wurde er in einem Mausoleum bestattet, dessen Kosten 420.000 € betrugen. Der Kläger machte diesen Betrag als Nachlassverbindlichkeit geltend. Das Finanzamt erkannte die Kosten nicht an, weil es sich bei dem Mausoleum um die Zweitgrabstätte gehandelt hat.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) verwies die Sache an das Finanzgericht (FG) zur weiteren Aufklärung zurück:
Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören auch Kosten für eine Zweitgrabstätte, wenn die erste Ruhestätte nur vorübergehend genutzt werden sollte. Zwar ist eine Beerdigung an sich mit der ersten Grabstätte abgeschlossen. Aus den äußeren Umständen oder aus dem Willen des Erblassers kann sich aber etwas anderes ergeben.
Voraussetzung für den Abzug der Kosten für die zweite Grabstätte ist aber, dass bereits bei Errichtung des ersten Grabdenkmals offensichtlich war, dass dieses nur eine provisorische Übergangsregelung sein sollte.
Auch das zweite Grabdenkmal muss angemessen sein. Hinsichtlich der Angemessenheit kommt es auf die Lebensstellung des Erblassers an und darauf, was nach den herrschenden Auffassungen und Gebräuchen in den Kreisen des Erblassers zu einer würdigen Bestattung gehört.
Hinweise: Der Erbe trägt die Feststellungslast hinsichtlich der Behauptung, dass die erste Grabstätte offensichtlich nur als provisorische Übergangslösung angelegt war.
Sind die Kosten für die Grabstätte unangemessen, kann nur der angemessene Teil abgesetzt werden. Die Angemessenheit kann aber nicht allein aus der Höhe des Nachlasses abgeleitet werden.
Statt der konkreten Kosten für die Bestattung, für das angemessene Grabdenkmal und für die übliche Grabpflege kann der Erbe auch einen Pauschbetrag von 10.300 € abziehen.
BFH, Urteil v. 1.9.2021 - II R 8/20; NWB
Der Bundestag hat am 12.5.2022 das sog. Steuerentlastungsgesetz 2022 in einer vom Finanzausschuss geänderten Fassung beschlossen. Folgende Maßnahmen sind geplant: Anhebung des Grundfreibetrags...
Der Bundestag hat am 12.5.2022 das sog. Steuerentlastungsgesetz 2022 in einer vom Finanzausschuss geänderten Fassung beschlossen.
Folgende Maßnahmen sind geplant:
Anhebung des Grundfreibetrags bei der Einkommensteuer von derzeit 9.984 € um 363 € auf 10.347 €, rückwirkend zum 1.1.2022.
Anhebung des Arbeitnehmerpauschbetrags für Werbungskosten von 1.000 € auf 1.200 €, rückwirkend zum 1.1.2022.
Ausdehnung der bereits für die Jahre 2024 bis 2026 beschlossenen Erhöhung der Entfernungspauschale ab dem 21. Entfernungskilometer um drei Cent auf 0,38 € je vollen Entfernungskilometer auf die Jahre 2022 und 2023.
Im Vergleich zum ursprünglichen Gesetzesentwurf sind folgende Maßnahmen neu hinzugekommen:
Einmalige Auszahlung einer Energiepreispauschale in Höhe von 300 € ab dem 1.9.2022 an Steuerpflichtige. Arbeitnehmer erhalten die Pauschale über den Arbeitslohn. Bei Einkünften aus Landwirtschaft, Gewerbebetrieb und freiberuflicher Tätigkeit wird die Pauschale über eine Kürzung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen gewährt. Empfänger von Versorgungsbezügen (Beamtenpensionäre) sowie Rentner (falls keine Einkünfte aus Landwirtschaft, Gewerbebetrieb, freiberuflicher Tätigkeit oder als Arbeitnehmer vorliegen) erhalten die Pauschale nicht. Auch für Steuerpflichtige ohne Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt in Deutschland gibt es ebenso keine Pauschale wie für beschränkt steuerpflichtige Grenzpendler. Die Energiepreispauschale ist steuerpflichtig, aber sozialabgabenfrei.
Erhöhung des Kindergeldes um einen einmaligen Kinderbonus in Höhe von 100 €. Der Kinderbonus soll im Juli 2022 gezahlt und unabhängig von existenzsichernden Sozialleistungen gewährt werden.
Hinweis: Das Gesetz bedarf nun noch der Zustimmung des Bundesrates. Wesentliche Änderungen sind nicht zu erwarten. Über den weiteren Gang des Gesetzgebungsverfahrens werden wir an dieser Stelle berichten.
Bundestag online, Meldung v. 12.5.2022; NWB
Sagt ein GmbH-Gesellschafter, der seiner mittlerweile überschuldeten...
Sagt ein GmbH-Gesellschafter, der seiner mittlerweile überschuldeten GmbH ein Darlehen gewährt hat, eine Einlage zu, die als Gutschrift in die Kapitalrücklage gebucht und sogleich als Darlehenstilgung gebucht wird, handelt es sich um einen sog. Gestaltungsmissbrauch, der einen Forderungsverzicht verdeckt. Daher ist die gegenüber dem GmbH-Gesellschafter bestehende Verbindlichkeit gewinnerhöhend auszubuchen und in Höhe des werthaltigen Teils der Verbindlichkeit um eine verdeckte Einlage zu kompensieren.
Hintergrund: Wird einem Unternehmer eine Verbindlichkeit erlassen, führt dies zum Wegfall der Verbindlichkeit und erhöht den Gewinn. Soweit die Verbindlichkeit der GmbH, d.h. die Forderung des Gesellschafters, werthaltig war, wird die Gewinnerhöhung durch eine sog. verdeckte Einlage außerbilanziell ausgeglichen. Bei einer Forderung, die zu 10 % noch werthaltig ist, kommt es also in Höhe von 90 % des Nennbetrags zu einer Einkommenserhöhung.
Sachverhalt: Die Klägerin war eine panamaische Kapitalgesellschaft, deren Geschäftsleitung sich in Deutschland befand. Die Alleingesellschafterin der Klägerin war die B-AG. Die Klägerin war überschuldet und hatte im Jahr 2011 Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt 17,3 Mio. €; hierunter waren auch Verbindlichkeiten gegenüber der B-AG in Höhe von 12,6 Mio. €, die noch einen Wert von ca. 2 Mio. € hatten. Die B-AG erklärte sich im Jahr 2011 zur Leistung einer Einlage in Höhe von 17,3 Mio. € bereit. Die Einlage wurde aber von der B-AG nicht tatsächlich gezahlt, sondern als Gutschrift in die Kapitalrücklage der Klägerin gebucht. Anschließend wurde die Einlage gegen die Verbindlichkeiten gebucht, so dass die Verbindlichkeiten in der Bilanz nicht mehr vorhanden waren. Das Finanzamt sah hierin einen Gestaltungsmissbrauch und nahm einen gewinnerhöhenden Forderungsverzicht von 17,3 Mio. € an, den es durch eine verdeckte Einlage in Höhe von 2 Mio. € teilweise kompensierte.
Entscheidung: Das Finanzgericht Düsseldorf (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Ein Gestaltungsmissbrauch liegt vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt und für die es keine beachtlichen außersteuerlichen Gründe gibt.
Der Gestaltungsmissbrauch war im Streitfall darin zu sehen, dass es keine tatsächlichen Zahlungen der Einlage und der Darlehenstilgung gab, sondern dass die Einlage und die Darlehenstilgung nur buchhalterisch vollzogen wurden. Tatsächlich brachte die B-AG also kein Geld in die Klägerin ein, und die Klägerin zahlte tatsächlich auch nicht das Darlehen zurück.
Mit dieser Gestaltung wurde ein Forderungsverzicht verdeckt, so dass richtigerweise ein gewinnerhöhender Forderungsverzicht in Höhe von 17,3 Mio. € anzusetzen ist, der durch eine verdeckte Einlage in Höhe des werthaltigen Teils der Verbindlichkeiten von ca. 2 Mio. € kompensiert wird. Im Ergebnis wird also das Einkommen der Klägerin um 15,3 Mio. € erhöht.
Hinweise: Wäre der Forderungsverzicht im Rahmen einer betrieblich veranlassten Sanierung erfolgt, wäre der Sanierungsertrag nach dem Gesetz steuerfrei; allerdings gilt dieses Gesetz erstmals für den Veranlagungszeitraum 2017 und noch nicht für das Streitjahr 2011.
Hätte die B-AG tatsächlich in die Klägerin eingezahlt und hätte die Klägerin anschließend tatsächlich die Darlehen durch entsprechende Zahlungen getilgt, wäre ein Gestaltungsmissbrauch möglicherweise verneint worden. Es hätte sich dann nämlich nicht nur um einen buchhalterischen Vorgang gehandelt. So hätte die durch tatsächliche Zahlung erfolgte Darlehenstilgung von einem späteren Insolvenzverwalter angefochten werden können. Außerdem hätte die B-AG zunächst einen Betrag von 17,3 Mio. € aufbringen und in die Klägerin einzahlen müssen.
FG Düsseldorf, Urteil v. 22.12.2021 - 7 K 101/18 K, G, F; NWB
Räumt ein Kfz-Hersteller den Mitarbeitern eines Zulieferbetriebs den...
Räumt ein Kfz-Hersteller den Mitarbeitern eines Zulieferbetriebs den gleichen Rabatt bei einem Neuwagen- oder Gebrauchtwagenkauf der Marke des Kfz-Herstellers ein wie seinen eigenen Arbeitnehmern, handelt es sich bei dem Rabatt um steuerpflichtigen Drittlohn, soweit der Rabatt den üblichen Händlerabschlag übersteigt.
Hintergrund: Zum Arbeitslohn gehören Bezüge und geldwerte Vorteile, die durch das Arbeitsverhältnis veranlasst sind, d.h. die für die Dienstleistung des Arbeitnehmers gewährt werden. Nach der Rechtsprechung kann Arbeitslohn auch von einem Dritten gewährt werden, wenn er für die Leistung des Arbeitnehmers gewährt wird.
Sachverhalt: Der Kläger war Arbeitnehmer bei Y, einem Zulieferbetrieb in der Kfz-Branche. Y stellte Teile für den Kfz-Hersteller X her. X räumte den Arbeitnehmern des Y Sonderkonditionen beim Kauf von Neu- und Gebrauchtwagen der Marke X ein und gewährte ihnen dieselben Konditionen wie seinen eigenen Arbeitnehmern. Im Jahr 2015 kaufte der Kläger einen Neuwagen der Marke X. Der Bruttolistenpreis betrug 26.905 €, und der Kläger erhielt einen Rabatt von insgesamt 6.688 €; der übliche Händlerabschlag hätte nur 5.031 € betragen. Die Differenz von 1.657 € setzte das Finanzamt als steuerpflichtigen Arbeitslohn an. Außerdem brauchte der Kläger die Überführungskosten in Höhe von 699 € nicht zu zahlen; auch diesen Betrag setzte das Finanzamt als steuerpflichtigen Arbeitslohn an.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Der von X über den üblichen Händlerabschlag hinaus gewährte Rabatt sowie der Erlass der Überführungskosten sind steuerpflichtiger Arbeitslohn. Arbeitslohn kann nämlich auch von einem Dritten gezahlt werden.
Voraussetzung für die Steuerpflicht ist die Veranlassung durch das Arbeitsverhältnis. Die Veranlassung durch das Arbeitsverhältnis bestand, weil der Rabatt allen eigenen und fremden Arbeitnehmern gewährt wurde, die in den Herstellungsprozess der Kfz der Marke X eingebunden waren. Andere Käufer erhielten den Rabatt hingegen nicht, so dass es sich nicht um einen sog. Jedermann-Rabatt handelte.
Zwar gewährt der Gesetzgeber einen sog. Rabattfreibetrag in Höhe von 1.080 €/Jahr, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seines Dienstverhältnisses Preisvorteile beim Kauf von Waren erhält, die sein Arbeitgeber herstellt. Die Waren dürfen jedoch nicht überwiegend für den Bedarf der Arbeitnehmer herstellt werden. Dieser Rabattfreibetrag war dem Kläger nicht zu gewähren. Denn nach dem Gesetz müsste der Y als Arbeitgeber des Klägers das Kfz hergestellt haben; tatsächlich ist das Kfz aber von X hergestellt worden. Der Rabattfreibetrag wird also nicht bei Zuwendungen eines Dritten, der Hersteller ist, gewährt.
Hinweise: Für steuerpflichtigen Drittlohn sprach auch der Umstand, dass mehr als die Hälfte der Mitarbeiter der Y von X entliehen worden waren und damit bereits als Mitarbeiter des X am Werksangehörigenprogramm, in dem die Rabatte geregelt waren, teilnahmen. Durch die Erstreckung der Rabattgewährung auf die eigenen Arbeitnehmer des Y erhielten im Ergebnis alle Arbeitnehmer, die im Zulieferbetrieb des Y tätig waren, den Rabattvorteil.
Der BFH hielt es nicht für beachtlich, dass die Rabattgewährung möglicherweise im betrieblichen Interesse des X lag; X versprach sich nämlich einen Multiplikator-Effekt, weil die Mitarbeiter nach dem Kauf eines Kfz der Marke X in ihrem Verwandten- und Bekanntenkreis die Marke X bekannter machen würden. Aus Sicht des BFH war entscheidend, dass der Rabattvorteil im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stand.
BFH, Urteil v. 16.2.2022 - VI R 53/18; NWB
Für ein Kind, das sich in der Ausbildung befindet, aber voraussichtlich langfristig erkrankt ist, d.h. für mehr als sechs Monate, wird Kindergeld nur dann gezahlt, wenn das Kind aufgrund der Erkrankung...
Für ein Kind, das sich in der Ausbildung befindet, aber voraussichtlich langfristig erkrankt ist, d.h. für mehr als sechs Monate, wird Kindergeld nur dann gezahlt, wenn das Kind aufgrund der Erkrankung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, und damit als behindert gilt.
Hintergrund: Für volljährige Kinder wird Kindergeld gewährt, wenn sie sich in einer Berufsausbildung befinden und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Gleiches gilt, wenn sie wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten.
Sachverhalt: Die Klägerin beantragte für den Zeitraum 2018 und 2019 Kindergeld für ihren im Februar 1999 geborenen Sohn S, der sich seit dem 1.8.2015 in einer Berufsausbildung zum Mechatroniker befand, die am 31.1.2019 enden sollte. Im September 2018 wurde S bei einem Arbeitsunfall schwer verletzt: Bis zum November 2018 lag S im Krankenhaus; danach nahm er an Rehabilitationsmaßnahmen teil, die immer wieder verlängert wurden und die die Eingliederung des S in das Berufsleben zum Ziel hatten. Im Februar 2020 wurde eine weitere berufsvorbereitende Maßnahme durchgeführt. Das Ausbildungsverhältnis wurde verlängert. Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung für den Zeitraum ab Oktober 2018 auf. Hiergegen wehrte sich die Klägerin.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) verwies die Sache zur weiteren Prüfung an das Finanzgericht (FG) zurück:
Zwar befand sich S seit dem 1.8.2015 in einer Berufsausbildung. Die Berufsausbildung könnte aber durch eine nicht nur vorübergehende Erkrankung bzw. Verletzung des S unterbrochen worden sein. Eine nicht nur vorübergehende Erkrankung ist bei einer voraussichtlichen Dauer von mehr als sechs Monaten anzunehmen.
Ist eine Erkrankungsdauer von mehr als sechs Monaten zu erwarten, entfällt zwar der Kindergeldanspruch unter dem Gesichtspunkt der Berufsausbildung. Jedoch kommt dafür ein Kindergeldanspruch unter dem Aspekt einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung in Betracht, sofern das Kind behinderungsbedingt außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.
Das FG muss nun feststellen, ob und wann eine Erkrankungsdauer von mehr als sechs Monaten zu erwarten war. War dies etwa erst nach der Entlassung aus dem Krankenhaus im November 2018 der Fall, wäre bis zu diesem Zeitpunkt Kindergeld zu gewähren. Soweit eine Erkrankungsdauer von mehr als sechs Monaten zu erwarten war, ist zu prüfen, ob S ab diesem Zeitpunkt oder zu einem späteren Zeitpunkt behinderungsbedingt außerstande war, sich selbst zu unterhalten; falls ja, wäre ab diesem Zeitpunkt Kindergeld unter dem Gesichtspunkt einer Behinderung zu gewähren.
Hinweise: Das Urteil des BFH klingt hart, weil das Kindergeld für ein ausbildungswilliges Kind aufgrund eines tragischen Unfalls versagt wird. Allerdings kommt als Ersatz ein behinderungsbedingtes Kindergeld in Betracht. Die Gewährung des Kindergelds hängt dann allerdings davon ab, dass sich das Kind aufgrund der Behinderung nicht selbst unterhalten kann.
Auch eine nur vorübergehende Untersuchungshaft des Kindes oder ein Ausreiseverbot für ein sich gerade im Ausland befindliches Kind führen nicht zur Versagung des Kindergeldanspruchs, wenn eine Dauer der Untersuchungshaft bzw. des Ausreiseverbots nach Deutschland von mehr als sechs Monaten nicht zu erwarten ist.
BFH, Urteil v. 15.12.2021 - III R 43/20; NWB
Ein GmbH-Geschäftsführer haftet für die Lohnsteuer, die von der GmbH nicht abgeführt wurde. Das für die Haftung erforderliche Verschulden bei der Pflichtverletzung ist grundsätzlich zu bejahen....
Ein GmbH-Geschäftsführer haftet für die Lohnsteuer, die von der GmbH nicht abgeführt wurde. Das für die Haftung erforderliche Verschulden bei der Pflichtverletzung ist grundsätzlich zu bejahen. Dies gilt auch bei pauschaler Lohnsteuer, die durch einen Nachforderungsbescheid festgesetzt wird, sowie bei Lohnsteuer, die nach Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters fällig geworden ist.
Hintergrund: GmbH-Geschäftsführer haften für die Steuerschulden der GmbH. Voraussetzung ist u.a. ein Verschulden des Geschäftsführers in Gestalt einer zumindest grob fahrlässigen Pflichtverletzung.
Sachverhalt: Die Klägerin war Geschäftsführerin einer GmbH, die im Zeitraum 2014 bis 2017 einen betrieblichen Kfz privat genutzt hatte. Hierfür hatte die GmbH Lohnsteuer weder angemeldet noch einbehalten oder abgeführt. Das Finanzamt stellte dies in einer Außenprüfung fest; die GmbH war mit der Anwendung eines pauschalen Lohnsteuersatzes einverstanden. Außerdem zahlte die GmbH die von ihr für Dezember 2017 und Januar 2018 angemeldete Lohnsteuer nicht an das Finanzamt. Am 1.2.2018 wurde die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen der GmbH angeordnet. Am 9.3.2018 erging ein Nachforderungsbescheid über die pauschale Lohnsteuer für die private Kfz-Nutzung. Die GmbH bezahlte die pauschale Lohnsteuer ebenfalls nicht. Daraufhin erließ das Finanzamt gegenüber der Klägerin am 10.10.2018 drei Haftungsbescheide über die pauschale Lohnsteuer für die private Kfz-Nutzung, über die Lohnsteuer für Dezember 2017 sowie über die Lohnsteuer für Januar 2018.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage der Klägerin gegen den Haftungsbescheid ab:
Die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme der Klägerin lagen vor. Sie hat nämlich in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführerin der GmbH weder die Lohnsteuern für Dezember 2017 und Januar 2018 noch die pauschale Lohnsteuer für die private Kfz-Nutzung bezahlt und zudem auch die Lohnsteuer für die private Kfz-Nutzung nicht angemeldet.
Diese Pflichtverletzung war zumindest grob fahrlässig. Die Klägerin kann nicht mit Erfolg geltend machen, dass die GmbH nicht über die nötigen Zahlungsmittel verfügt habe; denn in diesem Fall hätte die GmbH die Löhne nur gekürzt auszahlen dürfen.
Hinsichtlich der pauschalen Lohnsteuer kommt es für die Pflichtverletzung nicht auf den Fälligkeitszeitpunkt an, der sich aus dem Nachforderungsbescheid vom 9.3.2018 ergab, sondern auf den gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkt für die monatliche Lohnsteuer im Zeitraum 2014 bis 2017, in dem das Kfz der Klägerin zur privaten Nutzung überlassen worden ist. Denn die pauschale Lohnsteuer ist eine von der Steuer des Arbeitnehmers abgeleitete Steuer, so dass für die pauschale Lohnsteuer keine gesonderten Grundsätze gelten.
Bezüglich der pauschalen Lohnsteuer kann die Klägerin nicht einwenden, dass die GmbH steuerlich beraten worden sei. Denn sie hätte dann wenigstens vortragen müssen, dass sie den Steuerberater der GmbH über die private Kfz-Nutzung informiert hat.
Die Klägerin hätte auch noch die Lohnsteuer für Dezember 2017 an das Finanzamt zahlen können, da sie aufgrund des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens an einer Zahlung rechtlich nicht gehindert war.
Hinweise: Etwas schwieriger war für die Klägerin die Erfüllung der rechtlichen Pflichten ab dem 1.2.2018, weil ab dem 1.2.2018 ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden war. Allerdings hätte die Klägerin den vorläufigen Insolvenzverwalter zur Zustimmung zur Zahlung der Lohnsteuer für Januar 2018 auffordern können. Dies hat sie nicht getan. Es kann nicht zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass der vorläufige Insolvenzverwalter seine Zustimmung verweigert hätte.
Bei der Haftung für andere Steuern der GmbH wie z.B. der Umsatzsteuer gilt der Grundsatz der anteiligen Tilgung. Das heißt, der Geschäftsführer der GmbH muss nur dafür sorgen, dass das Finanzamt nicht schlechter gestellt wird als die anderen Gläubiger. Dieser Grundsatz gilt aber nicht für die Lohnsteuer, weil es sich hierbei um eine Steuer der Arbeitnehmer handelt.
BFH, Urteil v. 14.12.2021 - VII R 32/20; NWB
Bildet ein Einzelunternehmer für den Gewinn aus der Veräußerung eines...
Bildet ein Einzelunternehmer für den Gewinn aus der Veräußerung eines Grundstücks eine Rücklage und will er diese auf eine KG übertragen, an der er beteiligt ist, wird über die für die Zulässigkeit der Übertragung maßgebliche Frage, in welchem Jahr er das Grundstück veräußert hat, in seinem Einkommensteuerbescheid entschieden und nicht in dem Gewinnfeststellungsbescheid für die KG. Der Gewinnfeststellungsbescheid der KG für das Jahr, in dem die Rücklage übertragen werden soll, ist nämlich nicht bindend für den Einkommensteuerbescheid.
Hintergrund: Unternehmer können für Gewinne aus der Veräußerung bestimmter Wirtschaftsgüter wie z.B. Immobilien eine Rücklage bilden und hierdurch den Gewinn neutralisieren. Erwirbt der Unternehmer innerhalb des vierjährigen Investitionszeitraums ein bestimmtes Wirtschaftsgut wie z.B. ein Grundstück, kann er die Rücklage auf das neue Wirtschaftsgut übertragen. Hierdurch mindert sich bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern zwar die Bemessungsgrundlage für die Abschreibung; jedoch muss der Veräußerungsgewinn nicht versteuert werden. Die Rücklage kann für Gewinne, die ab dem 1.1.2002 erzielt werden, auch auf eine unternehmerisch tätige Personengesellschaft (sog. Mitunternehmerschaft) übertragen werden, soweit der Unternehmer an der Personengesellschaft beteiligt ist.
Sachverhalt: Die Kläger war Landwirt und hatte ein abweichendes Wirtschaftsjahr zum 30.6. eines Jahres. Er verkaufte ein Grundstück mit Gewinn durch Kaufvertrag aus dem Oktober 2001, wobei sich die Übertragung des Grundstücks bis zum Jahr 2003 hinzog. Daher war steuerlich nicht klar, in welchem Jahr der Veräußerungsgewinn entstanden war.
Der Kläger bildete für den Gewinn zum 30.6.2002 in seinem Betrieb eine Rücklage in Höhe von ca. 480.000 €. Im Mai 2006 erwarb er eine Beteiligung an der S-KG. Bei der S-KG wurde die Rücklage im Jahr 2006 in Höhe von 400.000 € auf anteilige Anschaffungskosten des Klägers übertragen und führte dort zu einer gewinnerhöhenden Minderung der Abschreibung des Klägers in Höhe von ca. 5.000 €. Das für die S-KG zuständige Finanzamt hielt die Übertragung der Rücklage nicht für zulässig, weil der Veräußerungsgewinn im Jahr 2001 erzielt worden sei und die hierfür gebildete Rücklage nicht auf eine Mitunternehmerschaft übertragen werden konnte. Es minderte daher den Gewinnanteil des Klägers für 2006. Gegen diesen Gewinnfeststellungsbescheid wehrte sich der Kläger und begehrte eine Gewinnerhöhung von 5.000 €.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:
Die Rücklage konnte nur dann auf die S-KG übertragen werden, wenn das Grundstück nach dem 31.12.2001 verkauft worden ist. Denn für einen bis zum 31.12.2001 erzielten Gewinn konnte eine Rücklage zwar gebildet, aber nicht auf eine KG übertragen werden.
Die Frage, wann das Grundstück im Einzelunternehmen des Klägers verkauft worden ist, ist im Einkommensteuerbescheid des Klägers zu beantworten, nicht aber im Gewinnfeststellungsbescheid der S-KG für das Jahr 2006, in dem die Reinvestition durch die S-KG erfolgt ist.
Der Gewinnfeststellungsbescheid der S-KG hat nämlich keine Bindungswirkung für den Einkommensteuerbescheid. Eine solche Bindungswirkung kann nur dann bestehen, wenn sie der Gesetzgeber angeordnet hat. Eine derartige Regelung des Gesetzgebers gibt es bei der Übertragung der Rücklage für einen Veräußerungsgewinn aber nicht.
Hinweise: Zwar fiel der Gewinnfeststellungsbescheid für den Kläger vorteilhaft aus, weil das Finanzamt den Gewinnanteil des Klägers um ca. 5.000 € gemindert hat. Die Klage verfolgte aber den Zweck, die Frage zu klären, ob die Rücklage überhaupt auf die S-KG übertragen werden konnte. Der Kläger erhoffte sich insoweit eine positive Entscheidung durch das Finanzamt bzw. durch den BFH. Diese positive Entscheidung blieb aber aus, weil das Finanzamt, das für die Einkommensteuer des Klägers zuständig ist, die Frage klären muss, wann der Kläger das Grundstück im steuerlichen Sinn verkauft hat. Hierfür kommt es nämlich nicht auf das Datum des Kaufvertrags, sondern auf den sog. Nutzen- und Lastenwechsel an, der im Kaufvertrag vereinbart wird.
Sollte der Einkommensteuerbescheid des Klägers für das Jahr 2006, in dem das Finanzamt die Rücklage mangels Übertragbarkeit und mangels fristgerechter Reinvestition im Landwirtschaftsbetrieb gewinnerhöhend aufgelöst hat, noch nicht bestandskräftig sein, kann die vom Kläger begehrte Entscheidung eines nach dem 31.12.2001 erzielten Veräußerungsgewinns verfahrensrechtlich noch getroffen werden.
BFH, Urteil vom 16.12.2021 - IV R 7/19; NWB
Unterhaltsleistungen für ausländische, nicht unterhaltsberechtigte Angehörige, die in Deutschland aufgenommen werden, aber lediglich geduldet sind, sind steuerlich nicht absetzbar. Es besteht nämlich...
Unterhaltsleistungen für ausländische, nicht unterhaltsberechtigte Angehörige, die in Deutschland aufgenommen werden, aber lediglich geduldet sind, sind steuerlich nicht absetzbar. Es besteht nämlich keine gesetzliche Unterhaltspflicht besteht. Die Abziehbarkeit ist auch dann zu versagen, wenn sich der Steuerpflichtige gegenüber der Ausländerbehörde verpflichtet hat, die Kosten für den Lebensunterhalt seiner hier aufgenommenen Angehörigen zu tragen.
Hintergrund: Unterhaltsleistungen, die an eine unterhaltsberechtigte Person gezahlt werden, können unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich bis zur Höhe von 9.744 € abgezogen werden. Die unterhaltsberechtigte Person darf aber allenfalls nur geringes Vermögen und geringe Einkünfte haben. Einer unterhaltsberechtigten Person gleichgestellt ist eine Person, der bestimmte öffentliche Mittel wegen der Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen gekürzt werden.
Sachverhalt: Die Kläger waren Eheleute. Die Ehefrau hatte eine Schwester, die zusammen mit ihrer Familie in der Ukraine lebte. Im Jahr 2014 zog die Schwester mit ihrer Familie nach Deutschland, nachdem die Kläger eine sog. Verpflichtungserklärung gegenüber der Ausländerbehörde abgegeben hatte, d. h. sich verpflichtet hatte, die Kosten für den Lebensunterhalt der ukrainischen Familie zu tragen. Die Kläger nahmen die ukrainische Familie auf und zahlte ihnen Lebensmittel, Versicherungen, Sprachkurse und einen Rechtsanwalt für die Aufenthaltsberechtigung in Deutschland. Die ukrainische Familie erhielt in der Folgezeit eine sog. Duldung, d.h. die Abschiebung wurde ausgesetzt. Den Klägern entstanden im Jahr 2014 Aufwendungen in Höhe von ca. 16.000 €, die sie als außergewöhnliche Belastungen geltend machten. Das Finanzamt erkannte die außergewöhnlichen Belastungen nicht an.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Der Abzug von Unterhaltsaufwendungen setzt Zahlungen an eine unterhaltsberechtigte Person voraus. Die Unterhaltsberechtigung richtet sich nach dem Zivilrecht. Danach sind aber nur Verwandte in gerader Linie unterhaltsberechtigt, also z.B. Kinder gegenüber ihren Eltern, nicht aber Verwandte in Seitenlinie wie etwa Geschwister. Die gegenüber der Ausländerbehörde abgegebene Verpflichtungserklärung führte ebenfalls nicht zu einem gesetzlichen Unterhaltsanspruch der ukrainischen Familie.
Der ukrainischen Familie sind auch keine öffentlichen Mittel aufgrund der Unterhaltsleistungen der Kläger gekürzt worden.
Zwar lässt das Bundesfinanzministerium (BMF) den Abzug von Unterhaltsleistungen zu, wenn der Unterhaltszahler eine Verpflichtungserklärung gegenüber der Ausländerbehörde abgegeben hat und wenn der Ausländer eine Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis hat und nicht nur geduldet wird. Zum einen ist diese Verwaltungsaussage für die Gerichte jedoch nicht bindend; zum anderen wird die ukrainische Familie hiervon nicht erfasst, weil sie nur über eine Duldung verfügte.
Ein Abzug der Unterhaltsaufwendungen als reguläre bzw. sonstige außergewöhnliche Belastungen scheidet aus, weil die gesetzliche Regelung für allgemeine außergewöhnliche Belastungen nachrangig gegenüber der Regelung für den Abzug von Unterhaltsaufwendungen ist.
Hinweise: Der BFH lässt offen, ob die Auffassung der Finanzverwaltung eine gesetzeswidrige Billigkeitsmaßnahme darstellt.
Angesichts des aktuellen Kriegs in der Ukraine hat die Finanzverwaltung verschiedene Billigkeitsmaßnahmen veröffentlicht, die allerdings nicht den Abzug von Unterhaltsaufwendungen beinhalten. Jedoch sollen ukrainische Kriegsflüchtlinge eine Aufenthaltsgewährung zum vorübergehenden Schutz erhalten, also über eine Duldung hinaus. Damit bestünden auch Ansprüche auf Sozialleistungen. Werden diese Sozialleistungen nun aufgrund von Unterhaltsleistungen von Angehörigen (der Kläger) gekürzt, wäre für diese Unterhaltsleistungen der steuerliche Abzug möglich. Denn einer unterhaltsberechtigten Person ist eine Person gleichgestellt, der bestimmte öffentliche Mittel wegen der Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen gekürzt werden.
BFH, Urteil vom 2.12.2021 – VI R 40/19; NWB
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat April 2022 bekannt gegeben.Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2022 können Sie auf der Homepage des...
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat April 2022 bekannt gegeben.
Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2022 können Sie auf der Homepage des BMF abrufen.
BMF, Schreiben vom 2.5.2022 - III C 3 - S 7329/19/10001 :004 (2022/0451815); NWB
Die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen ist nicht für die Kosten für die Müllabfuhr und für die Schmutzwasserentsorgung zu gewähren. Denn es handelt sich dabei nicht um Aufgaben,...
Die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen ist nicht für die Kosten für die Müllabfuhr und für die Schmutzwasserentsorgung zu gewähren. Denn es handelt sich dabei nicht um Aufgaben, die üblicherweise von den Haushaltsangehörigen erledigt werden; außerdem werden diese Aufgaben nicht im Haushalt des Steuerpflichtigen, sondern außerhalb des Haushalts ausgeführt.
Hintergrund: Der Gesetzgeber gewährt für Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen eine Steuerermäßigung von 20 %. Der Abzug der Aufwendungen ist auf 4.000 € begrenzt. Die haushaltsnahe Dienstleistung muss „im Haushalt“ des Steuerpflichtigen ausgeführt werden. Die Steuerermäßigung führt dazu, dass der Ermäßigungsbetrag direkt von der Steuer abgezogen wird.
Sachverhalt: Dienstleistungen für die Müllabfuhr, d.h. für die Entsorgung von Kompost und Restmüll, sowie für die Entsorgung von Regenwasser geltend. Diese Kosten betrafen die Wohnung, in der die Klägerin wohnte. Das Finanzamt gewährte die Steuerermäßigung nicht.
Entscheidung: Das Finanzgericht Münster (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Bei haushaltsnahen Dienstleistungen handelt es sich um hauswirtschaftliche Arbeiten, die typischerweise von den Haushaltsangehörigen erledigt werden. Diese Voraussetzung ist bei der Entsorgung von Müll und Regenwasser nicht erfüllt.
Die Entsorgung des Mülls wird üblicherweise von der Müllabfuhr vorgenommen, und zwar unter Einsatz der hierfür erforderlichen Infrastruktur wie z.B. den Müllfahrzeugen und der Müllentsorgungsanlage. Die Gebühren werden nicht für das Bereitstellen des Mülls in der Mülltonne auf dem Gehweg gezahlt, sondern für den Transport des Mülls zur Entsorgungsanlage und der dortigen Entsorgung.
Gleiches gilt für die Entsorgung des Regenwassers bzw. Schmutzwassers. Auch hier geht es um die Verbringung des Wassers vom Grundstück weg über die öffentliche Kanalisation hin zum Klärwerk. Diese „Tätigkeiten“ werden typischerweise nicht durch Haushaltsangehörige erledigt.
Im Übrigen werden die Entsorgungstätigkeiten beim Müll sowie beim Wasser nicht auf dem Grundstück des Steuerpflichtigen ausgeführt, sondern außerhalb des Grundstücks, nämlich in den Müllfahrzeugen und in der Abfallentsorgungsanlage bzw. beim Wasser in der Kanalisation und im Klärwerk.
Hinweise: Das FG folgt der Auffassung der Finanzverwaltung. Es hat aber die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen, so dass dieser die abschließende Entscheidung über die Steuerermäßigung treffen muss.
Typische haushaltsnahe Dienstleistungen sind die Wohnungsreinigung, die Gartenpflege, die Kinderbetreuung oder die Betreuung älterer bzw. pflegebedürftiger Menschen.
FG Münster, Urteil vom 24.2.2022 - 6 K 1946/21 E; Revision beim BFH anhängig (Az. VI R 8/22); NWB
Muss ein gewerbesteuerpflichtiger Mieter nach dem Mietvertrag...
Muss ein gewerbesteuerpflichtiger Mieter nach dem Mietvertrag die vom Vermieter geschuldete Grundsteuer zahlen, ist die von ihm getragene Grundsteuer seinem gewerbesteuerlichen Gewinn dem Grunde nach hinzuzurechnen. Denn die von ihm getragene Grundsteuer gehört zu den hinzuzurechnenden Mietaufwendungen.
Hintergrund: Gewerbesteuerlich werden bestimmte Aufwendungen dem Gewinn wieder hinzugerechnet. So wird z.B. ein Viertel der Hälfte (d.h. 12,5 %) der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung von Grundstücken hinzugerechnet.
Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH, die ihr Betriebsgrundstück im Rahmen einer Betriebsaufspaltung von einer Besitz-Personengesellschaft angemietet hatte. Nach dem Mietvertrag wurde die Grundsteuer auf die Klägerin umgelegt. Die Klägerin machte die Grundsteuer als Betriebsausgabe geltend. Das Finanzamt war der Ansicht, dass die Grundsteuer bei der Gewerbesteuer dem Gewinn der Klägerin hinzuzurechnen war.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:
Zu den hinzuzurechnenden Miet- und Pachtaufwendungen gehört auch die Grundsteuer, wenn sie vom Mieter zu tragen ist.
Zwar muss an sich der Eigentümer des Grundstücks und damit der Vermieter die Grundsteuer tragen; diese Pflicht kann aber durch den Mietvertrag auf den Mieter übertragen werden. Die vom Mieter zu tragende Grundsteuer wird dann gewerbesteuerlich wie die eigentliche Miete behandelt und ist hinzuzurechnen.
Zwar unterbleibt eine solche Hinzurechnung beim Eigentümer eines betrieblich genutzten Grundstücks. Dies stellt aber keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung dar. Denn typischerweise wirkt sich die Übertragung der Pflicht auf den Mieter, die Grundsteuer zu tragen, mindernd auf die Miete aus.
Hinweise: Der BFH folgt der Auffassung der Finanzverwaltung. Nach der Finanzverwaltung gehören auch die Aufwendungen des Mieters für die Instandsetzung, Instandhaltung und Versicherung des gemieteten Wirtschaftsguts, die er über seine gesetzliche Verpflichtung hinaus auf Grund vertraglicher Verpflichtungen übernommen hat, zu den hinzuzurechnenden Aufwendungen. Nicht hinzuzurechnen sind jedoch reine Betriebskosten wie Wasser, Strom oder Heizung.
Zu beachten ist, dass zugunsten des Gewerbebetriebs eine Freigrenze von 200.000 € gilt. Nur soweit diese Freigrenze überschritten wird, wirkt sich die Hinzurechnung gewerbesteuererhöhend aus. Allerdings gilt die Freigrenze für die Summe der unterschiedlichen Hinzurechnungstatbestände, also z.B. auch für die Hinzurechnung der Zinsen oder Mieten für bewegliche Wirtschaftsgüter.
BFH, Urteil vom 2.2.2022 – III R 65/19; NWB
Die Zahlungsverjährung kann dadurch unterbrochen werden, dass das Finanzamt beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) eine Online-Abfrage zur Adresse des Steuerschuldners vornimmt.Hintergrund: Neben...
Die Zahlungsverjährung kann dadurch unterbrochen werden, dass das Finanzamt beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) eine Online-Abfrage zur Adresse des Steuerschuldners vornimmt.
Hintergrund: Neben der Festsetzungsverjährung, die bei der Festsetzung der Steuer zu beachten ist, gibt es eine fünfjährige Zahlungsverjährung, die mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Steueranspruch fällig geworden ist, beginnt. Mit dem Eintritt der Zahlungsverjährung erlischt die Steuerschuld. Der Gesetzgeber sieht aber in zahlreichen Fällen eine Unterbrechung der Zahlungsverjährung vor, z. B. wenn das Finanzamt Ermittlungen zum Wohnsitz oder Aufenthaltsort des Steuerschuldners vornimmt.
Sachverhalt: Der Kläger schuldete dem Finanzamt Steuern, für die an sich zum 31.12.2015 Zahlungsverjährung eingetreten wäre. Seit dem Jahr 2010 kamen Schreiben des Finanzamts an den Kläger mit dem Vermerk „unbekannt“ zurück. Am 1.12.2015 tätigte die Vollstreckungsstelle des Finanzamts beim BZSt eine Online-Abfrage zur Adresse des Klägers, die eine Adresse im Ausland ergab. Im Februar pfändete das Finanzamt die Konten des Klägers bei einer Bank. Der Kläger wandte sich gegen diese Pfändung mit der Begründung, es sei zum 31.12.2015 Zahlungsverjährung eingetreten.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:
Die Zahlungsverjährung ist durch die Online-Abfrage am 1.12.2015 unterbrochen worden. Dabei handelte es sich nämlich um eine Ermittlungsmaßnahme, um den Wohnsitz oder Aufenthaltsort des Klägers zu erfahren.
Die Verjährungsunterbrechung setzt eine nach außen wirkende Ermittlungsmaßnahme voraus. Erforderlich ist nicht, dass der Steuerschuldner davon erfährt.
Die Außenwirkung war im Streitfall gegeben, da es sich bei dem BZSt um eine andere Behörde handelt, die zur Bundesfinanzverwaltung gehört und nicht – wie das Finanzamt – zur Landesfinanzverwaltung. Es ist unbeachtlich, dass auch das BZSt eine Finanzbehörde ist. Das Finanzamt hätte auch beim Einwohnermeldeamt eine Online-Abfrage tätigen können; es gibt keinen Grund, die Online-Abfrage beim BZSt anders zu behandeln als eine Online-Abfrage bei einer Meldebehörde.
Die weiteren Voraussetzungen für eine Unterbrechung der Zahlungsverjährung lagen vor: Der Wohnsitz des Klägers war unbekannt, da die an den Kläger gerichteten Schreiben immer wieder mit dem Vermerk „unbekannt“ zurückgekommen waren. Das Finanzamt bemühte sich auch um die Durchsetzung eines konkreten Zahlungsanspruchs.
Hinweise: Die Unterbrechung der Zahlungsverjährung hat zur Folge, dass mit Ablauf des 31.12.2015 eine neue fünfjährige Zahlungsverjährungsfrist beginnt.
Für die Unterbrechung der Zahlungsverjährung war unbeachtlich, ob ein Sachbearbeiter in einer anderen Abteilung des Finanzamts die zutreffende Adresse des Klägers kannte. Das Wissen eines anderen Sachbearbeiters aus einer anderen Abteilung kann dem für die Vollstreckung zuständigen Sachbearbeiter nicht zugerechnet werden.
Irrelevant ist auch, ob das im Streitfall tätig gewordene Finanzamt überhaupt örtlich zuständig war. Denn gerade bei einem unbekannten Wohnsitz oder Aufenthalt ist es nicht möglich, das zuständige Finanzamt vorab zu ermitteln.
BFH, Beschluss v. 21.12.2021 - VII R 21/19; NWB
War der Erblasser ein in Italien wohnhafter Italiener und hat der Erbe seinen Wohnsitz in Deutschland, entsteht nach deutschem Recht Erbschaftsteuer. Dies gilt auch dann, wenn der Erbe nach dem Tod...
War der Erblasser ein in Italien wohnhafter Italiener und hat der Erbe seinen Wohnsitz in Deutschland, entsteht nach deutschem Recht Erbschaftsteuer. Dies gilt auch dann, wenn der Erbe nach dem Tod des Erblassers nach Italien umzieht und erst dort die Erbschaft nach italienischem Recht annimmt. Denn die Annahme ist keine Bedingung, die dazu führt, dass es erst mit der Annahme zu der Erbschaft kommt.
Hintergrund: Die Erbschaftsteuerpflicht setzt grundsätzlich voraus, dass entweder der Erblasser oder der Erbe im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer seinen Wohnsitz in Deutschland hat. Die Erbschaftsteuer entsteht grundsätzlich im Zeitpunkt des Todes, es sei denn, die Erbschaft stand unter einer aufschiebenden Bedingung.
Sachverhalt: Der Vater der Klägerin war Italiener und lebte in Italien; er starb im August 2015. Hinterbliebene waren die Klägerin, ihr Bruder und ihre Mutter. Die Klägerin lebte in Deutschland. Nach italienischem Erbrecht war die Annahme des Erbes erforderlich, um Erbe zu werden. Die Klägerin zog im Juli 2016 nach Italien um und nahm anschließend in Italien die Erbschaft an. Sie war der Ansicht, dass die Erbschaft nicht steuerbar ist, weil es auf den Zeitpunkt der Annahmeerklärung ankomme und sie zu diesem Zeitpunkt keinen Wohnsitz mehr in Deutschland hatte.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) bejahte eine Erbschaftsteuerpflicht nach deutschem Recht und wies die Klage ab:
Die Erbschaftsteuer entstand mit dem Tod des Vaters. Zu diesem Zeitpunkt hatte zwar nicht der Erblasser (Vater) seinen Wohnsitz in Deutschland, wohl aber die Klägerin, so dass die Erbschaft steuerbar war.
Zwar entsteht die Erbschaftsteuer im Fall einer aufschiebenden Bedingung erst mit dem Eintritt der Bedingung. Die Annahme der Erbschaft war allerdings keine derartige Bedingung. Denn das Wesen einer aufschiebenden Bedingung ist, dass die Rechtswirkung erst ab dem Bedingungseintritt erzeugt wird und nicht rückwirkend.
Die Annahme einer Erbschaft nach italienischem Recht führt jedoch zu einem rückwirkenden Erwerb des Erbes. Damit ist die Annahme keine aufschiebende Bedingung, sondern ein rückwirkendes Ereignis. Die Erbschaft fällt daher mit dem Zeitpunkt des Todes an, also rückwirkend.
Hinweise: Hätte es sich bei der Annahme der Erbschaft um eine aufschiebende Bedingung gehandelt, wäre die Erbschaftsteuer erst im Zeitpunkt der Annahme entstanden; in diesem Zeitpunkt hätte aber die Klägerin ihren Wohnsitz nicht mehr in Deutschland gehabt, so dass der Erwerb nicht steuerbar gewesen wäre.
Haben weder Erbe noch Erblasser ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, besteht grundsätzlich keine unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht. Allerdings gibt es auch eine beschränkte Steuerpflicht, die trotz des Wohnsitzes des Erblassers und des Erbens im Ausland dazu führen kann, dass Erbschaftsteuer entsteht; dies ist der Fall, wenn bestimmtes Vermögen wie z. B. Grundbesitz oder Betriebsvermögen, das sich in Deutschland befindet, vererbt wird.
BFH, Urteil v. 17.11.2021 - II R 39/19; NWB
Der Abzug von Bewirtungsaufwendungen eines Steuerpflichtigen...
Der Abzug von Bewirtungsaufwendungen eines Steuerpflichtigen setzt nicht voraus, dass der Bewirtungsbeleg in maschinengedruckter Form vorliegt, sondern es genügt auch ein handschriftlicher Bewirtungsbeleg.
Schafft ein Arbeitnehmer mehrere gleichartige Computer in einem kurzen Zeitraum an, besteht dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) zufolge ein (General-)Verdacht, dass die weiteren Geräte für Freunde oder Angehörige angeschafft wurden; die Aufwendungen für die weiteren Geräte sind daher steuerlich nicht abziehbar.
Hintergrund: Der Abzug von Bewirtungsaufwendungen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten ist an bestimmte Anforderungen wie z.B. einen ordnungsgemäßen Bewirtungsbeleg geknüpft. Außerdem kann der Bewirtungsaufwand nur zu 70 % abgezogen werden.
Sachverhalt: Der Kläger war Arbeitnehmer in einem Konzern und für die Koordinierung mit anderen Konzernbereichen zuständig. Hierfür musste er viele auswärtige Termine wahrnehmen und Gespräche mit anderen Konzernmitarbeitern führen. Er machte die Bewirtungsaufwendungen steuerlich als Werbungskosten für 2014 geltend. Unter anderem machte er Aufwendungen für ein sog. Katerfrühstück geltend, bei dem er sich mit einem anderen Mitarbeiter im Anschluss an ein vorabendliches Geschäftsessen mit übermäßigem Alkoholgenuss getroffen hatte. Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen hierfür nicht an, weil es den geschäftlichen Charakter verneinte. Weiterhin machte der Kläger den steuerlichen Abzug auf der Grundlage einer vom Gastwirt handschriftlich erstellten Bewirtungsrechnung geltend.
Der Kläger hatte ferner im Jahr 2012 ein MacBook, im Jahr 2013 ein ISDN-Telefon sowie ein iPad Cellular und im Jahr 2014 ein iPad Mini und ein MacBook Air gekauft, für die er im Streitjahr 2014 jeweils Werbungskosten geltend machte. Das Finanzamt erkannte die Werbungskosten nicht an.
Entscheidung: Das FG gab der Klage hinsichtlich der Bewirtungsaufwendungen statt und wies sie bezüglich der Werbungskosten zurück:
Der Abzug von Bewirtungsaufwendungen setzt u.a. eine beruflichen bzw. betrieblichen Anlass sowie eine ordnungsgemäße Bewirtungsrechnung voraus. Diese Voraussetzungen waren sowohl hinsichtlich des sog. Katerfrühstücks als auch bezüglich der handschriftlichen Bewirtungsrechnung erfüllt.
Ein sog. Katerfrühstück schließt die berufliche Veranlassung nicht aus. Es kommt nicht auf die Qualität der Bewirtung an. Im Streitfall bestand kein Zweifel daran, dass der Kläger aus beruflicher Veranlassung zum sog. Katerfrühstück eingeladen hatte, nachdem am Vorabend ebenfalls die berufliche Veranlassung für das mit viel Alkohol durchgeführte Geschäftsessen zu bejahen war.
Unschädlich ist es auch, dass die Bewirtungsrechnung für das andere Geschäftsessen handschriftlich gefertigt war. Der Gesetzgeber verlangt eine inhaltlich ordnungsgemäße Rechnung über die Bewirtung, aus der sich u. a. der Anlass der Bewirtung und die Bewirtungsteilnehmer ergeben. Eine maschinengeschriebene Rechnung wird nicht verlangt.
Hinsichtlich der geltend gemachten Werbungskosten für die elektronischen Geräte hat die Klage keinen Erfolg. Denn bei der Anschaffung mehrerer gleichartiger Computer in einem kurzen Zeitraum durch einen Arbeitnehmer besteht der (General-)Verdacht, dass die weiteren Geräte für Freunde oder Angehörige angeschafft wurden. Zwar hat der Kläger geltend gemacht, dass ihm ein Gerät im Zug gestohlen worden sei; er konnte hierfür aber keine Belege vorlegen, etwa eine Anzeige bei der Bundespolizei oder eine Ladung als Zeuge in einem Strafverfahren.
Hinweise: Den Abzug der Bewirtungsaufwendungen für das sog. Katerfrühstück erläutert das FG mit dem Satz, dass der Wurm dem Fisch schmecken müsse und nicht dem Angler.
Auch Arbeitnehmer können Bewirtungsaufwendungen im Umfang von 70 % steuerlich geltend machen, wenn eine berufliche Veranlassung besteht und der Bewirtungsbeleg ordnungsgemäß ist. Eine erfolgsabhängige Vergütung ist nicht Voraussetzung für den steuerlichen Abzug.
Problematisch ist der vom FG genannte Generalverdacht bei Anschaffung mehrerer gleichwertiger Geräte in kurzer Zeit. Ist die Neuanschaffung eines gleichwertigen Geräts innerhalb kurzer Zeit, d.h. vor Ablauf der steuerlichen Nutzungsdauer, aufgrund eines Diebstahls oder Defekts erfolgt, empfiehlt sich eine Dokumentation, etwa durch Vorlage einer Diebstahlsanzeige oder eines Kostenvoranschlags für eine Reparatur.
FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 8.11.2021 – 16 K 11381/18; NWB
Leben Eltern in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammen und haben sie gemeinsame minderjährige Kinder, kann der Kinderfreibetrag von einem Elternteil auf den anderen Elternteil übertragen...
Leben Eltern in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammen und haben sie gemeinsame minderjährige Kinder, kann der Kinderfreibetrag von einem Elternteil auf den anderen Elternteil übertragen werden, wenn jener Elternteil seiner Unterhaltspflicht im Wesentlichen nicht nachkommt oder mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist. Es genügt aber nicht, dass er weniger verdient und deshalb weniger Barunterhalt leistet, solange er seinen Betreuungsunterhalt erfüllt.
Hintergrund: Für Kinder wird jedem Elternteil nach aktueller Rechtslage ein Kinderfreibetrag von 2.730 € sowie ein Freibetrag von 1.464 € für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes gewährt. Auf Antrag eines Elternteils wird der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag und Betreuungsfreibetrag auf ihn übertragen, wenn die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung nicht vorliegen und der andere Elternteil seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nicht nachkommt oder mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist.
Sachverhalt: Die Klägerin war Mutter des im März 1998 geborenen Sohns M und der im April 2001 geborenen Tochter L. Mit dem Vater der beiden Kinder lebte sie in den Streitjahren 2015 bis 2017 in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Das Einkommen des Vaters fiel in den Streitjahren niedrig aus. Die Klägerin beantragte die Übertragung des auf den Vater entfallenden Kinder- und Betreuungsfreibetrags. Das Finanzamt übertrug aber lediglich den sich für M ab März 2016, dem Monat der Volljährigkeit, ergebenden Kinder- und Betreuungsfreibetrag auf die Klägerin.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Das Finanzamt hat zu Recht eine Übertragung des Kinder- und Betreuungsfreibetrags, der dem Vater für die Tochter L in den Streitjahren 2015 bis 2017 und für M noch bis Februar 2016 zustand, abgelehnt. Zwar waren beide Kinder in den genannten Zeiträumen minderjährig und galten damit als Kinder im steuerlichen Sinne. Auch lagen die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung nicht vor, da die Klägerin und der Vater der Kinder nicht miteinander verheiratet waren.
Jedoch ist der Vater seiner Unterhaltspflicht nachgekommen. Die Unterhaltspflicht umfasste zum einen den Bar- oder Naturalunterhalt und zum anderen den Betreuungsunterhalt.
Der Bar- oder Naturalunterhalt richtet sich nach den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Zwar verdiente der Vater der Kinder in den Streitjahren wenig, jedoch er war gleichwohl auch aus seinem niedrigen Einkommen zum Barunterhalt verpflichtet.
Auch den Betreuungsunterhalt hat der Vater der Kinder erfüllt, da er seiner Pflicht zur Pflege und Erziehung seiner Kinder in vollem Umfang nachgekommen ist.
Selbst wenn der Vater seinen Barunterhalt nicht geleistet haben sollte, weil er ein zu niedriges Einkommen gehabt haben sollte, hätte der Vater gleichwohl seinen Betreuungsunterhalt erfüllt. Dies genügt für die Erfüllung der Unterhaltspflicht.
Hinweise: Dem BFH zufolge ist bei einer funktionsfähigen nichtehelichen Lebensgemeinschaft davon auszugehen, dass die Verteilung der Unterhaltsaufgaben dem gemeinsamen Willen der Elternteile und der Bestimmung der beiden Sorgeberechtigten bzw. des alleinigen Sorgeberechtigten entspricht. Eine Nichterfüllung der Unterhaltspflicht ist daher erst dann anzunehmen, wenn z.B. eine Unterhaltsvereinbarung nicht eingehalten wird. Solange aber der andere Elternteil seinen Betreuungsunterhalt erfüllt, ist bei einer funktionierenden nichtehelichen Lebensgemeinschaft von einer Erfüllung der Unterhaltspflicht auszugehen.
Offengelassen hat der BFH die Frage, ob das Finanzamt zu Recht den Kinder- und Betreuungsfreibetrag für M ab März 2016 auf die Klägerin übertragen hat. An dem aktuellen Verfahren war der Vater des Kindes prozessual nicht als Beigeladener beteiligt; der BFH hat die Frage einer Beiladung nicht erörtert, obwohl sich ein Klageerfolg auf den Kindesvater nachteilig ausgewirkt hätte.
BFH, Urteil v. 15.12.2021 - III R 24/20; NWB
Die Bundesregierung hat beschlossen, den gesetzlichen Zinssatz...
Die Bundesregierung hat beschlossen, den gesetzlichen Zinssatz von 6 % für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen rückwirkend für Verzinsungszeiträume ab 1.1.2019 auf 1,8 % jährlich herabzusetzen, und einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt. Über diesen Gesetzentwurf muss nun der Bundestag beraten und entscheiden.
Hintergrund: Steuernachzahlungen und -erstattungen werden grundsätzlich mit Beginn von 15 Monaten nach Ablauf des Veranlagungszeitraums verzinst; in der Corona-Krise ist dieser Beginn vorübergehend verschoben worden. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat entschieden, dass der Zinssatz von 6 % für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2019 verfassungswidrig ist und durch einen neuen Zinssatz ersetzt werden muss, den der Gesetzgeber bis zum 31.7.2022 regeln muss.
Geplantes Gesetz der Bundesregierung: Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht als Reaktion auf die Entscheidung des BVerfG folgende Regelungen vor:
Rückwirkend für Verzinsungszeiträume ab 1.1.2019 soll ein Zinssatz von 1,8 % jährlich (= 0,15 % monatlich) gelten und nicht mehr der bisherige Zinssatz von 6 % jährlich (= 0,5 % monatlich).
Hinweis: Für die Umstellung der Berechnungsprogramme erhalten die Finanzämter aber ausreichend Zeit. Bis die neuen Zinsberechnungsprogramme einsetzbar sind, können die Zinsfestsetzungen für Verzinsungszeiträume ab 1.1.2019 vorläufig ausgesetzt werden; die Festsetzung wird dann nachgeholt, sobald die Berechnungsprogramme eingesetzt werden können.
Beginnt der Verzinsungszeitraum vor dem 1.1.2019, werden zwei unterschiedliche Zinssätze angewendet: für den Verzinsungszeitraum bis zum 31.12.2018 der Zinssatz von 6 % jährlich und für den Verzinsungszeitraum ab 1.1.2019 der neue Zinssatz von 1,8 %. Der Zinslauf wird dann in zwei Teilverzinsungszeiträume aufgeteilt. Für die Teilverzinsungszeiträume werden die Zinsen jeweils tageweise berechnet.
Spätestens zum 1.1.2026 soll der neue jährliche Zinssatz von 1,8 % überprüft und ggf. angepasst werden.
Die Evaluierung soll mindestens alle drei Jahre stattfinden, so dass es künftig regelmäßig zu Anpassungen des Zinssatzes kommen kann.
Nachzahlungszinsen können künftig kraft Gesetzes erlassen werden, wenn der Steuerpflichtige freiwillig Steuerzahlungen geleistet hat, bevor es zu einer Festsetzung gekommen ist. Es muss aber tatsächlich eine Festsetzung erfolgen, so dass das Finanzamt nicht als „Sparkasse“ benutzt werden kann.
Hinweis: Bisher war ein solcher Erlass zwar auch möglich, aber er erfolgte aufgrund einer allgemeinen Verwaltungsauffassung. Künftig gibt es für den Erlass nun eine spezielle gesetzliche Regelung, die auch gerichtlich durchsetzbar ist und die auch bei der Gewerbesteuer gilt, die von den Gemeinden erhoben wird.
Die sich aufgrund der Neuregelung ergebenden Nachzahlungszinsen dürfen wegen des Grundsatzes des Vertrauensschutzes die bisher festgesetzten Zinsen nicht übersteigen.
Hinweise: Für Verzinsungszeiträume bis zum 31.12.2018 bleibt es beim Zinssatz von 6 % jährlich.
Eine Änderung des Zinssatzes von 6 % für andere Verzinsungstatbestände ist nach dem Regierungsbeschluss nicht vorgesehen. Damit würde es bei der Stundung, der Aussetzung der Vollziehung oder bei der Steuerhinterziehung beim bisherigen Zinssatz von 6 % jährlich bleiben; allerdings ergibt sich insoweit eine Auswirkung, als auf diese Zinsen Nachzahlungszinsen angerechnet werden und diese Anrechnung nun geringer ausfällt.
Ebenso wenig ist eine Änderung der Höhe des Säumniszuschlags von 12 % jährlich vorgesehen, obwohl in dem Säumniszuschlag ein Zinsanteil enthalten ist. Zudem gibt es noch im Bereich der Bilanzierung oder Bewertung Zinssätze von 6 % oder 5,5 %, die durch das aktuellen Gesetzesvorhaben nicht geändert werden sollen.
Sind für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2019 bereits Erstattungszinsen in Höhe von 6 % festgesetzt worden, bevor das BVerfG entschieden hatte, kann das Finanzamt diese für den Steuerpflichtigen günstige Festsetzung nicht mehr zu seinen Lasten ändern, weil dies dem Grundsatz des Vertrauensschutzes widersprechen würde. Dies ergibt sich nicht nur aus dem allgemeinen Verfahrensrecht, sondern auch aus der Gesetzesbegründung.
Regierungsbeschluss zum „Zweiten Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung“ vom 30.3.2022; NWB
Erwerben Ehegatten beim Kauf einer Immobilie jeweils das hälftige Miteigentum und verzichtet der Verkäufer auf die gesetzliche Steuerfreiheit für Grundstücksübertragungen, schuldet jeder der Miteigentümer-Ehegatten...
Erwerben Ehegatten beim Kauf einer Immobilie jeweils das hälftige Miteigentum und verzichtet der Verkäufer auf die gesetzliche Steuerfreiheit für Grundstücksübertragungen, schuldet jeder der Miteigentümer-Ehegatten die aufgrund des Verzichts für seinen Miteigentumsanteil entstehende Umsatzsteuer. Ein Umsatzsteuerbescheid, der sich an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die sich aus den Ehegatten zusammensetzt, richtet, wäre hingegen rechtswidrig, weil die GbR nicht Schuldnerin der Umsatzsteuer ist.
Hintergrund: Grundstücksübertragungen, die der Grunderwerbsteuer unterliegen, sind zwar umsatzsteuerfrei. Der Verkäufer kann aber im Grundstückskaufvertrag auf die Steuerfreiheit verzichten, so dass Umsatzsteuer entsteht; diese Umsatzsteuer schuldet dann der Leistungsempfänger nach dem sog. Reverse-Charge-Verfahren. Danach entsteht bei bestimmten Umsätzen die Umsatzsteuer aufseiten des Leistungsempfängers.
Sachverhalt: Die Klägerin war eine GbR, die aus den Eheleuten G bestand. Mit notariellen Kaufverträgen vom 20.8.2012 erwarben die Eheleute jeweils zu hälftigem Miteigentum zwei noch zu errichtende Wohnungen, die sie vermieten wollten. Nach den Kaufverträgen verzichtete der Verkäufer auf die gesetzliche Umsatzsteuerfreiheit. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Umsatzsteuerschuld auf die GbR übergegangen sei und erließ im Jahr 2015 einen Umsatzsteuerbescheid gegenüber der GbR (Klägerin). Hiergegen wehrte sich die Klägerin.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:
Die GbR war nicht Schuldnerin der Umsatzsteuer. Verzichtet der Verkäufer im notariellen Kaufvertrag über ein Grundstück auf die gesetzliche Umsatzsteuerfreiheit, wird der Leistungsempfänger Schuldner der Umsatzsteuer.
Wer Steuerschuldner ist, richtet sich nach dem Kaufvertrag. Denn zum einen beruht die gesetzliche Umsatzsteuerfreiheit auf einem grunderwerbsteuerbaren Vorgang, der im Streitfall der Kaufvertrag war. Zum anderen ergibt sich auch der Verzicht auf die gesetzliche Steuerfreiheit aus dem Kaufvertrag.
Nach dem Kaufvertrag erwarb jeder der beiden Ehegatten einen einzelnen Miteigentumsanteil. Daher war jeder Ehegatte Schuldner der auf ihn entfallenden Umsatzsteuer, nicht aber die GbR. Das Finanzamt hat den Umsatzsteuerbescheid daher zu Unrecht gegenüber der GbR erlassen.
Hinweise: Anders wäre der Fall zu entscheiden gewesen, wenn die GbR das vollständige Eigentum an den beiden Wohnungen erworben hätte. In diesem Fall hätte der Umsatzsteuerbescheid an die GbR gerichtet werden müssen.
Ob tatsächlich eine GbR bestand, brauchte der BFH nicht zu entscheiden. Denn in jedem Fall war nur der jeweilige Ehegatte Schuldner der Umsatzsteuer. Gleichwohl konnte die GbR klagen, und zwar auch dann, wenn es sie gar nicht gegeben haben sollte; denn wenn sich ein Steuerbescheid gegen eine Personengesellschaft richtet, darf die angebliche Personengesellschaft gegen diesen Bescheid klagen, um den Rechtsschein, den der Bescheid erzeugt, zu beseitigen.
Grunderwerbsteuerlich ist jeder Ehegatte einzeln zur Grunderwerbsteuer heranzuziehen, wenn die Ehegatten gemeinsam ein Grundstück zu gemeinschaftlichem Eigentum erwerben. Jeder Ehegatte ist dann Schuldner der auf ihn entfallenden Grunderwerbsteuer; eine Gesamtschuldnerschaft besteht nicht. Diese Grundsätze werden umsatzsteuerlich übernommen, weil das Umsatzsteuerrecht beim Erwerb von Immobilien an das Grunderwerbsteuerrecht anknüpft.
Der Verzicht auf die gesetzliche Umsatzsteuerfreiheit löst zwar Umsatzsteuer aus. Will der Erwerber die Immobilie aber umsatzsteuerpflichtig vermieten, kann er die aufgrund des Erwerbs entstehende Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen.
BFH, Urteil v. 25.11.2021 - V R 44/20; NWB
Die Vermietung von virtuellem Land an einen Mitspieler in einem Online-Spiel ist nicht umsatzsteuerbar, da die virtuelle Vermietung keine Leistung darstellt. Es fehlt für den Mieter an einem Vorteil...
Die Vermietung von virtuellem Land an einen Mitspieler in einem Online-Spiel ist nicht umsatzsteuerbar, da die virtuelle Vermietung keine Leistung darstellt. Es fehlt für den Mieter an einem Vorteil im realen Wirtschaftsleben. Jedoch kann der Umtausch der Spielwährung in echte Währung eine umsatzsteuerbare Leistung darstellen.
Hintergrund: Der Umsatzsteuer unterliegt ein Entgelt für eine Leistung. Voraussetzung ist also ein Leistungsaustausch.
Sachverhalt: Der Kläger war regelmäßiger Teilnehmer eines Online-Spiels, bei dem die Teilnehmer eine virtuelle Welt erschaffen und dabei selbst geschaffene, virtuelle Gegenstände an andere Spieler verkaufen oder vermieten konnten. Bezahlt wurde in einer virtuellen Währung, die jeder Spieler über die in den USA ansässige Spielbetreiberin B an andere Spieler gegen – echte – US-Dollar verkaufen konnte. Der Kläger erzielte in den Streitjahren 2013 bis 2016 durch Vermietung virtueller Flächen virtuelle Mieterlöse und verkaufte die virtuelle Währung über eine von der B betriebene Börse gegen US-Dollar an andere Spieler. Das Finanzamt hielt die Beteiligung des Klägers am Online-Spiel für umsatzsteuerbar und ging davon aus, dass 70 % der Umsätze in Deutschland erzielt worden seien.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage bezüglich der Streitjahre 2014 bis 2016 statt; bezüglich des Streitjahres 2013 hatte der Kläger den Einspruch verspätet eingelegt:
Die Vermietung virtuellen Landes in einem Online-Spiel ist nicht umsatzsteuerbar, da der Kläger als virtueller Vermieter dem jeweiligen Online-Mieter keinen Vorteil verschafft, der zu einem Verbrauch im Sinne des Umsatzsteuerrechts geführt hätte, sondern er hat den virtuellen Mietern lediglich Spielvorteile eingeräumt. Es fehlte insoweit an einer Beteiligung am realen Wirtschaftsleben. Der Kläger hat lediglich am Spielgeschehen des Online-Spiels teilgenommen und die virtuellen Vermietungen zum Erreichen des Spielzwecks vorgenommen.
Die Veräußerung der virtuellen Währung über die Börse der B stellte hingegen eine umsatzsteuerbare sonstige Leistung dar, da der Kläger die virtuelle Währung gegen Entgelt abgetreten hat. Es handelte sich dabei auch um eine Übertragung an einem realen Markt. Denn der Erwerber konnte die virtuelle Währung im Spiel einsetzen und erhielt damit einen verbrauchsfähigen Vorteil.
Als fiktive Empfängerin dieser Leistung galt die B als Spielbetreiberin, da sie als Kommissionärin in die Übertragung der virtuellen Währung auf den anderen Spieler eingeschaltet war. Der Kläger hat die gegenüber der B fiktiv erbrachte sonstige Leistung aber nicht im Inland ausgeführt, sondern an dem Ort, an die B ihr Unternehmen betrieb. Dies waren die USA.
Hinweise: Das Urteil zeigt, dass das Spielen am PC Umsatzsteuer auslösen kann, und zwar dann, wenn aus der virtuellen Welt (Vermietung virtueller Flächen) eine reale Welt wird (Verkauf virtueller Währung gegen US-Dollar). Im Streitfall half dem Kläger, dass er die virtuelle Währung am Ort des Unternehmens des Spielbetreibers verkaufte und dieser Ort sich im Ausland befand.
BFH, Urteil v. 18.11.2021 - V R 38/19; NWB
Empfänger von Wohngeld, BAföG und weiteren Bildungsförderungen erhalten einen einmaligen Zuschuss, um den starken Anstieg der Heizkosten aufgrund der hohen Energiepreise abzufedern. Am 8.4.2022...
Empfänger von Wohngeld, BAföG und weiteren Bildungsförderungen erhalten einen einmaligen Zuschuss, um den starken Anstieg der Heizkosten aufgrund der hohen Energiepreise abzufedern. Am 8.4.2022 billigte der Bundesrat einen entsprechenden Gesetzesbeschluss des Bundestages. Er wird nun dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zugeleitet und kann anschließend im Bundesgesetzblatt verkündet werden.
Gestaffelt nach Haushaltsgröße
Jeder Ein-Personen-Haushalt im Wohngeldbezug erhält einmalig einen Zuschuss von 270 Euro, ein Zwei-Personenhaushalt 350 Euro und jedes weitere Familienmitglied 70 Euro.
Studierende und Auszubildende, die staatliche Hilfen erhalten, haben Anspruch auf einmalig 230 Euro.
Pfändungssicher
Der Zuschuss ist unpfändbar und wird von Amts wegen gezahlt - einer gesonderten Antragstellung bedarf es nicht. Die Auszahlung ist für den Sommer vorgesehen, wenn in der Regel die Heizkosten- und Nebenkostenabrechnungen eintreffen.
Inkrafttreten zum geplant
Der Bund stellt für den Zuschuss rund 370 Millionen Euro zur Verfügung, die an mehr als zwei Millionen Personen mit niedrigem Einkommen gehen. Das Gesetz soll am 1.6.2022 in Kraft treten und bis Ende Mai 2032 gelten.
Bundesrat KOMPAKT, Meldung v. 8.4.2022; NWB
Zuschüsse einer Gemeinde an einen Verein für die Bewirtschaftung der ihm dauerhaft überlassenen Sportanlage unterliegen nicht der Umsatzsteuer, wenn der Verein nicht zu Gegenleistungen verpflichtet...
Zuschüsse einer Gemeinde an einen Verein für die Bewirtschaftung der ihm dauerhaft überlassenen Sportanlage unterliegen nicht der Umsatzsteuer, wenn der Verein nicht zu Gegenleistungen verpflichtet ist und der Verein auch keine Aufgaben der Gemeinde übernimmt.
Hintergrund: Der Umsatzsteuer unterliegt ein Entgelt für eine Leistung. Hingegen sind sog. echte Zuschüsse kein Entgelt.
Sachverhalt: Der Kläger war ein Sportverein, der aufgrund eines langfristigen Nutzungsvertrags mit der Gemeinde die gemeindliche Sportanlage unentgeltlich nutzen durfte. Nach diesem Nutzungsvertrag musste der Kläger die Anlage instandhalten und pflegen. Hierfür erhielt er von der Gemeinde jährliche Zuschüsse in den Jahren 2011 bis 2014 von jährlich ca. 13.000 €. Außerdem erhielt der Kläger im Jahr 2014 noch einen gesonderten Zuschuss von ca. 35.000 € für bestimmte Modernisierungsmaßnahmen. Der Kläger behandelte die Zuschüsse als nicht umsatzsteuerbar, zog aber die Vorsteuer aus den Instandhaltungs- und Baumaßnahmen zu ca. 70 % ab. Das Finanzamt unterwarf die Zuschüsse der Umsatzsteuer.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) verwies die Sache zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht der ersten Instanz zurück:
Die Zuschüsse waren nicht umsatzsteuerbar, da es sich um sog. echte Zuschüsse handelte, die ohne Gegenleistung, d.h. ohne Leistungsaustausch gezahlt wurden. Eine Umsatzsteuerbarkeit ist nur dann zu bejahen, wenn es einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen einer Leistung und einem Entgelt gibt.
Ob es sich um ein Entgelt oder um einen echten Zuschuss handelt, hängt von dem Zahlungsempfänger und dem Förderungsziel ab. Im Streitfall ging es der Gemeinde nicht darum, konkrete Betreiberleistungen vom Verein (Kläger) für sich zu beziehen. Denn die Nutzungsüberlassung der Sportanlage war langfristig und unentgeltlich erfolgt, und der Kläger war nicht verpflichtet, bestimmte Sportangebote vorzuhalten. Vielmehr sollten es die Zuschüsse dem Kläger ermöglichen, die Sportanlage zu nutzen. Zudem gehörten auch weder das Bereithalten der Sportanlage noch ein gewisses Sportangebot zu den Pflichtaufgaben der Gemeinde, so dass der Kläger auch keine Aufgaben der Gemeinde übernahm.
Die Sache ist an das Finanzgericht zur weiteren Aufklärung zurückverwiesen worden, damit dieses die Berechtigung zum Vorsteuerabzug überprüfen kann.
Hinweise: Der Kläger leitete seine Berechtigung zum Vorsteuerabzug daraus ab, dass er Sportveranstaltungen mit zahlenden Zuschauern durchführte und das Sportheim auch für seinen Gaststättenbetrieb nutzte und insoweit jeweils umsatzsteuerbare und -pflichtige Umsätze ausführte. Dies muss das FG nun überprüfen.
Die Abgrenzung zwischen umsatzsteuerbarem Entgelt und nicht umsatzsteuerbaren Zuschüssen wird etwa bei Forschungszuschüssen relevant. Für die Umsatzsteuerbarkeit spricht es, wenn der Zuschussempfänger dem Zuschussgeber die Forschungsleistung zuwenden soll. Hier prüft man u.a., welchen Zweck der Zuschussgeber verfolgt.
BFH, Urteil v. 18.11.2021 - V R 17/20; NWB
Die Zahlung einer Aufwandsentschädigung für die Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine in der privaten Wohnung führt nicht zu einkommensteuerlich relevanten Einkünften. Hierauf haben sich...
Die Zahlung einer Aufwandsentschädigung für die Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine in der privaten Wohnung führt nicht zu einkommensteuerlich relevanten Einkünften. Hierauf haben sich nach Angabe des Thüringer Finanzministeriums die Einkommensteuerreferatsleiter von Bund und Ländern geeinigt. Voraussetzung ist, dass die Pauschale nach einer von der zuständigen Behörde vorgenommenen Kalkulation die durchschnittlichen Unterbringungskosten nicht übersteigt.
Hierzu führt das Thüringer Finanzministerium u.a. weiter aus:
"Wer privaten Wohnraum zur Verfügung stellt, muss dafür auch verbrauchsabhängige Kosten, wie Strom, Wasser, Abwasser und Energiekosten zahlen. Eine Aufwandspauschale federt diese Kosten ab. Es kommt jetzt darauf an, den Geflüchteten schnell und unkompliziert zu helfen. Helfenden dürfen nicht noch zusätzliche Hürden in den Weg gestellt werden", sagt Finanzministerin Heike Taubert.
Der Beschluss gilt zunächst nur für das Jahr 2022.
In Thüringen bietet u.a. der Landkreis Saalfeld-Rudolstadt seinen Bürgern bereits eine Entschädigung für die Unterbringung ukrainischer Flüchtlinge in privaten Wohnungen an. "Ich gehe davon aus, dass eine landesweite Regelung dazu in den nächsten Wochen abgestimmt werden wird", so Taubert.
Thüringer Finanzministerium, Pressemitteilung v. 7.4.2022; NWB
Das Bundesfinanzministerium (BMF) gewährt aufgrund des russischen Angriffs auf die Ukraine steuerliche Entlastungen u.a. im Bereich des Gemeinnützigkeits- und Spendenrechts, beim Betriebsausgabenabzug...
Das Bundesfinanzministerium (BMF) gewährt aufgrund des russischen Angriffs auf die Ukraine steuerliche Entlastungen u.a. im Bereich des Gemeinnützigkeits- und Spendenrechts, beim Betriebsausgabenabzug und bei der Umsatzsteuer. Diese Entlastungen sollen Steuerpflichtigen helfen, ukrainische Kriegsflüchtlinge zu unterstützen.
Hintergrund: Aufgrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine sind viele Ukrainer nach Deutschland geflohen und werden hier unterstützt. Mit seinem aktuellen Schreiben will das BMF sicherstellen, dass hieraus keine nachteiligen steuerlichen Folgen für die Unterstützer entstehen.
Wesentlicher Inhalt des BMF-Schreibens:
1. Spenden und Gemeinnützigkeitsrecht
Für Spenden, die bis zum 31.12.2022 geleistet werden und auf entsprechende Ukraine-Sonderkonten von Verbänden der freien Wohlfahrtspflege oder von juristischen Personen des öffentlichen Rechts wie z.B. Gemeinden geleistet werden, gilt für den Sonderausgabenabzug der Spende der sog. vereinfachte Zuwendungsnachweis. Statt einer Spendenbescheinigung genügt also der Überweisungsbeleg.
Gemeinnützige Vereine, die nicht mildtätige Zwecke fördern wie z.B. Sportvereine, dürfen Spendenaktionen zugunsten der Ukrainer durchführen und die Spenden für ukrainische Kriegsflüchtlinge verwenden oder auf Sonderkonten mildtätiger Vereine oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts weiterleiten. Eine Satzungsänderung des Sportvereins ist also nicht erforderlich.
Außerdem können gemeinnützige Vereine Sachmittel und Personal für ukrainische Kriegsflüchtlinge einsetzen. Die Hilfsbedürftigkeit der Flüchtlinge muss nicht nachgewiesen werden.
2. Unterbringung ukrainischer Kriegsflüchtlinge
Ukrainische Kriegsflüchtlinge können in sog. Zweckbetrieben gemeinnütziger Vereine untergebracht werden. Die positiven steuerlichen Vorschriften, die für Zweckbetriebe gelten, gelten dann auch für die Unterbringung der Kriegsflüchtlinge.
Die Unterbringung der Kriegsflüchtlinge kann auch in einem Betrieb gewerblicher Art, der zu einer juristischen Person des öffentlichen Rechts gehört, erfolgen, ohne dass dies steuerlich schädliche Folgen auslöst.
3. Unterstützungsmaßnahmen von Unternehmen
Unterstützungsleistungen von Unternehmen können als Betriebsausgaben in voller Höhe abgezogen werden. Der Abzug ist als Sponsoringaufwand möglich, wenn das Unternehmen auf seine Unterstützung öffentlichkeitswirksam in den Medien aufmerksam macht.
4. Arbeitslohnspenden und Aufsichtsratsspenden
Arbeitslohnspenden sind steuerfrei. Der Arbeitnehmer kann also auf einen Teil seines Lohns verzichten, damit der Arbeitgeber diesen Teil zugunsten von Arbeitnehmern einsetzt, die vom Krieg geschädigt sind, oder damit der Arbeitgeber diesen Teil auf ein Ukraine-Sonderkonto einzahlt. Neben der Steuerfreiheit ist ein gleichzeitiger Spendenabzug jedoch nicht zulässig.
Ebenso kann ein Mitglied eines Aufsichtsrats auf seine Vergütung ganz oder teilweise verzichten, damit sie zugunsten ukrainischer Kriegsflüchtlinge eingesetzt wird. Dieser Teil der Vergütung ist dann steuerfrei.
5. Umsatzsteuer
Unterstützungsleistungen zugunsten der Ukraine-Flüchtlinge lösen keine nachteiligen umsatzsteuerlichen Folgen aus. Die Bereitstellung von Sachmitteln oder Personal für humanitäre Zwecke wird also nicht als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzsteuer unterworfen. Ebenso unterbleibt eine Vorsteuerberichtigung zulasten des Unternehmers, wenn er Wohnraum unentgeltlich Kriegsflüchtlingen überlässt.
Hinweise: Die hier wiedergegebenen Erleichterungen sind oft noch an weitere Voraussetzungen geknüpft.
Das BMF spricht von einer Unterstützung „der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten“. Aktuell sind damit wohl insbesondere Unterstützungsleistungen für ukrainische Flüchtlinge gemeint, aber auch die Unterstützung der nicht geflüchteten Ukrainer z.B. durch Lebensmittel dürfte von dem BMF-Schreiben erfasst sein; denn das BMF spricht in einem Vorwort auch von der humanitären Unterstützung „der im Krisengebiet Bleibenden“.
BMF-Schreiben v. 17.3.2022 - IV C 4 - S 2223/19/10003 :013; NWB